Trauer und Dankbarkeit
Der Braunschweiger Jazzpianist und- pädagoge Otto Wolters ist im 82. Lebensjahr verstorben
Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht in den „Sozialen Medien“. Otto Wolters ist tot! Der Mann, der wie kein zweiter das Gesicht des Braunschweiger Jazz war. Innerhalb von 24 Stunden über 3500 Aufrufe bei Facebook, Beileidsbekundungen von überall her, bezeugen seine Wertschätzung weit über den Braunschweiger Raum hinaus. „Ein großer Verlust für die ganze Szene!“ „Otto war eine Lichtfigur und absolut authentisch!“ „Großartiger Lehrer, großartiger Mensch!“ „Sensibler Klavierspieler.“ „Er hat mich zum Jazz gebracht.“ „Seine Konzerte sonntags im Anton Ulrich!“ So oder so ähnlich wird kommentiert. Otto Wolters, 1938 in Oldenburg geboren, geliebter Mittelpunkt seiner Familie, ist nach längerer schwerer Krankheit am Montag verstorben.
Dass Braunschweig heute einen Ruf als Top-Adresse des nationalen und internationalen Jazz hat, das ist ganz wesentlich Otto Wolters‘ Verdienst. Auf drei Ebenen, die eng miteinander verwoben waren, gelang es ihm, den Jazz zu etablieren. Als Praktiker in seinen verschiedenen Band- und Soloprojekten, als Lehrer an der Musikhochschule Hannover und der Städtischen Musikschule Braunschweig, schließlich als Initiator und treibender Motor der Braunschweiger Jazz-Szene, organisiert in der Braunschweiger Musiker-Initiative.
Jazz galt in den frühen 70er Jahren hier als ein sehr eigenartiges Gebräu. Als schräge Ami-Mucke oder aber als eine Art „Eliten-Protest-Musik“. Kaum verortbar nebulös zwischen Dixie und Post-Bop pendelnd, zwischen Riverboat-Party und Räucher-Keller. Otto Wolters nun gelang es einerseits, diese Musik in Braunschweig und darüber hinaus gewissermaßen zu erden. Vor allem dadurch, dass er das Fach „Jazzpiano“ an der Städtischen Musikschule Braunschweig zu etablieren vermochte, aber auch durch seine zahlreichen Konzerte, die mit Braunschweiger Lokalen untrennbar verbunden sind: „Bassgeige“, „Altdeutsche Bierstube“, „Lindenhof“.
Gleichzeitig aber verlieh er dem Jazz eine Aura der Seriosität. Durch sein Zusammenspiel mit Jazzern von Rang und Namen: Sonny Stitt, Attila Zoller und Gunter Hampel, um nur wenige zu nennen. Vor allem aber, indem er zusammen mit seinen Mitstreitern in der Musikerinitiative Jazzmusiker der Top-Liga nach Braunschweig holte. Etwa US-Shooting Star Pat Metheny, deutsche Avantgardisten wie Albert Mangelsdorff und Joachim Kühn. Jazzmucke wurde in den Konzertrang erhoben, Gepflogenheiten bürgerlichen Konzertverhaltens übernommen.
Vieles kann man nur antippen. Wolters‘ Arbeit für das Goethe-Institut, Crossover-Projekte mit Hans-Christian Wille, der Münchner „Klaviersommer“, die Reihe „Jazz und Lyrik“. Viele unserer in der Region aktiven Jazzmusikerinnen und Jazzmusiker sind durch seine Schule gegangen. Zweierlei ist von ihnen immer wieder zu hören. Er habe ein ungemein feines musikalisches Empfinden besessen, gepaart mit großem pädagogischem Feingefühl. Aber dann vor allem: Otto Wolters sei immer ein Mensch gewesen, im besten Sinne. Große Trauer über seinen – natürlich. Gleichzeitig aber das Gefühl großer Dankbarkeit und großen Respekts ihm gegenüber.
Klaus Gohlke