Interview mit Lucia Cadotsch

Songs meines Lebens
Lucia Cadotsch im Gespräch mit Klaus Gohlke

Wäre sie Teil der Popwelt, dann hieße man sie vielleicht „Star“. Glänzende Kritiken, Echo-Trägerin, Top-Ranking in den Fach-Charts, internationale Auftritte. Und dann im kommenden Januar in der Elbphilharmonie, aber vorher, am kommenden Freitag, im Braunschweiger Schloss!
Lucia Cadotsch, in Berlin lebende Schweizerin, aber singt Jazz, nicht Pop. Es verbieten sich also Fragen danach, wie es sich denn so lebt als internationaler Star. Da fragt man besser Anderes.

Irgendjemand nannte dich „die neue Hoffnung des Jazz“. Wie beurteilst du so eine Äußerung?

Wie soll ich das beurteilen, das liest man doch jede Woche über einen Künstler!

Auf deinem Album „Speak Low“ stammen 6 von 10 Songs von der legendären Billie Holiday. Kann man da von einem Billie-Holiday-Tribute sprechen ?

Billie Holiday war eine große Inspiration für mich als Sängerin. Deshalb tauchen ihre Songs natürlich in meinem Song-Book auf. Aber auch die Interpretationen von Nina Simone waren für unsere Arrangements eine wichtige Quelle. Sowie Ahmad Jamal, Kurt Weill, Henry Mancini, …

Große Namen, große Songs. Hattest du nicht Angst zu scheitern?

Ehrlich gesagt, ist mir erst bewusst geworden, dass das Album eine Track-Liste mit fast ausschließlich berühmten Songs trägt, als ich das Albumcover gestaltet habe. Bei der Auswahl des Repertoires ging es mir nicht darum berühmte Songs zu interpretieren, sondern Songs, die mich über Jahre begleitet haben und in verschiedenen Phasen meines Lebens zu mir sprachen, Songs die nach 50 – 100 Jahren immer noch aktuell sind. Aus irgendeinem Grund sind sie ja berühmt geworden…

Du wirst von einem Saxofonisten und einem Bassisten begleitet. Kein Harmonieinstrument, kein Schlagzeug. Warum gerade diese Besetzung?

Ich habe lange nach einem Weg gesucht, diese Songs, die mir sehr am Herzen liegen in einer Form zu interpretieren, die die Tradition zitiert und zeitgemäß ist. Auf dieser Suche bin ich auf Petter Eldh und Otis Sandsjö gestoßen. Wir haben uns vom ersten gemeinsamen Ton an verstanden. „Don’t Explain“ war der erste Song, den wir gespielt haben und alles war klar, es ging sofort eine gemeinsame Reise los, ohne Worte haben wir verstanden, wohin es gemeinsam gehen soll. Vielmehr als um die besondere und selten gehörte Instrumentierung geht es auch um unsere drei Charaktere, die zusammengetroffen sind und eine Energie freigesetzt haben.

Was ist das Spezifische an Otis Begleitung, was an Petter’s Spiel?

Sie klingen wie niemand anderes, kreative Spieler, die stets nach neuen Wegen suchen.

Wie bist du auf die Arrangements gekommen?

Wir haben sie zu dritt gemeinsam im Proberaum und direkt an unseren jeweiligen Instrumenten entwickelt. Das macht diese Arbeit für mich einzigartig, die Musik würde komplett anders klingen würde, wäre es eine andere Formation, bzw. andere Musiker. Wir haben uns die Arrangements quasi auf den Leib geschnitten. Außerdem sind die Arrangements voller versteckter Zitate aus unterschiedlichen Aufnahmen, die wir zu einem neuen Mosaik zusammengebaut haben.

Wie geht es weiter mit dem Trio? Reizt der Erfolg mit „Speak Low“ zur Fortsetzung des Konzepts?

Wir haben in den letzten drei Jahren sehr viele Konzerte im Trio und mit Gastmusikern wie Kit Downes, Julian Sartorius, Lucy Railton spielen können. Auf diesen Reisen konnten wir unsere Arbeit verfeinern und unser Repertoire laufend erweitert. Im Februar 2019 werden wir ins Studio gehen, um ein neues Album aufzunehmen.

Bist du jetzt etabliert als Sängerin, stehen dir Tür und Tor offen?

Die Reise geht kontinuierlich weiter, wer weiß wohin. Manche Türen gehen auf, andere zu. Es gibt keine Sicherheit in diesem Beruf.