Christoph Irniger: Pilgrim
Das war Jazz, wie er sein sollte. Herausfordernd bis zum Widerspruch. Keine museale Veranstaltung, aber der Traditionsbezüge bewusst. Musik, die interpretatorischen Freiraum schuf. Emotionen erweckte: zwischen Nachsinnen, Meditation, Zorn, purer Freude,
Zweifel. Virtuosität, immer mannschaftsdienstlich, keine Ego-Trips. Als Fundament neben der musikalischen Kompetenz das tiefe Verständnis füreinander und das Vertrauen, dass man angesichts der Offenheit des Interplays kreative Ideen schon entwickeln wird. Das es etwas werde. „Der Jazz,“ sagte sinngemäß Peter Rüedi, „hatte nie Berührungsängste, er legte sich zu jeder/jedem ins Bett!“ So bewegte man sich zwischen konventioneller Themenvorgabe und deren Entfaltung, noise-artiger Destruktivität (man kann durchaus punkig-rockig sagen), kammermusikalischem Intimgespräch zwischen variierenden Bands in der Band, solistischen Höhenflügen und anspannenden Suchphasen, die an die Überleitungen bei Keith Jarretts Solo-Piano-Konzerte erinnerten.
Und dann noch – nicht zuletzt: Jazz live ist einzig, Konserve kann das nicht wiedergeben. Wunderbar zu sehen, wie sich das Musizieren in der Körperhaltung, der Mimik, der Interaktionen insgesamt niederschlägt.
Klaus Gohlke