Adam Bałdych Quartet – Sacrum Profanum

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Adam Bałdych: Violine
Krzysztof Dys: Piano
Michał Barański: Bass
Dawid Fortuna: Drums

Zweifellos der größte lebende Geigenmeister im Jazz
“Sein Potenzial kennt keine Grenzen.” schrieb die FAZ nach dem gefeierten Auftritt des polnischen Geigers auf dem Jazzfest Berlin 2011. Auf “Imaginary Room”, seinem ersten Album für das Label ACT, hören wir einen Jazzgeiger, wie man ihn noch nie erlebt hat: Kein Jammern und Schluchzen, vielmehr erinnern Bałdychs technisch atemberaubende Linien an die eines Blechblasinstrumentes und die mehrstimmigen Passagen an die Akkorde eines Pianisten, immer unterlegt von einem rauen, bluesigen Unterton. Auf der JazzBaltica 2012 und dem Montreux Jazz Festival sorgte er für Furore und ließ keinen Zweifel daran, dass Europa einen neuen Jazzstar hat. Bałdych verbindet Aspekte verschiedener Musikstile und Epochen und wird diesem hohen Anspruch gerecht.

» Zum Reinhören

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig, Schloss-Arkaden, Tel.: 05 31 / 1 66 06
Applaus Kulturproduktionen, Tel.: 05 31 / 180 58 360,
  Online über applaus.online-ticket.de
• Abendkasse

Eintritt:
Abendkasse 30 € / ermäßigt 25 € / Schüler*innen, Auszubildende,
Studierende, FSJler*innen, BFDler*innen 10 €

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Baßgeige – Britta Rex Quartett

https://www.bassgeige-bs.de/index.php?view=article&id=442:14-09-2024-britta-rex-quartett&catid=84

JazzBS – KultOpenAir

DAS KULT, Hamburger Straße 273 Eingang 2C, 38114 Braunschweig

Die Initiative JazzBS präsentiert Bands der Braunschweiger Szene

Beitragsbild

15:00 – 15:15 Uhr
Duo Schiel + Schneider

Jazz im Stil von Dave Liebman und Jeff Williams: 15 Minuten Saxophon und Schlag­zeug – spontane Improvisationen für ein aufgeschlossenes Publikum

15:30 – 16:30 Uhr
Oh, MINGUS Go!

Marcel Reginatto – Alto- und Baritonsaxophon, Bassklarinette
Reinhard Schiel – Altsaxophon, Sopransaxophon
Friedrich Kuhn – Gitarre
Heinrich Römisch – Kontrabass
Maximilian Schneider – Schlagzeug

Fünf Musiker haben das Repertoire Charles Mingus gefiltert und interpretieren neben bekannten Stücken wie „Goodbye, Porkpie Hat“ und „Fable of Faubus“ auch Songs, die nicht oft live zu hören sind, jedoch ebenso wie Mingus´ gesamte Musik als bedeuten­der Einfluss in der Entwicklung des modernen Jazz zu verstehen sind.

17:00 – 18:00 Uhr
HC Hasse Quintett

Walter Kuhlgatz – Trompete
Lorenz Däubler – Saxophon
Hans-Christian Hasse – Piano
Rainer Sudermann – Bass
Johannes Sudermann – Schlagzeug

Die aktuelle Formation um den Braunschweiger Jazzpianisten Hans-Christian Hasse fühlt sich der Tradition der US-amerikanischen Tonsprache des Jazz ver­pflichtet. Die Musiker bieten dem Hörer ein abwechslungsreiches musikalisches Menü, angerichtet aus packenden Latin-Grooves, erdigen Hard-Bop-Linien und leidenschaftlichen Improvisation-Parts.

18:30 – 19:30 Uhr
Tainted Love Quartet

Lorenz Däubler – Saxophon
Peter Pardylla – Gitarre
Heinrich Römisch – Kontrabass
Matthias Wandersleb – Schlagzeug

Ein Programm mit mehr oder weniger bekannten Pop- und Rock-Songs – jaz­zig, swingend und frei interpretiert

Eintritt:
10 € – nur Tageskasse

» Hier gehts zum Teaser

Einlass ab 14 Uhr

 

Konzertreihe “Unerhört?”: The Contemporary – Fortepiano Rembrandt Trio (NL)

Städtisches Museum Braunschweig - Haus am Löenwall
Steintorwall 14, 38100 Braunschweig


Rembrandt Trio (NL):
Rembrandt Frerichs (Fortepiano)
Tony Overwater (Violone)
Vinsent Planjer (Percussion)

Haben Sie jemals einen historischen Hammerflügel mit einem Violone und historischem Schlagwerk gemeinsam musizieren hören? In seinem neuesten Programm
bringt das Rembrandt-Trio Repertoire aus Barock, Klassik und Jazz mit Originalkompositionen, Arrangements und Improvisationen in genau dieser Instrumentenkombination zur Aufführung. Alte Musik neu inszeniert – neue Musik auf „alten“ Instrumenten! Freuen Sie sich auf einen facettenreichen Abend!
Es erklingen der Hammerflügel von Conrad Graf (1839) und ein Violone (18. Jh.) aus der Sammlung des Städtischen Museums.

In Kooperation mit der Initiative Jazz Braunschweig e.V. (www.jazzbs.de)

Der Besuch des Konzerts ist im Eintrittspreis für das Städtische Museum enthalten
 

Emma Rawicz CHROMA

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Emma Rawicz, tenor sax
Ivo Neame, piano
Conor Chaplin, bass
Asaf Sirkis, drums/perc

Young British Jazz

CHROMA, zeigt das ganze Spektrum einer Künstlerin, die längst über den Status eines Newcomers herausgewachsen ist.

Emma Rawicz ist eine mehrfach ausgezeichnete junge Saxophonistin und Komponistin, die in der britischen Musikszene und darüber hinaus bereits für Furore gesorgt hat. Sie wurde als “erstaunliches neues Talent” (Jamie Cullum – BBC Radio 2), “eine Kraft, mit der man rechnen muss” (Jazzwise) und “ein schnell aufsteigender Star” (London Jazz News) beschrieben. Im Alter von 21 Jahren hat sie bereits ihr mit Spannung erwartetes Debütalbum “Incantation” mit Ant Law aufgenommen und veröffentlicht, das ausschließlich aus eigenen Kompositionen besteht. Emmas zweites Album Chroma” wurde im Sommer 2022 aufgenommen und im August 2023 mit einer All-Star-Band bestehend aus Ivo Neame, Ant Law, Conor Chaplin und Asaf Sirkis veröffentlicht.
Die in Devon geborene und jetzt in London lebende Künstlerin hat ihre Band bereits zu Auftritten bei Festivals in Übersee geführt und eine große Tournee durch das Vereinigte Königreich für ihr Quintett geleitet. Emma ist Preisträgerin des Drake Yolanda Award 2021 und Gewinnerin des Best Newcomer” bei den Parliamentary Jazz Awards 2022, sie hat einen Jazz FM Award gewonnen und war Finalistin beim BBC Young Jazz Musician Wettbewerb.
Ihre Musik hat einen einzigartigen Sound, in dem all ihre vielen Einflüsse verschmelzen, und ihre Kompositionen reichen von beschwingten afro-kubanisch inspirierten Grooves bis hin zu harten modernen Jazz- und Funknummern.

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Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt:
Abendkasse 25 € / ermäßigt 20 € / Schüler*innen, Auszubildende,
Studierende, FSJler*innen, BFDler*innen 10 €

Mit freundlicher Unterstützung:
Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Austrian Syndicate – David Helbock

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Die jungen Wilden des österreichischen Jazz plus einem der gefragtesten Sideman des internationalen Jazz.

David Helbock – Keys
Peter Madsen – Piano
Raphael Preuschl – Bass
Herbert Pirker – Drums
Claudio Spieler – Percussion

Dieses Herzensprojekt von David Helbock, in dem die jungen Wilden des österreichischen Jazz auf einen der gefragtesten Sideman des internationalen Jazz der letzten Jahrzehnte treffen, besticht mit viel Percussion und Groove und vor allem vielen Keyboards und Tas­teninstrumenten ganz im Geiste des erfolgreichsten Jazzmusiker Österreichs – Joe Zawinul.

Helbock ist mehrfacher Preisträger des weltgrößten Jazzpianosolo Wettbewerbs in Mon­treux (CH), hat über 20 Alben als Leader veröffentlicht – die letzten sechs davon bei der renommierten deutschen Plattenfirma ACT – und die Presse feiert ihn als “gewieften Sound-Tüftler und konsequenten Spurensucher am Puls der Zeit” (3sat Kulturzeit) oder als “Shooting-Star der europäischen Szene” (Süddeutsche Zeitung).

» Weitere Informationen

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt:
Abendkasse 25 € / ermäßigt 20 € / Schüler*innen, Auszubildende,
Studierende, FSJler*innen, BFDler*innen 10 €

Mit freundlicher Unterstützung:
Hoffmann Maschinen- und Apparatebau GmbH
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Universum Filmtheater Braunschweig
DOK am Montag: OPUS – RYUICHI SAKAMOTO 

Am 28. März 2023 verstarb der legendäre Komponist, Pianist, Produzent und Schauspieler Ryuichi Sakamoto nach seinem langen Kampf gegen den Krebs. Er bewegte sich in verschiedenen musikalischen Genres wie Jazz, Neo-Klassik oder Avantgarde-Pop und komponierte zahlreiche Filmmusiken. In den Jahren vor seinem Tod konnte Sakamoto nicht mehr live auftreten. Einzelne Konzerte, ganz zu schweigen von ausgedehnten Welttourneen, waren zu anstrengend. Trotzdem nahm Sakamoto Ende 2022 all seine Energie zusammen, um die Welt mit einem letzten Auftritt zu verlassen: einem Konzertfilm, der nur ihn und sein Klavier zeigt. 

Die von Sakamoto selbst kuratierten und in der von ihm gewählten Reihenfolge aufgeführten zwanzig Stücke des Films erzählen wortlos sein Leben durch seine Musik. Die Auswahl umspannt seine gesamte Karriere, von seiner Zeit als Popstar mit dem Yellow Magic Orchestra über seine großartigen Bertolucci-Filmmusiken bis hin zur Musik seines letzten, meditativen Albums, 12. 
Intim gefilmt in einem Raum, den er gut kannte, umgeben von seinen vertrautesten Mitarbeitern, offenbart Sakamoto seine Seele durch seine Musik, wohl wissend, dass dies das letzte Mal sein könnte, dass er seine Kunst präsentieren kann. 

Ryuichi Sakamoto | OPUS zelebriert das Leben eines Künstlers im wahrsten Sinne des Wortes und ist der endgültige Schwanengesang des geliebten Maestros. (Text: Filmfestspiele Venedig 2023)

Mit einer Einführung von Clemens Williges, Int. Filmfest Braunschweig.
 

Julius Windisch Guitar Quintet

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Ronny Graupe: Gitarre
Bertram Burkert: Gitarre
Thorbjørn Stefansson: Bass
Marius Wankel: Drums
Julius Windisch: Piano/Comp.

Man spricht viel von London, wenn es um Gegenwartsjazz geht. Aber auch Berlin bringt spannende Acts des Genres hervor: z.B. Julius Windisch mit seinem „Windisch Guitar Quintet“, das eine Musik jenseits von Schubladen präsentiert. Musikalisch offen mit komplexen rhythmischen Strukturen, melodisch und harmonisch changierend zwischen Eingängigkeit und Abstraktion. Sich spielerisch frei bewegend zwischen Kontrolle und Losgelöstheit, individueller Entfaltung und kollektiver Verantwortung.
So entfaltet sich eine Musik, die gefangen nimmt mit ihren zerbrechlichen lyrischen Momenten und aufschrecken kann mit kraftvoll-energetischen Aufbrüchen. Oder – wie Londonjazznews – urteilt: „The music is original, intricate and engrossing!” – eigenständig, komplex und fesselnd.

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Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
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• Abendkasse

Eintritt:
Abendkasse 25 € / ermäßigt 20 € / Schüler*innen, Auszubildende,
Studierende, FSJler*innen, BFDler*innen 10 €

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Maik Krahl Quartet

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Maik Krahl: Trompete
Constantin Krahmer: Piano
Matthias Pichler: Bass
Peter Gall: Schlagzeug

Junge Musiker wie Maik Krahl, 31 und Trompeter, muss man in Deutschland mit der Lupe suchen. Er hat erstaunlicherweise längst einen unverkennbaren Ton und eine klar identifizierbare eigene Handschrift entwickelt, die sich mit seinem dritten Album „In-Between-Flow“ weiter entfaltet. Dabei benötigt Krahl keine populären Showeffekte, sondern einzig und allein seine instrumentale Virtuosität und bunt schillernden Kompositionen.

Pianist Constantin Krahmer, Bassist Matthias Pichler und Drummer Peter Gall bilden das perfekte Vehikel für Krahls melodische und motivische Geschichten, die von solcher Klarheit und Prägnanz sind, dass deren komplizierte Strukturen zunächst nicht auffallen. Krahl liebt es, seine mal sanfte, mal vor Energie berstende Trompete in einen modernen, nie beliebigen Groove zu betten. Er lädt die Hörerschaft auf fein konstruierte, gehauchte, fast singende Gefühlsachterbahnen ein, bei denen Trauer, Freude, Einsamkeit, Warten, Zaudern, Zweifeln und neuen Mut schöpfen direkt nebeneinander liegen.

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt:
Abendkasse 25 € / ermäßigt 20 € / Schüler*innen, Auszubildende,
Studierende, FSJler*innen, BFDler*innen 10 €

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Sound on Screen Special
MAX ROACH – The Drum Also Waltzes

Universum Filmtheater, Neue Straße 8, 38100 Braunschweig

MAX ROACH: THE DRUM ALSO WALTZES
OV mit engl. Untertiteln

Max Roach (1924-2007) gehört zu den ganz großen Schlagzeugern des Jazz. Sein Name steht vor allem für die Stilrichtungen des Bebops und des Hard-Bops, die er maßgeblich mitprägte. Roach spielte mit nahezu allen Größen dieser Zeit zusammen, mit Dizzy Gillespie, Charlie Parker, Duke Ellington, Charles Mingus, Miles Davis und Sonny Rollins.
Doch Roach war viel mehr als nur ein Drummer von hohen Gnaden: Er komponierte selbst, war (eine Seltenheit als Schlagzeuger) Bandleader, gründete gemeinsam mit Charles Mingus das Plattenlabel Debut Records – das erste Label im Musikerbesitz – und arbeitete in späteren Jahren als einer der ersten Jazzer überhaupt mit Rappern und Breakdancern zusammen.
Mindestens ebenso bemerkenswert wie sein vielfältiges musikalisches Schaffen ist sein leidenschaftliches Engagement für die Bürgerrechtsbewegung, das 1960 in dem bahnbrechenden Konzeptalbum „We Insist! Freedom Now Suite“ seine kongeniale musikalische Form fand.
Für ihr kluges Porträt kombinieren Sam Pollard und Ben Shapiro Archivmaterialien und Interviews mit Max Roach mit Konzertausschnitten sowie Gesprächen von Weggefährten wie Sonny Rollins, Harry Belafonte, Dee Dee Bridgewater und vielen anderen mehr (Text von Joachim Kurz, 40. Kasseler Dokfest).
Zum 100. Geburtstags des Ausnahmemusikers hat Deutschlandfunk Max Roach kürzlich ein Porträt gewidmet.

Universum Filmtheater Braunschweig
In Kooperation mit der Initiative Jazz Braunschweig

Julia Hülsmann Quartet

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Julia Hülsmann: Piano
Uli Kempendorff: Tenorsaxofon
Heinrich Köbberling: Schlagzeug
Marc Muellbauer: Kontrabass

Unprätentiös. Das ist das Erste, was auf- und einfällt, wenn man The Next Door in das Abspielgerät seiner Wahl legt. Dann: Organisch. Als müsse hier jeder Ton, jeder Klang, von Natur aus genau so sein, wie er ist. Und: Offen.
Denn das ist dieses Quartett, ein um Julia Hülsmann (Klavier), Marc Muellbauer (Bass) und Heinrich Köbberling (Schlagzeug) gewachsenes Trio eigentlich, das seit neunzehn Jahren zusammen spielt und schon immer gern den einen oder anderen Gast zum Mittun eingeladen, aber erst durch Tenorsaxophonist Uli Kempendorff zu einer echten Quartettform gefunden hat.
Kempendorff nämlich gelingt es nicht nur, dem immer leicht über den Dingen schwebenden, den Kopf in den Wolken habenden, ätherischen Triosound die eine oder andere Kante abzutrotzen, sondern auch, ihn zu erden. Eine Musik, die ganz greifbar ist, eben wie die Girls & Boys next door.
Eine Tür weiter geht also das zweite gemeinsame Album des Quartetts. Immerhin hat man auch in Lockdown-Zeiten oft miteinander geprobt, zahlreiche Konzerte gespielt und ist viel gereist, was nun in einem noch intensiveren Zusammenspiel gipfelt. Obwohl es schon beim Quartettdebüt basisdemokratisch zuging – schließlich brachten bereits hier alle Mitglieder ihre eigenen Stücke in die Platte ein –, ist die Aufgabenverteilung jetzt noch einmal offener. Feste Rollen gibt es nicht.
Von epischem Flow über hochkomplexe, nur für Haushaltsangehörige durchschaubare Strukturen, durch die das Saxophon zu einer Art Erkundungsspaziergang einlädt, bis zu hypnotischen, afrobeatesken Grooves und inklusive dem für Hülsmann charakteristischen Coverstück, wie immer mit Riesenrespekt vor dem Original bearbeitet.
Das preisgekrönte Quartett der Pianistin und Komponistin – gleich für das erste Album „Not Far From Here“ gab es 2021 den Deutschen Jazzpreis für das beste Instrumentalalbum (national) – erreicht mit dem Nachfolger „The Next Door“ auch das nächste Level.

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Eintritt:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Karten:
Abendkasse 25 € / ermäßigt 20 € / Schüler*innen, Auszubildende,
Studierende, FSJler*innen, BFDler*innen 10 €

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Jazz-BS zu Gast bei Radio Okerwelle

Am Donnerstag, den 18. 1. 2024 wird das Team von Jazz-BS zu Gast bei Radio Okerwelle sein. In der “Wunschkiste” um 20:00 Uhr berichten wir über unsere Konzerte, die Musik und die Arbeit im Verein. Natürlich wird auch Musik von Bands gespielt, die bei uns zu Gast waren oder noch sein werden.

Informationen zur Sendung gibt es auf der Seite von Radio Okerwelle:
Radio Okerwelle – Wunschkiste
 

Soulcrane & Tony Lakatos

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Reza Askari – Bass
Philipp Brämswig – Gitarre
Tony Lakatos – Saxophon
Matthias Schwengler – Trompete

Mit “Soulcrane” präsentiert Matthias Schwengler einen Klangkörper, der es glänzend versteht, Retro-Feeling und neue Ansätze unter einen Hut zu bringen. Bei ihrem dritten Album „Soulcrane & Strings“ (Mons Records) arbeiten die Musiker abermals gemeinsam kompositorisch an einem klanglichen Werk und bleiben mit dem warmen Charakter dieser Musik stets auf einem kammermusikalischen Niveau. Geschafft wird eine Atmosphäre, die einer Unterhaltung unter Freunden gleicht. Soulcrane überzeugt mit einer fast familiären Persönlichkeit und verdeutlicht, wie eindringlich insbesondere die leisen Töne wirken können. Jedes Instrument ist gleichberechtigt und die drei Kölner Musiker verstehen es, den großen Spielraum stets musikalisch wertvoll zu füllen. Gemeinsam mit ihrem Gast Tony Lakatos treten sie ganz natürlich als Kollektiv in Erscheinung und strahlen dabei große Harmonie und innere Ruhe aus. Tony Lakatos gilt als vorzüglicher Balladen-Interpret. Er war an der Einspielung von mehr als 280 LPs und CDs beteiligt und wurde mit dem Hessischen Jazzpreis des Jahres 2020 ausgezeichnet.

Logo

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt:
Abendkasse 25 € / ermäßigt 20 € / Schüler*innen, Auszubildende,
Studierende, FSJler*innen, BFDler*innen 10 €

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig
Reinhard Pompe / POMPE OPTIC

Sound on Screen
Tastenarbeiter – Alexander von Schlippenbach

Universum Filmtheater, Neue Straße 8, 38100 Braunschweig

Tastenarbeiter – Alexander von Schlippenbach

ein Film von Tilman Urbach
Deutschland 2023, 106 Minuten, deutsche Originalfassung
Kinostart: 9. November 2023

Er ist einer der Urväter des europäischen Free Jazz: Seit Jahrzehnten geht Alexander von Schlippenbach seinen eigenen Weg, spielt Klavier, komponiert, leitet Bands. „Tastenarbeiter – Alexander von Schlippenbach“ zeichnet nun ein sehr persönliches Porträt, zeigt biografische Brüche, aber auch Aufbrüche. Er rekonstruiert Schlippenbachs Weg ins Musikerkollektiv der heute legendären „Free Music Production“ (FMP), für die der Free Jazz Entgrenzung bedeutete – nicht nur vom musikalischen, sondern auch vom politischen Establishment. Free Jazz, so macht der Film deutlich, galt für viele als musikalische Umsetzung der 68er-Bewegung. Ein klingendes Demokratiemodell, in der alle Stimmen gleichberechtigt nebeneinanderstehen – ein Prinzip, das Schlippenbach mit seinem Globe Unity Orchestra auf die Spitze trieb, auch wenn er sich stets als Musiker und keineswegs als politischen Aktivisten gesehen hat. 
Im Film trifft der Pianist alte Weggefährten wie den Trompeter Manfred Schoof. In Dresden jammt Schlippenbach mit dem Perkussionisten Günter „Baby“ Sommer und spricht mit ihm über die gemeinsamen Konzerte in der DDR, wo die Free-Jazz-Musiker:innen wie Popstars gefeiert wurden. Die Kamera begleitet Alexander von Schlippenbach auch nach Hause, wo er mit seiner Frau, der Jazzpianistin Aki Takase, eine außergewöhnliche Lebens- und Arbeitspartnerschaft lebt. Ein Einblick, der einmal mehr zeigt, dass Free Jazz vor allem eins ist: ein unbedingter Ausdruck von Radikalität, Individualität und Freiheit. Aus diesem Geist heraus bleibt Musik für Schlippenbach Haltung und Statement – und zwar bis heute.

Baßgeige – JixMazz & Aero Soul

https://www.bassgeige-bs.de/index.php?view=article&id=434:02-12-2023-jixmazz-aero-soul&catid=84

Stephan-Max Wirth Experience

LOT-Theater, Kaffeetwete 4a, 38100 Braunschweig

Stephan-Max Wirth: Tenorsax / Sopransax
Jaap Berends: Gitarre
Bub Boelens: Bass
Florian Hoefnagels: Schlagzeug

STEPHAN-MAX WIRTH EXPERIENCE – eine der Top-Bands des europäischen Jazz! Intuitiv gefühlt und direkt umgesetzt, entwickelt diese Band eine atemberaubende Musik, die den Hörer im einen Augenblick jubeln lässt und im nächsten Moment nachdenklich stimmt. Wirths Kompositionen greifen auf ein halbes Jahrhundert Jazzgeschichte zurück und sind doch voll moderner Strahlkraft – ein durchaus explosives Gemisch aus tiefgründigem Jazz und unwiderstehlichen Grooves.
Seit 30 Jahren leitet der Berliner Saxophonist und Komponist Stephan-Max Wirth seine eigene Band. Dies bedeutet drei Jahrzehnte voller Energie und Leidenschaft, Trance und Hingabe. Ausgiebig gefeiert wird dies bei jedem Konzert!
Wirths legendäre holländische Rhythmusgruppe besteht konstant aus Jaap Berends (git), Bub Boelens (b) und Florian Hoefnagels (dr). Mit Hunderten von Konzerten und mittlerweile 20 CDs hat sich diese Formation weit über die Grenzen Deutschlands hinweg durchgesetzt.

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Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt:
Abendkasse 30 € / ermäßigt 25 € / Schüler*innen, Auszubildende,
Studierende, FSJler*innen, BFDler*innen 10 €

Mit freundlicher Unterstützung:
Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Sound on Screen – JAZZFIEBER (2023)

Universum Filmtheater, Neue Straße 8, 38100 Braunschweig

JAZZFIEBER (2023)

Jazz ist hip! Ob im Club oder im Tanzpalast – swingende Rhythmen sind en vogue, auch und gerade unter jungen Menschen! Dabei wissen die wenigsten um die Wurzeln dieser Musik, die vor ziemlich genau 100 Jahren die Tanzböden der Metropolen hierzulande eroberte. Wie kam der Jazz nach Deutschland? Warum wurden Swing-Kids in Zwangslager und Jazzmusiker sogar ins KZ verschleppt? Wodurch gelang dem Jazz nach dem Krieg der Durchbruch? Welche Bedeutung hat er heute für die jungen JazzmusikerInnen? Ausgehend vom Lebensumfeld jazzbegeisterter junger Menschen und MusikerInnen macht sich „Jazzfieber. The Story of German Jazz“ auf die Suche nach Antworten. (Quelle: jazz2germany.de)

Internationales Filmfest Braunschweig e.V. in Kooperation mit der Initiative Jazz Braunschweig e.V.
 

Baßgeige – Rasgueo

https://www.bassgeige-bs.de/index.php?view=article&id=424:14-10-2023-rasgueo&catid=84

FOSTERCHILD

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Jacob Anderskov – Piano
Fabian Arends – Schlagzeug
Sebastian Gille – Saxofone
David Helm – Bass
Kasper Tranberg – Trompete

Fosterchild. Zu deutsch: Pflegekind. Gut. Da kommen einem doch so jugendamtsartige Überlegungen. Die Band als Pflegekind, die Bandmitglieder als Pflegeeltern, wer aber sind die Herkunftseltern? Musikalisch gefragt: welche jazzgeschichtlichen Referenzpunkte sind erkennbar?
Schaut man sich das Line-up an, werden den Braunschweiger Jazzfreund*innen die Namen Gille, Arends und Helm sicherlich recht bekannt vorkommen, erinnern sie doch an ihr Mitwirken in Bands von Pablo Held, Jürgen Friedrich oder Nathan Ott. Aber „Fosterchild“ ist nicht ein Art Remake oder Kompilation. Hört man sich die Musik auf ihrer jüngsten Einspielung „Earthling“ an, betreten die Hörer*innen ein hochsensibles und intuitives Universum. Sie strahlt eine besondere Magie aus, insofern sie sich zwischen hoher Komplexität und eigentümlicher Vertrautheit, ja, nahezu Leichtigkeit bewegt. Harmonische Erweiterungen bis ins Extreme, viel Raum für klangliche und rhythmische Unabhängigkeiten. Flexible Formen, aber durchaus auch strukturiertes Spiel: ein Oszillieren zwischen Komposition und Echtzeit-Improvisation.
Zurück zur „Jugendamtsfrage“ nach den Herkunftseltern, den musikalischen Referenzpunkten. Sagen wir Post-Bop und Avantgarde in hervorragenden Pflegehänden.

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt:
Abendkasse 25 € / ermäßigt 20 € / Schüler*innen, Auszubildende,
Studierende, FSJler*innen, BFDler*innen 10 €

Mit freundlicher Unterstützung durch:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig / Arndt Gutzeit

Sound on Screen – Music for Black Pigeons

Universum Filmtheater, Neue Straße 8, 38100 Braunschweig

Music for Black Pigeons

Dokumentarfilm, Dänemark 2022, 92 Min., engl., dän., japan. OF, engl. UT

Es sind kauzige Menschen ohne Attitüden, in der sozialen Interaktion mitunter ungelenk. Doch mit dem ersten Klang setzt eine bezaubernde Transformation ein. Traumwandlerisch greift alles ineinander. Selbstversunken finden die Musiker Harmonie und Sicherheit, schaffen eine gemeinsame Heimat jenseits aller Differenzen. Die Körper übertragen ihre Hingabe ins Sichtbare, leidenschaftlich und krampfartig zuckend. Wenn der letzte Ton verklungen ist, blickt man in ihre vor Glück strahlenden Gesichter. Über 14 Jahre begleitet der Film eine Gruppe von Jazzern, fragt nach ihren Emotionen beim gemeinsamen Musizieren. Tastend, stammelnd versuchen sie die Magie ihrer Kunst in Worte zu fassen, oft ist ihre Sprachlosigkeit Antwort genug. Was sie kaum verbalisieren können, macht der Film furios erlebbar. In scharf kadrierten Miniaturen erzeugt er die berauschende Atmosphäre des virtuosen Miteinander-Spielens und Zuhörens. Eine intensive Reise tief ins Herz des Jazz und in die Gefühlswelt eines ewig jungen Aufbruchs und Entdeckens in der Musik.

REGIE Jørgen Leth, Andreas Koefoed
DREHBUCH Jørgen Leth, Andreas Koefoed, Adam Nielsen
PRODUZENT:INNEN Emile Hertling Péronard
PRODUKTIONSFIRMA Ánorâk Film Denmark ApS, Wildersgade 32, 3, 1408 Kopenhagen K, Mail: emile@emileperonard.dk, Web: www.anorakfilm.gl

FESTIVALKONTAKT Danish Film Institute, Gothersgade 55, 1123 Kopenhagen K, Mail: dfi@dfi.dk, Web: www.dfi.dk

CAST Jakob Bro, Lee Konitz, Thomas Morgan, Paul Motian, Bill Frisell, Mark Turner, Joe Lovano, Andrew Cyrille, Palle Mikkelborg, Jon Christensen, Manfred Eicher, Midori Takada

Internationales Filmfest Braunschweig e.V. in Kooperation mit der Initiative Jazz Braunschweig e.V.
 

Dieter Ilg „Ravel“

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Dieter Ilg: Bass
Rainer Böhm: Piano
Patrice Héral: Schlagzeug

Wie nur wenige Jazzmusiker überhaupt hat sich der international renommierte Kontrabassist Dieter Ilg innerhalb des zurückliegenden Jahrzehnts seiner Laufbahn der Weiter-Erzählung der Musik klassischer Komponisten mit den Mitteln des Jazz verschrieben. Auf seinem neuen Album widmet er sich dem großen Impressionisten Maurice Ravel. Mit unverwechselbar singendem Ton, so präzisem, wie luftigem Groove, großer Vorstellungskraft und seinem außerordentlich sensibel agierenden Trio zusammen mit Pianist Rainer Böhm und Schlagzeuger Patrice Héral.
„Lange wirkte kein Trio mehr derart intensiv miteinander verstrickt wie dieses“, befand der NDR. Es eröffnet eine außergewöhnliche musikalische Welt, die staunen lässt, mit welcher Natürlichkeit, Sensibilität und Einfühlsamkeit verbindende Brücken zwischen Klassik und Jazz gebaut werden. Was ist Original, was Variation? Wo fängt Ilg, Böhm, Héral an und wo hört Ravel auf…? Große Kunst muss man nicht verstehen, das wusste schon Monet: „Die einzige nötige Sache ist, sie zu lieben.“

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt:
Abendkasse 25 € / ermäßigt 20 € / Schüler*innen, Auszubildende,
Studierende, FSJler*innen, BFDler*innen 10 €

Mit freundlicher Unterstützung durch:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Sound on Screen – In the Court of the Crimson King

Universum Filmtheater, Neue Straße 8, 38100 Braunschweig

IN THE COURT OF THE CRIMSON KING

“Being in King Crimson’s a bit like having a low-grade infection; you’re not really sick but you don’t feel well either” (Trey Gunn, ehemaliges Bandmitglied).

Mehr als fünf Jahrzehnte King Crimson: Bandmitglieder gingen, manchmal im Streit, kehrten zurück, neue Mitglieder kamen dazu. Die einzige Konstante war immer er: der legendäre und verschrobene King-Crimson-Gitarrist Robert Fripp – der immer noch jede Woche über 45 Stunden übt.

IN THE COURT OF THE CRIMSON KING ist eine faszinierende Reise in die Seele der vielleicht besten Band der Welt. Neben Szenen des Tourlebens kommen auch eine Reihe von ehemaligen und aktuellen King-Crimson-Mitgliedern zu Wort. Das fesselnde und intime Porträt einer Band, deren Musik man gar nicht unbedingt mögen muss, um den Film zu lieben. (Text: Monika Haas/ DOK.fest München)

Internationales Filmfest Braunschweig e.V. in Kooperation mit der Initiative Jazz Braunschweig e.V.

Open Air im DAS KULT

DAS KULT, Hamburger Straße 273 Eingang 2C, 38114 Braunschweig

Liebe Jazzbegeisterte,

es gibt 2023 wieder ein KULT JAZZ Open Air mit Bands der Braunschweiger Szene, veranstaltet von der Initiative Jazz Braunschweig e.V.

OpenAirSonntag, 20. August 2023
KULT-Theater, Hamburger Straße 273, Eingang 2C
Einlass 14 Uhr; Beginn 15 Uhr
Eintritt: 10 Euro

Mit dabei sind

Sound of Joy

Die Band interpretiert Musik von SUN RA und bewegt sich mit Hochachtung in der Tradition dieses großen interplanetaren Visionärs des Space Jazz, der einst den Sound des Saturns auf die Erde brachte. Mit sorgsam kreierten Arrangements liefert das Braunschweiger Ensemble die Spannbreite des stilistisch galaktischen Werks des Sun Ra Arkestra: von 1950er Big Band Sounds über modale Raumfahrten in das Vakuum der Freien Improvisation.

Niklas Wohlt Trio

Nach den Vorbildern der zeitgenössischen skandinavischen Jazztrios spielen Leonie Steger, Johannes Sudermann & Niklas Wohlt nordische Eigenkompositionen, deren Arrangements von atmosphärischen Sounds bis zu melodischen Improvisationen reichen.

Byrdline

Die Band widmet sich den Perlen des Hardbop der 1950er und 1960er Jahre, etwa den Aufnahmen des legendären Jazztrompeters Donald Byrd und weiterer erfolgreicher Blue-Note-Künstler. Da wir uns nicht nur auf Instrumentaltitel beschränken wollen, erweitert die Sängerin Carolin Heidloff die Band für einige Titel zum Septett. Sie bringt wunderbare Songs von dem 1962er Album „Nancy Wilson & Cannonball Adderley“ auf die Bühne.

Das KULT versorgt auch diesmal alle Anwesenden mit Getränken und Kulinarischem.
Dass die Bands – sollte es regnen – im Trockenen stehen, versteht sich von selbst; aber auch die Gäste können überdacht genießen.

Mit freundlicher Unterstützung durch:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig
 

Gebhard Ullmann „Das Kondensat“

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Gebhard Ullmann: saxes, looper, sampler
Oliver Potratz: e-bass, analog effects, bass synthesizer
Eric Schaefer: drums, modular synthesizer

Ein Kondensat entsteht beim Übergang eines Stoffes in einen anderen. Es geht ums Eindampfen, Komprimieren und Verdichten. Genauso könnte man die Musik des Trios beschreiben: Eine sinnliche, elektroakustische Improvisationsgeschichte. Das Trio springt ab aus dem Musealen in ein Jetzt jenseits diverser orthodoxer Lehren. Jazz ist das auch, aber nur unter anderem.
Neugier ist die Gier nach Neuem. Darum geht es den Dreien. Mal rockig-punkig, mal mit melodiös-balladeskem Zugriff, generiert mit neuen Medien in neuen Kontexten.
Gebhard Ullmann hat jahrzehntelange Erfahrung im Umgang mit modifizierten Klängen, mit denen er hier seine Sopran- und Tenorsaxofone mal durchs Dickicht schlängelt, mal im luftigen Raum emporschweben lässt, dann wieder zupackend auf den Punkt bringt. Der E-Bass von Oliver Potratz kann dunkel dräuen und markant grundieren oder zu wunderbaren Linien abheben. Mal mächtig und mal filigran, gießt er ein Fundament. Eric Schaefers Drumming als druckvoll und dynamisch zu beschreiben, wäre eine Untertreibung. Längst hat er sich in die erste Reihe europäischer Schlagzeuger getrommelt. In der Summe ergibt das eine Berliner Band der Superlative, die mehr ist als die Addition ihrer Teile.

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Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt:
Abendkasse 25 € / ermäßigt 20 € / Schüler*innen, Auszubildende,
Studierende, FSJler*innen, BFDler*innen 10 €

Mit freundlicher Unterstützung durch:
Braunschweigische Sparkassenstiftung
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Insomnia Brass Band

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Anke Luchs: Posaune
Christian Marien: Schlagzeug
Almut Schlichting: Baritonsaxofon

Nomen est omen, heißt es. Dass eine „Blechkapelle“ (Brass Band) Schlafstörungen (Insomnie) hervorrufen kann, will man durchaus glauben. In unserem Falle aber stutzt man bei näherem Hinhören/Hinsehen. Nur 3 Musici machen die Kapelle aus, 3 Instrumente! Ein Fall von Overstatement? Just Fun? Nein. Wohl handelt es sich um eine Miniatur-Ausgabe einer Brass Band, an einen versprengten Teil einer Second-Line erinnernd. Sie ist aber absolut Schlaf austreibend, wenn sie loslegt.
Die Drei jonglieren mit wechselnden Rollen zwischen Rhythmus und Melodie und durchqueren so eine betörende Landschaft aus Free Jazz, Funk, Punkrock und New Orleans Brass Band. Auf der Grundlage tiefen musikalischen Vertrauens und Freiheit öffnen sie ihre eigenen Stücke in alle Richtungen mit überraschenden improvisatorischen Wendungen in grandioser Interaktion und intuitiven kontrapunktischen Linien, angetrieben von einer Mischung aus improvisatorischem Schwung und bestens verzahnten Grooves. Oder – wie es der Kritiker Hans-Jürgen Schaal formuliert: „Die beiden Bläserinnen und der eine Trommler toben in erdigen Grooves, es wird polyphon improvisiert, es werden boppig zerrissene Themen geblasen, das swingt und stompt wie entfesselt, das Saxofon spielt brummige Riffs, die Posaune macht lustige Vokalsounds – wer hätte gedacht, dass eine so reduzierte Besetzung eine solche Vielfalt an Formen und Rhythmen hervorbringen kann! Handfest geht es zu, ungekünstelt, es ist ein Riesenspaß, man möchte Pogo dazu tanzen. Bitte mehr davon!“ Eine Musik also, so komplex wie extrem zugänglich!

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Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 25 € / 20 € (ermäßigt) / 10 € (Schüler*innen, Auszubildende, Studierende)

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

1.000 Tage Savoy – eine Dokumentation

Seit Juli 2022 kann man das Buch „1.000 Tage Savoy – eine Dokumentation“ der Braunschweigerin Bärbel Mäkeler erwerben. Es erzählt von der kulturellen Vielfalt und Melange, die Braunschweig während seines fast 3-jährigen Bestehens erlebte. Das Etablissement war (Kleinkunst-)Bühne, Varieté, Cabaret, Tanzboden, Bar, Restaurant, zeitweise Billard­salon, Café und Frühstückslokal zugleich. Des Weiteren werden Erinnerungen durch Schwarzweißfotos unseres „Haus- und Hoffotografen“ Thomas Ammerpohl wach und somit gleichzeitig konserviert. Exkurse, Interviews und Bilder von Fundstücken machen das Buch zu einer kleinen Kulturgeschichte Braunschweigs der 1980er-Jahre, die auch oder gerade Jazz-Fans interessieren dürfte. Das belegt nicht zuletzt die Rezension des Buchs durch den Leiter des führenden deutschen Jazzinstituts in Darmstadt www.jazzinstitut.de * Dr. Wolfram Knauer, die im Folgenden mit seiner Erlaubnis wiedergegeben wird.

( * Der Newsletter des Instituts ist übrigens höchst empfehlenswert, wie auch Knauers opus magnum über die Geschichte des deutschen Jazz‘ „Play it yourself, man!“ Stuttgart 2019).

Bärbel Mäkelers Buch ist erhältlich über b.maekeler[at]text-support.de
Weitere Verkaufsstellen – Handel usw. – sind zu finden unter www.text-support.de/das-buch/

1.000 Tage Savoy. Eine Dokumentation. Drei Jahre geballter Kulturbetrieb in Braunschweig – 1986 bis 1989
von Bärbel Mäkeler

Braunschweig 2022 (text-support)
256 Seiten, 25 Euro
ISBN: 978-3-9820557-8-7

BeitragsbildDrei Jahre nur gab es das Savoy, eine Kleinkunst- und Musikbühne in Braunschweig, doch diese drei Jahre füllen leicht ein reich bebildertes, mit Fakten gefülltes und zugleich überaus lebendiges Erinnerungsbuch einer der beiden Gründungsgesellschafter:innen, Bärbel Mäkeler. Sie hatte ihrer Tochter von ihrem Leben als Veranstalterin erzählt, und die habe sie schließlich ermutigt, das alles doch mal aufzuschreiben, begründet Mäkeler die Initiative zu diesem Buch. Und tatsächlich warteten die Zeugnisse ihrer Zeit im und mit dem Savoy im Regal nur darauf, durchforstet zu werden: Fotos, Programmflyer, Zeitungsberichte, Geschäfts- und Gästebücher.
Entstanden ist ein lebendiges Buch über Braunschweig, über die Alternativkultur in einer Universitätsstadt der 1980er Jahre, über die Realität des Lebens als Wirtin, Veranstalterin, Geschäftsfrau. Im Tagebuch hat Mäkeler notiert: “27.02.1986: Ich mache (…) einen Nachtclub auf. ‘Savoy’ wird er heißen. Leopoldstraße 7, geöffnet von 9 Uhr morgens bis 5 Uhr nachts.” Im September war es dann so weit, doch die Öffnungszeiten ließen sich nicht lange halten. 9 Uhr morgens bis 5 Uhr früh, rechnet sie vor, das waren ja 140 Stunden; auch wenn man sich die teilte, war das einfach zu viel. Von Träumen und Illusionen, von “großen Plänen” und “schrumpfendem Geldbeutel” ist auf den Seiten zu lesen, von Fehlkalkulationen und dem Ausgehverhalten des Braunschweiger Publikums, von Stars wie Chet Baker, Maria Joao oder Bill Ramsey und von regionalen Bands. Nach zwei Jahren verließ ihr Co-Geschäftsführer das Schiff, und Mäkeler machte als alleinige Geschäftsführerin weiter. Folk, Jazz, Blues, Kabarett brachten die Kasse allerdings nicht ins Plus, und im Februar 1989 klebte der Gerichtsvollzieher erste Pfandsiegel. Im Juni 1989 dann war es vorbei. Die Presse rühmte die Idee, kritisierte aber auch, wie Mäkeler nicht verschweigt, Missmanagement.
Etwa 70 Seiten widmet Mäkeler der Geschäftsgeschichte des Savoy – einschließlich eines Exkurses in die Historie von Varietétheatern in Deutschland -, dann folgt die Erinnerung an Höhepunkte. Knapp 500 Veranstaltungen, 1.900 Künstler:innen, “davon 242 Frauen”, ein Mix aus Musik, Kabarett, Travestie, Show, Tanz und anderem mehr. Wir lesen zeitgenössische Kritiken genauso wie Erinnerungen an Konzerte etwa von Chet Baker, Lou Blackburn, Philip Catherine, Maria Joao, Aki Takase, Katie Webster, Luis di Matteo, Hanns Dieter Hüsch, Embryo und zahlreichen anderen. Ein spezielles Kapitel widmet Mäkeler den Frauen, die auf ihrer Bühne auftraten und spricht dafür mit Gabriel Hasler über ihre Erfahrung als Musikerin im Musikgeschäft. Sie erinnert sich an die PR-Arbeit, an die Technik, an Essen und Trinken und die Kunst des Kellnerns. Eine detaillierte Auflistung der Auftritte des Savoy beschließt die Dokumentation, die vielleicht vor allem für Braunschweiger:innen interessant sein mag, deren Erfahrungen sich aber sicher auch auf ähnliche Spielorte andernorts übertragen lassen.

Wolfram Knauer (Juli 2022)
 

KY – Organic

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Sebastian Studnitzky: Trompete, Piano
Laurenz Karsten: Gitarre
Paul Kleber: Bass
Tim Sarhan: Schlagzeug

KY ist der Name von Studnitzkys facettenreichem Musikprojekt, das minimalistisch und doch voller Schichtungen und Klangvielfalt sich zeigt. Es gelingt ihm, sein virtuoses, aber zurückhaltendes Klavierspiel mit seinem einzigartigen vokal klingenden Trompetenstil zu kombinieren, um leichte und fesselnde Grooves zu erzeugen, die auffallend emotionale Melodien mit schöner Klarheit liefern. Der offene Ansatz und vielseitige Hintergrund ermöglichen es der Band auf nahezu magische Weise ein minimalistisches Techno-Gefühl mit anspruchsvoller Stimmführung, inspirierten Jazz-Improvisationen und Indie-Pop-Harmonien zu verschmelzen. Eine Art Alchemie zwischen verschiedenen Musikgenres bei gegenseitiger Bereicherung. Studnitzky hat seinen eigenen unverwechselbaren Stil mit KY – Organic geschaffen und erfolgreich eine Balance zwischen zeitgenössisch und doch undefinierbar zeitlos gefunden.

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Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 25 € / 23 € (ermäßigt) / 10 € (Schüler*innen, Auszubildende & Studierende)

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig
Die Braunschweigische Stiftung

Baßgeige – SUPERSALAD

https://www.bassgeige-bs.de/index.php?view=article&id=422:04-03-2023-supersalad&catid=84

Ant Law Quartet
„Same Moon In The Same World”

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Ant Law: Gitarre
Alex Hitchcock: Tenorsaxofon
Jeff Ballard: Schlagzeug
Jasper Høiby: Kontrabass

“Same Moon In the same World” – etwas sperrig das Ganze, aber durchaus mit Hintersinn.
Zunächst: ein Haruki Murakami-Zitat-Schnipsel aus seinem Roman „Sputnik Sweetheart“, auf viererlei aber verweisend: die Band, das Project des Quartetts und den Titel des jüngsten Albums. Vor allem aber die Grunderfahrung der letzten Zeit thematisierend: das Lockdown-Dilemma von Musiker*innen, grundsätzlicher: von Menschen überall auf der Welt. „Unser Album ist nicht geprägt von der Suche und Erforschung abstrakter Ideen. Es ist melodisch ohne süßlich zu sein. Wir wollten eine direktere Verbindung zu den Menschen herstellen und suchten nach universellen Wahrheiten. In der Sprache der Musik, bezüglich menschlicher Erfahrungen und emotionaler Reife!“, umschreibt Ant Law das Projekt. Gespielt von einem „All star contemporary Jazz Quartet”, wie der Londoner Gitarrist Ant Law seine Band bezeichnet. Nicht zu Unrecht! Hitchcock, Høiby und Law gehören zu den gefragtesten Musikern der jüngeren Jazzszene, Jeff Ballard ist Mitglied des Brad Mehldau Trios, aber auch Sideman in den Bands von Joshua Redman und Larry Grenadier.
„Jeder ist an verschiedenen Punkten in der Welt, aber wir schauen alle auf den gleichen Mond.“ Man darf gespannt sein, wie die vier Musiker den Gedanken umsetzen.

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Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
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• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 25 € / 23 € (ermäßigt) / 10 € (Schüler*innen, Studierende und Auszubildende)

Mit freundlicher Unterstützung:
Hoffmann Maschinen- und Apparatebau GmbH
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Daniel García Trio

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Daniel García: Piano, Fender Rhodes, synths
Michael Olivera: Drums
Reinier Elizarde “El Negrón”: Bass

Der spanische Jazz-Pianist Daniel García trägt ein tiefes Gefühl für die Geschichte seiner Heimat in sich. Musikalisch heißt das für ihn, die originäre spanische Musik kraft der Improvisation in einen neuen Kontext zu überführen und stilistische Trennlinien unsichtbar werden zu lassen. García nimmt deshalb oft harmonisch-rhythmische Strukturen und melodische Phrasen des Flamencos oder alter folkloristischer Lieder aus seiner Heimat Salamanca als Ausgangspunkt seiner musikalischen Erkundungen. Das Ergebnis ist eine eigenständige und ausdrucksstarke Musik von rhythmischer Intensität mit melodischem Reichtum, harmonischer Finesse und ungemeiner Virtuosität. García präsentiert stets fein verwobene, facettenreich glitzernde Arrangements. Dabei rückt der Pianist sein exzellentes Spiel nie in den Vordergrund, sondern lässt es aus der tiefsten Verbundenheit mit seinen langjährigen Trio-Partnern, den beiden Kubanern Reinier Elizarde „El Negrón“ am Kontrabass und Drummer Michael Olivera, heraus leuchten. Das rhythmische und motivische Ineinandergreifen, der eingängige, im Detail aber durchaus experimentierfreudige, mit Unerwartetem aufwartende Mix zeitgenössischen Piano-Jazz und Einflüssen der spanischen Musiktradition lässt in jedem Tempo ein genussvolles Hörvergnügen erwarten.

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Hinweis: Bitte beachten Sie die jeweils gültigen Corona-Regeln, zu finden auf der Homepage des Roten Saals Braunschweig.

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
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• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 25 € / 23 € (ermäßigt) / 10 € (Schüler*innen, Studierende und Auszubildende)

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Monoglot

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Michael Heidepriem – Schlagzeug
Sebastian von Keler – Tenorsaxofon
Kristinn Smári Kristinsson – Gitarre
Valentin Link – Bass
Fabian Willmann – Tenorsaxofon

Die Band „Monoglot“ ist divers. Was die Musik, was die Nationalität der beteiligten Musiker, was die Kritik bzw. Schubladisierung betrifft. Dabei meint „monoglott“ ja eher: nur einer Zunge/ Sprache mächtig. Könnte allerdings bei Musik eine Universalsprache sein.
Manche nennen dieses Monoglottische nun „Indie-Jazz from Basel“, andere „Alternativ-Jazz mit Punk-Attitüde“. Oder aber „progressiven, minimalistischen Jazz, frech, freigeistig und verspielt.“ Wie auch immer! Präsentiert wird ein Genremix aus geheimnisvollen Melodien, repetitiven Patterns, pulsierendem Rock-Groove, Popanspielungen, Improvisationen. Fünf virtuose Musiker, die, wohl auch aufgrund ihrer unterschiedlichen Herkunft aus Island, der Schweiz und Deutschland, einen komplexen, zugleich höchst individuellen Bandsound kreieren. Ihr Album mit dem leicht katastrophisch klingenden Titel „Wrong Turns and Dead Ends“, das sie in Braunschweig vorstellen, zeigt sich herrlich abwechslungsreich, verspielt und höchst experimentell zugleich. Eher poly- als monoglott.

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Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
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• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 25 € / 23 € (ermäßigt) / 10 € (Schüler*innen, Auszubildende und Studierende)

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Thärichens Tentett

LOT-Theater, Kaffeetwete 4a, 38100 Braunschweig

Kai Brückner: Gitarre
Johannes Gunkel: Bass
Simon Harrer: Posaune
Sven Klammer: Trompete, Flügelhorn
Jan von Klewitz: Altsaxophon, Klarinette
Nikolaus Leiste: Baritonsaxophon, Bassklarinette
Michael Schiefel: Gesang
Kai Schönburg: Schlagzeug
Andreas Spannagel: Flöte, Tenorsaxophon
Nicolai Thärichen: Klavier, Arrangements

Keine halben Sachen will „Thärichens Tentett“ im Braunschweiger LOT-Theater präsentieren, so der Titel der jüngsten CD der Band zum 20jährigen „Dienstjubiläum“. Aber – ist ein Tentett nicht bereits eine halbe Sache? Weder Bigband-Rausch noch Kammerjazz-Intimität?
Nun, dem ist nicht so. Kein geringerer als Gerry Mulligan stellte ein 10er-Ensemble zusammen, und auch gegen-wärtig herrscht geradezu eine „Tentett-eritis“, wenn man an die Projekte von Lusie Volkmann, Niels Klein, Rebecca Trescher oder Silke Eberhard denkt.
„Thärichens Tentett“ zeigt seit über 20 Jahren, wie erfolgreiches Konzertieren mit dieser Formation funktioniert. In seinen besten Momenten glänzt die Band mit verschachtelten oder zirkulierenden Arrangements, subtilen bis entschlossenen Soli, überraschenden Wendungen und absichtsvollen Querschlägern. So changiert Thärichens Tentett elegant zwischen Affirmation und Überraschung, vertrauten Traditionslinien und gewitzten Ideen.

Wer sich an schlauen Arrangements erfreuen kann, Spaß an intelligent verarbeiteten Texten hat, witzige und tiefgründige Kompositionen schätzt, kommt bei diesem Ensemble, das im Gesamtklang besticht, aber auch genug individuelle Solisten hat, auf seine Kosten.

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
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• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 30 € / 27 € (ermäßigt) / 10 € (Schüler*innen, Auszubildende und Studierende)

Mit freundlicher Unterstützung:
Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Frank Wingold Trio

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Frank Wingold – Gitarre
Jonas Burgwinkel – Schlagzeug
Robert Landfermann – Kontrabass

„Entangled“! Der Titel der letzten Trio-CD trifft es: Verschränkt, verwoben ist Frank Wingolds Musik. Der Jim-Hall-Fan, Professor für Jazzgitarre in Osnabrück, liebt es, Rollenzuweisungen wie Solo und Begleitung, Haupt- und Nebenstimmen weitgehend aufzuheben. Er setzt aufs Auslegen von Texturen in kammermusik-artigem Interplay mit seinen kongenialen Partnern Robert Landfermann und Jonas Burgwinkel. Zu dritt weben sie ein Geflecht aus ineinandergreifenden Linien, die in stets wechselndem Licht changieren. Ein Gitarrentrio der erfrischend unorthodoxen Art, intelligent und swingend.
Frank Wingold bevorzugt eine im Jazz eher seltenen Technik: Er spielt seine halbakustische, siebensaitige Gitarre nicht mit einem Plektrum, sondern setzt auf die Technik des „Fingerpicking“. Sie erlaubt es ihm, den melodischen und harmonischen Prozess auf seinem Instrument gleichzeitig zu gestalten.
Wingold spielt seit dem neunten Lebensjahr Gitarre. Von 1988 bis 1993 studierte er am Konservatorium von Hilversum Jazz und klassische Gitarre, seitdem lebt er in Köln. 1993 wurde er Mitglied der von Sebastian Gramss geleiteten Gruppe Underkarl (u. a. mit Nils Wogram), der er bis heute angehört.
Als Bandleader arbeitet Wingold mit der Gruppe „agog“ (mit Joost Lijbaart und Mark Haanstra). Mit dieser Band gewann er den Europe Jazz Contest in Brüssel, wo er als bester Solist ausgezeichnet wurde, außerdem 2002 auch die Dutch Jazz Competition auf dem North Sea Jazz Festival.

Mit Jonas Burgwinkel und Robert Landfermann spielen in Wingolds Trio zwei Musiker, die nicht nur im „Pablo Held Trio“ zu faszinieren wissen. Sie sind ein gesuchtes Rhythmus-Gespann von internationaler Klasse, das von zahlreichen Musikern für ihre Projekte gebucht wird.

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Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
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Eintritt: Abendkasse 25 € / 22 € (ermäßigt) / 10 € (Schüler*innen & Studierende)

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Parking Lot Open Air Braunschweig
Kussi Weiss Trio

Magniviertel Ölschlägern, 15 bis 19 Uhr

Im Rahmen der Teilnahme der Stadt Braunschweig an der europäischen Mobilitätswoche präsentiert die Initiative Jazz Braunschweig e.V. in der Zeit von 16 bis 18 Uhr das

Kussi Weiss Trio

Kussi Weiss – Gitarre
Tschabo Franzen – Gitarre
Dietmar Osterburg – Kontrabass

Kussi Weiss gehört zur vordersten Garde deutscher Sinti-Jazz Musiker. Der Gitarrist blickt bereits auf zahlreiche CD-Veröffentlichungen und internationale Festivalauftritte zurück. Der hochvirtuose Gitarrist hat längst seinen unverkennbaren eigenen Stil entwickelt, der auf besonders elegante Weise Djangos Erbe mit modernen Elementen verbindet. Mit Tschabo Franzen an der Gitarre und dem langjährigen Mitstreiter Dietmar Osterburg am Kontrabass hat er in seinem aktuellen Trio zwei ebenbürtige Instrumentalisten um sich geschart, die mit ihm mühelos den Spagat zwischen Stiltreue und Modernität meistern.
Praktisch von der ersten Minute an entfesselt das originelle Trio ein Feuerwerk an Spielfreude, Virtuosität und vor allem mitreißendem Swing. Es spielt Django´s Musik absolut authentisch und erlaubt sich doch immer wieder Streifzüge in andere musikalische Gefilde.

Eintritt: frei

Ab 15 Uhr stellt sich die FFF-Band vor, danach von 18 bis 19 Uhr tritt der TU-Chor „SingDing“ auf.

» Näheres zur Mobilitätswoche und zum Parking Day – auch in den Medien.
 

Frederik Köster / die Verwandlung

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Frederik Köster – Trompete
Sebastian Sternal – Piano
Joscha Oetz – Bass
Jonas Burgwinkel – Schlagzeug

Die Verwandlung: Nomen est omen. „Meine Working-Band „Die Verwandlung“ soll mehr Facetten zeigen, freier mit Kompositionen und in den Interaktionen auftreten als meine anderen Projekte,“ erläuterte Frederik Köster vor einigen Jahren. Sie sollte bewusst an den Jazz-Idealen vor der Fusion-Elektrifizierung anknüpfen. Kösters Vorliebe für den Freddie Hubbard-Sound und -Stil war gemeint. 2017 gab es dann eine Kooperation mit dem Philharmonischen Orchester Hagen. Drei Jahre später wiederum eine Verwandlung des hochkarätigen Quartetts vielfach ausgezeichneter Musikerpersönlichkeiten (insgesamt neun Jazz-Echos, Neuer Deutscher Jazzpreis, WDR-Jazzpreis): Man verpasste sich ein neues, von Elektrosounds durchwirktes Jazzgewand. Mehr Freiräume, offenere Strukturen, ungerade Metren, ungewohnt klingende Skalen. Mit dieser Mischung kreieren „Die Verwandler“ einen unkonventionellen und hochaktuellen Jazz, der seine historischen Bezüge aber nicht vergisst.
Das lässt einen interessanten Auftritt erwarten: Ist die Band wiederum im Wandel begriffen?

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Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 25 € / 23 € (ermäßigt) / 15 € (Schüler*innen, Auszubildende, Studierende)

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig
Braunschweigische Sparkassenstiftung

Hinweis: Beachten Sie bitte die jeweils gültigen Veranstaltungsregularitäten, die Sie auf der Homepage des Roten Saales Braunschweig abgedruckt finden.

Lisa Wulff Quartett

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Lisa Wulff: Kontra-Bass/Sopranbass
Frank Chastenier: Klavier
Gabriel Coburger: Saxophon/Flöte
Tobias Backhaus: Schlagzeug

Die Bassistin Lisa Wulff ist dem Braunschweiger Jazzpublikum keine Unbekannte. Zuletzt spielte sie 2017 an der Seite Christof Lauers in dessen Trio, diesmal kommt sie als Bandleaderin mit ihrem Quartett zu uns, um ihre eigene Musik zu präsentieren.
Seit vielen Jahren arbeitet sie mit ihrer Band daran, den gemeinsamen Sound weiter zu entwickeln, zu experimentieren und sich auf neue Wege und Abenteuer einzulassen. Entstanden ist dabei eine Musik, die jede Menge Tiefen, Kanten, Winkel, Geheimgänge zwischen Groove, Avantgarde, Ballade aufweist, gewürdigt mit dem Hamburger Jazzpreis und einer Echo-Nominierung. Wesentlich ist den vier Musikern eine unbefangene, klischeefreie Spielhaltung, um den Kompositionen Eigenständigkeit und Farbe zu verleihen. Und so entsteht gerade auf ihrer letzten CD-Einspielung „Sense and Sensibility“ viel zeitgenössischer Jazz mit eher melodischen als energetischen Akzentsetzungen, daneben aber auch ausgedehnte und klanglich vielschichtige Gruppenimprovisation.

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Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 25 € / 23 € (ermäßigt) / 15 € (Schüler*innen, Auszubildende, Studierende)

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

chuffDRONE

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Lisa Hofmaninger: ss / bcl
Robert Schröck: as / ts / cl
Jul Dillier: p
Judith Ferstl: db
Judith Schwarz: dr

ChuffDRONE – meint was? Klingt rätselhaft, verwirrend? Mag sein. Nicht aber die Tatsache, dass das Quintett seit mehreren Jahren wesentlicher Bestandteil der experimentierfreudigen österreichischen Jazzszene ist und mit Auftritten bei renommierten Jazzfestivals des In- und Auslandes auf sich aufmerksam gemacht hat. Die Band kreiert mit ihren Kompositionen dramaturgisch ausgefeilte Gesamtwerke, die die Grenzen zwischen Komponiertem und Improvisiertem aufheben. Die verschiedenen Instrumente verschmelzen dabei zu einem pulsierenden, energetisch aufgeladenen Klangkomplex, dessen Anziehungskraft man sich kaum entziehen kann. Die waghalsigen Improvisationen, die unkonventionellen Soli, die spontanen bis behutsamen Wechsel zwischen reflektierter Zurückhaltung und lustvoller Verspieltheit, die abwechslungsreichen Arrangements, die auch Passagen des Experiments beinhalten, die groovenden Rhythmen, alles wirkt auf spielerische und facettenreiche Art miteinander verwoben und in gediegener und sehr stimmungsvoller Form miteinander in Einklang gebracht. Dabei ist kaum auszumachen, wer von den fünf Musiker*innen dann und wann tonangebend wirkt, so gleichberechtigt dicht gewebt ist der Stoff, so ausgeklügelt die Passagen, so präzise die Einsätze, so bunt die Einfälle.

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Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
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Eintritt: Abendkasse 25 € / 23 € (ermäßigt) / 15 € (Schüler*innen & Studierende)

Mit freundlicher Unterstützung:
POMPE OPTIC
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Kira Linn Sextett

LOT-Theater, Kaffeetwete 4a, 38100 Braunschweig

Kira Linn: Baritonsaxophon/Bassklarinette
Lukas Großmann: Keyboards/Synth.
Freek Mulder: E-Bass
Johannes Koch: Schlagzeug/Drum Pad
Christopher Kunz: Tenor- u. Sopransaxophon
Nino Wenger: Altsaxophon/Flöte

Man nennt das Baritionsaxophon auch das „big horn“. „Allein schon das Instrument zu schleppen, ist eine schwergewichtige Herausforderung“, sagte die renommierte „Big-Hornistin“ Claire Daly. „Es muss dich extrem zu diesen tiefen Sounds hintreiben, damit du solch eine Bürde auf dich nimmst.“
Kira Linn (29) treibt es offenbar. Mehr noch: Sie liebt den großen Klang. Mit ihrem Sextett demonstriert sie die Möglichkeiten einer Rhythmusgruppe, gepaart mit der geballten Kraft gleich dreier Saxophone.
Mit kompositorischem Geschick weiß die Bandleaderin die Vielseitigkeit dieser Formation zu nutzen, ihr eigenes Instrument sowohl begleitend als auch solistisch einsetzend. Sie verarbeitet dabei ein weites Spektrum an Einflüssen, wobei es ihr wichtig ist, eine klangliche Ästhetik auf hohem Niveau zu halten und sehr respektvoll Traditionelles mit Modernem zu vereinen. Spröde und widerborstige Blöcke werden oft von warmen, heimeligen Sounds abgelöst; Bigband-ähnliche Saxophon-Tutti folgen kontrapunktische Melodien mit rhythmisch vertrackten Grooves. Resultat: ein abwechslungsreiches und dynamisches Klangerlebnis, mal energisch, mal verträumt. So bunt kann Jazz sein.

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Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 30 € / 27 € (ermäßigt) / 15 € (Schüler*innen & Studierende)

Mit freundlicher Unterstützung:
GOD Gesellschaft für Organisation und Datenverarbeitung mbH
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Das Kammerer OrKöster

LOT-Theater, Kaffeetwete 4a, 38100 Braunschweig

Richard Köster: Trompete/Flügelhorn/Komposition
Benjamin Daxbacher: Altsaxophon/Klarinette/Querflöte
Daniel Holzleitner: Posaune
Christian Amstätter-Zöchbauer: Bassposaune
David Dolliner: Kontrabass
Jakob Kammerer: Schlagzeug

Ein Sextett ist nichts sehr Ungewöhnliches im Jazz, wohl aber eines in dieser Besetzung. Kein Harmonieinstrument dabei, dafür vier Bläser, davon zwei Posaunen und kleine Rhythmusgruppe. Darauf muss man erst einmal kommen. Ein Gag? Suche nach einem Alleinstellungsmerkmal? Möglicherweise auch, aber nicht als wirkliches Motiv. Eher ein Hinweis auf Jazzgeschichte und je spezifische Ausdrucksmöglichkeiten zwischen New-Orleans-Jazz, Swing, Blues, Funk, Modern Jazz, die mit bestimmten Instrumenten verbunden sind. Gleichzeitig aber auch ein Hinweis auf Kreativität, Variabilität, Mut zur Grenzüberschreitung und – nicht zuletzt – Humor. Das kommt so überzeugend daher, dass dem Ensemble 2016 der renommierte Europäische Nachwuchs-Jazzpreis zugesprochen wurde.
Eine durchaus groovige, melodiöse, auch in komplexeren Parts nachvollziehbare Musik mit feinen Bläsersätzen präsentieren die sechs jungen Musiker*innen in ihren Konzerten.

» Reinhören auf Youtube

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
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• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 30 € / 27 € (ermäßigt) / 15 € (Schüler*innen & Studierende)

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Aki Takase & Daniel Erdmann Duo
Isn’t it romantic?

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Aki Takase: Klavier
Daniel Erdmann: Saxofone

Takase/Erdmann und romantisch? Schwer vorstellbar. Daniel Erdmann ist kein melodieseliger Schönspieler. Aki Takase fehlt jeglicher Hang zur Vereinfachung und Gefälligkeit. Wenn die beiden für ihre CD diesen Rodgers-and-Hart-Klassiker wählten, dann höchstens in romantisch-ironischer Hinsicht. Mit einem Dutzend eigener Kompositionen präsentiert das Duo einen von musikalischem Witz geprägten und unbändiger Lust am Experiment überquellenden Dialog, der gänzlich souverän aus einem schier unermesslichen Fundus schöpft. Sie schreiten durch impressionistisch gefärbte Melodien, brüchige Balladen, verfremdet mit Mondschein, Schalk und klassische Stile des Jazz.
Daniel Erdmann und Aki Takase wurden mit dem deutschen Jazzpreis 2021, Aki Takase zudem mit dem Albert Mangelsdorff Preis 2021 ausgezeichnet.

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Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
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Eintritt: Abendkasse 25 € / 23 € (ermäßigt) / 15 € (Schüler*innen & Studierende)

Mit freundlicher Unterstützung:
Hoffmann Maschinen- und Apparatebau GmbH
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Hinweis: Aufgrund der aktuellen Corona-Situation ist die Platzkapazität des Saales auf 50 Personen begrenzt. Wir bitten die aktuellen Corona-Regeln zu beachten, vgl. dazu:
Roter Saal im Schloss

Soulcrane


Liebe Jazz-Freunde!

Das Konzert findet coronabedingt nicht statt! Wir suchen einen Ersatztermin. Bereits erworbene Karten behalten ihre Gültigkeit oder können dort, wo sie gekauft worden sind, zurückgegeben werden.


Konzert 1: 18:30 – 19:40 Uhr
Konzert 2: 20:50 – 22:00 Uhr

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Matthias Schwengler: Trompete
Matthew Halpin: Saxophon
Reza Askari: Bass
Philipp Brämswig: Gitarre

Mit “Soulcrane” präsentiert Matthias Schwengler einen Klangkörper, der es glänzend versteht, Retro-Feeling und neue Ansätze unter einen Hut zu bringen. Bei ihrem zweiten Album „Another Step We Take“ (Mons Records) arbeiten die Musiker abermals gemeinsam kompositorisch an einem klanglichen Werk und bleiben mit dem warmen Charakter dieser Musik stets auf einem kammermusikalischen Niveau. Geschafft wird eine Atmosphäre, die einer Unterhaltung unter Freunden gleicht. Soulcrane überzeugt mit einer fast familiären Persönlichkeit und verdeutlicht, wie eindringlich insbesondere die leisen Töne wirken können. Jedes Instrument ist gleichberechtigt und die vier Kölner Musiker verstehen es, den großen Spielraum stets musikalisch wertvoll zu füllen.Gemeinsam treten sie ganz natürlich als Kollektiv in Erscheinung und strahlen dabei große Harmonie und innere Ruhe aus.
„Fast schon wehmütig schwebt der Klang der Trompete durch den Raum…“ (Jazzthetik)
„This album is highly recommended!“ (Jazz in Europe)
„Another Step We Take ist für jene ein Must, die die Essenz von Tönen spüren und genießen wollen.”
(Jazz ’n’ more)

Hinweis: Aufgrund der Covid-Situation ist der Konzertraum von der Platzzahl her eingeschränkt. Um trotzdem einem größeren Kreis von Jazzfreunden den Konzertbesuch zu ermöglichen, ist die Band bereit, zwei Konzerte von je 70 Minuten Dauer mit einer einstündigen Pause dazwischen zu spielen. Deswegen die beiden Terminangebote. Diese Regelung bitten wir beim Vorverkauf und an der Abendkasse zu berücksichtigen.

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
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Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 10 € (Schüler*innen & Studierende)

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Emile Parisien Quartet

Es gilt die 2G-Plus-Regel. Bitte kümmern Sie sich frühzeitig um einen Testtermin und bringen Sie den aktuellen Testnachweis sowie ein Ausweisdokument zum Konzert mit!
Die 2G-Plus-Regel bleibt trotz des Beschlusses der Landesregierung (Wegfall der Testpflicht für Booster-Geimpfte) bestehen!

Konzert 1: 18:00 Uhr
Konzert 2: 20:30 Uhr

LOT-Theater, Kaffeetwete 4a, 38100 Braunschweig

Emile Parisien – Sopransaxophon
Ivan Gélugne – Kontrabass
Julien Loutelier – Schlagzeug
Julien Touéry – Piano

Vital, neugierig und progressiv setzt die französische Szene wichtige Wegmarken für die Entwicklung des zeitgenössischen europäischen Jazz. Trotz aller Offenheit gegenüber Musikkulturen, Genres und Strömungen hat sie aber nie die Bodenhaftung verloren. Fortschritt auf den Füßen der eigenen Tradition ist ein besonderes Charakteristikum. Der Saxofonist Emile Parisien ist einer seiner Protagonisten: Ein Jazzvisionär, der mit einem Bein in der Vergangenheit steht und den Blick weit nach vorne richtet. Das macht ihn zur „besten Neuigkeit des europäischen Jazz seit langem“ (Le Monde), dem „ungeteilte Aufmerksamkeit“ (Norddeutscher Rundfunk) geschenkt werden sollte.

Parisiens musikalische Koordinaten sind weit gesteckt. Von der folkloristischen Tradition seiner Heimat führen sie über die Kompositionsstrategien der neuen Musik zur melodischen und harmonischen Abstraktion des freien Jazz. Die besondere Qualität dieses weiten musikalischen Feldes liegt in der Selbstverständlichkeit, mit der es ausgelotet wird. Nichts wirkt bei Parisien kalkuliert oder gezwungen. Stattdessen fließen in seine Musik ganz unangestrengt, leichthändig und ohne konzeptionelle Absicherung die Genremerkmale ineinander. Das Ergebnis klingt furios und ist ein großer Hörspaß in vielen Facetten: von provokativ-anarchisch bis mitreißend-swingend.

Wer den quirligen Franzosen jemals live auf der Bühne erlebt hat, weiß, dass er den Jazz mit Leib und Seele lebt. Authentizität und Ehrlichkeit schwingen in jedem Ton mit. Auszeichnungen ließen nicht lange auf sich warten: Parisien wurde mit den beiden wichtigsten Jazzpreisen Frankreichs, den „Prix Django Reinhard 2012“ und den „Victoires du Jazz 2014“, ausgezeichnet. In Deutschland erhielt er den ECHO Jazz 2015 in der Kategorie „Bestes internationales Ensemble“, für das mitreißende Duo mit dem Akkordeonisten Vincent Peirani; 2019 nun den Jahrespreis der deutschen Schallplattenkritik.

Hinweis: Aufgrund der Covid-Situation ist der Konzertraum von der Platzzahl her eingeschränkt. Um trotzdem einem größeren Kreis von Jazzfreunden den Konzertbesuch zu ermöglichen, ist die Band bereit, zwei Konzerte von je einer Stunde Spieldauer zu spielen. Deswegen die beiden Terminangebote. Diese Regelung bitten wir beim Vorverkauf und an der Abendkasse zu berücksichtigen.

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
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Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 10 € (Schüler*innen & Studierende)

Mit freundlicher Unterstützung:
GOD Gesellschaft für Organisation und Datenverarbeitung mbH
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Timo Vollbrecht FLY MAGIC

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Konzert 1: 18:30 bis 19:40 Uhr
Konzert 2: 20:50 bis 22:00 Uhr

Timo Vollbrecht: Saxofon & Syntheziser
Keisuke Matsuno: Gitarre
Elias Stemeseder: Piano
Dayeon Seok: Schlagzeug

Wohnhaft zwischen New York und Berlin, arbeitet der Saxofonist Timo Vollbrecht am liebsten an der Schnittstelle von komponierter und improvisierter Musik. Er ist laut der New York City Jazz Record ein „brillanter deutscher Saxofonist und Bandleader, dessen Musik mit rhythmischer Finesse und eleganten Modulationen glänzt.“ Musikalisch geht Vollbrecht seinen ganz eigenen Weg und verfolgt dabei eine behutsam konzipierte Klang-Vision. Sie balanciert emotive Ausdruckskraft und lebhafte Energie mit herrlicher Schlichtheit. Das Ergebnis ist ein Sound, der nuanciert statt plakativ auftrumpfend daherkommt und in seiner zurückhaltenden Beharrlichkeit starke emotionale Bilder schafft. Er spielte mit Größen wie Branford Marsalis und Kenny Werner zusammen und trat auf Bühnen wie dem Village Vanguard auf.
Fly Magic ist Timo Vollbrechts langjähriges Signature-Ensemble, dessen progressiver, elektroakustischer Sound die Fachwelt, Musikliebhaber*innen und Konzertbesucher*innen rund um den Globus begeistert. Dabei kombinieren die vier Improvisator*innen in ihren songorientierten Formen Elemente aus Jazz, Post-Rock und klassischer Moderne. Die Mitglieder der Band wohnen in New York, Berlin und Seoul, haben aber einen gemeinsamen Bezugspunkt: Brooklyn! In diesem kreativen Schmelztiegel formierte sich die Gruppe und trägt ihren Sound nun in die Welt. Sie trat auf Festivals weltweit auf und arbeitete mit dem Goethe-Institut zusammen. Auf zwei international gefeierte Alben folgt nun das dritte. www.fly-magic.com

Hinweis: Aufgrund der Covid-Situation ist der Konzertraum von der Platzzahl her eingeschränkt. Um trotzdem einem größeren Kreis von Jazzfreunden den Konzertbesuch zu ermöglichen, ist die Band bereit, zwei Konzerte von je 70 Minuten Dauer mit einer einstündigen Pause dazwischen zu spielen. Deswegen die beiden Terminangebote. Diese Regelung bitten wir beim Vorverkauf und an der Abendkasse zu berücksichtigen.

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
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Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 10 € (Schüler*innen & Studierende)

Mit freundlicher Unterstützung:
Braunschweigische Sparkassenstiftung
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Convergence

Konzert 1: 18:00 Uhr
Konzert 2: 20:30 Uhr

LOT-Theater, Kaffeetwete 4a, 38100 Braunschweig

Florian Arbenz: drums
Jim Hart: vibes
Rafael Jerjen: bass
Nelson Veras: guitar
Jorge Vistel: trumpet
Maikel Vistel: sax

Jazz sei – recht verstanden – die uneigennützigste Kunstform. Man tue alles, damit die Mitspieler ihr Bestes geben können. Man versuche sie zu inspirieren, es sei eine Art Opfer. So sinngemäß der große Trompeter Dizzy Gillespie.

Unter diesem Gillespie-Motto fanden sich im Projekt „Convergence“ absolute Top-Musiker der jüngeren Jazz-Generation zu einem musikalischen Austausch ein.
Florian Arbenz, vor allem bekannt durch das Piano-Trio VEIN, bildet zusammen mit den kubanischen Vistel-Brüdern, dem brasilianischen Gitarristen Nelson Veras, dem englischen Vibraphonisten Jim Hart und dem australischen Bassisten Rafael Jerjen ein internationales und höchst attraktives LineUp.
Gespielt werden Kompositionen der einzelnen Band-Mitglieder, im Vordergrund steht das musikalische Aufeinandertreffen und die gegenseitige Inspiration.
Dabei schaffen es die Musiker von Convergence mühelos, die groovigen und anspruchsvollen Themen und Formen der Convergence-Stücke zu meistern und drücken gleichzeitig der Musik mit ihrer Spontanität und grossartigen Spielfreude ihren Stempel auf.
Und genau das ist der aufregende Geist von Convergence: Die Band präsentiert eine Musik des 21.Jahrhunderts, die auf gegenseitigem Respekt, musikalischem Wissen, Virtuosität, Groove und Leidenschaft basiert.

Hinweis: Aufgrund der Covid-Situation ist der Konzertraum von der Platzzahl her eingeschränkt. Um trotzdem einem größeren Kreis von Jazzfreunden den Konzertbesuch zu ermöglichen, ist die Band bereit, zwei Konzerte von je einer Stunde Spieldauer zu spielen. Deswegen die beiden Terminangebote. Diese Regelung bitten wir beim Vorverkauf und an der Abendkasse zu berücksichtigen.

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
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Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 10 € (Schüler*innen & Studierende)

Mit freundlicher Unterstützung:
POMPE OPTIC
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Kritik zu BILL FRISELL TRIO

Die Raffinesse des sanften Giganten

Ausnahme-Gitarrist Bill Frisell spielt mit seinem Trio ein eindrucksvolles Jazzkonzert im Braunschweiger Westand

Die Konzerteröffnung war bezeichnend. Es ging nicht gleich ab mit dem Opener, nach kurzem Gruß ans Auditorium. Nein, der Bandleader grüßt und stellt als erstes seine Band vor. „Here is Thomas. Thomas Morgan on Bass. And here is Rudy. Rudy Royston on drums.” Ein freundschaftliches, fast familiäres Verhältnis scheint auf, das das Publikum einbeziehen will. Dann erst eröffnet der „Gentle Guitar Giant Bill Frisell“, so Allison Rapp in einem US-Interview,
das ausverkaufte Jazzkonzert am Samstagabend im Braunschweiger Westand.
Ein sanfter Gitarrenriese – das ist irgendwie richtig, driftet doch aber leicht ab in die Klischee-Ecke. Frisell, einer der drei großen Jazz-Gitarristen der letzten Jahrzehnte neben John Scofiled und Pat Metheny, ist kein Mann der rasenden Läufe und des Powerspiels, nicht der Schöpfer höchst komplexer Avantgarde-Musik. Ihm geht es um Klarheit, um das Herausarbeiten der Essenz eines Songs. Jede Note zählt. Etwas spielen bedeutet, etwas aussagen zu wollen. Sofort erkennbar gleich im Opener, Billy Strayhorns bittersüßem und raffiniertem Klassiker “A flower is a lovesome thing”. Da ist ein fast suchendes Changieren zwischen der bekannten Melodie und einem Sich-Entfernen durch Abstraktion. Leise Musik, auf die die Zuhörer sich hinbewegen müssen.
Frisells Trio präsentierte an diesem Abend eine Mischung aus Standards verschiedener Genres, eigenen Kompositionen, Musiken aus verschiedenen Perioden seiner musikalischen Entwicklung. Hörte man allein die Titel, könnte es einen Jazzfan gruseln. Burt Bacherachs „What the world needs now is love“ etwa. Pop! „We shall overcome”, diese abgesungene Protesthymne! Freilich: Bacherachs Pop ist reichlich tricksig, „Overcome“ ist ursprünglich ein Gospel aus dem Jahre 1901. Aber ist das Jazz, wenn man bei anderen Songs umstandslos mit dem Fuß wippen kann, sich in einen Saloon versetzt fühlt ?
Die Frage ist, was man daraus macht. So wurde aus Bacherachs Pop die schöne Melodie herauspräpariert und gleichzeitig jegliche Sentimentalität durch harmonische Mehrdeutigkeiten unterlaufen. Dabei wird deutlich: Frisell ist ein Meister im Umgang mit elektronischen Effekten. Die Protesthymne wird entkernt bis auf die musikalische Substanz, die Aussage geht vom Appell ins melancholisch getönte Hoffen über. Gitarre und Bass umspielen einander arabeskenhaft, fast zärtlich.
Die alte Grundsatzdebatte „Ist das Jazz?“ konnte man aber getrost zu den Akten legen (sollte man vielleicht sowieso tun?), als die Band etwa „Valentine“ spielte. Eine echte Monk-Hommage. Eckiger Blues mit monkischem Riff, zwischendurch heftigst swingend, getragen von Thomas Morgans Walking-Bass-Spiel, das später in ein beeindruckendes Solo überführt wurde. Wobei besonders schön war, dass das Solo nicht zum völligen Verstimmen der restlichen Stimmen führte, diese vielmehr eine feine Folie für Morgans Arbeit bildeten. Rudy Royston präsentierte sich dabei als ungemein feinfühliger Schlagzeuger. Selten konnte man so eine facettenreiche Besen-Arbeit, aber auch schön kraftvoll-rockige Beats hören. Und dann ein Drum-Solo der Extraklasse, bei dem mitzuerleben war, wie er seine Arbeit im Ablauf optimierte, so etwas wie die allmähliche Verfertigung des Rhythmus‘ im Spiel. Ob „Kaddish Waltz“ oder „Lush Life“, ob „Small Town“ oder „Bama Dama“, alles Jazz auf der Höhe der Zeit und gespielt auf höchstem Niveau.
Und das alles ohne Leader- oder Stargetue. Stattdessen freundliche Zuwendung, volle Konzentration auf die Mitspieler, ruhiges und mitunter humorvolles Arbeiten. Das ist insofern erwähnenswert, weil die Tour-Rahmenbedingungen alles andere als angenehm zu bezeichnen sind. Budapest – Berlin – Pori (Finnland) – Braunschweig – Angra (Portugal/Azoren) – Rotterdam, ein Auszug aus dem Auftrittsprogramm dieser Woche. Berlin und Braunschweig, die einzigen Auftrittsorte in Deutschland, spricht für Braunschweig oder? Aber die Umstände?
Modernes Nomadentum des Kulturbusiness. Ist das zuträglich, was das künstlerische Arbeiten betrifft? Ist das angesichts der Klimadebatte noch länger zu rechtfertigen? Müssten sich Agenturen, Veranstalter und Publikum nicht diesen Problemen stellen? Diese Debatte muss geführt werden. Denn so ein Jazz-Abend wie der am Samstagabend im Westand muss grundsätzlich unbedingt erhalten bleiben, wie die begeisterten Publikumsreaktionen zeigten.

Klaus Gohlke

BILL FRISELL TRIO feat. Thomas Morgan and Rudy Royston

westand Event- und Kulturzentrum, Westbahnhof 13, 38118 Braunschweig

Bill Frisell, electric guitar
Thomas Morgan, acoustic bass
Rudy Royston, drums

Bill Frisell gehört zu den facettenreichsten Gitarrenvirtuosen unserer Zeit. Vom Jazz aus wagt er gerne Ausflüge in Richtung Americana, Folk, Pop oder Filmmusik. Auf mehr als 250 Alben, davon über 40 unter eigenem Namen, hat er bereits Jazzgeschichte geschrieben. Unverkennbar sein singend-schwebender Sound, den er auf charakteristische Weise elektronisch erweiterte. Genregrenzen sind ihm unbekannt, er hält sie für gekünstelt. Wenn er sich populären Songs zuwendet, dann mit der Absicht, deren Gehalt gewissermaßen auf den Punkt zu bringen. Musik ist Bill Frisell mehr als „reine“ Kunst. Vielmehr sieht er in ihr ein Aufscheinen gelungenen menschlichen Handelns.

Mit dem Bassisten Thomas Morgan, kein Unbekannter in Braunschweig, verbindet ihn eine tiefe musikalische Partnerschaft, begründet in dessen einzigartigem musikalischem Verstehen und spielerischem Ansatz auf dem Tieftöner. Rudy Royston liefert dazu ein fein austariertes rhythmisches Fundament, so dass der Auftritt des Trios zweifellos einen Höhepunkt darstellen wird, was Musikalität, Zusammenspiel und Kreativität im Umgang mit musikalischem Material unterschiedlicher Provenienz angeht.

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
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Der Vorverkauf für dieses Konzert beginnt am 03.08.2021

Eintritt: Abendkasse 30 € / 27 € (ermäßigt) / 10 € (Schüler*innen & Studierende)

Mit freundlicher Unterstützung:
Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Kritik zu Yonathan Avishai Trio

Musik ist kein reines Schallphänomen

Mit dem Yonathan Avishai Trio startet das kulturelle Leben im Roten Saal der Stadt Braunschweig

Selbstverständlich! Man kann Musik schön bequem von seinem Sofa aus anhören. Oder sich Musik-DVD’s und Live-Streams – durchaus liegend – reinziehen. Hat alles seine Zeit, insbesondere seine Corona bedingte Zeit. Aber – mal ehrlich: es geht doch nichts über Echtzeit-Mucke am richtigen Ort, mit den richtigen Leuten und mit leibhaftigen Musikern.

Vor neunzehn Monaten spielte das letzte Mal eine renommierte Jazzband im Roten Saal des Schlosses, dem kulturellen Herz der Stadt Braunschweigs. Dann von Hundert auf null! Schluss. Kulturelle Wüste und die peinigende Erfahrung, dass Konserve aller Art nur notdürftiger Ersatz ist fürs wirkliche Leben. Musik ist ein Schall-Phänomen, aber eben nicht nur. Die Musiker brauchen Resonanz und Stimulanz, das Publikum optische und unmittelbar personale Eindrücke.

Nun also Neustart für Jazz Braunschweig und zugleich für den Roten Saal. Natürlich mit 3G-Hygiene, was bedeutet, dass nur knapp fünfzig Menschen Einlass finden. Das schmälert die Einnahmen, manchem Veranstalter bricht’s das finanzielle Genick. An diesem Abend aber gibt es eine gelungene Gegensteuerung. Die Band erklärte sich bereit, zwei jeweils leicht verkürzte Konzerte statt des üblichen einen zu spielen. Was gut angenommen wurde.

Die Band, das ist ein international renommiertes Klavier-Trio mit dem in Frankreich lebenden israelischen Pianisten Yonathan Avishai im Zentrum. Keine Avantgarde-Truppe, kein Trash-Jazz. Vielmehr melodie- und klangbezogen orientierte Kompositionen, die den gegenwärtigen aufgeregten Zeiten nicht entsprechen wollen. Keine wild-theatralischen Ausbrüche, aber auch nicht ein kontrastarmes Dahinplätschern. Die Musik lebte vielmehr von einem Sich-Annähern an und Transzendieren von Jazzgenres, aber auch von einem unterschwelligen Bezug zur Historie des Klaviertrios. Und so geschah es immer wieder, dass nach einem tastenden Intro und der Entfaltung eines Themas man sich plötzlich in einem Blues-, Boogie-, einem Swing- oder Gospelkontext wiederfand. Rhythmische und harmonische Veränderungen eröffneten neue, abstraktere Horizonte. Es konnte aber durchaus auch passieren, dass man sich in lyrisch-romantischer Liedtradition wiederfand. Dabei zeigte sich die hohe Qualität des Trios insbesondere in seinem feinen, ungemein transparenten Zusammenspiel. Da gab es kein Sich-durchsetzen-Wollen. Impulse wurden aufgegriffen und stimmig interpretiert, alle Artikulationsebenen genutzt, aber immer mit einer gewissen Zurückhaltung und Balance.

Das Trio trägt den Namen des Pianisten, was vermuten lässt, dass er, wie man es vom Keith-Jarrett-Trio kennt, die Fäden zieht. Klar, er ist der Chef, er zählt an, die Kompositionen sind vorwiegend von ihm, die Strukturen legt er fest. Aber innerhalb dieses Rahmens gab es feine, sich befreiende Bass-Soli von Yoni Zelnik, besonders eindrucksvoll in der Bearbeitung des Cole Porter Songs „So in love“. Auch der Schlagzeuger Donald Kontomanou war nicht schlichter „timekeeper“, sondern oft ein feiner Klangverzierer, was alles im besten Sinne an das letzte Bill Evans Trio erinnerte. Freilich, wer sich wünschte, dass da „endlich mal die Post abgeht“, hoffte vergeblich. Selbst bei einem Titel wie „Musicians without Boundaries“ entwickelte sich kein Free-Chaos. Grenzenlosigkeit zeigt sich eben auf sehr unterschiedliche Weise. Vielleicht gerade darin: sich von der Covidunruhe, dem Wahlgetöse, der permanenten medialen Erregtheit eine Zeitlang zu befreien. Das ermöglichte das Yonathan-Avishal-Trio an diesem Abend in beeindruckender Weise.

Klaus Gohlke

Yonathan Avishai Trio

Konzert 1: 18:30 – 19:40 Uhr
Konzert 2: 20:50 – 22:00 Uhr

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Yonathan Avishai – Klavier
Donald Kontomanou – Schlagzeug
Yoni Zelnik – Bass

„Jazz ist nicht die erste Musik, die viel Wert auf Improvisation legt, aber die erste Musik, die höchsten Wert auf persönlichen und einzigartigen Ausdruck legt!“, erklärt der in Frankreich lebende israelische Pianist Yonathan Avishai. Genau das ist es, weshalb er so angesagt ist. Gleich, ob beim Elbphilharmonie-Konzert mit seinem Trio oder im Tonstudio bei Manfred Eichers ECM-Projekten. Ob im Quartett als Sideman seines Freundes Avishai Cohen oder bei Theaterprojekten: Intensität, Eleganz und ein extrem ausdrucksstarker Minimalismus sind charakteristisch für sein Klavierspiel. Avishai spricht allerdings lieber von einer Ökonomie des Ausdrucks, die seine Suche nach dem Essenziellen begleitet, gestützt durch ein breites Spektrum musikalischer Erfahrungen und Einflüsse. Völlig zwangfrei bedient er sich der unterschiedlichsten musikalischen Traditionen. Dabei absolut offen, unvorhersagbar, gleichzeitig zurückhaltend und subtil mit poetischen Überraschungsmomenten. „Eigentlich spielt das Trio keinen Jazz, sondern Kammermusik auf höchstem Niveau!“, befand der Kritiker des SWR.
Begleitet wird Yonathan Avishai am Schlagzeug von Donald Kontomanou, der zuletzt in Laurent de Wildes New Monk Trio spielte, und Yoni Zelnik am Bass, auf Tour neben vielen anderen Projekten auch mit Avishai Cohen und Nasheet Waits.

» Weitere Informationen

Der Rote Saal ist gemäß Corona-Vorschriften nur mit max. 40 Personen als Zuhörer*innen bespielbar. Dank des Entgegenkommens der Musiker und der Agentur Uli Fild ist es möglich, das Konzert zu wiederholen. Es werden deshalb zwei separate Konzerte à 70 Minuten gespielt.

» Hygienehinweise zum Roten Saal

Karten:
Wir bitten um eine Reservierung per Telefon oder Mail (siehe unten).
Bitte mit Angabe, welches Konzert gewünscht wird.
Bitte die dann gültigen Hygienemaßnahmen beachten wie aktuellen Test oder Impfnachweis.
Tel.: 0531/6802122, E-Mail: vorstand[at]jazz-braunschweig.de
Restkarten an der Abendkasse.

Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 10 € (Schüler*innen & Studierende)

Mit freundlicher Unterstützung:
Frau Mewes
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

International PARK(ing) Day

https://niedersachsen.vcd.org/der-vcd-in-niedersachsen/braunschweig/

Jazz-BS Open Air

DAS KULT, Hamburger Straße 273 Eingang 2C, 38114 Braunschweig

Liebe Jazz-Begeisterte,

wir setzen nach dem Simon-Below-Konzert den Neustart in 2021 fort. Wie beim Open-Air im letzten Jahr werden wieder Jazz-Künstler*innen aus der Region auftreten. Diesmal sind dabei in dieser Abfolge das

Beitragsbild14:00 – Kussi Weiss Trio

15:00 – Laokoon Quintett

16:00 – Alexander Hartmann mit Solid Jazz

17:00 – Trio Dallmann/Römisch/Wandersleb

18:00 – Britta Rex Quartett plus Friends

Alle Bands haben einen ca. einstündigen Auftritt.

Das KULT versorgt auch diesmal alle Anwesenden mit Getränken und Kulinarischem. Anders als im letzten Jahr gibt es Sitzplätze, die zum größten Teil überdacht sind, um vor Regen oder Sonne zu schützen.
Die dann gültigen Sicherheitsbestimmungen sind zu beachten.

Der Eintritt ist frei – um eine Hutspende wird gebeten.

Veranstalter: Initiative Jazz Braunschweig e.V. in Kooperation mit dem Kult-Theater Braunschweig

 

Kritik zu Jazz im Park

Eine echte Erfolgsgeschichte

Die „ Braunschweigische Landschaft e.V.“ präsentiert zum achten Mal das Festival „Jazz im Park“

Es hat etwas Unwirkliches. Ungefähr 500 Menschen lagern auf Rasenflächen vor einer Bühne. Eingerahmt von eindrucksvollen alten Wirtschaftsgebäuden und zugehörigem Herrenhaus einer Kloster- und Rittergutsanlage, von Teich- und Bachlandschaften, imposanten Bäumen und weiten Weideflächen. Still lauschen sie den Klängen eines Pianisten.

Der Wunschtraum des Loriot’schen Hermann geht hier in Erfüllung: „Ich möchte hier nur sitzen!“ Nicht Spazierengehen, kein Reden, keine Illustrierte, nichts Müssen. Nur Hier und Jetzt. Etwas Vogelgezwitscher, Kühe im Hintergrund. So etwas wie interesseloses Wohlgefallen an schöner Umgebung und Musik, die weder beißt, noch platt ist. Vom Harz her drohen Gewitterwände. Das einzig Beunruhigende.

Nahezu surreal in diesen Zeiten permanenter Anspannung, von Äußerungsübermaß und Dauergereiztheit. Der Anlass? „Jazz im Park“. Diesmal im Landschaftspark des Rittergutes Dorstadt.

„Ein tolles Konzept des Vereins Braunschweigische Landschaft! Die achte Veranstaltung schon. Sie sollte schon letztes Jahr hier stattfinden, aber, nun ja. Gecancelt wegen des Virus“, wie Klaus Hermann, Organisator des Festivals, zu berichten weiß. Diese Kleinodien unserer Region, die Rittergüter und Schlösser mit ihren Parkanlagen zugänglich zu machen über ein relaxtes musikalisches Event, das ist eine großartige Idee und in der Tat eine Erfolgsgeschichte.

Das Geheimnis dahinter? Nun, es geht nicht um Jazz, nicht um Parks – es geht um Jazz im Park. Der Zusammenklang von eindrucksvollem Ambiente, guter Unterhaltung und perfekten Rahmenbedingungen macht’s. Hervorragend organisiert von der Feuerwehr, DRK und vielen Helfern unter der Ägide der „Braunschweigischen Landschaft“ und dem Team des Schlossherrn Konstantin von Löbbecke, der kurz über die historischen Hintergründe der Anlage berichtet.

Genauso durchdacht und gut organisiert der musikalische Rahmen. „Jazz ohne Zahnschmerzen!“ wurde im Vorhinein etwas platt angekündigt. Mitnichten aber wurde Weichgespültes geboten. Jan-Heie Erchinger, musikalischer Leiter des Festivals, machte das gleich als Opener mit seinem Piano-Solo-Auftritt klar. Keine Zufallsimprovisationen. Vielmehr ein Stilmix aus Blues, Rag, Swing, Standards-Zitaten, der immer wieder leitmotivisch durchzogen wurde von Pete Seegers Antikriegslied „Where have all the flowers gone“. Eine beziehungsreiche Idee.
Das Braunschweiger Laokoon-Quintett spielte ein anspruchsvolles Porträt der Jazz-Ikone Miles Davis. Eine absolut gelungene Würdigung der Jazz-Ikone, die hier einmal ein größeres Auditorium fand.
Und auch das Hannoveraner Chiara Raimondi Quintett war kein Eays-Listening-Act. Sinnreich und spannend präsentierte die hervorragend eingespielte Band der stimmlich eindrucksvollen italienischen Sängerin Modern Jazz mit folkloristischen Elementen.
Géza Gál’s Jazz Affair bildete dann einen schönen Abschluss des Parkkonzertes, insofern gekonnt populärere Songs zelebriert wurden. Mit einem Ohrwurm wie „Sitting on the Dock oft he Bay“ im Ohr ließ es sich leichter Abschied nehmen vom schönen Ambiente. Ach – und es spielte noch jemand mit: das Wetter. Watt’n Glück.

Klaus Gohlke

Jazz im Park

Park des Ritterguts Dorstadt, Landkreis Wolfenbüttel

Jazz-Musik im Ambiente traditionsreicher Parkanlagen der Region – Das ist die Besonderheit des Open Air-Festivals JAZZ IM PARK, das 2021 bereits zum 8. Mal von der Braunschweigischen Landschaft ausgerichtet wird. Nachdem wir im letzten Jahr pandemiebedingt absagen mussten, freuen wir uns umso mehr, dass wir in diesem Jahr endlich im Park des Ritterguts Dorstadt zu Gast sein dürfen. Einlass für alle Jazz- und Gartenbegeisterten ist ab 14 Uhr, das Musikprogramm beginnt um 15 Uhr.

Aufgrund der aktuellen Situation wird es in diesem Jahr keine Tageskasse geben, die Tickets werden stattdessen ausschließlich im Vorverkauf online oder bei allen Vorverkaufsstellen erhältlich sein.

» Weitere Informationen

Veranstalter: Braunschweigische Landschaft e.V.

 

Kritik zu Simon Below Quartett

Ohne Publikum ist alles nichts

Trotz Delta-Variante und Regengüssen: Ein hoffnungsfrohes Jazzkonzert mit dem Simon Below Quartett

Nein, kein „Cave- oder Höhlen-Syndrom“.* Weder bei den Musikern noch bei den Konzertbesuchern. Höhlensyndrom – das ist so eine Folgeerscheinung der Corona-Geschichte. Nämlich die Angst, wieder unter die Leute zu gehen. Hätte ja sein können, zumindest beim Publikum. Die Musiker, vier junge Kölner Jazzer, drängt es ja nun in der Après-Covid -Zeit mit aller Macht ans Licht. Aber das Publikum war doppelt unter Druck. Evidenz 10 plus in Braunschweig und dann noch das Wetter am Freitagabend. Regen ohne Unterlass von nicht geringer Intensität. Trotzdem: Auch hier ZUVERSICHT!
Um die 80 Jazzbegeisterte waren so unter Entzug, dass sie sich aufmachten zum Open-Air auf der Freifläche am KULT-Theater. War aber auch alles regelkonform von der Initiative Jazz Braunschweig in Zusammenarbeit mit Kult-Chef Thomas Hirche organsiert. Das Besondere und Entspannende an diesem Terrain freilich ist, dass fast alles überdacht ist und gut bestuhlt werden kann.
Beste Voraussetzungen also für, wie der Bandvorstand Simon Below erläuterte, den „ersten echten Gig nach der langen Covid-Pause. Und das erste CD-Release-Konzert der Band nach der 2020er Produktion der neuen CD.“ Normalerweise, muss man wissen, fallen CD-Erscheinung und Promotion über Konzerttouren immer zusammen.
Die Bedeutung des Auftritts, so Below im Gespräch, liege aber nicht im kommerziellen Sektor. „In diesen Tagen der Öffnung, der Rückkehr in die Normalität, haben wir gemerkt, wie viel Energie man vom Publikum bekommt. Das versetzt einen Musiker in Ekstase – auf und abseits der Bühne. Das gilt auch für die Konzertbesucher und bringt die Musik auf eine neues Level, welches man ohne Publikum nicht erreicht.“
Dem ist nichts hinzu zu fügen. Freilich, von Ekstase zu sprechen, ist vielleicht etwas kühn. Wer bei vier Jungjazzern, die sich dem Modern Jazz verpflichtet fühlen, auf wild vorwärtsstürmende Temperamentsbolzen hoffte, sah sich getäuscht. Simon Below an den Keyboards, Fabian Dudek am Altsaxofon, Yannik Tiemann am Kontrabass und Jan Philipp am Schlagzeug fühlen sich einer anderen Ästhetik verpflichtet. Die Stücke beginnen oftmals suchend-zurückhaltend. Eher zögernd wird musikalisches Gelände gestaltet. Es werden Melodiefragmente oder Klangräume eröffnet als Angebote an die Bandkollegen, diese aufzugreifen und individuell zu gestalten.
Das ist insofern bemerkenswert, weil sie sich dem Gebot des „Schneller-Höher-Weiter“ widersetzen und ein ausdauerndes Zuhören einfordern. Es ist spannend, zu verfolgen, welche Dialoge sich zwischen den Musikern entwickeln, wobei es überwiegend die zwischen Keyboard und Altsaxofon sind, während Bass und Schlagzeug die verlässlichen Strukturen kreieren. Erstaunlich für so eine junge Band die souveräne Gestaltung der Interplays, die Ausflüge ins Dissonante, das Changieren zwischen modaler Offenheit und Arbeit mit festen Strukturen. Nur ab und an stellt man sich die Frage: „Ja, wann geht es denn hier endlich mal ab?“ Passiert ja, könnte vielleicht aber des Öfteren geschehen?

*BZ v. 7.7.21

Klaus Gohlke

Open Air mit dem Simon Below Quartett

DAS KULT, Hamburger Straße 273 Eingang 2C, 38114 Braunschweig

Simon Below – Fender Rhodes, Komposition
Fabian Dudek – Saxofon
Yannik Tiemann – Bass
Jan Philipp – Schlagzeug

BeitragsbildBeschreien wir es nicht, aber es sieht so aus, als käme das Leben zurück. Auch das kulturelle. Nicht, dass unter Covid-Bedingungen kein Leben stattgefunden hätte. Aber eben „coronales Leben“, ein kastriertes.
Jazz-BS ist beim Re-Start dabei, zunächst, in vorsichtiger Einschätzung der Lage und auch, um ein größeres Publikum zu erreichen, als Open-Air. Wieder am KULT-Theater, diesmal im Hof C, was viele überdachte Sitzplätze ermöglicht. Die dann allfälligen Pandemie-Schutzvorkehrungen sind zu beachten.

Im Blickpunkt steht das Simon Below Quartett, das eigentlich von Jazz-BS für November 2020 im Westand geplant war. Eine junge Kölner Band, die gerade am Durchstarten ist. Das Quartett hat den internationalen Avignon-Jazzpreis gewonnen und so das Interesse des Traumton-Labels geweckt. Im September letzten Jahres erschien die jüngste CD „Elements of Space“. Coronabedingt ist der Auftritt in Braunschweig somit ein Release-Konzert.

Die Musik, fast ausschließlich von Below selbst geschrieben, wird von der Kritik als offen, variabel, Raum gewährend für die individuelle Entfaltung beschrieben. „Es geht darum, sich zu finden – dann entstehen magische Momente!“, so Below im Gespräch mit Jazzthetik-Autor Harry Schmidt.

Die können entstehen, weil die Kommunikation zwischen Below am Fender-Rhodes und seinem Saxofonisten Fabian Dudek von besonderer Qualität ist. Während Below eher eine zurückhaltend nach innen gerichtete Haltung einnimmt, fällt Dudeks vorwärtsdrängende Expressivität als Kontrast in den musikalischen Dialogen auf.
Jan Philipp am Schlagzeug und Yannik Tieman am Bass sind dabei nicht bloße „timekeeper“, sondern erweisen sich als einfühlsame Unterstützer im musikalischen Gestaltungsprozeß.

Was sie spielen, nennt Below „Kammerjazz mit Push“, meint also: zeitgemäßer Jazz, der sich zwischen den Polen extrovertiert-energetisch und melancholisch-minimalistisch bewegt.

» Weitere Informationen

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 10 € (Schüler*innen & Studierende)

Bildrechte Simon Below Quartett: Kilian Amrehn

Newsletter Nr. 3

6. Februar 2021

Liebe Mitglieder der Initiative Jazz BS, liebe Jazzfreundinnen und -freunde.

INTRO

„Auf Halde produzieren“, das verbindet man meist mit Absatzproblemen in der Waren- und Güterproduktion, eigentlich nie mit dem Kreativ-Sektor. Aber wir, Jazz BS, produzieren in der Tat auf Halde, Konzertveranstaltungen nämlich. Fertige Verträge, Vorverträge, Absprachen, Ankündigungstexte liegen bereit. Und liegen und liegen. Bis die Verhältnisse denn andere sein werden.
Die Planungen aus 2020 und 2021 werden einfach verschoben oder übertragen. Das wird nicht in allen Fällen gehen, aber als Handlungsmaxime steht das fest. Es soll ja nichts entfallen, was uns wichtig erschien. Die Kehrseite ist, dass mehr als 10 „Neuproduktionen“ entfallen, das Corona-Loch. Das trifft vor allem die Musiker:innen hart, aber auch die Betreiber der Veranstaltungsorte vor Ort. Und natürlich auch uns als Jazzbegeisterte. Matters of fact! Man kann nur auf Kontaktdisziplin und auf Impferfolge hoffen.

Apropos Veranstaltungen:
Das LOT-Theater wollte zwei Konzerte mit uns durchführen. Die Ankündigung des Julian Lage Trios für den März ist mittlerweile seitens der Agentur storniert. Es bleibt hoffnungsfroh für den 17. April „Tini Thomsen mit MaxSax“ in Aussicht. Tini-who? Hier ein Link zum Reinhören:

Aber welcher Veranstaltungsort steht uns zur Verfügung, sollte sich die Lage normalisieren?
Wird der Rote Saal in absehbarer Zeit überhaupt öffnen und wenn ja, in für alle angemessener Weise? LOT und Westand werden ihre Veranstaltungsüberhänge abbauen wollen. Offene Fragen allüberall.

Durchführung 1:

Die Vereinsarbeit muss ja weiter gehen. Dafür gibt es Videokonferenzen, die freilich eine Mitgliederversammlung nicht ersetzen. Diese muss stattfinden, weil Vorstandswahlen anstehen; zudem haben Carsten Loth und Andy Froehnel die Kasse mit positivem Ergebnis geprüft, was abgesegnet werden muss. Und überhaupt: man muss sich ja mal wieder wirklich sehen und austauschen, nicht nur virtuell kontaktieren. Wir hoffen auf das zweite Halbjahr als Termin.

Durchführung 2:

Das wurde also Online erörtert und auch die Frage, ob es wieder wie im letzten Sommer ein Open Air Konzert geben soll. Resultat: Unbedingt, aber mit festen Bands, vorrangig mit jenen, die beim letzten Mal nicht dabei waren. Falls möglich. Torsten Hinz wird das für Anfang/Mitte August in Angriff nehmen.

Durchführung 3:

Die Kassenlage ist gut, auch wenn die finanziellen Unterstützungen seitens der Stadt BS zurückgezahlt werden müssen. Unsere Sponsoren bleiben uns treu, was nicht genug gewürdigt werden kann.

Improvisationen:

1. Klaus Hermann macht Lust auf den Sommer:

„Corona friert die Kultur ein. So könnte man meinen, aber wir stehen in den Startlöchern und sind erpicht darauf, wieder loslegen zu können. Wir bleiben dran. Und auch JAZZ IM PARK bleibt dran. Im letzten Jahr musste nach sieben tollen kleinen Festivals pandemiebedingt eine Pause eingelegt werden. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Dorstadt mit seinem herrlichen alten Kloster und Rittergut wartet drauf, in diesem Jahr Gastgeber sein zu können, Sonntag, 11. Juli 2021, ist der neue Termin, so das Virus es will. Einen kleinen Eindruck vom historischen Gelände und von der geplanten Musik gibt es auf der Seite www.jazz-im-park.com.

Die Idee der Festivalreihe JAZZ IM PARK ist, gute Musik in relaxter Atmosphäre im Grünen zu genießen und dabei die historischen Gartenschätze der Region kennenlernen. Nicht nur Schlösser, Herrenhäuser und Denkmäler prägen die historische Identität einer Region, sondern auch historische Parks und Gärten. Viele sind nicht öffentlich zugänglich, andere sind häufig unbekannt. JAZZ IM PARK bietet die Möglichkeit, sie auf besondere Weise kennen zu lernen.
Neben bekannten Jazzgruppen ist es der Braunschweigischen Landschaft als Veranstalterin ein besonderes Anliegen, regionale Musiker und Musikschulen einzuladen, um so die Zusammenarbeit und gemeinsame Auftritte von Laien- und Profimusikern zu fördern. Auf der sehens- und hörenswerten Internetseite www.jazz-im-park.com werden alle bisher aufgetretenen Musiker und auch die historischen Gartenanlage vorgestellt. Kultur lässt sich nicht unterkriegen. Es geht weiter.“

2. Unser Booker, Carsten Loth, macht auf das Thema „Radio und Jazz“ aufmerksam:

„Am 22.12.1920 begann in Deutschland die Geschichte des Radios. Was können wir aktuell aus Sicht des Jazz erwarten? Einen reinen Jazz-Sender hat die ARD leider nicht. Da macht uns die Schweiz mit “Radio Swiss Jazz” etwas vor. Den Sender kann man auch bei uns über Satellit und Internet hören. Er ist öffentlich, werbefrei und fördert auch intensiv die Schweizer Jazz- und Blues-Szene. Der NDR hat zum Jahreswechsel seine Jazzsendung “Play Jazz!” von NDR 4 Info nach NDR Kultur verschoben. Neuerdings sollen die Sendungen auch in der Jazzmediathek nachzuhören sein, wo es auch einige Specials, Konzerte und Beiträge zum Nachhören gibt. Bei der Suche nach einem reinen Jazz-Sender bleibt das Internet. Es soll 937 Sender zum Thema Jazz geben. Die kann man unmöglich alle Probehören. Viele widmen sich auch nur sehr speziellen Stilen und Epochen. Es gibt aber eine Perle, die ich hier empfehlen möchte: “Jazzradio Schwarzenstein” (Flux FM), das erstaunlich sachkundig kuratiert wird (Zitat Tagesspiegel Berlin).“
https://fluxmusic.de/channels oder über die üblichen Internetradioplattformen wie tunein.com oder radio.de

Kleine Ergänzung: Das wöchentliche deutsche Jazz-Radioprogramm kann man unter
www.jazzzeitung.de erhalten, stets gepostet auf der Jazz-BS Facebook-Seite, einsehbar für jeden Menschen über unsere Homepage unter „Links: Facebook“.

3. Ulrike Moormann schickt uns folgenden Tipp: „Ein Song – cool, echt stark“

Nica’s Dream von WITCHCRAFT LIVE AT MUZEUM JAZZ FESTIWAL.

Outro:

Für die Freunde des Blue Note-Labels: Es gibt eine neue Publikation, ein Fotobuch mit über 150 Bildern des legendären

Francis Wolff: Jazz Images. Elemental Music Records. Barcelona 2019. 164 S. 40 Euro.

Zugabe:

Was sind eure/Ihre Jazz-Records of the year 2020? Schickt für den nächsten Newsletter eure/Ihre Favoriten an bk.gohlke[at]t-online.de. Mit oder ohne Kommentar, ganz nach Geschmack. Gerne auch Anregungen und Kritik.

Beste Grüße und nicht vergessen: Die Tage werden länger. Unaufhaltsam.

Klaus Gohlke

Für weitere Informationen zur Initiative Jazz Braunschweig e.V. besuchen Sie unsere Webseite  http://www.jazz-braunschweig.de.
Hier finden Sie auch eine Übersicht über die kommenden Konzerte.

Datenschutz: Die Datenschutzerklärung der Initiative Jazz Braunschweig befindet sich auf unserer Homepage unter: https://jazzbs.de/datenschutz. Wenn Sie dieser nicht zustimmen und den Newsletter abbestellen möchten, teilen Sie es uns bitte mit. Ihre Daten (Name, E-Mail-Adresse) werden dann gelöscht.
 

Newsletter Nr. 2

18. Dezember 2020

Liebe Mitglieder der Initiative Jazz BS, liebe Jazzfreundinnen und -freunde.

„Harte Zeiten, aber modern.“ (Heinrich Römisch, Jazz-Bassist in BS zur Situation)
Gerade wurde der erneute umfassende Lockdown beschlossen. Ende relativ offen.

Unser Vorsitzender, Rainer Müller, schreibt zur Weihnacht und dem Jahreswechsel:

Liebe Jazzfreunde,
man kann es nicht leugnen: Der Jahresrückblick fällt mager aus.
Corona hat allen Kulturschaffenden schwer zugesetzt, und auch unsere Konzerte hat es getroffen. Nahezu Sendepause seit März, und das nicht nur bei uns, sondern in allen Bereichen der Kultur — schön ist es nicht. Trotzdem will ich an dieser Stelle an zwei Highlights in diesem Jahr erinnern: Das Open-Air-Konzert im Schimmelhof mit vielen Beteiligten aus der Region war ein echter Glücksfall. Selten hat man so viel gute Stimmung und so viele beschwingte Menschen gesehen wie an diesem Tag. Neuland haben wir auch mit dem Samuel-Blaser-Konzert im Oktober betreten – mit dem Westand als neuem Auftrittsort, auch das ein Erfolg. Musikalisch war der Abend ohnehin ein Highlight.
Was 2021 bringen wird, müssen wir abwarten. Wir lassen den Kopf nicht hängen und planen unsere Konzerte immer in der Hoffnung, dass sie auch tatsächlich stattfinden können. Sobald die Umstände es wieder zulassen, wird es weitergehen.
Ich wünsche Ihnen ein sicherlich ruhiges, aber hoffentlich auch festliches Weihnachten und ein gutes Jahr 2021.

Herzliche Grüße Rainer Müller

Was gibt es zu Jazz-BS zu berichten?

• Das chuffDRONE-Konzert am 19. 02. 2021 gerät ins Wanken. Es lässt sich eigentlich gar nicht mehr vernünftig vorbereiten. Die Westand-Geschäftsführerin, Frau Marszalkowski, teilte mit, dass das Konzert höchstens optional gelistet wird. Näheres muss abgewartet werden.

Erhard Oelmann und Rainer Müller weisen darauf hin, dass noch Karten, die für die Parisien-, Wingold- und NDR-Bigband -Konzert geordert wurden, nicht rückerstattet worden sind. Möglicherweise sind die Beträge ja gespendet wurden. Auf jeden Fall läuft die Abwicklung der Erstattung über Jazz-BS, natürlich nur unter Vorlage des Original-Tickets.

Nochmals Heinrich Römisch: Er hat wieder einen Jazzkalender, der nicht an 2021 gebunden ist, erstellt. Zudem hat er noch Weihnachtsgeschenke im Angebot. Es lohnt sich, mal reinzuschauen in seine Homepage www.hroemisch1.de

Pinnwand

Die Nutzung des Newletters als Möglichkeit, Informationen und Ideen auszutauschen, wurde von drei Mutigen wahrgenommen. Man fremdelt wohl noch ein wenig?

• Ulrike Moormann schreibt:

„Hier meine Entdeckung des Jahres: Dan Nimmer (Jazzpianist) aus New York, jetzt von mir bevorzugt gehört im Trio, entdeckt in einem Livestream der Elbphilharmonie im Februar 2020
https://youtu.be/3pRG3NNI0kg

Ein Trio Beispiel: https://youtu.be/pg2gSPKMqXE
Das swingt wie Hulle! Und bietet jede Menge Inspirationen! Sehr geeignet, im Lockdown mit sich selbst am Klavier fein zu üben; natürlich mit der Hoffnung, 2021 wieder mit anderen gemeinsam zu musizieren.“

• Und Carsten Loth, unser Booker, weist hin auf

Ibrahim Maalouf: 14.12.16 Live In Paris
https://www.jpc.de/jpcng/jazz/detail/-/art/ibrahim-maalouf-live-in-paris-cd-dvd/hnum/9896051
„Das ist eine Box mit 2CDs und einer DVD zu eben jenem Konzert. In Frankreich ist der französisch-libanesische Musiker ein Star.“
Wer mal reinhören will: https://youtu.be/8Gi_iujVAH4?t=1874 ab Minute 37.

Und Günter Stein
möchte „hier nur kurz eine CD-Box empfehlen – kann man auch verschenken: Willem Breuker Kollektief: Out of the Box (ca. 50 €), vor Kurzem erschienen. Das sind 11 CDs und ein vielseitiges Booklet. Das reicht von den 70-ern bis zum Ende der Band 2012 nach Breukers’ Tod. Ich kenne Breuker noch aus den 70-ern und 80-ern.“

Buchtipp: Rainer Erd: Tony Lakatos – Sagt nur nicht Künstler zu mir. BoD – Books on Demand, Norderstedt 2020, 204 Seiten, viele Bilder. Bestellen bei: rainer.erd[at]t-online.de (18 € zzgl. Versandkosten) Wer Lakatos- Tony ist? War schon in BS. Na, bitte schön: Schlag nach bei Wiki…

Abschließender Ausblick: Im nächsten Newsletter wird das für März geplante Konzert (wir sind unverbesserliche Optimisten, ich weiß) vorgestellt.

Empfehlen Sie uns weiter, nutzen Sie den Newsletter für eigene Wünsche, Vorschläge, Ideen.

Beste Grüße
Klaus Gohlke, jazz-bs
 

Newsletter Nr. 1

Im Dezember 2020

Liebe Mitglieder der Initiative Jazz BS, liebe Jazzfreundinnen und Jazzfreunde.

I. DIE IDEE

Dass der Mensch ein soziales Wesen sei, ist ja eigentlich eine Binse. Man lebt darüber hinweg. Erst in der Krise wird man sich dessen bewusst – so oder so.

Das berührt auch unseren Verein. Wir trafen uns nahezu monatlich. Das Konzerthören, die Zeit im Vorraum vorher, in den Pausen und danach schuf ja so etwas wie ein Gemeinschaftsgefühl. Das alles ist eingefroren, vom kleinen Oktober-Vorschein aufs bessere Leben mit dem Samuel-Blaser-Quartett einmal abgesehen. Die Versuche, Zwischenlösungen mit dem Kölner Simon-Below-Quartett zu finden, schlugen genauso so fehl, wie das für Dezember geplante Konzert mit dem Arne-Jansen-Trio.

Das ist für diejenigen, die zum Planungsteam gehören, niederschmetternd und unschön perspektivlos. Verträge werden eher im Konjunktiv abgefasst, dann zu Makulatur. Auf der anderen Seite immer dringlichere Anfragen seitens der Agenturen und Musiker:innen. Was soll man antworten? Es schmerzt wahrhaftig, die Hotel- und Venue-Buchungen immer wieder stornieren zu müssen. Man weiß ja, wie es den Menschen dort geht. „Hinterm Horizont geht’s weiter!“, singt Udo L. Ja. Aber man benötigt Fixpunkte dort, um sich zu motivieren.

Na klar, es gibt Schlimmeres. Was erlebte die Generation vor uns im 2. Weltkrieg, was erleben Flüchtlinge heute? Man darf die Maßstäbe nicht verlieren. Aber ein „Hurra wir leben noch!“ reicht als Perspektive nicht aus. Es gilt, den Blick nach vorn zu richten. Was nicht geht, das ist dieses permanente Gemecker und Klugscheißen. Und schon gar nicht das Erfinden von Verschwörungsgewäsch. Ja, Gewäsch! Denn es sind nicht Theorien, es sind auch keine Mythen. Man darf das Zeugs nicht auch noch sprachlich aufwerten.

Wir müssen also Wege finden, die Verbindungen wieder zu verflüssigen. Produktiver Umgang mit der Krise mithin. Deshalb die Idee, auf diesem Wege des Newsletters sich miteinander auszutauschen. Vielleicht kann man ihm einen griffigen Namen geben. Und vielleicht kann man ihn längerfristig als Kommunikationsforum unter uns Jazzfans innerhalb von Jazz-BS etablieren. Eine Art Pinnwand-Format.

Was gäbe es da mitzuteilen? Nun, das, was bei der Jahreshauptversammlung erfolgreich praktiziert wurde, nämlich die Jahresplanung annotiert vorzustellen, das könnte schrittweise erfolgen. Zusätzlich zu den Konzerteinladungen könnte Background geliefert werden, nämlich: Links zu repräsentativen Stücken der Bands, zu Rezensionen, zu den Websites der Musiker:innen. Dann: Wir haben viele Expert:innen unter uns, die Hör- und Kauftipps geben mögen. Es gibt immer noch Menschen, die Bücher zum Thema „Musik‘“ lesen und diese empfehlen wollen. Der eine oder die andere sind berührt von Ereignissen, Erlebnissen, die sie für erwähnenswert erachten. Beispiele? Gut: Bau des Jazzhauses in Berlin // Genderstudien der Jazz-Union // Keith Jarrett wird nie mehr spielen können // Ich habe folgende Jazz-CD’s zu verschenken // Also: dies und das und noch viel mehr zum Thema Jazz.

Dafür biete ich folgende E-Mail-Adresse an: klago.blue[at]gmail.com

II. Realisierung Dezember

1. Der Rote Saal wird aufgrund der schwierigen Bespielbarkeit wohl kaum vor April 2021 wieder nutzbar sein. Wir müssen sehen, wie wir mit dem LOT und dem Westand Termine finden können.
2. Im Januar werden wir kein Konzert anbieten können. Aber im Februar will die Wiener Band chuffDRONE bei uns auftreten. ChuffDRONE? Meint was? Draufschaffen oder etwas Englisches? Forschen Sie selbst! Hier nun Näheres:

Website: https://chuffdrone.com/
Die Besetzung?

LisaHofmaningerss,bcl
Robert Schröck – as, ts, cl
Jul Dillier – p
Judith Ferstl – db
Judith Schwarz – dr

chuffDRONE Selbstdarstellung:

chuffDRONE
bündelt fünf musikalische Persönlichkeiten, Jede und Jeder mit einem eigenständigen Zugang zum Jazz. Fünf wache Teamplayer, die sich mit voller Intensität aufeinander einlassen. So intelligent wie intuitiv schaffen sie in ihren Kompositionen wohldosierte Ventile für unkontrollierte Ausbrüche, rhythmisieren die Ekstase und orchestrieren die Stille. chuffDRONE vereint Energie und Poesie, Übermut und Perfektion. Auf die Kraft des Kollektivs vertrauend, verschwinden die Grenzen von Komponiertem und Improvisiertem, verschmelzen die verschiedenen Instrumente zu einem pulsierenden, energetisch aufgeladenen Klangkomplex, dessen Anziehungskraft man sich kaum entziehen kann.

Warum diese Band?

s. Presse auf Website
Eindrucksvolle Hörerlebnisse in Moers
Link zum vollen Konzert : https://youtu.be/UEfhUuiDo-s
Kleinere Dosis 1: https://youtu.be/CjNsLcc2jJI
Kleinere Dosis 2: https://youtu.be/pHiN9troH-c
Termin: Voraussichtlich 19. 02. 2021 20 Uhr. Näheres muss erst noch geklärt werden, vielleicht im nächsten Newsletter.

Beste Grüße
Klaus Gohlke, jazz-bs
 

Festival “Drei Tage Neue Musik Braunschweig”

9. bis 11. Oktober 2020

Natura Renovatur
Wiederherstellung des Gewohnten. Gleichzeitig ein neuer Anfang.

Unter diesem Motto nimmt das Festival „Drei Tage Neue Musik Braunschweig“ das Werk Giacinto Scelsis in den Fokus und entwickelt daraus einen programmatischen Parcours, der ausgehend von Scelsis Werktitel Natura Renovatur die Klangwelt des 21. Jahrhunderts neu definiert.

Das Festival findet vom 9. bis 11. Oktober in der Dornse des Altstadtrathauses statt.
Es bleibt seinem bewährten Konzept mit einem aktuellen Motto, drei thematischprogrammatischen Konzerten, dem Profil Entertainment-Performance – dem moderierten und kommentierten Konzert – und dem pendenprinzip bei der finanziellen Publikumsbeteiligung treu.

Alle Konzerte des diesjährigen Festivals beziehen sich programmatisch ganz bewusst auf den experimentierfreudigen Italiener und stellen sein Werk neben dasjenige von Galina Ustvolskaja und Spohr-Preisträger Salvatore Sciarrino. Auf dem Programm steht auch die Uraufführung eines Auftragswerks für Ensemble, Live- Elektronik und Saxofon.

Das Eröffnungskonzert am Freitag, 9. Oktober, konfrontiert den Komponisten-Sonderling Scelsi mit Stücken, die eine innere Verbindung zu seinem Werk haben, wie etwa „Tre Pezzi for Scelsi“ für Kammerensemble, Live-Elektronik und AltSaxofon des Künstlerischen Leiters des Festivals Vlady Bystrov. Auch Bystrov ist, wenn man so will, mehr Klangtüftler als Komponist, einer, der sich praktisch und theoretisch intensiv mit dem Phänomen Klang auseinandersetzt. In „Tre Pezzi for Scelsi“ aus dem Jahr 2020, gespielt von der Klangwerkstatt Braunschweig, heben sich solistische Melodiefragmente des Saxofons aus einem dichten Gewebe an irisierenden Ensembleklängen heraus. Konzentration und Reduktion bestimmen hier das musikalische Geschehen. Auch Salvatore Sciarrinos Werke sind von Scelsi inspiriert und spielen mit dem Phänomen des Klangs und seiner Auffächerung bzw. Transformation via Klangfarbe und mikrotonaler Veränderungen. Als Solistinnen sind Tatjana Prelevic am Klavier und Lenka Zupkova an der Violine (Ensemble Megaphon).

Im zweiten Abend, am Samstag, 10. Oktober, teilen Musiker unterschiedlicher Herkunft eine gemeinsame Klanggestik und vereinigen zwei verschiedene Klangideen: Homogenität und Heterogenität, Realität und Illusion sowie Identität und Incognito. Hier werden auf den Reminiszenzen von und über Scelsi basierende Themen improvisatorisch verarbeitet, die sich zum ersten Mal treffendes Trio, bestehend aus wahren Meistern ihres Fachs, dem Pianisten Simon Nabatov, Schlagzeuger Christian Lillinger und Saxofonisten Vlady Bystrov, zu neuen Klanggebilden formt.

Im Abschlusskonzert, der Matinee am Sonntagvormittag, 11. Oktober, erzählt Dr. Vlady Bystrov aus musikwissenschaftlicher Sicht über seine persönlichen Begegnungen mit Musik Giacinto Scelsi und präsentiert einige Solo-Stücke für Saxofon und Klarinette. „Tre Pezzi“ nannte Giacinto Scelsi ein Stück aus dem Jahr 1956, in dem er von einem Ton D ausgehend einen wahren Klangkosmos entstehen lässt. „Maknongan“ oder „Ixor“ sind die anderen. Außerdem spielen Simon Nabatov und Vlady Bystrov Improvisationen zu dem Hörspiel- Klanginstallation über Scelsi. Eine fantastische Schule des Hörens und eine Klanginsel im Meer des Gewöhnlichen.

» Weitere Informationen

Veranstalter: Freunde Neuer Musik Braunschweig e.V.
 

Jazz mit Mindestabstand

DAS KULT, Hamburger Straße 273 Eingang 2C, 38114 Braunschweig

Sonntag, 26. 7. 2020 von 14-19 Uhr: Regio-Jazz Open Air, Schimmelhof-Gelände

Das Festival findet trotz des angesagten leichten Regens statt!

Beitragsbild

Wir sind aus der Coronapause zurück und freuen uns, Sie/Euch begrüßen zu können. Schon seit vier Monaten ist die Braunschweiger Kulturszene pandemiebedingt im Stillstand – keine Auftrittsmöglichkeiten für die Künstler, keine Konzerte für das Publikum. Mit dem Jazz-BS Open Air soll nun am 26. 7. ein vorsichtiger Neuanfang gewagt werden. Unter Einhaltung aller Sicherheitsmaßnahmen veranstaltet die Initiative Jazz Braunschweig in Zusammenarbeit mit dem KULT ein Open-Air-Konzert mit Bands aus der Region. Von 14-19 Uhr werden zu sehen sein:
 
 
 
 

  • 14:00-14:45 Uhr: Duo Waida/Lampe (Sven Waida p, Tobias Lampe b)
  • 14:45-15:30 Uhr: Britta Rex Quartett (Britta Rex voc, André Neygenfind b, Eddie Filipp dr, Jan Behrens p)
  • 15:30-16:00 Uhr: Konrad Brinckmeier (p)
  • 16:00-16:45 Uhr: Henny Baldt Trio feat. Bernd Dallmann (Henny Baldt dr, Viktor Bürkland p, Peter Schwebs b, Bernd Dallmann sax)
  • 16:45-17:30 Uhr: Trio Matti Wandersleb dr, Bernd Dallmann sax, Heinrich Römisch b
  • 17:30-18:15 Uhr: Alex & Solid Jazz feat. David Tobin (Alexander Hartmann sax, David A. Tobin voc, Peter Schwebs b, Helge Adam p, Sam Torres dr)
  • 18:15-19:00 Uhr: Die kleine Swingbrause (Matthias Köninger voc/p, Heinrich Römisch b, Ingemar Oswald dr)

Ort: Schimmelhof-Gelände vor dem KULT, Hamburger Str. 273/C2

Der Eintritt ist frei; um eine Spende zugunsten der Auftretenden wird gebeten.

Hygieneregeln: Sitzplätze mit Mindestabstand sind vorhanden, evtl. Sitzkissen mitbringen. Maskenpflicht auf dem Weg zum Platz und zum Catering; auf den Sitzen kann die Maske abgenommen werden.

 

Jazzhilfe

Ein großes DANKE an alle Spender der „Jazzhilfe“ für das großartige Spendenaufkommen von knapp über 10.000 Euro. Der größte Teil der Summe ist inzwischen an Jazz-Musikerinnen und -Musiker der Region geflossen, als Honorare für Auftritte nach der Corona-Zeit. Ein erster Auftritt mehrerer Gruppen ist jetzt sogar schon für die nächste Zeit in Planung, als Konzert im Netz über unsere Website.
Ein kleiner Teil der Spendensumme steht noch bereit. Die Krise ist noch nicht vorüber.
 

Offener Brief der nds. Musikkultur

BITTSCHÖN: LESEN; ZEICHNEN; TEILEN

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir danken Ihnen und Euch für die Mitzeichnung unseres Schreibens (siehe Link), das wir gestern an die Landesregierung verschickt haben. Wir sind gespannt auf die Rückmeldung seitens der Politik.

Wir sammeln in der Zwischenzeit weitere Unterstützer*innen. Ab sofort ist es möglich den Brief auf unserer Website zu unterzeichnen, die Liste der Unterzeichner*innen wird regelmäßig aktualisiert: www.lag-jazz.de/corona

Daher die Bitte an Sie und Euch: teilt die Seite unter Mitgliedern, auf Social Media Kanälen, Newslettern usw., wir können jede Unterstützung gebrauchen. Es darf nicht sein, dass in anderen Bundesländern (wie kürzlich in Bayern) nachgebessert wird und in Niedersachsen nichts passiert!

Rückfragen oder weitere Anregungen nehmen wir jederzeit gerne entgegen!

Viele Grüße

der Vorstand der LAG JAZZ

LAG JAZZ in Niedersachsen e.V.
Schwarzer Bär 2
30449 Hannover
web: www.lag-jazz.de
mail: info[at]lag-jazz.de
 

To whom it may concerns. Eine gute Aktion der Stadt BS!

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte Sie heute darüber informieren, dass der Verwaltungsausschuss der Stadt Braunschweig einen Härtefallfonds für von der Corona-Virus-Pandemie existenziell bedrohte, in Braunschweig ansässige Unternehmen, Selbstständige, Soloselbstständige, Freiberufler sowie Kultureinrichtungen, Kulturschaffende und weitere Einrichtungen beschlossen hat, um Betroffenen helfen, die nicht oder nicht ausreichend von den Rettungsschirmen von Bund und Land berücksichtigt werden. Mit zunächst 3 Millionen Euro will die Stadt Braunschweig hier unterstützen. Von dem Gesamtbetrag stehen 1 Million Euro für Kulturschaffende zur Verfügung. Die Richtlinie zu dem eingerichteten Fonds sieht vor, die Fördersummen bei einer Antragsberechtigung als Soforthilfe auszuzahlen. Um schnellstmöglich eine effiziente Unterstützung gewähren zu können, sollen bürokratische Hürden auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Die Anträge werden chronologisch nach Eingangszeitpunkt der vollständigen Unterlagen bearbeitet.

Die Soforthilfen sind für folgende Fallkonstellationen vorgesehen:

– Unterstützung von Kultureinrichtungen bei Existenzgefährdung und Liquiditätsengpässen
– Kompensation für Kulturschaffende für ausgefallene Engagements, Ausstellungen, Publikationen und Präsentationen ab dem 13. März 2020
– Kompensation für Kulturschaffende für verlorene Projektinvestitionen im 1. Halbjahr 2020, sofern ein entsprechender Förderantrag vor dem 13. März 2020 gestellt wurde

Anträge können ab sofort online gestellt werden. Dafür muss das unter folgendem Link hinterlegte Formular genutzt werden: www.braunschweig.de/corona-hilfsfonds

Für weiterführende Informationen finden Sie unter www.braunschweig.de/corona-hilfsfonds eine Liste mit häufig gestellten Fragen. Außerdem können Sie sich bei Fragen rund um die Antragstellung an die dafür eingerichtete Hotline unter 0531 470-4847 wenden.

Wir senden Ihnen diese Nachricht als potenzielle Antragstellerinnen und Antragsteller, aber auch und besonders als Multiplikatoren und bitten, diese Informationen an entsprechende Personen weiterzuleiten, die ggf. eine Förderung erhalten können.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Anja Hesse

Dezernentin für Kultur und Wissenschaft
Stadt Braunschweig
 

Kartenrückgabe “Emile Parisien Quartett”

Liebe Jazz-Freunde!

Das Konzert von Emile Parisien in Braunschweig wurde abgesagt. Wir bedauern das sehr, aber die Beurteilung nach dem Gefährdungsbogen der Stadt Braunschweig hat ergeben, dass die Durchführung der Veranstaltung mit einem zu hohen Risiko für gefährdete Personen verbunden gewesen wäre. Wir bemühen uns derzeit um einen Ersatztermin, können aber zum gegenwärtigen Zeit noch keine näheren Aussagen machen.

Die Karten können an den Vvk.-Stellen zurückgegeben werden.

 

Spendenaufruf

Jazzhilfe Braunschweig
– Ein Aufruf der Initiative Jazz Braunschweig e.V. –

„Danke“ und Hinweise für Spendenbescheinigungen

Großer Dank an alle Spender, an die Mitglieder der Jazz-Ini, an Freundinnen und Freunde, Jazzbegeisterte, Hilfsbereite. Der Spendeneingang war schon jetzt in den ersten Tagen ganz überwältigend und versetzt uns in die Lage, jetzt und im weiteren Verlauf der Krise, deren Verlauf und Ende noch nicht abzusehen ist, zu helfen. Die ersten Auszahlungen sind bei den Musikern angekommen.

Die Spenden sind steuerlich absetzbar. Bis € 200 wird der Kontoauszug als Beleg akzeptiert. Wenn Sie trotzdem eine Spendenbescheinigung haben möchten, lassen Sie es uns per E-Mail und mit der Angabe Ihrer Postadresse wissen. Für höhere Beträge erbitten wir Ihre E-Mail mit Postadresse, soweit sie nicht auf dem Überweisungsformular enthalten ist oder wir die Adresse (z.B. von Mitgliedern der Ini) kennen.


Braunschweigs Jazzszene hält zusammen und unterstützt existenzbedrohte, freischaffende Jazzmusiker*innen!

Liebe Jazzbegeisterte,
die Kulturszene unserer Region leidet wie viele andere Bereiche auch unter den einschneidenden, wenn auch unausweichlichen Maßnahmen zur Verlangsamung der Ausbreitung des Corona-Virus. Viele freiberufliche Jazzmusiker*innen, die eh schon in prekären Verhältnissen als Künstler*innen leben, sind durch diese Krise in ihrer Existenz bedroht, da sie in den kommenden Monaten ihre Lebensgrundlage verlieren – Keine Auftritte, kein Unterrichten, kein Geld! Nur die wenigsten haben Rücklagen oder eine familiäre Absicherung.
Aus diesem Grund bittet die Initiative Jazz Braunschweig e.V. um Spenden für existenzbedrohte, freischaffende Jazzmusiker*innen der Braunschweiger Region. Helfen Sie mit, damit wir unsere lebendige Szene durch diese schwierige Zeit bringen können. Jeder Euro hilft! Wir sorgen dafür, dass Ihre Spende als finanzielle Unterstützung bei den sozial betroffenen Musiker*innen ankommt.
Unser Konto IBAN DE82 2505 0000 0002 0073 91 Stichwort „Jazzhilfe“


Informationen für betroffene Musiker*innen

Pro Antrag zahlen wir nach den Möglichkeiten des Spendeneingangs maximal Euro 300 aus, wenn nötig plus MWSt.

Wir erbitten Ihren/euren Antrag auf Hilfe formlos per eMail mit einer kurzen Begründung. Die Bearbeitung der Anträge bei uns übernimmt eine Gruppe bestehend aus dem Vorstand und mit der regionalen Jazz-Szene vertrauten Personen. Wir werden für Transparenz sorgen.

Zur Abwicklung benötigen wir eine Rechnung von Ihnen/euch an uns, ebenfalls per eMail:
Initiative Jazz Braunschweig e.V.
Erhard Oelmann
Rhönweg 8, 38122 Braunschweig
für möglicherweise künftige Auftritte/Konzerte.

Wir wissen auch nicht, wie lange die Krise dauert. Wir wollen entsprechend unseren Möglichkeiten helfen. Erneute Anträge werden genauso geprüft wie Erstanträge.

Unsere eMail-Adresse: vorstand[at]jazz-braunschweig.de
 

RIP: Otto Wolters (1938-2020)

Trauer und Dankbarkeit

Der Braunschweiger Jazzpianist und- pädagoge Otto Wolters ist im 82. Lebensjahr verstorben

Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht in den „Sozialen Medien“. Otto Wolters ist tot! Der Mann, der wie kein zweiter das Gesicht des Braunschweiger Jazz war. Innerhalb von 24 Stunden über 3500 Aufrufe bei Facebook, Beileidsbekundungen von überall her, bezeugen seine Wertschätzung weit über den Braunschweiger Raum hinaus. „Ein großer Verlust für die ganze Szene!“ „Otto war eine Lichtfigur und absolut authentisch!“ „Großartiger Lehrer, großartiger Mensch!“ „Sensibler Klavierspieler.“ „Er hat mich zum Jazz gebracht.“ „Seine Konzerte sonntags im Anton Ulrich!“ So oder so ähnlich wird kommentiert. Otto Wolters, 1938 in Oldenburg geboren, geliebter Mittelpunkt seiner Familie, ist nach längerer schwerer Krankheit am Montag verstorben.

Dass Braunschweig heute einen Ruf als Top-Adresse des nationalen und internationalen Jazz hat, das ist ganz wesentlich Otto Wolters‘ Verdienst. Auf drei Ebenen, die eng miteinander verwoben waren, gelang es ihm, den Jazz zu etablieren. Als Praktiker in seinen verschiedenen Band- und Soloprojekten, als Lehrer an der Musikhochschule Hannover und der Städtischen Musikschule Braunschweig, schließlich als Initiator und treibender Motor der Braunschweiger Jazz-Szene, organisiert in der Braunschweiger Musiker-Initiative.

Jazz galt in den frühen 70er Jahren hier als ein sehr eigenartiges Gebräu. Als schräge Ami-Mucke oder aber als eine Art „Eliten-Protest-Musik“. Kaum verortbar nebulös zwischen Dixie und Post-Bop pendelnd, zwischen Riverboat-Party und Räucher-Keller. Otto Wolters nun gelang es einerseits, diese Musik in Braunschweig und darüber hinaus gewissermaßen zu erden. Vor allem dadurch, dass er das Fach „Jazzpiano“ an der Städtischen Musikschule Braunschweig zu etablieren vermochte, aber auch durch seine zahlreichen Konzerte, die mit Braunschweiger Lokalen untrennbar verbunden sind: „Bassgeige“, „Altdeutsche Bierstube“, „Lindenhof“.

Gleichzeitig aber verlieh er dem Jazz eine Aura der Seriosität. Durch sein Zusammenspiel mit Jazzern von Rang und Namen: Sonny Stitt, Attila Zoller und Gunter Hampel, um nur wenige zu nennen. Vor allem aber, indem er zusammen mit seinen Mitstreitern in der Musikerinitiative Jazzmusiker der Top-Liga nach Braunschweig holte. Etwa US-Shooting Star Pat Metheny, deutsche Avantgardisten wie Albert Mangelsdorff und Joachim Kühn. Jazzmucke wurde in den Konzertrang erhoben, Gepflogenheiten bürgerlichen Konzertverhaltens übernommen.

Vieles kann man nur antippen. Wolters‘ Arbeit für das Goethe-Institut, Crossover-Projekte mit Hans-Christian Wille, der Münchner „Klaviersommer“, die Reihe „Jazz und Lyrik“. Viele unserer in der Region aktiven Jazzmusikerinnen und Jazzmusiker sind durch seine Schule gegangen. Zweierlei ist von ihnen immer wieder zu hören. Er habe ein ungemein feines musikalisches Empfinden besessen, gepaart mit großem pädagogischem Feingefühl. Aber dann vor allem: Otto Wolters sei immer ein Mensch gewesen, im besten Sinne. Große Trauer über seinen – natürlich. Gleichzeitig aber das Gefühl großer Dankbarkeit und großen Respekts ihm gegenüber.

Klaus Gohlke
 

Jahresmitgliederversammlung

Liebe Mitglieder der Initiative Jazz Braunschweig,

angesichts der aktuellen Corona-Entwicklungen wird die Jahresmitgliederversammlung am 18. März 2020 auf einen späteren Termin verschoben. Es erfolgt eine erneute Einladung.

Da die Coronakrise sicherlich nicht nur ein paar Wochen dauern wird, werden unsere nächsten Konzerte höchstwahrscheinlich auch davon betroffen sein. Wir werden Sie/Euch rechtzeitig informieren.

 

Bolle-Gedächtniskonzert

Jazz-Kneipe Baßgeige, Bäckerklint 1, 38100 Braunschweig

Britta Rex – Gesang
Walter Kuhlgatz – Trompete, Flügelhorn
Marcel Reginatto – Alt- und Baritonsaxophon
Otto Jansen – Tenorsaxophon
Elmar Vibrans – Piano
Heinrich Römisch – Bass
Thomas Geese – Schlagzeug

BeitragsbildEin Jahr ist es im Februar her, dass Norbert „Bolle“ Bolz gestorben ist. Es ist Zeit, mit einem Jazzabend in der Baßgeige an ihn und seinen Einsatz für die swingende Musik zu erinnern. Bolle, der auch den Musikerinnen und Musikern der Braunschweiger Szene immer wieder Auftrittsmöglichkeiten gab, hätte daran Freude gehabt. Freude ist das Stichwort:
Es gibt keinen Trauerabend, sondern eine Feier des swingenden Jazz, den Bolle liebte.

Eintritt: 15 €
 

Kritik zu Eva Klesse Quartett

Klesses Erzählungen
Das Eva Klesse Quartett spielt begeisternden modernen Jazz im ausverkauften Roten Saal

Nein, das waren keine neuen Hoffnungsträger des Jazz, keine „upcoming stars“, kein Silberstreif am Jazzhorizont. Nichts von dem, was medial wichtigtuerisch herum posaunt wird und doch bloßer Reflex kulturindustrieller Imperative ist.

Es war „nur“ das Eva Klesse Quartett, das am Freitagabend auf Einladung der Initiative Jazz Braunschweig im Roten Saal spielte. „Nur“? Nun, es spielte eine hervorragend eingespielte, kreativ miteinander kommunizierende Formation. Vier MusikerInnen, die ihr musikalisches Handwerk bis ins Detail verstehen. Die nicht morphten oder Module konstruierten, auch kein angeblich neues „zirkulares Musikverständnis“ zelebrierten, wohl aber Kompositionen spielten, deren zugrunde liegende Ideen den ZuhörerInnen unmittelbar einleuchteten. Die eine Basis lieferten, Jazz-Spaziergängen zu folgen, auch wenn sie mal ins musikalische Hochgebirge führten.

„Wesen und Zustände“, so Eva Klesse, „spiegeln die Stücke wider oder sind Ausgangspunkte.“ Alltägliche Verwirrungen, Traumsequenzen, Gefühlsüberschüsse, Fabelwesen, Erinnerungen, die in Musik transformiert werden.

Fast programmmusikalisch mitunter, wie in „Klabautermann“. Geisterartig-verschwebende Sounds als Einstieg, gefolgt von einer dramatisch aufgeladenen Fortführung, die sich zu einem wilden Tanz entwickelte. Ja, der Schiffsgeist war an Bord! Dann überraschend ein harter Break – etwas, was das Klesse-Quartett liebt – dem fast kammermusikalische Gespräche zwischen Bass und Piano folgten. Ein langes Crescendo dann, ein Finale furioso, wüst, die tonalen Grenzen aufsprengend. Klare Botschaft: Der Schiffsgeist geht und das Schiff unter.

Ganz anders präsentierte sich das Quartett in „Gravity“. Melancholisch-düster, verzerrt, hoch- und tiefst-tönig, mal völlig transparenter Klang, dann mächtig anschwellender Soundwall. Dazwischen wiederholt eine wunderschöne Melodie bei Reduktion der Begleitung auf das Nötigste.

Überhaupt: Improvisation und Komposition verschmolzen raffiniert, die Soloparts waren integriert. Und die Verankerung der Band in der musikalischen Tradition auch außerhalb des Jazz war unaufdringlich und doch schön nachvollziehbar in Stücken wie „Hal Incandenza“ oder aber dem anrührenden, nahezu „romantischen“ „Choral für P.“

Eva Klesse weist zu Recht darauf hin, dass sie zwar die „Orga-Chefin“ der Band , das Quartett aber ein Kollektiv sei mit ihr am Schlagzeug, Philip Frischkorn am Klavier, Evgeny Ring am Saxophone und Stefan Schönegg am Kontrabass. Genauso ist es: Ein organisches Gebilde auf höchstem Niveau. Viel Beifall im ausverkauften Haus.

Klaus Gohlke

Eva Klesse Quartett

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Eva Klesse – Schlagzeug
Philip Frischkorn – Klavier
Evgeny Ring – Alt-Saxophon
Stefan Schönegg – Kontrabass

BeitragsbildWas die Schlagzeugerin Eva Klesse (die erste (!) deutsche Instrumentalprofessorin für Jazz) mit ihrem Quartett (Evgeny Ring: Alt-Sax; Philip Frischkorn: Piano; Stefan Schönegg: Kontrabass) entwickelt, ist reife, klug durchdachte und zugleich empathisch gespielte Musik. Dank melodischer und harmonischer Raffinesse ist ihr Jazz für unterschiedliche Hörerinnen und Hörer interessant, jenseits vom Mainstream. Das Quartett präsentiert sich dabei als atmender Organismus, der modernen Jazz zwischen Kontemplation und Temposchärfe entwirft. Man lässt einander ungemein viel Platz und klebt nicht an konventionellen Rollenverteilungen von Komposition und Improvisation. Dieser kammermusikalische Jazz mit seiner Ausdruckstiefe führt zu einer musikalischen Erzählkunst, die im internationalen Kontext souverän bestehen kann. Eva Klesse beeindruckt mit einem dynmaischen Spiel, beherrscht feinste Nuancen und zarteste Töne. Sie ist kreative Gestalterin mit einer identifizierbaren Handschrift und kongeniale Partnerin ihrer exzellenten Mitmusiker, die ihre Spielphilosophie bruchlos teilen. Die Jazzfreunde erwartet ein Abend mit spannendem Interplay unterschiedlicher Spielhaltungen und Charaktere.

» Weitere Informationen

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 10 € (Schüler*innen & Studierende)

Mit freundlicher Unterstützung:
POMPE OPTIC
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Interview mit Eva Klesse

Konzentrieren wir uns doch auf die Musik
Geschlechtergerechtigkeit ist für die Hannoveraner Bandleaderin, Schlagzeugerin und Jazzprofessorin Eva Klesse ein wichtiges Thema

Eva Klesse spielt am Freitag, 14. Februar 2020 im Roten Saal Braunschweig mit ihrem Quartett Modern Jazz. Sie war 2018 die erste Jazz-Instrumentalprofessorin und lehrt an der Hochschule für Musik in Hannover. Klaus Gohlke sprach mit ihr über die Genderthematik im Jazz.

Frau Klesse, in Deutschland gibt es zwei Instrumentalprofessorinnen für Jazz. Sie sind eine davon. Was ist das Besondere daran im Vergleich zu anderen Lehrenden im Studiengang Jazz?

E.K.: Ich denke, das Besondere ist, dass es immer noch als etwas Besonderes angesehen wird (obwohl wir denken, dass wir – was Gleichstellung in unserer Gesellschaft angeht – angeblich schon „so wahnsinnig weit“ sind und obwohl gerade wir im Jazz, der als progressive Musik angesehen wird, eigentlich Vorreiter sein müssen für gesellschaftliche Prozesse, oder?). Für meine tägliche Arbeit und den Umgang mit meinen Studierenden spielt die Tatsache, dass ich eine Frau bin, keine große Rolle. Das Besondere ist das politische Signal, das von der Berufung von 2 Frauen für diese Stellen ausgeht, die ersten im Jahr 2018,  obwohl es Jazz-Ausbildung an Hochschulen schon seit Jahrzehnten gibt. Ich erhoffe mir einen Aufbruch und mehr Diversität unter Studierenden und Lehrenden an Hochschulen, in der Jazzausbildung und überall.

Wolfram Knauer überschreibt ein Kapitel in seiner gerade erschienenen Geschichte des deutschen Jazz: Jazz wird diverser, weiblicher, queerer. Frauen tauchen also auf im Zusammenhang mit Verschiedenartigkeit, mit Normabweichung, wenn man Lexikondefinitionen folgen will.  Auch wenn Knauer das nicht so meint, aber Weiblichkeit im Jazz als Abweichung:  eine zutreffende Beschreibung?

E.K.: Ich finde das Buch von Wolfram Knauer sehr lesenswert und bin froh, dass auch er dieses wichtige Thema aufgreift. Jazz wird diverser, weiblicher, queerer – das ist/wäre doch ganz wunderbar! Klar waren Frauen bisher in der Jazzwelt/-geschichte die Abweichung von der Norm, aber Wolfram Knauer spricht in seinem Buch ja genau diesen nun stattfindenden und längst fälligen Wandel an: die Szene öffnet sich (und muss sich auch öffnen!), mehr und verschiedenere Menschen finden Platz, Raum und Gehör.

Finden Sie das Tempo im Hinblick auf die Geschlechtergerechtigkeit im Bereich Jazz nunmehr ermutigend oder eher erschreckend?

E.K.: Natürlich dauert das alles lange und manchmal kommt das Gefühl auf, als müsste man wieder neu für Dinge kämpfen, die doch eigentlich schon mal common sense waren. Aber: ich finde es ermutigend, dass gerade ein Wandel stattfindet: gesamtgesellschaftlich und in der Jazzwelt. Und freue mich über alle Kolleginnen und Kollegen, die diesen Weg mitgehen. Erschreckend finde ich den gleichzeitig stattfindenden Backlash, rechts-nationale, rassistische und damit einhergehend auch sexistische und anti-feministische Tendenzen.

Warum ist das mit der Geschlechtergerechtigkeit im Jazz so schwierig?

E.K.: Ich denke, die Gründe für das Geschlechterverhältnis im Jazz sind vielfältig, ebenso wie die Ansätze, um dieses zu verändern. Meine große Hoffnung ist, dass dieses Thema für nachfolgende Generationen irgendwann keine Rolle mehr spielt, ehrlich gesagt, sondern alle ihren Talenten und Neigungen nachgehen können, und sich dabei nicht nach irgendwelchen Gender-Konventionen/ veralteten Rollenbilder richten müssen – Männer wie Frauen! Feminismus und das Streben nach Gleichberechtigung/Gleichstellung sind für alle da!

In Ihrer Band sind  Sie die Chefin. Ihre Bandkollegen sind alles Männer. Müssten Sie da nicht gegensteuern, etwa mit reinen Frauenbands (vgl. Marilyn Mazurs „Shamania“).

E.K.: In meiner Band bin ich die Orga-Chefin. Musikalisch wir sind wir ein Kollektiv. Und: ich muss gottseidank gar nix 🙂 Ich finde ja, es sollte alles geben dürfen: Männerbands, Frauenbands, gemischte Bands, diverse Bands. Vielleicht könnte man einfach aufhören, bei „Frauenbands“ immer wieder darauf hinzuweisen, dass es Frauenbands sind. Oder, alternativ: wir sprechen ab jetzt auch immer von Männerbands, wenn wir von rein männlich besetzen Ensembles sprechen. Dann müssten wir aber alle je erschienenen Jazz-Bücher und die gesamte Jazzgeschichte umschreiben. Bisher gab es nämlich ja so gut wie ausschließlich nur Männer-Bands. Reine Männer-Bands, reine Männer-Festivals. Vielleicht wurden die alle ja nur wegen ihres Geschlechts ausgesucht?? 🙂 Sie sehen, manchmal hilft es, sich mal alles umgekehrt vorzustellen, dann wird einem die Absurdität bewusst.
Vielleicht lassen wir diesen ganzen Quatsch aber auch einfach mal und konzentrieren uns auf das, worum es uns ja eigentlich geht: die Musik!

Welche „Jazz-Role-Models“ gab/gibt es für Sie?

E.K.: Viele. Meine Lehrer waren oft role models für mich, weil ich auch so tolle hatte. Heinrich Köbberling war und ist für mich ein Vorbild zum Beispiel, als Lehrer, Mensch und Musiker. Julia Hülsmann war und ist eine ungemein wichtige Mentorin für mich. Brian Blade verehre ich als Schlagzeuger. Daneben aber genau so Joni Mitchell und noch ganz viele andere. Ausserdem alle, die sich  – sowohl gesamtgesellschaftlich als auch in unserer Szene – für Gleichstellung und Gerechtigkeit einsetzen. Eine wilde Mischung also.

Kritik zu Silke Eberhard Trio

Jazz ist ein Kind der Freiheit

Das Silke Eberhard Trio eröffnete das Jazzjahr 2020 der Initiative Jazz Braunschweig

Musik ist ein flüchtig Ding. Des ist man oftmals froh, mitunter aber auch nicht. Vor allem bei Jazzkonzerten. Ganz besonders schmerzlich, wenn die Musik über einen kommt wie der Sturm und in so vielfältig gebrochener Weise, wie dies das Silke Eberhard Trio am Freitagabend im Roten Saal zu Braunschweig tat.

Zum Beispiel: Nur ein Ton! Knallig, scharf, von allen zugleich. Dann Pause. Tja, wie ging es weiter? Zwei Takte oder etwas länger? War das dann ein Thema oder nur eine Art Ton-Bewegung. Hören kann so schwierig sein, wie das Spielen von Musik. Über die verwirrende Fortsetzung musikalischen Geschehens vergaß man schon den Einstieg. Waren das nun Melodien oder deren Fragmente? Oder aber Flächen?

Wie auch immer im Detail – das Trio zeigte, was es heißt, die Traditionen zu kennen und fort zu entwickeln. Es wurde natürlich nicht nur ein wenig am harmonischen Korsett gerüttelt. Nein, Jazz ist ein Kind der Freiheit. Darum ging es. Gewiss, für Freunde der sanglich-melodischen, harmonisch eingängigeren Musik war das schwere Kost. Wobei allerdings die entspannte, spielerische Haltung der Musiker doch zum Aushalten einlud. Aber – macht es nicht auch Spaß, zu erleben, wie das Trio quasi telepathische Tempo- und Taktwechsel, ein blitzschnelles Changieren zwischen verschiedenen rhythmischen Idiomen vorführte? Wie die Begleitstrukturen zerflossen, sich neu ordneten und verselbständigten, um eigene Wege zu gehen? Natürlich ist das nicht so einfach zu erkennen, besonders, weil Silke Eberhard gerade nicht zu den „Kaltblütern“ am Instrument gehört, also das Tempo, den Druck liebt.

Dabei verführen die Songtitel geradezu. „Schneekatze“, „One for Laika“, „Belka und Strelka“, „Strudel“, „Damenschrank“(!) „Schwarzwurzelwäldle“, „Ping-Pong“. Das klingt nach Programmmusik. Aber, weit gefehlt, zu glauben, „Laika“ sei ein Requiem und die Schneekatze striche irgendwo leis-tatzig durch die Gegend. Schön: „Strudel“ fängt – sofern man ans Wasser denkt – durchaus wirbelnd an. Ein Chaos. So endet es auch. Aber sogleich stellen sich die Fragen ein: Ist das Trio der Tonalität verpflichtet? Oder wird diese eher von innen heraus verändert statt zerbrochen? Die Tonskalen werden aufgrund ihres offenen Charakters flexibel ausgedeutet zwischen Bass und Saxofon hin zu einer Polymelodik. Es gibt keine vom Thema her definierte Chorusstruktur, was spontanes Reagieren auf harmonisch-rhythmische Wendungen zur Folge hat. Eine Art von Befreiung der Melodie von formalen Fesseln vertikaler Ordnungen. Allerdings: Dazwischen auch eingängige, wunderbar swingende Intermezzi. Und spielte die Klarinette nicht auf einmal tänzerisch-locker im Benny-Goodman-Sound? Mit Charles Mingus könnte man von einer „organisierten Desorganisation“ sprechen.

Was das Konzert spannend machte, war auch die absolut gleichberechtigte Kommunikation der Instrumentalisten. Natürlich ist Silke Eberhard die Chefin auf der Bühne. Wer jedoch auf welche Weise auf harmonische Wendungen der Bläsersolistin reagiert, ist freigestellt. Soloparts unterliegen keiner schematischen Verteilung. Es gibt eben keine Begleiter, nur Mitspieler. Kay Lübke am Schlagzeug beeindruckte mit einer Vielfalt an Klängen, die er mit einem relativ kleinen Schlagzeug-Besteck zu erzeugen wusste. Es ging eben nicht nur um das time-keeping. Es ging um eigene rhythmisch-klangliche Gestaltung. Um ein Grundieren, Umspielen, Erweitern, Unterlaufen, Neuordnen der musikalischen Ideen. Das traf in gleichem Maße auf Jan Roder am Kontrabass zu. Mühelos bewegte er sich über das gesamte Griffbrett. Expressive Glissandi, feine Bendings und eine ausgefeilte Dynamik zeichneten sein Spiel aus. Allerdings – wegen der Mikro-Abnahme- nicht immer gut beim Forte-Spiel herauszuhören. Sein langes Bass-Intro vor der Pause war schlichtweg eindrucksvoll.

Dass Silke Eberhard zu den versiertesten Könnern an ihren Instrumenten zählt, muss nicht herausgehoben werden. Dass sie im Sommer den Berliner Jazzpreis 2020 erhält, spricht für sich. Schön vor allem, dass die MusikerInnen aus entspannter Haltung Momente größter Intensität entwickelten, frei von Avantgarde-Attitüden. Viel Beifall für einen guten Start ins Jazzjahr 2020 mit der Initiative Jazz-Braunschweig.

Klaus Gohlke

Interview mit Silke Eberhard

Zwischen Tradition und Avantgarde

Das Silke Eberhard Trio entwickelt den modernen Jazz beharrlich weiter

Das Jahr fängt sehr gut an für Silke Eberhard, eine der renommiertesten deutschen Saxofon- und Bass-Klarinette-Spielerinnen. Nach dem Preis der deutschen Schallplattenkritik ist ihr nun der Berliner Jazzpreis 2020 zuerkannt worden. Am kommenden Freitag gastiert sie in mit ihrem Trio in Braunschweig. Unser Mitarbeiter Klaus Gohlke sprach mit ihr über den kommenden Auftritt.

Mir scheint, Kontinuität ist Dir bei der Fortentwicklung deiner musikalischen Ideen sehr wichtig. Mit Deinem Trio arbeitest Du schon weit über zehn Jahre zusammen.

Kontinuität ist ja nicht das Gegenteil von Progressivität. Mein Trio ist so etwas wie eine „Working Band“, in der wir unsere musikalischen Ideen stetig weiterentwickeln. Das sind gewissermaßen
Forschungsprojekte. In dieser Gruppe spüre ich große Freiheit. Es ist meine Musik, es sind meine Improvisationen, vor allem Leute, mit denen ich gern zusammenspiele.

Deine Musik setzt sich explizit mit Eric Dolphy, Charles Mingus und Ornette Coleman auseinander. Warum sind sie Dir noch immer so wichtig?

Ihre Musik berührt mich. Heute. Ich hab von denen allen gelernt. Sie sind mein musikalisches Fundament, auf dem ich aufbaue.

Du spielst keinen Schmuse-Jazz. Was erwartet die ZuhörerInnen?

Gerne können die Menschen auch zu meiner Musik schmusen! Die Triobesetzung mit Saxophon, Bass und Schlagzeug ist gewissermaßen „klassisch“. Die fundamentalen Kategorien Melodie, Basslinie und Rhythmus sind ideal verkörpert. Dieses Format steht in einer langen Tradition im Jazz. Diese Linie führen wir weiter.

Du warst 2007 schon einmal in Braunschweig. Hat sich die Jazzwelt aus deiner Sicht seitdem verändert?

Die Frage ist sehr komplex. Zwei Hinweise vielleicht: Die gesellschaftlich virulente Debatte um Geschlechtergerechtigkeit ist auch im Jazz angekommen. Auch die Fragmentierungsprozesse, die wir gesamtgesellschaftlich erleben, sind im Jazz zu sehen und so gibt es beide Tendenzen – globale, was Rezeptionsmöglichkeiten, Kooperationen etc. betrifft, und partikulare, was z.B. Spezialisierung der Szenen und deren Narrative anbetrifft.

Deine Wahlheimat – Du bist ja gebürtige Schwäbin – ist Berlin. Ist Berlin so etwas wie die Jazzhauptstadt Deutschlands?

Berlin ist aus meiner Sicht zur Zeit die für Jazz zentrale Stadt in Deutschland, wenn nicht darüber hinaus. Die Szene ist in den letzen beiden Jahrzehnten enorm gewachsen – und zwar vor allem auch an internationalen Musikern. Das bedeutet natürlich nicht, dass Impulse ausschließlich von Berlin ausgehen. Was die Schwäbin betrifft: Nach wie vor sind mir – wahrscheinlich genetisch bedingt – gute Spätzle sehr wichtig. Ich gebe auch auf Anfrage Kässpätzle Workshops.

Das Silke Eberhard – Trio spielt am Freitag, dem 17. Januar im Roten Saal des Braunschweiger Schlosses ab 20 Uhr. Karten im Vorverkauf und an der Abendkasse.

Klaus Gohlke

Silke Eberhard Trio

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Silke Eberhard – Klarinette, Altsaxophon
Jan Roder – Bass
Kay Lübke – Schlagzeug

BeitragsbildDie Klarinettistin und Altsaxophonistin Silke Eberhard steht mit ihrem aufregenden Trio fest auf dem Fundament der modernen Jazztradition. Sie bezieht sich auf Innovatoren wie Ornette Coleman, Charles Mingus oder Eric Dolphy. Ohne das Sicherheitsnetz eines Harmonieinstrument spielt ihr Trio mit dem Bassisten Jan Roder und dem Schlagzeuger Kay Lübke hart swingenden modernen Jazz. Das Konzept der Band erinnert an das Mike Osborne Trio aus den 70er Jahren oder an das berühmte Ornette Coleman Trio der Blue-Note-Aufnahmen aus dem „Golden Circle“ in Stockholm.
Interaktion ist das Stichwort, das das Spiel der Drei kennzeichnet. Die Musiker gehen spontan auf die Ideen des jeweils anderen ein. Die originellen Kompositionen bieten dafür das Ausgangsmaterial.
Die CD des Silke Eberhard Trios „The Being Inn“ wurde 2017 mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet. Der bekannte Jazzkritiker Bert Noglik begründete das für die Jury so:
„Das Album gleicht einer Einladung in das imaginäre Gasthaus, das sich die Berliner Altsaxophonistin und Bassklarinettistin Silke Eberhard beim Schreiben der Stücke vorstellte – ein Ort, an dem die moderne Jazztradition im Raum schwebt und im gemeinschaftlichen Spiel neu ausgeformt wird. Dabei sind die Fenster weit geöffnet, so dass sich bei allen Reminiszenzen an die Geschichte dieser Musik ein beglückendes Gefühl von Freiheit einstellt. Jan Roder am Kontrabass und Kay Lübke am Schlagzeug weben ein spannendes Beziehungsgeflecht und treten als Gesprächspartner der Bandleaderin wie auch selbst als Solisten hervor, so dass ein vielfältig ausdifferenzierter Trioklang entsteht, der sehr eigen ist und zugleich vertraut anmutet.“ Da kann man nur gespannt sein.

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 10 € (Schüler*innen & Studierende)

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Bildrechte Silke Eberhard Trio: Silke Eberhard

Weihnachten und Jazz

Überall ist die Rede von “Konsumterror”, von Weihnachten als “Klimabeschädigungsfest” und was es noch so alles gibt. Mehr sei immer besser, meint Spottify. Nein, seien wir bescheiden mit unseren Weihnachtsvorschlägen.Keine tollen CDs, siehe für so etwas Südd.Zeitung vom 17.12.19 S.10. Oder die einschlägigen Magazine. Nix DVDs oder Bill Frisell-Socken.
Nur eine Empfehlung, nämlich:

Wolfram Knauer: “Play yourself, man!”. Die Geschichte des Jazz in Deutschland. Reckam Hartcover Stuttgart 2019. 528 S. 36 Euro, als E-Book 30,99 Euro.

Es ist ein echtes Sachbuch. Umfassender Ansatz, gründlich im Detail. Nun, die Sprache ist die eines deutschen Sachbuches: dröghaftig, jedoch nicht kompliziert. Aber das nimmt man angesichts der kenntnisreichen Darstellung in Kauf. Das Buch beginnt mit den Spirituals im Kaiserreich und endet im 21. Jhd. Dazwischen 40 Seiten für Jazz in der Weimarer Republik. vor allem über 50 Seiten zum Jazz während der Nazizeit. Das geht weit, weit über die alternative Jugendkultur hinaus mit überraschenden Details zur Indienstnahme des Jazz durch die Nazi-Propaganda.

Besonders erfreulich auch die Würdigung des Jazz in der DDR in zwei Kapiteln, gegliedert in die Zeit bis zum Mauerbau und die bis 1989. Das sind nun alles eher quantitative Hinweise. Wer Genaueres zum Inhalt wissen will, blicke in die Verlagspräsentation des Buches. Garantiert aber ist: Wer das Buch gelesen hat, weiß anschließend mehr. Es ist ein Standardwerk: zum Vor-sich hin-.Lesen, aber auch als Nachschlagewerk zu nutzen, wie Ulrich Stock richtig in der ZEIT vom 21. 11. 19 anmerkt. Ja, es ist teuer. Das geht aber auch nicht anders, weil der Leser*kreis absehbar gegrenzt sein wird und weil es eben ein Sachbuch ist.

So, gut jetzt. Besorgen, unter, vor, am Weihnachtsbaum oder Ersatz lesen. Fertig.

Schöne Weihnachten, gutes 2020 wünscht die Initiative Jazz Braunschweig.

Verantw. Klaus Gohlke

Kritik zu Nathan Ott Quartett

Glück im Unglück
Das Nathan-Ott-Quartett bescherte zum Nikolaustag hochkarätige Jazz-Feinkost

Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. So erging es Nathan Ott, Jazzschlagzeuger aus Berlin, als er seine Dezembertour plante. War ja auch prima gedacht und schon mehrfach vorher Probe gelaufen. Eine kleine Supergruppe zusammengestellt mit der New Yorker Saxofonlegende Dave Liebman im Zentrum. Dafür ein interessantes Konzept der Elvin-Jones Band der frühen 70er Jahre aufgegriffen, nämlich zwei Saxofonisten ohne Harmonieinstrument gegeneinander antreten zu lassen. Und auf geht‘s, unter anderem auch nach Braunschweig in den Roten Saal.

Dann jedoch das Leben, wie es so spielt. Liebman hatte einen schweren Unfall. Spielunfähig. Was tun? Ott, hervorragend vernetzt, fand Abhilfe. Nämlich in Christof Lauer, einem der herausragenden Saxofonisten der Gegenwart, der sich flugs das Tourprogramm drauf schaffte.

Das Konzept, zwei Saxofonisten spielen zu lassen, klingt gut, ist aber nicht ungefährlich. Zum einen stehen die beiden Protagonisten im Mittelpunkt, die „Rhythmiker“ scheinen in den Hintergrund gedrängt. Zum anderen aber ist die Frage, wie die Bläser damit umgehen. Gibt es einen Showdown oder eine gleichgewichtige Kommunikation?

Lauers Partner war Sebastian Gille, Bigband-Kollege für einige Zeit. Wie würde dieser umgehen mit so einem musikalischen Schwergewicht? Höchst interessante Fragen fürs zahlreich erschienene Publikum und: gute Antworten der Musiker.

Lauer und Gille entwarfen einfühlsam Melodienbögen, gestalteten schöne Unisono-Partien, führten durchdachte, ruhige Dialoge mit allen Bandmitgliedern. Aber dann, in den Improvisationsteilen zeigte Lauer seine ganze Kraft und Spielfreude. Er folgte gewissermaßen seiner inneren Natur mit nahezu ekstatischen Arpeggien, die wie Klangflächen erschienen, einer Tour de Force die Skalen hoch und runter, Überblaseffekten, Intervallsprüngen. Hoch konzentriert, trotzdem locker und ohne technizistische Effekthascherei. Und Gille? Stand dem in nichts nach, fand seinen eigenen Zugriff und Ton. Wozu sicherlich auch der Charakter der Kompositionen beitrug, in der Mehrzahl von Ott geschrieben.

Und die „Rhythmiker“, waren sie die armen, im Dunkel Stehenden? Mitnichten. Jonas Westergaard am Kontrabass leistete Schwerstarbeit. Er hatte auf der harmonischen wie auf der rhythmischen Ebene zu gestalten und zog mit Schlagzeuger Ott gewissermaßen die Streben für die Bläsergebäude ein. In den Up-Tempo-Parts erhöhte er repetitiv den Druck und gestaltete das rhythmische Konzept farbiger. Ott seinerseits ließ nicht den Bandleader raushängen. Ja, er schuf Raum und nutzte sein Instrument bei der Schlägelarbeit geradezu melodiös. Und ein Drumsolo ohne Muskelspiel als Ausklang eines Stückes – selten zu hören.

Insgesamt beschritten die vier Musiker musikalische Wege, die zwischen großer Offenheit und Gebundenheit, zwischen Abstraktion und feiner Melodiosität verliefen. Metrisch komplex mit beeindruckender Polyrhythmik, ja, mitunter mal weniger harmonisch durchorganisiert, als von der Rhythmik und der Expressivität zusammen gehalten. Vielleicht nicht immer leichte Arbeit beim Zuhören, aber zu Recht viel Beifall.

Klaus Gohlke

Nathan Ott Quartett

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Nathan Ott – Schlagzeug, Komposition
Christof Lauer – Saxophone
Sebastian Gille – Saxophone
Jonas Westergaard – Kontrabass

BeitragsbildFür den 6. Dezember ist ein Konzert mit dem Natan Ott Trio feat. Dave Liebman angekündigt. Dave hatte leider einen schweren Unfall erlitten, der Auftritte unmöglich macht. Nathan Ott ist es gelungen, Christof Lauer zu gewinnen, Daves Saxofonpart zu übernehmen. Wir sprechen ausdrücklich nicht von „ersetzen”, denn Christof ist kein Ersatzmann. Die Band wird das avsierte Repertoire spielen, auf andere Weise interpretiert. Christof Lauer muss man nicht vorstellen, er ist einer der profiliertesten Saxofonisten Deutschlands, der uns schon oft in Braunschweig begeisterte.
Wir bitten um Verständnis und Neugier.

Das Nathan Ott Quartett bringt den Geist der legendären Lighthouse-Edition der Elvin Jones Band der 70er Jahre ins 21. Jahrhundert und präsentiert eine der wichtigsten Jazz-Stimmen unserer Zeit: die des US-amerikanischen Saxophonisten Dave Liebman. Liebman ist eine treibende Kraft des zeitgenössischen Jazz und gehört zu den zentralen Saxophonisten der von John Coltrane beeinflussten Moderne. Seit er weltweites Aufsehen durch seine Zusammenarbeit mit Miles Davis und Elvin Jones erregte, übt er großen Einfluss auf die Musik der Gegenwart aus, sowohl als Saxophonist, Komponist und Bandleader wie auch als Lehrer und Buchautor. In Braunschweig können Sie ihn in der außergewöhnlichen Konstellation im Quartett mit dem jungen Jazzdrummer Nathan Ott erleben.

Ott war zuerst klassischer Geiger und begann erst mit 18 Jahren, Schlagzeug zu spielen, nachdem er ein Konzert von Dave Liebman beim Augsburger Jazzsommer erlebt hatte. Inzwischen hat er sich in der Jazzszene auch über Generationsgrenzen hinweg als ein überaus wacher und vitaler Impulsgeber bewährt und spielt mit Musikern aus Deutschland, Griechenland, Spanien und den USA. Seit Herbst 2016 gestaltet Ott auch seine eigene Konzertreihe „The Nathan Ott Dubph0nic“ im Altonaer Jazzclub Hafenbahnhof.

In seinem Quartett verzichtet Ott bewusst auf ein Harmonieinstrument und richtet so den Blick auf die je individuellen Spielweisen und Klanggestaltungen der beiden Saxophonisten. Dave Liebman war 2005 bei uns im Städtischen Museum zu Gast, während Sebastian Gille, Preisträger des Hamburger Jazzpreises 2015, unlängst mit Jens Düppe das Braunschweiger Jazzpublikum im Roten Saal begeisterte. Am Kontrabass ist Jonas Westergaard, der die Reihe großer skandinavischer Bassisten mit internationalem Erfolg fortsetzt.

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 10 € (Schüler*innen & Studierende)

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Bildrechte Nathan Ott: Cascadas

Sound on Screen – Festival Edition

Internationales Filmfest Braunschweig e.V.

Logo

MUSICA CUBANA
Regie: Kurt Hartel

D 2019, 89 Min., OmenglUT
(Span. Originalfassung mit engl. UT)
Deutsche Erstaufführung!

zu Gast: Kurt Hartel (Regisseur)

BeitragsbildDem Phänomen der kubanischen Musik auf der Spur: In MUSICA CUBANA begibt sich Regisseur Kurt Hartel in den kulturellen Schmelztiegel Havanna, um ebenso historischen Wurzeln wie aktuellen Entwicklungen nachzugehen. Von der Clave und den hypnotischen Rhythmen der Bongos bei den Orisha-Zeremonien über die Lebensfreude von Rumba und Salsa bis hin zu den Tanzkompanien und den zeitgenössischen Livebands: Mit seinem Debutfilm ist Hartel eine ebenso authentische wie lebendige Dokumentation der facettenreichen kubanischen Musikkultur gelungen, die die Leidenschaft zu vermitteln weiß, mit der Musik auf Kuba zelebriert wird. Der Fokus liegt hier auf den Musikern, ihrem Schaffen und ihren Sichtweisen.

Internationales Filmfest Braunschweig e.V. in Kooperation mit Initiative Jazz Braunschweig


 

Shake Stew “Rise And Rise Again”

LOT-Theater, Kaffeetwete 4a, 38100 Braunschweig

Lukas Kranzelbinder – Bass, Bandleader
Clemens Salesny – Altsaxofon
Johannes Schleiermacher – Tenorsaxofon
Mario Rom Trompete
Oliver Potratz – Bass
Nikolaus Dolp – Schlagzeug
Mathias Koch – Schlagzeug

BeitragsbildShake Stew ist die österreichische Jazzband der Stunde. Eine Band, die als Sensation im Jazz gilt. Der Staub, den die sieben Ausnahmemusiker rund um Lukas Kranzelbinder seit ihrer Bandpremiere beim Jazzfestival Saalfelden 2016 aufgewirbelt haben, hat sich gerade erst wieder ein wenig gesetzt, da legen sie bereits mit voller Energie nach: „Rise And Rise Again“ ist das zweite Studioalbum betitelt, und in welchem Tempo diese Formation neuen musikalischen Output erzeugt, ist wirklich atemberaubend.
Wurde ihr Debüt im österreichischen „Standard“ noch als „magische Eröffnungsstunde“ und vom „Kurier“ als „intergalaktisches Roadmovie für die Ohren“ beschrieben, scheint es mittlerweile wirklich so, als ob die Musik dieser Formation immer größere Wellen schlägt. Nach Einladungen vom renommierten Montreal Jazz Festival bis hin zum deutschen Jazzfestival Frankfurt wurde auch die deutsche Wochenzeitung DIE ZEIT auf Shake Stew aufmerksam. Sie schickte ihren Musik-Journalisten Ulrich Stock im September 2018 für ganze fünf Tage in den Jazzclub Unterfahrt nach München, wo die Band gerade eine Residency mit täglich wechselndem Programm spielte.

Dass einer jungen österreichischen Formation eine komplette Seite im Feuilleton der ZEIT gewidmet wird, erscheint bereits bemerkenswert, viel mehr aber verblüffen die Euphorie und Begeisterung, die den Journalisten angesichts seiner Erfahrungen gepackt haben:

„Was ich hörte, haute mich um. Grandiose Rhythmen, schmelzende Bläser, hypnotischer Funk-Beat-Swing-Afro-Jazz-Rock-Rhythm-and-Irgendwas. Ich war so gebannt, ich konnte nach dem Konzert kaum aufstehen. Inzwischen weiß ich, dass andere Hörer ähnliche Initiationserlebnisse hatten; etwas geht von dieser Band aus, das neu und besonders ist – und ungemein attraktiv.“

Es könnte Ihnen genauso gehen. Freuen Sie sich auf einen einzigartigen Abend!

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 25 € / 22 € (ermäßigt) / 10 € (Schüler*innen & Studierende)

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Bildrechte Shake Stew: Andreas Waldschuetz

Drei Tage Neue Musik

25. bis 27. Oktober 2019

Programm

Kompositionen auf Weiß

Freitag, 25. Oktober 2019, 19:30 Uhr
Einführungsvortrag
Dr. Vlady Bystrov: Freie Improvisation

Freitag, 25. Oktober 2019, 20:00 Uhr
Impro-Abend mit Vlady Bystrov (Holzblasinstrumente), Anto Pett (Klavier) und Anne-Liis Poll (Gesang)

Musik am Bauhaus

Samstag, 26. Oktober 2019, 19:30 Uhr
Einführungsvortrag
Dr. Vlady Bystrov: Musik am Bauhaus

Samstag, 26. Oktober 2019, 20:00 Uhr
Adolf Busch: Duo für Viola und Saxofon, Erwin Schulhoff: Hot-Sonate für Altsaxofon und Klavier, Arnold Schönberg: Verklärte Nacht (Arr. f. Ensemble)
Braunschweiger Klangwerkstatt und Ensemble Megaphon: L. Župková, V. Bystrov, H. Krauss, T. Prelevic

Komponistinnenportrait Adriana Hölszky

Sonntag, 27. Oktober 2019, 11:00 Uhr
Quasi una fantasia für Oboe, Snowbirds für Violine und Klavier, Flux Reflux für Saxofon solo, Klangwaben für Violine solo, Hörfenster für Franz Liszt für Klavier solo
Braunschweiger Klangwerkstatt und Ensemble Megaphon: L. Župková, V. Bystrov, H. Krauss, T. Prelevic

Alle Konzerte finden in der Dornse des Altstadtrathaus Braunschweig statt.
Eintritt frei, Spenden erbeten.
Veranstalter: Freunde Neuer Musik Braunschweig e.V. in Kooperation mit dem Louis Spohr Musikzentrum
Programm-Download (PDF 2,5 MB)

Altstadtmarkt 7
38100 Braunschweig

 

VEIN – Symphonic Bop

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Michael Arbenz – Piano
Thomas Lähns – Bass
Florian Arbenz – Schlagzeug

BeitragsbildSeit mehr als einem Jahrzehnt gilt das Schweizer Trio VEIN als eines der führenden Klaviertrios Europas. Es bestritt Tourneen in über 40 Ländern, von Kolumbien bis Russland, von Portugal bis Norwegen, von Italien bis Japan, und wurde von Ulrich Olshausen (FAZ) auch schon als ein “Trio von nahezu abgehobener Sonderklasse” bezeichnet. In letzter Zeit beschritt VEIN neue Wege, in dem es sein kammermusikalisches und flexibles Trio-Spiel auch durch grössere Formationen erweiterte.

Da alle drei VEIN-Mitglieder ein klassisches Studium absolvierten, sind auch Einflüsse aus der klassischen Musik hörbar. So zum Beispiel von Ravel (dessen Musik VEIN auf dem letzten Album „VEIN plays RAVEL“ bearbeitete), Debussy, Mahler oder Stravinsky.

VEIN ist nun auch mit der Trioversion des „Symphonic Bop“ – Programms auf Tournee. Hier wird dieses klangliche Universum wieder auf die drei ursprünglichen Instrumente reflektiert. Auf diese Weise vereint sich der flexible und unberechenbare Aspekt von VEIN mit einer maximalen dynamischen Breite und einer Farbenvielfalt, die von großen Formationen inspiriert ist.

Michael Arbenz – Piano

Michael Arbenz, klassisch ausgebildeter Pianist und autodidaktischer Jazzmusiker, verbindet seine Neugierde zum Neuen mit der Erfahrung seiner klassischen Ausbildung. Nach dem Studium am Konservatorium in Basel arbeitete er zum Beispiel mit Pierre Boulez, Heinz Holliger, Jürg Wyttenbach oder dem Schweizer Ensemble Contrechamps.
Bereits als Kind entdeckte Michael die Liebe zum Jazz. Seine eigenständiger Zugang zur Jazz-Tradition und weiterer improvisierter Musik führte zu einem sehr persönlichen Ansatz. Da er das Klavier gerne orchestral einsetzt, sind seine Improvisationen oft sehr vielschichtig und von vielen Einflüssen geprägt. Zu diesen zählen bedeutende Jazzpianisten quer durch die Musikgeschichte aber auch Ideen und Klangfarben der klassischen und zeitgenössischen Musik.

Er spielte mit dem Trio VEIN bei vielen renommierten Konzertveranstaltern und arbeitete zum Beispiel mit Greg Osby, Glenn Ferris, Dave Liebman, Marc Johnson, Wolfgang Puschnig und Andy Sheppard.

Thomas Lähns – Bass

Als gefragter Bassist kombiniert Thomas Lähns die Bogen-Technik eines klassischen Orchestermusikers mit der Spontanität eines Jazz-Bassisten. Er spielte klassische Konzerte mit Grössen wie Heinz Holliger oder Peter Eötvös, u.a. bei den Salzburger Festspielen oder dem Schleswig-Holstein Musik Festival, und bestreitet regelmäßig klassische Soloauftritte in Europa und Südamerika. Ausserdem ist er einer der wenigen Kontrabassisten, die Hans Werner Henzes Konzert für Kontrabass und Orchester aufführten.
Seine ersten musikalischen Schritte machte Thomas auf dem E-Bass, seinen Jugend-Idolen “Iron Maiden” nacheifernd. Als er später zum Kontrabass wechselte, entdeckte er den Jazz, studierte in Basel klassische Musik bei Wolfgang Güttler und Botond Kostyak und nahm an Masterclasses von Mark Dresser teil.
Als Jazzbassist spielt er mehr als 100 Konzerte im Jahr, neben seiner Mitwirkung im Trio VEIN unter anderem mit Christoph Stiefel, Johannes Mössinger und Kolsimcha. Er bezieht sich auf die Tradition von Scott LaFaro, Richard Davis oder Miroslav Vitous, besonders aber auch auf jene der grossen Bogen-Meister Slam Stewart und Major Holley.

Florian Arbenz – Schlagzeug

Florian Arbenz ist einer der vielseitigsten Schlagzeuger Europas. Mit dem Jazz kam er über Musiker wie Kirk Lightsey oder Famadou Don Moye in Berührung und studierte bei Ed Thigpen und Steve Smith. Als klassisch ausgebildeter Perkussionist mit grosser internationaler Orchestererfahrung trat er unter anderem mit Peter Eötvös, György Kurtag und Christoph von Dohnanyi auf. Während seines Studiums verbrachte er sechs Monate am Instituto Superior de Arte in Havanna/ Kuba und so ist sein Spiel von afro-kubanischen Elementen, aber auch von asiatischen Finger-Techniken beeinflusst. Florian ist in aktivem Austausch mit der internationalen Drummer-Szene, folgt den neusten Strömungen des Drumsets und verfeinert seine Spielweise stets mit neuen Innovationen.

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 10 € (Schüler*innen & Studierende)

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Bildrechte VEIN: Daniel Infanger

Kritik zu VEIN – Symphonic Bop

Hochkomplexe Trioarbeit
Das Schweizer Piano-Trio VEIN spielt reduzierte Bigbandkompositionen und Ravelbearbeitungen im Roten Saal zu Braunschweig

„Symphonic Bop“ war das Konzert des Schweizer Klaviertrios „Vein“ bei der Initiative Jazz Braunschweig betitelt. Was meint „Symphonic“ im Zusammenhang mit einem Jazztrio? Bop ist ja unmittelbar einleuchtend. Nun, es ist eine etwas unglückliche Bezeichnung, die zurückzuführen ist auf das letzte Projekt der Schweizer mit der Norbotten Bigband. Eine Kooperation von Trio und Groß-Ensemble sollte erprobt werden, die die jeweiligen Charakteristika beider Formationen ohne Selbstaufgabe verschmelzen sollte. Schon hier aber war „symphonisch“ irreführend. Es wurde weder symphonische Musik gespielt, noch hat eine Bigband Sinfonieorchester-Stärke.

Was nun am Freitagabend im Roten Saal zu Gehör gebracht wurde, war eine Reduktion dieser Bigband-Arrangements, ein Herunterbrechen auf Kammermusik-Jazz-Ebene. Nicht, dass das nicht geglückt wäre. Im Gegenteil, grundsätzlich gesehen. Nur, dass gewisse Hörerwartungen, die eventuell in Richtung durchschaubaren „Third Stream“ gingen, gleich zu Beginn enttäuscht wurden.

„Vein“ spielte, wenn schon, dann eher Bop, wobei das auch nicht stimmt. Es war eine Mixtur hochkomplexer Trioarbeit, die einerseits eine Aneignung der Jazztradition widerspiegelte, andererseits aber sehr eigenständige Fortentwicklungen des Jazz bot. Ergänzt durch Bearbeitungen von Ravel-Kompositionen, nur für Experten als solche erkennbar, was aber durchaus kein Handicap sein musste.

Der Einstieg mit „Boarding the Beat“ war kein sanftes Hinführen zum Vein-typischen musikalischen Denken, sondern es ging gleich zur Sache. Wohl war da eine thematische Einführung, dann aber ging es zügig in die Durchführung, die sich durch konzentriertes Interplay auszeichnete. Vor allem die Rolle von Thomas Lähns am Kontrabass war spannend zu hören, nämlich einerseits eine rhythmische Grundierung mit und über das Schlagzeug hinaus zu liefern, andererseits die Piano-Exkurse melodisch einzuleiten und zu umspielen. Die Band zeigte sich dynamisch und rhythmisch variantenreich und jazzaffin, wenngleich immer wieder Hinweise auf klassische Musik aufschienen.

Was „Vein“ an diesem Abend aber offenbar auch demonstrieren wollte – oder wollte es nur der Schlagzeuger Florian Arbenz? – war nicht ganz unproblematisch. Dass es nämlich nicht ein typisches Klavier-zentriertes Piano-Trio sein wollte, sondern durchaus andere Akzente zu setzen weiß. Florian Arben, so schien es streckenweise, wollte wohl den kammermusikalisch-klassischen Ansatz mit Jazzrock-Anleihen durchlöchern. Nicht, dass er im Laufe des Abends dynamisch einfallsarm geblieben wäre! Überhaupt nicht. Wunderbar sein Duo mit Lähns etwa, seine Besenarbeit später. Aber er zeigte sich als ungemein kräftiger Gegenpol zum Pianospiel seines Bruders Michael. Sein Können beeindruckte, aber er überlagerte seine beiden Mitspieler mitunter doch sehr. Das konnten das Pianosolo in „Reflections in D“ und die Ravel-Bearbeitung „Mouvement de Menuet“ nur partiell kompensieren.

Die Kompositionen waren komplex, anspielungsreich, keinesfalls flacher Third Stream. Eine sehr eigenständige Tonsprache des Jazz wurde erlebbar, nur die an „Vein“ so gelobte größtmögliche Ausgewogenheit ihres Interplays konnte man an diesem Abend nicht unbedingt erleben.

Klaus Gohlke

Dieter Ilg “B-A-C-H”

Augusteerhalle der Herzog August Bibliothek, Lessingplatz 1, 38304 Wolfenbüttel

Eine Kooperation mit der „Gesellschaft der Freunde HAB“

Dieter Ilg – Bass
Rainer Böhm – Piano
Patrice Héral – Drums

BeitragsbildBereits seit Jahren gehört Dieter Ilg zu den einflussreichen Stimmen des europäischen Jazz. Seine elektrisierende Vitalität, intelligente Neugier, technische Brillanz und totale Hingabe an den Moment brachten ihm internationale Reputation nebst drei ECHO Jazz Trophäen ein.

Aus den Werken Johann Sebastian Bachs holt sich Kontrabassist Dieter Ilg das neue Material für sein Trio mit Rainer Böhm am Piano und Patrice Héral am Schlagzeug. Kammerjazz, intim und extrovertiert zugleich. Ilgs Trio hebt Grenzen zwischen musikalischen Epochen und Genres auf. Bemerkenswert konsequent verfolgt Ilg seine Vorstellung von einer eigenen, natürlichen Herangehensweise. Traumwandlerisches Zusammenspiel und Mut zum Risiko lässt magische, unverwechselbare Augenblicke entstehen, die diese drei Instrumentalisten zu einer der intensivsten und organischsten Live-Formationen ihrer Art formen. Melodiös, lyrisch, romantisch eingänglich und gleichsam forsch herausfordernd. Musik mit Anspruch und gleichzeitig angenehm hörbar.

Der dreifache Echo Jazz – Preisträger Dieter Ilg erlangte Ende der 1980er Jahre größere nationale wie internationale Bekanntheit durch seine feste Mitgliedschaft im Quintett des US-Trompetenstars Randy Brecker, als Nachfolger Ron Carters. Ein Ritterschlag. Daraufhin wurde der Südbadener für ausgewählte WDR-Bigband- Projekte regelmäßig engagiert und wirkte u.a. an der erfolgreichen ACT-Produktion „Jazzpana“ mit. Ob im Quartett mit Peter Erskine, Kenny Wheeler und John Taylor, im berühmten Albert Mangelsdorff-Wolfgang Dauner Quintett oder mit seiner Furore machenden Premiere als Leader von Ilg / Schröder / Haffner wurde Dieter Ilg zu einem Vorbild für jüngere Generationen.

Durch seine Trioexkursionen als Initiator von Formationen mit Marc Copland und Bill Stewart (American Songbook) oder Wolfgang Muthspiel und Steve Argüelles (European Songbook) wurde der Kontrabassist zu einem Aushängeschild für Eigenständigkeit, Konstanz und ständigem Forscherdrang.

Seit acht Jahren nun präsentiert er mit seiner „Working Band“ (mit Rainer Böhm und Patrice Héral) Bearbeitungen klassischer Werke europäischer Musikgeschichte. Nach Giuseppe Verdis „Otello“ und Richard Wagners „Parsifal“ veröffentlichte der Virtuose 2015 seine letzte Tonkonserve, wiederum beim renommierten Label ACT, mit Variationen zu Themen Ludwig van Beethovens. Ende September 2017 erschien des Tiefenzauberers neuestes Werk: dieses Mal Johann Sebastian Bach gewidmet. Dieter Ilg formt – nach langjähriger Duopartnerschaft mit dem beliebten Saxofonisten Charlie Mariano – seit einigen Jahren auch eine solche mit Deutschlands prominentestem Jazzmusiker, Trompeter Till Brönner.

Der im südbadischen Offenburg aufgewachsene Landesjazzpreisträger Baden-Württemberg studierte klassischen Kontrabass bei Prof. Wolfgang Stert in Freiburg i. Br., zog zu einem seiner intensivsten Lehrern, dem umtriebigen Mentor Dave Liebman, nach NYC und sponn die Fäden seiner weiteren Karriere. Sein singender Ton, seine handwerkliche Meisterschaft und seine expressive, individuelle Ausdruckskraft sind Markenzeichen und finden bei unterschiedlichsten Musikern und Musikerinnen weltweit starken Anklang.
Für einen deutschen Jazzmusiker eine einmalige und einzigartige Vita.

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 18 € (GdF) / 10 € (Schüler*innen & Studierende)

Mit freundlicher Unterstützung:
Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Bildrechte Dieter Ilg “B-A-C-H”: Dieter Ilg

BS-Jazz – Osterburg-Vibrans Duo / HC Hasse Quintett

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Jazz BS – BS Jazz

Set 1: Osterburg-Vibrans-Duo
(Dietmar Osterburg: Gitarre; Elmar Vibrans: Piano)

Set 2: HC Hasse Quintett
(Hans-Christian Hasse: Piano; Claus Sartori: Saxophon; Lorenz Däubler: Saxophon; Heinrich Römisch: Bass; Ingemar Oswald: Schlagzeug)

Unter dem Motto Jazz BS – BS Jazz möchte die Initiative Jazz Braunschweig zukünftig Musiker*innen bzw. jeweils zwei Bands am Abend präsentieren, die in der Region Braunschweig verwurzelt sind.

BeitragsbildDie Duo-Besetzung Gitarre-Piano ist selten im Jazz. Eigentlich schade, finden Dietmar Osterburg (Gitarre) und Elmar Vibrans (Piano). Denn in dieser Kombination findet man eine Freiheit in der Improvisation, Kommunikation und Interaktion, wie sie in größeren Besetzungen nur schwer zu erreichen ist. Das Programm enthält Jazz-Standards und Kompositionen von John Abercrombie, Jim Hall, John Hicks und Attila Zoller, die in ganz eigener Manier improvisatorisch interpretiert werden.

BeitragsbildDie aktuelle Formation um den Braunschweiger Jazzpianisten Hans-Christian Hasse fühlt sich der Tradition der US-amerikanischen Tonsprache des Jazz verpflichtet. Die Musiker bieten dem Hörer ein abwechslungsreiches musikalisches Menü, angerichtet aus packenden Latin-Grooves, erdigen Hard-Bop-Linien und leidenschaftlichen Improvisation-Parts.

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 10 € (Schüler*innen & Studierende)

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Bildrechte Osterburg-Vibrans Duo: Dietmar Osterburg
Bildrechte HC Hasse Quintett: Hans-Christian Hasse

Jazz-BS startet BS-Jazz

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Jazz-BS startet BS-JazzBeitragsbild

Die Initiative Jazz Braunschweig e.V. möchte zukünftig im Rahmen ihres regulären Konzertprogramms zu besonderen Terminen auch Musiker*innen bzw. Bands präsentieren, die in der Region Braunschweig verwurzelt sind. Sie sollen in gleicher Weise vorgestellt werden, wie die anderen Bands aus aller Welt. Der einzige Unterschied wird sein, dass das Publikum an einem Abend zwei Jazz-Formationen erleben wird, die ein jeweils einstündiges Set spielen.
Auftrittsort ist der Rote Saal im Schloss der Stadt Braunschweig. Jazz-BS stellt eine angemessene PA, die Gage orientiert sich – wie bei allen anderen Musiker*innen auch – an den Empfehlungen der UDJ.

Der erste Termin ist Freitag, der 06. September 2019, 20 Uhr.

Bewerbungen bitte bis 30. März 2019 an bk.gohlke[at]t-online.de

Erforderlich sind dabei

  • ein Presskit (Bandprofil, HD-Foto > 1MB)
  • Tech- und Stagerider
  • Musikbeispiele (downloads, soundcloud, dropbox o.ä.)
  • Vertragsvordrucke stellt der Veranstalter

Klaus Gohlke, jazz-bs

Jazz im Park

Park des Ritterguts Abbensen, Eixer Straße 24, 31234 Edemissen

Veranstalter: Braunschweigische Landschaft e.V.

MUSIKZUG FREIW. FEUERWEHR ABBENSEN – JAZZ & DIXIELAND
JAN-HEIE ERCHINGER – SOLOPIANO
EVELYN KRYGER – WORLDFUSION
SAM LEIGH-BROWN & PETER BEFORT QUINTETT – BOSSANOVA

Zum 7. Mal lädt die Braunschweigische Landschaft ein zu JAZZ IM PARK. Diesmal grooven und swingen die Bands im Park des Rittergutes Abbensen. Moderne Musik in traditionsreicher Umgebung, ein Festival zum Hören und Sehen. Etablierte und erfolgreiche Jazz-Musiker ebenso wie musikalische Newcomer lassen hören, wie zeitgenössischer Jazz klingt.

» Weitere Informationen

Eintritt: 5 €

Jens Düppe Quartett “Dancing Beauty”

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Jens Düppe – Schlagzeug, Komposition
Sebastian Gille – Saxophon
Lars Duppler – Piano
Christian Ramond – Kontrabass

BeitragsbildGehen John Cage und Jazz zusammen? Neutöner Cage hatte ja ein eher distanziertes Verhältnis zum Jazz. Jens Düppe zeigt mit seinem Projekt „Dancing Beauty“, wie gut das funktionieren kann. Der Schlagzeuger und Komponist Düppe hat sich neun musikphilosophischer Aussagen des Jahrhundertmusikers Cage angenommen und sie als Grundlage für einen kreativen Entstehungsprozess benutzt. Ganz im Sinne von Cage hat sich Düppe frei von Genregrenzen und musikalischen Schranken von diesen Zitaten leiten lassen. Besonders zeigt sich das Potential dieser Idee durch die Umsetzung Düppes in dem Song „Dancing Plastic Bag“: ein kurzes Stück Musik, gespielt nur mit Hilfe von zwei Plastiktüten.

“Die erste Frage, die ich mir selbst stelle, wenn etwas nicht scheint, schön zu sein, besteht darin, warum denke ich, dass es nicht schön ist? Und sehr kurz darauf entdeckt man, dass es keinen Grund dazu gibt.“ Diesen Gedanken von Cage hat der Kölner Komponist in dem Stück „Sleeping Beauty“ verarbeitet. Es geht ihm ganz besonders um die wünschenswerte Offenheit, die ihm in unserer heutigen Welt so wichtig scheint, und er möchte deshalb ganz bewusst von anderen Perspektiven aus blicken können.

Bei der Komposition „Everything We Do Is Music“ handelt es sich um einen fast schon heroischen und edlen Gedanken! Ein Gedanke, der absolute Freiheit verleiht und einen Aufruf zu einer uneingeschränkten künstlerischen Entfaltung darstellt. Mit „This Is Not The End“ spielt er natürlich auch darauf an, dass er hier nicht stehenbleiben und auf jeden Fall weitermachen werde. Mit neuen Ideen, weiteren Kompositionen und Projekten – nicht nur im Jazz, so der Kölner.

Es sind aber nicht nur die Zitate von Cage, die Düppe beim Komponieren beflügelt haben. Sebastian Gille am Saxophon, Lars Duppler am Piano und Christian Ramond am Bass, Musiker aus der ersten Reihe des deutschen Jazz, sind seine Wegbegleiter und Inspiratoren. Sie alle haben mit ihrem Können eine ganz individuelle Klangvielfalt entwickelt, auf die Düppe beim Komponieren jedes Stückes ausdrücklich eingegangen ist. Die Folge ist ein unverwechselbarer Gesamtklang als Band, der so in fast zehn Jahren gemeinsamen Spiels entstehen konnte.

So präsentieren sich ganz unterschiedliche Klangwelten, jede für sich ein eigener
Kosmos von Melodien, Rhythmen und Strukturen. Eine große Geschichte von Möglichkeiten, Unvoreingenommenheit und musikalischer Freiheit. Ein Jazz-Abenteuer erster Güte.
„Dancing Beauty“ war für den Echo Jazz 2018 nominiert und erhielt 2019 den WDR Jazzpreis.

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 10 € (Schüler*innen & Studierende)

Mit freundlicher Unterstützung:
Hoffmann Maschinen- und Apparatebau GmbH
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Bildrechte Jens Düppe Quartett: Gerhard Richter

Interview mit Jens Düppe

Alles geht – oder auch nicht
Jens Düppe im Gespräch mit Klaus Gohlke anlässlich seines Konzertes

John Cage gilt als musikalischer Freigeist, als einer der Begründer der Neuen Musik. Hörgewohnheiten, Erwartungen zu unterlaufen, neue  Kontexte zu kreieren, das ist ihm immer wieder gelungen. Teilweise spektakulär, wie in seinem Werk 4’33, einem dreisätzigen Klavierstück, bei dem kein einziger Ton gespielt wird, oder mit einem Orgelstück, das im nahen Halberstadt so langsam wie möglich gespielt wird. In gut 600 Jahren wird es beendet sein! 
Nun kommt Jens Düppe mit seinem Jazz-Quartett am Freitag, dem 28. Juni in den Roten Saal nach Braunschweig und spielt bei „Dancing Beauty“ Stücke, die sich auf Cage beziehen. Was erwartet die Zuhörenden? Gibt es Grund besorgt zu sein? Das fragt unser Mitarbeiter den Jazzer vorab.

Herr Düppe, muss man damit rechnen, dass da 90 Minuten nichts anderes zu hören sein wird, als die Stille im eigenen Kopf? Oder vielleicht nur einige Töne, langsamst gespielt, wie in der Kirche St. Burchardi im nahen Halberstadt?

Lustig, dass Sie die Kirche in Halberstadt ansprechen. Für die Stiftung dort werden wir im September zu Cage Geburtstag spielen, am 5.9. Und zwar nicht nur Stücke des Quartetts. Wir werden stilistisch so unterschiedlich wie nur denkbar agieren. Und dann wird die Reihenfolge der Stücke ausgewürfelt. Das hat alles direkt mit Cage zu tun! Ja, so offen und humorvoll war er. Es gibt halt viele Zugänge zu seiner Musik und viele Ansätze, sich von der Musik ansprechen zu lassen. Die Musik von DANCING BEAUTY wurde inspiriert von Wort-Zitaten und Denkweisen von Cage, als Komponist kommt er aber nicht drin vor (würde ich jedenfalls sagen), bis auf eine besondere Stelle im Konzert. Das wird hier aber nicht verraten. Es wird ein – wenn auch stellenweise etwas besonderes – Jazzkonzert werden.

John Cage hielt nicht viel vom Jazz. Jazz müsse sich dem Publikumsgeschmack beugen. Tue er das nicht, würde er zu E-Musik werden, wäre also kein Jazz mehr. Ärgert Sie so eine Sicht der Dinge?

Nein, Cage hat sich ja über jede Art von Musik geärgert, die auf irgendeine Art musikalisch vorhersehbar war, wo man nur ahnen konnte, wo die Melodie oder der Rhythmus hingehen werden. Da scheidet dann zum Beispiel schon mal jede Musik aus, die ein festes Tempo hat; das reicht dann von Mozart über Stravinsky bis hin zu James Brown und David Bowie. Da bleibt also nicht mehr viel an Musik über, die wirklich völlig unberechenbar daherkommt. Deshalb hat er sich ja zeitlebens als Komponist damit beschäftigt, diese Unberechenbarkeit den Ausführenden seiner Kompositionen irgendwie unverbindlich vorzuschreiben und dabei spannende Modelle entdeckt.

Muss Orientierung am Publikumsgeschmack Musiker automatisch verderben?

Ich kenne keinen Künstler, der überhaupt nicht reflektiert, wie sein Schaffen beim Publikum ankommt. Es kommt letztlich auf die Grundmotivation an, die einer hat, wenn er „Kunst“ schafft. Und diese sollte sich Inhalten widmen.

Ihre Musik wird hoch geschätzt. Sie wurden mit der aktuellen CD DANCING BEAUTY zum ECHO JAZZ 2018 nominiert, erhielten in diesem Jahr sogar den WDR-Jazzpreis für Improvisation. Trotz oder wegen Cage? Anders gefragt: Wäre Ihre Musik auch ohne den Cage’schen Überbau denkbar?

Ja, auf jeden Fall kann man sich das aktuelle Album anhören, auch wenn man den Inspirationsquell John Cage nicht kennt. Cage gibt dem ganzen einfach eine weitere Ebene und hat mir beim Komponieren geholfen; nämlich sehr geradlinig zu komponieren und mir selber und meinen musikalischen Ideen wirklich treu zu bleiben. Der Bezug zu Cage hat der Musik dieses Albums Kraft gegeben.

Sound on Screen Special – CHASING TRANE – THE JOHN COLTRANE DOCUMENTARY

Universum Filmtheater, Neue Straße 8, 38100 Braunschweig

CHASING TRANE – THE JOHN COLTRANE DOCUMENTARY
Regie: John Scheinfeld, USA 2016, 99 Min., OmU

BeitragsbildAuf der Jagd nach Coltrane: “Chasing Trane” erzählt das musikalisch reiche und menschlich bewegte wie bewegende Leben des legendären Saxophonisten und Erneuerers des Jazz.

“Ein Muss nicht nur für alle Coltrane- und Jazz-Fans, sondern im Grunde genommen für jeden, der sich ernsthaft für die bleibende Musik des 20. Jahrhunderts interessiert” (Variety). Mit Bill Clinton, Carlos Santana, Kamasi Washington, Wynton Marsalis, McCoy Tyner u.a.

Featured by Initiative Jazz Braunschweig!

Anschließend im Café Riptide: die Jazz-Band „Ascension“
(Marcel Reginatto: Bassklarinette, Alt-Saxophon – Friedrich Kuhn: Gitarre – Mingus Worthy: Bass – Maximilian Schneider: Schlagzeug)
 

Turn feat. Nils Wogram

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Jonathan Hofmeister – Piano, Synthesizer
Florian Herzog – Kontrabass
Jan F. Brill – Schlagzeug
Nils Wogram – Posaune

BeitragsbildTURN hat die Klangwelten von Keith Jarrett, Peter Erskine und Paul Bley absorbiert, neben der Jazz-Tradition Einflüsse aus Rock, Pop und Elektronik integriert und Bass und Schlagzeug von der Begleitrolle emanzipiert. Im Gegensatz zu anderen jedoch bleiben Jonathan Hofmeister, Florian Herzog und Jan F. Brill nicht dort stehen. Instinktsicher loten sie die Register des Trioklangs nach neuen Farben aus, drehen und wenden vermeintlich vertraute Formen und finden immer wieder überraschende Wege zwischen schwebender Klang-Improvisation, raffiniertem Gewebe und treibendem Groove. Ein pulsierender Basslauf zerstäubt plötzlich zur kollektiven Klangwolke, und bevor man weiß, wo oben und unten ist, rollt ein monströser Groove vorbei und pflügt das Feld für eine zauberhaft zarte Melodie.

Auf seiner Tour im Mai 2019 hat das Trio den international bekannten Posaunen-Star Nils Wogram dabei. Das Publikum kann sich also auf ein Klaviertrio freuen, das um Posaune und Synthesizer erweitert ist, einen ganz eigenen Sound präsentiert und gleichzeitig fest im Jazz verwurzelt ist.

Jonathan Hofmeister, Florian Herzog und Jan F. Brill begegneten sich 2012 während des Studiums an der Musikhochschule Köln. Über das Instrumentalstudium hinaus erforschen sie seitdem traditionelle und innovative Aspekte des Klangkörpers Trio. 2014 gewann TURN den Kompositionspreis beim Jazzpreis Biberach. Ihre im Juni 2014 im Kölner „Loft“ aufgenommene Debut-CD ist im April 2016 im Rahmen der Next Generation Reihe (JazzThing) auf dem Label Doublemoon erschienen. Im Sommer 2015 gewannen sie den europäischen Jazzpreis „Conad“ und tourten durch Europa (Konzerte u.a. auf Umbria Jazzfestival, Jazzwoche Burghausen, Jazzrally Düsseldorf).

Nils Wogram genoss gleichzeitig eine Klassik- wie Jazz-Ausbildung. Bereits im Alter von 16 Jahren war er Mitglied des Bundesjugendjazzorchesters, gründete eigene Bands und gewann Preise bei „Jugend musiziert“. Von 1992 bis 1994 studierte er in New York und schloss seine Ausbildung 1999 an der Musikhochschule Köln ab. Seit dieser Zeit hat er 23 Alben unter seinem Namen veröffentlicht. Wogram, der einer der führenden Posaunisten in der Welt des Jazz überhaupt ist, lehrt an der Musikhochschule Luzern.

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 10 € (Schüler*innen & Studierende)

Mit freundlicher Unterstützung:
Hoffmann Maschinen- und Apparatebau GmbH
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Gefördert durch die Initiative Musik gemeinnützige Projektgesellschaft mbH mit Projektmitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

 
Bildrechte TURN: Jonathan Hofmeister

Omer Klein Trio

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Omer Klein, Piano
Haggai Cohen-Milo, Bass
Amir Bresler, Schlagzeug

BeitragsbildJazz aus Israel macht seit einiger Zeit weltweit Furore. Zur ersten Reihe der israelischen Musiker gehört der Pianist Omer Klein. Sein klassisch besetztes Trio mit Haggai Cohen-Milo am Kontrabass und dem Schlagzeuger Amir Bresler gehört zu den wichtigsten akustischen Formationen des aktuellen Jazz.

Bei seinem Konzert in Braunschweig stellt das Trio sein gerade erschienenes Album „Radio Mediteran“ vor, dessen neun Stücke alle aus der Feder von Omer Klein stammen. Die Kompositionen schlagen stilistisch einen weiten Bogen, der von Modern-Jazz-Klavierspiel bis zu Balkan-Einflüssen und arabischer Volksmusik reicht. Durch den erstmaligen Einsatz von Percussions und Synthesizern kommen diesmal weitere Aspekte hinzu.
Dass diese abenteuerfreudige Mischung so gut funktioniert, liegt nicht nur an Kleins Klavierkünsten, sondern auch an der thematischen Klammer. Die Songs kreisen um das Mittelmeer. „Meine Band und ich haben einen sehr persönlichen Bezug zu diesem Meer: Wir alle sind in seiner Nähe aufgewachsen“, so Omer Klein. „Haggai, Amir und ich hören nach einem Konzert oft noch gemeinsam im Hotel Musik. Während der Tour zu ‚Sleepwalkers’ fiel mir auf, dass ein Großteil der Stücke, die wir uns vorspielten, aus Nordafrika, dem Balkan oder der arabischen Welt stammten.“ Diese Erkenntnis legte den Grundstein für „Radio Mediteran“.
Omer Klein entwickelte eine Faszination für das Mittelmeer, studierte seine Geschichte, besann sich eigener Erinnerungen, ging den kulturellen Verbindungen und Vermischungen nach und hörte dabei immer wieder die Musik dieser Region. „Nach und nach erschien mir das Meer wie ein geheimer Kontinent, ein Kulturkreis, der viel mehr Gemeinsamkeiten hat, als sich viele Länder bewusst machen.“

Ein folkloristisches Album ist es dennoch nicht geworden, denn so Omer Klein: „Ich wollte diese Musik nicht kopieren. Wir haben eher versucht, sie aufzusaugen und in einen neuen, persönlichen Kontext zu bringen, um am Ende vielleicht gar ein neues Genre zu schaffen.“

Das – darauf lassen sie ersten Hörproben schließen – scheint dem Omer Klein Trio überzeugend zu gelingen.

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Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
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Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 10 € (Schüler*innen & Studierende)

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Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Bildrechte Omer Klein Trio: Peter Hönnemann

Kritik zu Nguyên Lê „Streams“ Quartet

Raffinierte Alchemie
Das Nguyên Lê -Quartett „Streams“ überzeugt mit einer ganz eigenen Fusion von Welten unter dem Dach des Jazz

Nguyên Lê – französischer Jazz-Gitarrist mit vietnamesischen Wurzeln. Zum dritten oder vierten Male in Braunschweig. Die Gelehrten streiten da noch. Unstreitig aber: Wiederum ausverkauftes Konzert. Das lässt stutzen. Es geht schließlich um Jazz. Man nennt ihn „Weltmusiker“, „personifizierte Fusion der Kulturen“ oder „Ethno-Jazzer“. Das aber riecht doch sehr nach Schön-Töner. Was er mitnichten ist.
Recht arglos klingt die Konzerteröffnung. Er lade ein zu einer „Journey to different places“, zu einer Reise an verschiedene Orte. Und so reisen wir musikalisch nach Marokko z. B., zu den Buddha-Figuren von Bamiyan, ins China der Ming-Dynastie, nach Martinique. Aber auch zu „sehr exotischen Stationen“, wie J.S. Bachs „Goldberg-Variationen“, in die „Hippocampus“-Welt, wobei in der Schwebe bleibt, ob es die Welt der Seepferdchen oder die der Gedächtniszentrale im menschlichen Hirn ist. Oder mit „Subtle Body“ zu den Alchemisten, zu jenen, die aus Stein Gold machen wollten, wie Lê erläutert.
Eine gute Bezeichnung für ihn selbst. Subtle, also raffiniert, feinsinnig, ausgetüftelt – das trifft diesen Mann hervorragend. Die uralte Gwana-Musik aus dem Maghreb, indische Ragas, vietnamesische und chinesische Phrasierungen, Rock und Funk, europäisch-romantischer Tanz, das sind die Steine, die Nguyên Lê bearbeitet. Aber nicht als folkloristische Adaptionen oder in Form stilistischen Wildwuchses, sondern als organisch strukturierte Musik auf der Höhe der Zeit, auch mit deren technischen Mitteln.
Ob das immer Gold wird, sei dahin gestellt. Die Bach-Bearbeitung wirkte etwas bemüht. Ganz anders aber „6h55“ mit seiner raffinierten Polyrhythmik oder das Amalgam aus Funk, Rock ‚n‘ Roll und ostasiatischen Skalen in „Swing a Ming“.
Ungewöhnliche Dialoge etwa zwischen Gitarre und Schlagzeug („Mazurka“), aufreizende Brüche zwischen ostinaten Figuren, minimalistischen Melodien am Bass bzw. Vibraphon und explosiven Ausbrüchen daraus(„Bamiyan“). Wahre musikalische Zwei-, wenn nicht gar Vierkämpfe. Das war es, was das Publikum begeisterte. Die Ausgestaltung der kreativen Freiheit, die den einzigartigen Reiz dieses Genres ausmacht.
Natürlich ist Nguyên Lê ein Ausnahmegitarrist und großartiger Musiker. Aber es wäre alles nichts, hätte er mit dem US-Amerikaner John Hadfield (Schlagwerk), dem Kanadier Chris Jennings (Kontrabass) und dem Franzosen Illya Amar (Vibraphon) nicht ausgesprochen hochklassige Partner im Quartett vereint. Knackige Grooves, bei denen man nicht weiß, wer wen antreibt, sphärisch-entrückende Klänge und vor allem ein absolut sicheres Interplay begeistern das Publikum und nicht zuletzt auch die Musiker selbst.

Klaus Gohlke

Nguyên Lê „Streams“ Quartet

LOT-Theater, Kaffeetwete 4a, 38100 Braunschweig

*** Konzertbeginn im LOT-Theater ist künftig bereits um 19:00 Uhr ***

Nguyên Lê – E-Gitarre, Elektronik
Illya Amar – Vibraphon
John Hadfield – Schlagzeug
Chris Jennings – Kontrabass

Beitragsbild„Streams“ heißt das neue Quartett, das der in Paris lebende Gitarrist Nguyên Lê geformt hat. Das musikalische Ziel der Band ist die Verschmelzung von Jazz und der Musik anderer Kulturen. Dabei geht es den Musikern nicht um exotische Effekte, sondern darum, einen stimmigen und zeitgenössischen Ausdruck zu erzeugen – also Ströme (Streams) der verschiedensten Kulturen aufzugreifen und musikalisch zu verschmelzen. Der Fokus liegt bei eigenen Kompositionen, die von Nguyên Lês vielfältigen Erfahrungen musikalischer Grenzüberschreitungen genährt werden. Die Wurzeln der afro-amerikanischen Musik, des Blues und des Bebop, aber auch die Einflüsse von Bela Bartok und Claude Debussy finden Widerhall.

Die Musiker von „Streams“ sind tief im Jazz und der Weltmusik verwurzelt. Nguyên Lê – bereits mehrmals in unterschiedlichen Projekten bei uns in Braunschweig zu Gast – wurde in Paris als Sohn vietnamesischer Eltern geboren. Er kommt vom Jazz und hat in den letzten 20 Jahren zahlreiche Projekte über Vietnam, Nord- und Westafrika, Westindien, Türkei, Indien, Japan und Korea geleitet oder war daran beteiligt.

Schlagzeuger John Hadfield aus New York stammt aus der Kansas-City-Jazztradition um den Saxophonisten Bobby Watson. Er bereiste intensiv Indien, Peru, die Mongolei, den Mittleren Osten und Indonesien, um die Rhythmen und Instrumente jener Kulturen zu erlernen.

Kontrabassist Chris Jennings ist Kanadier und lebt in Paris. Er hat sich mit Dhafer Youssef, Karim Ziad, Bojan Z, Kudsi Erguner oder dem algerischen Chaabi-Orchestra „El Gusto“ einen Namen gemacht.

Der französische Vibraphonist Illya Amar arbeitete mit Musikern aus Indien, Argentinien, Vietnam und Brasilien zusammen. Zurzeit arbeitet er an Arrangements jüdischer Musik.

Für die Musiker von „Streams“ ist der Jazz wegen seiner Offenheit und seiner Integrationskraft die beste musikalische Form, um den Dialog über die Kulturen hinweg zu festigen.

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Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
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Eintritt: Abendkasse 25 € / 22 € (ermäßigt) / 10 € (Schüler*innen & Studierende)

Mit freundlicher Unterstützung:
POMPE OPTIC
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Bildrechte Nguyên Lê: Uli Fild

Interview mit Daniel Erdmann

Ludwig XIV., de Gaulle und Napoléon jazzen

Das Trio „Das Kapital“ des Ex-Braunschweiger Saxofonisten Daniel Erdmann präsentiert seine neue CD „Vive La France!“

„Das Kapital“ nennt sich das renommierte Jazz-Trio um den Ex-Braunschweiger Saxofonisten Daniel Erdmann. „Das Kapital“? Welches? Marxens Opus Magnum oder was? Das Trio stellt demnächst im Braunschweiger LOT seine neue Produktion vor. Titel: „Vive la France!“. Weshalb? Was steckt dahinter? Klaus Gohlke beseitigt im Gespräch mit Erdmann alle Unklarheiten.

Die neue CD von „Das Kapital“ heißt „Vive la France!“ Dabei posiert das Trio auf dem Cover-Foto verkleidet als Ludwig XIV., Napoléon und Charles de Gaulle. Ist das eine politische Aussage?

Wir sind drei europäische Musiker, die in Frankreich leben, es ist eine Hommage an die Musik unseres Heimatlandes. Wir verpacken das ganze aber auf unsere Weise, etwas provokant, sicher aber eher lustig gemeint.

Die Musik scheint ein Gang durch die französische Musikgeschichte zu sein, vom 16.Jh.bis zur Gegenwart. Warum diese Art Wanderung durch die Jahrhunderte? Und – wie sind Sie auf diese Auswahl gekommen?

Wir wollten wirklich die volle Bandbreite zeigen und ein abwechslungsreiches Programm präsentieren. Jeder von uns hat Vorschläge eingebracht, und wir haben dann die Stücke aufgenommen, mit denen alle einverstanden waren.

Sie spielen ja Instrumentalmusik. Bei den Chanson-und Pop-Referenzen fehlt somit der Text. Geht damit nicht Entscheidendes bei den Interpretationen verloren?

Ich finde, dass der Sinn der Texte oft sehr stark musikalisch umgesetzt ist, und wir haben versucht, das noch mehr herauszuarbeiten.

„Das Kapital“ ist ein Jazz-Trio. Wie kommt der Jazz in diese Kompositionen?

Wir spielen eigentlich die Melodien ziemlich genau wie im Original, allerdings mit den Stilmitteln des Jazz. Aber wir versuchen, dem Original gerecht zu werden. Das Trio hat auch eine eigene Art zu spielen entwickelt, etwas zwischen den Stilen, eine akustische Musik ohne Grenzen.

Können Sie kurz die französische Jazzszene charakterisieren? Gibt es signifikante Unterschiede zu Deutschland?

Meiner Meinung nach gibt es in Frankreich verschiedene Jazzszenen, die sich jetzt langsam anfangen zu mischen. Ich denke, das Leben als Musiker ist in Frankreich etwas anders, weil das System anders funktioniert. Kurz gesagt, ist man dort generell als Künstler mehr in staatliche Systeme eingebunden.

Geboren sind Sie in Wolfsburg. Haben Sie noch einen Bezug zu dieser Region?

Ich bin ja in Braunschweig aufgewachsen. Ich habe hier keine Familie mehr, aber kürzlich war ich für einen Tag zu Besuch in der Stadt und habe Orte der Vergangenheit besucht. Das war sehr schön, denn mir ist da aufgefallen, dass ich in einer tollen Stadt aufgewachsen bin. Der Tag begann im Heidberg, wo ich in der Raabeschule war, und endete bei Bolle in der Bassgeige. Also freue ich mich umso mehr auf das Konzert in der alten Heimat!

Klaus Gohlke

Das Kapital

LOT-Theater, Kaffeetwete 4a, 38100 Braunschweig

*** Konzertbeginn im LOT-Theater ist künftig bereits um 19:00 Uhr ***

Daniel Erdmann, Tenorsaxophon
Hasse Poulsen, Gitarre
Edward Perraud, Schlagzeug

Beitragsbild„Das Kapital“ präsentiert bei uns die Musik seines aktuellen Projekts „Vive la France“- und das sehr eigenwillig: Wann haben Sie zum letzten Mal „La mer“ oder „Ne me quitte pas“ gehört? Patrick Hernandez’ Disco-Knaller „Born To Be Alive“ oder „Comme d’habitude“, die französische Vorlage zu Sinatras Ego-Hymne „My Way“? Die erste „Gymnopedie“ von Impressionismus-Ikone Satie oder Stücke aus Renaissance und Barock, etwa von Lully? Egal, wie lange es her sein mag, so wie hier waren diese „Hits“ aus rund 430 Jahren Musikgeschichte noch nie zu erleben. Das Kapital, weithin gefeiert als versiertes Jazztrio mit charakteristischem Ausdruck, transzendiert die höchst unterschiedlichen Vorlagen in seinen eigenen Kosmos. Mit hintersinnigem Witz schneidert die Band den Stücken ein hinreißend neues Klanggewand, das ursprüngliche Genrezugehörigkeiten vergessen lässt oder gar absichtsvoll konterkariert. Etwa wenn das ehemals hedonistische „Born To Be Alive“ unvermittelt Blues-Züge annimmt oder „Vertigo“, 1746 von Joseph-Nicolas-Pancrace Royer geschrieben, plötzlich zu rattern beginnt wie eine Punkjazz-Parodie.

Bekannt wurde die 2002 gegründete pan-europäische Band der Individualisten mit eigenwilligen Eisler-Interpretationen. Auf zwei Alben transferierten Erdmann, Poulsen und Perraud 2009 und 2011 Songs des legendären Komponisten Hanns Eisler ins Jazz-Idiom. Für ihren ironischen Biss auf „Ballads & Barriades“ wurde die Band mit dem Jahrespreis der deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet. Auch bei ihren folgenden Studio-Produktionen, zuletzt Ende 2015 „Kind Of Red“ mit durchweg eigenen Kompositionen, ließen die meinungsfreudigen, vielfach preisgekrönten Virtuosen ihre politische Haltung durchschimmern. Natürlich beziehen sie sich dabei auch auf Traditionslinien des freien Jazz. Man denke nur an jene Musiker in den Vereinigten Staaten, die einst der afro-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung nahe standen. Oder an die europäische Freejazz-Bewegung der späten Sechziger.

Inhaltlich erweist „Das Kapital“ nun der populären Musik seiner ersten respektive zweiten Heimat Referenz. Edward Perraud wurde in Nantes geboren, der in Wolfsburg geborene Berliner Daniel Erdmann ist schon länger überwiegend in Reims ansässig und der Däne Hasse Poulson lebt, nach Boston und Kopenhagen, seit Jahren in Paris. „Der Titel der Platte ist natürlich ironisch gemeint. Es ist doch total absurd, dass Nationalisten jetzt an vielen Orten wieder stärker werden“, sagt Daniel Erdmann. „Manche der Stücke, die wir eingespielt haben, mögen zum nationalen Kulturgut Frankreichs gehören, aber sie sind sicher kein Soundtrack zu Patriotismus.“

Ein zentrales Element der Musik von „Das Kapital“ ist Sound. Erdmanns Tenorsaxophon fesselt durch sein warmes, tiefgründiges Timbre, eine latente, eruptive Energie und pointiert angerauten Ausdruck. Perraud weiß dank klassischer Schlagwerkausbildung, wie man neben rhythmischen auch klingende Akzente setzt. Poulsen spielt filigrane, gezupfte Motive auf der akustischen Gitarre, streicht flirrende Töne mit dem Geigenbogen, entlockt der E-Gitarre harsche Riffs oder greift zur Mandoline. Das Trio kennt keine Tabus, wechselt von melodischen zu abstrakten Passagen, vereint Stilmittel unterschiedlicher Genres. Was aber am wichtigsten ist: alle hören einander zu, gehen auf Ideen der anderen ein. So entsteht eine wunderbare Transparenz und gleichzeitig seltene atmosphärische Dichte, die live (in ausgedehnteren Improvisationen) umso spektakulärer wirken kann.

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Bildrechte Das Kapital: Das Kapital

Nachruf auf Norbert “Bolle” Bolz

Ein letzter Blues

70jährig verstarb vorgestern die Lichtgestalt der Braunschweiger Jazzszene Norbert „Bolle“ Bolz

Die Nachricht verbreitete sich nicht nur in Jazzkreisen in Windeseile: „Bolle ist tot!“ Kaum vorstellbar: Norbert Bolz, wie er eigentlich hieß, diese Personifikation des Jazz in Braunschweig, ist nicht mehr. Dieser Urtyp, der so gar nichts von sich hermachte! Graugescheckter Bart, altersgemäß ausgedünnter Haarwuchs, fransig, aber immer noch lang hängend, scharfer Brillenblick unter kritisch gefältelter Stirn, gern kariert gehemdet, so stand er hinter der Theke. Spröde im Umgang oft, aber, war das Eis dann gebrochen – was für ein gesprächiger Mann! Und welch phänomenales Gedächtnis, was Menschen, Orte, Musik betraf!

Bolle, das ist für die meisten die Braunschweiger „Bassgeige“. Für Musiker wie Szenegänger immer noch eine Kultstätte. Seit über vierzig Jahren ist dieses Lokal „eine Topadresse des hart swingenden Jazz mit amerikanischen, europäischen und natürlich deutschen Musikern!“, wie Thomas Geese, Kenner der Szene, urteilt. Eine Kneipe urigen Eigensinns, ein Bolle-Spiegelbild, wenn man es recht besieht.

„Jazz“, sagte er im Gespräch, „der lebt nur, wenn er gespielt wird. Der lebt in Clubs! Aber – das braucht auch jemandem, der dafür brennt!“ In der Tat, für Blues und dann vor allem für den Jazz hat dieser Mann immer gebrannt. Als er, der gelernte Schriftsetzer, später sein Studium als Zapfer in der Braunschweiger Szenekneipe „Dreampipe“ finanzierte, entwickelte er seinen Traum von einer eigenen an die große Tradition der US-amerikanischen Clubs anknüpfenden Spielstätte.

Und so entwickelte er eine Art Blues-und Jazz-Netzwerk. Lockte Blueslegenden und internationale Jazzgrößen in seine „Bassgeige“, die zugleich immer auch der Brennpunkt für die regionale-, lokale- und Session-Szene war. Und obwohl der Laden auftrittstechnisch und akustisch eher wie ein Problemfall wirkte, sahen die Musiker und Fans das ganz anders. Bolle und die „Bassgeige“ gleich Kult. „Es geht nicht um Kohle, es geht um die Mucke, verstehst du?“ Das war die Leitlinie. Deshalb Raucherkneipe, sparsame Möblierung. Gab’s keine Live-Mucke, legte er selbst auf. Vinyl selbstverständlich. Mehr als 7000 Scheiben hatte er angesammelt. „Das wird alles gepflegt hier, muss alles so bleiben, wird nichts verändert!“, war seine Devise für mehr als vierzig Jahre.

Das hatte etwas, war aber völlig konträr zu neueren Club-und Musikentwicklungen. Bolle stemmte sich gegen den Zeitgeist, was viel Idealismus und vor allem viel Kraft verlangte. Und so stemmte er sich auch gegen seine schwere Erkrankung. „Ich mache hier weiter, bis ich tot umfalle!“, sagte er trotzig vor zwei Jahren im Gespräch. Mit Hilfe seiner Freunde und vor allem seiner Lebensgefährtin, Karin Schlesiger, erlebte er seinen 70. Geburtstag noch in seinem Lebensmittelpunkt, der „Bassgeige“. Welch ein Verlust ! Was aus der Kultstätte wird, ist mehr als ungewiss.

Klaus Gohlke

Interview mit Angelika Niescier

Diversität bereichert den Jazz

Das Gleichstellungsproblem im Jazz aus der Sicht der engagierten Saxofonistin Angelika Niescier

Jazz sei nicht tot, meinte Frank Zappa einst, er röche nur komisch. Wenn man auch nur oberflächlich schaut, wer denn den Ton in diesem Genre angibt, dem kann es schon gewaltig stinken. Eine Männerdomäne nach wie vor. Symposien, Panels, Podiumsdiskussionen beschreiben das Gleichstellungsproblem detailliert. Was aber ist praktisch zu tun? Fragen wir dazu Angelika Niescier, renommierte Jazz-Saxofonistin und in Sachen Gleichstellung engagiert, die demnächst auch in Braunschweig mit ihrem italienischen Trio auftritt.

Frau Niescier, die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, sagte in Bezug auf die Genderdebatte: „Wenn sich die Kultur als die Avantgarde der Gesellschaft verstehen möchte, müsste sie auch in diesem Punkt voranschreiten!“

Abgesehen von der Frage: „Was ist eigentlich Avantgarde?“, muss ich dazu bemerken: Wenn es ein Grundzug dieser Gesellschaft ist, dass Mann und Frau in vielen Bereichen nicht gleichgestellt sind, wieso soll das gerade in der Kunst, beim Jazz anders sein? Jazz ist Teil dieser Gesellschaft, insofern spiegelt er auch deren Probleme wider.

Wenn bei 24 in Braunschweig beobachteten Jazzkonzerten 75 Männer und nur 6 Frauen auftraten, kann ich Ihnen nur zustimmen.

Das Ganze ist jetzt zum Glück wieder im Fluss. Zurzeit beschäftigen sich auch Musiker*innen intensiv mit dem Thema und versuchen die Strukturen zu verändern.

Es gibt bei Veranstaltern Überlegungen zur Einführung von Quoten.

Die Debatte um Quote ist nötig, um auf die Schieflage in der Präsentation aufmerksam zu machen. Es bleibt aber ein Werkzeug. Viel wichtiger ist es, das Mindset weiterzuentwickeln und endlich zu kapieren, dass Diversität, in welchem Bereich auch immer, bereichert. Die Durchführung ist dann die einfachere Aufgabe.

Was kann das denn praktisch heißen für die Konzertveranstalter vor Ort?

Der Veranstalter hat dafür zu sorgen, unterschiedlichen Stimmen, die am musikalischen Diskurs beteiligt sind, Gehör zu verschaffen. Das bedeutet im Einzelnen, die eigenen stereotypen Entscheidungsgewohnheiten zu hinterfragen; sich umzuhören, den Horizont zu erweitern. Je mehr Veranstalter*innen und Musiker*innen sich an diesem Diskurs beteiligen, desto diverser wird das Bild der Musik. Das hat natürlich einen Rückkoppelungseffekt auf die Gesellschaft.

Können Veranstalter von ihrer Seite her Hilfen erhalten?

Ja, wir sind dabei, Netzwerke aufzubauen. Wichtig ist vor allem, dass Frauen auf der Bühne stehen. Dass sie sichtbar sind. Außerdem: Warum werden wir Frauen eigentlich immer zu diesem Thema befragt und nicht bzw. kaum die Männer? Ich will darüber reden, welche Art von Musik ich hier mit meinem Trio spielen werde. Welche Einflüsse sie widerspiegelt, wie Diversität sich in ihr ausdrückt und entwickelt. Nicht darüber, welches Geschlecht, welche Hautfarbe und dergleichen eine Rolle spielt.

Interview: Klaus Gohlke

Kritik zu Angelika Niescier Trio „NOW“

Absolute Hingabe an die Sache, höchste Professionalität

Das Angelika Niescier Trio „NOW“ demonstriert überzeugend, was es heißt, gegenwärtigen Jazz zu spielen

Ohne Umschweife: Das war ein herausragendes Konzert, das das Angelika Niescier Trio „NOW“ am Freitagabend im Roten Saal ablieferte. Allein die Besetzung machte neugierig. Wie geht das zusammen – zwei Melodieinstrumente? Insbesondere das Akkordeon als Jazzinstrument – das ist nicht gänzlich neu, aber es hat doch eine Art Geschmäckle. Zumindest das Odium des Weltmusikalischen (was immer das auch sein soll) haftet ihm an, wenn nicht gar des Heimatabends. Wie geht das mit einer Angelika Niescier zusammen, die doch überhaupt gar nicht für ein musikalisches Walla-la-weia steht?

Nun, das ging ganz hervorragend, und zwar ganz einfach deshalb, weil das Trio Gegenwarts-Jazz spielt. Was hier meint: Jazz, der offen für alle Einflüsse ist, ohne beliebig zu werden. Der sich seiner Traditionen bewusst ist und die Grenzen zur Musik der Moderne selbstbewusst überschreitet.

Niescier, gewissermaßen von Natur aus eher heftig sprudelnder Quell denn breiter dahin fließender Fluss, zeigte dabei ein schier unerschöpfliches Repertoire musikalischer Ausdrucksmittel gepaart mit stupender instrumenteller Fertigkeit. Greifen manche Musiker beim improvisatorischen Suchen gern auf repetitive Muster zurück, bei ihr findet man das nicht. Wer mit ihrer Ideenproduktion mithalten will, muss schon sehr früh aufstehen.

Für Simone Zanchini am Akkordeon aber kein Problem. Gut, er spielt ein elektrifiziertes Instrument, aber warum soll diese technische Möglichkeit der Gitarre etwa vorbehalten sein? Und weil es gewissermaßen semi-akustisch ist, kann es auf Volkstümliches evozieren und es sofort auch transzendieren. Zanchini verfügt ebenfalls über ein komplexes musikalisches Repertoire. Er musiziert mit Niescier auf Augenhöhe. Und so vermögen sie zu monologisieren, zu dialogisieren, dass dem Publikum beinah schwindelig wird.

Darunter, dahinter, wie auch immer, liegt der alles erdende Bass. Es ist harte Arbeit, die rhythmisch komplexen und sich dauernd verändernden Kompositionen zu grundieren, zumal, wenn da der Anspruch besteht, nicht zu simplifizieren. Es geht mitnichten darum, irgendwelche ostinate Ausdauer zu demonstrieren. Stefano Senni, schafft den Raum, den seine Mitspieler benötigen, sich zu entfalten. Seine Soli zeigen, dass er dem Powerplay seiner Mitspieler durchaus Paroli bieten kann.

Insgesamt ist das Interplay beeindruckend. Natürlich – das Trio hat große Spielerfahrung, Man kennt sich schon lange. Aber es geht ja um mehr: nämlich ums Aufeinander-Hören, um Ideen-, um Impulsverarbeitung, um Einfühlung. Zwischenmenschlich und thematisch. Auch wenn man die Musik nicht immer zugänglich finden mag: Allein wegen der oben beschriebenen Aspekte gebührt den drei Musiker*innen großer Respekt.

NOWs Musik ist gegenwärtig. Sie erstickt nicht mit Abstraktionen, biedert sich nicht an. Vielmehr erlaubt sie beim Zuhören eigenes Assoziieren. Die mitunter metrische Vertracktheit, der Wechsel der Rhythmen, des Tempos lässt an Musik des Balkans denken. Die schnellen Harmoniewechsel, deren Erweiterungen und Brechungen erinnern fast an Bebop-Zeiten. Die feinen Melodielinien dazwischen wirken wie das Aufscheinen allerdings kaum zuordbarer Musik. Tonalitäten werden verwischt, es gibt abstrakte Klangcollagen und Effekte. Sakrale Orgelmusik erklingt. Es ist Musik, die ein Nachdenken über Existenzielles widerspiegelt bzw. dazu motiviert. Und schließlich und wahrlich: Nicht zuletzt ist die Musik politisch, wenn man an das „Tribute to Guiseppe Pinelli“ denkt oder aber an die Bezüge zur syrischen Kampfzone um Latakia und die Demokratieprobleme hier im türkischen Kontext. Kunst als Kind oder Mutter der Freiheit?! Vieles konnte einem da durch den Kopf gehen, wenn man wollte.

Und dann nach dem Konzert noch ein Ohr für die Begeisterten zu haben, vor allem wenn man bedenkt, unter welch völlig inakzeptablem zeitlichem Anreisestress die drei standen: das ist mehr, als man erwarten kann. Anders ausgedrückt: absolute Hingabe an die Sache, höchste Professionalität. Begeisterung allüberall.

Klaus Gohlke

Angelika Niescier Trio “NOW”

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Angelika Niescier – Saxophon
Simone Zanchini – Akkordeon
Stefano Senni – Kontrabass

BeitragsbildAngelika Niescier ist seit langem eine der aufregendsten Stimmen im deutsche Jazz. 2010 mit dem deutschen Musikpreis ECHO ausgezeichnet, ist sie eine der wenigen, die auch im Mutterland des Jazz, den USA, auf Interesse stoßen. 2017 bekam sie den renommierten Albert-Mangelsdorff-Preis. Die Saxophonistin ist eine Virtuosin mit einem wandlungsfähigen, beweglichen Ton, quicklebendig, überschäumend und einfallsreich. Stilsicher wechselt sie zwischen freier Improvisation und zeitgenössischer Komposition. Als Komponistin entwirft sie detailversessen, farbenfroh und konsequent hochgradig komplexe musikalische Räderwerke.

Das Trio mit den beiden italienischen Kollegen, mit dem sie nun NOW vorstellt, ist einem glücklichen Zufall geschuldet: Ein Kompositionsauftrag für das „Südtirol Jazzfestival Alto Adige“ brachte Angelika Niescier im Juli 2012 mit Stefano Senni und Simone Zanchini zusammen, die sie sich für diesen Anlass erwählt hatte: „Das war von Anfang an aufregend“, erinnert sie sich an die erste Begegnung bei Bozen. Simone und Stefano seien „sehr entspannt und doch hochkonzentriert“ gewesen. Entsprechend war das Konzert. Und entsprechend war auch der Drang, sich „noch weiter in den in das Projekt hinein zu begeben und dem Konzert eine CD-Produktion folgen zu lassen: NOW.

Stefano Senni legt am Bass die unerschütterliche Basis, während Akkordeonist Zanchini mal tangoartig melancholisch, mal rasend schnell zusammen mit Angelika Niescier das Spektrum zwischen folkloristischen Elementen, swingendem Jazz und Avantgarde auslotet – überaus unterhaltsam, spannend, originell, modern und traditionsbewusst.

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Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
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Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 10 € (Schüler*innen & Studierende)

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Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Bildrechte Angelika Niescier Trio: Arne Reimer

Interview mit Lucia Cadotsch

Songs meines Lebens
Lucia Cadotsch im Gespräch mit Klaus Gohlke

Wäre sie Teil der Popwelt, dann hieße man sie vielleicht „Star“. Glänzende Kritiken, Echo-Trägerin, Top-Ranking in den Fach-Charts, internationale Auftritte. Und dann im kommenden Januar in der Elbphilharmonie, aber vorher, am kommenden Freitag, im Braunschweiger Schloss!
Lucia Cadotsch, in Berlin lebende Schweizerin, aber singt Jazz, nicht Pop. Es verbieten sich also Fragen danach, wie es sich denn so lebt als internationaler Star. Da fragt man besser Anderes.

Irgendjemand nannte dich „die neue Hoffnung des Jazz“. Wie beurteilst du so eine Äußerung?

Wie soll ich das beurteilen, das liest man doch jede Woche über einen Künstler!

Auf deinem Album „Speak Low“ stammen 6 von 10 Songs von der legendären Billie Holiday. Kann man da von einem Billie-Holiday-Tribute sprechen ?

Billie Holiday war eine große Inspiration für mich als Sängerin. Deshalb tauchen ihre Songs natürlich in meinem Song-Book auf. Aber auch die Interpretationen von Nina Simone waren für unsere Arrangements eine wichtige Quelle. Sowie Ahmad Jamal, Kurt Weill, Henry Mancini, …

Große Namen, große Songs. Hattest du nicht Angst zu scheitern?

Ehrlich gesagt, ist mir erst bewusst geworden, dass das Album eine Track-Liste mit fast ausschließlich berühmten Songs trägt, als ich das Albumcover gestaltet habe. Bei der Auswahl des Repertoires ging es mir nicht darum berühmte Songs zu interpretieren, sondern Songs, die mich über Jahre begleitet haben und in verschiedenen Phasen meines Lebens zu mir sprachen, Songs die nach 50 – 100 Jahren immer noch aktuell sind. Aus irgendeinem Grund sind sie ja berühmt geworden…

Du wirst von einem Saxofonisten und einem Bassisten begleitet. Kein Harmonieinstrument, kein Schlagzeug. Warum gerade diese Besetzung?

Ich habe lange nach einem Weg gesucht, diese Songs, die mir sehr am Herzen liegen in einer Form zu interpretieren, die die Tradition zitiert und zeitgemäß ist. Auf dieser Suche bin ich auf Petter Eldh und Otis Sandsjö gestoßen. Wir haben uns vom ersten gemeinsamen Ton an verstanden. „Don’t Explain“ war der erste Song, den wir gespielt haben und alles war klar, es ging sofort eine gemeinsame Reise los, ohne Worte haben wir verstanden, wohin es gemeinsam gehen soll. Vielmehr als um die besondere und selten gehörte Instrumentierung geht es auch um unsere drei Charaktere, die zusammengetroffen sind und eine Energie freigesetzt haben.

Was ist das Spezifische an Otis Begleitung, was an Petter’s Spiel?

Sie klingen wie niemand anderes, kreative Spieler, die stets nach neuen Wegen suchen.

Wie bist du auf die Arrangements gekommen?

Wir haben sie zu dritt gemeinsam im Proberaum und direkt an unseren jeweiligen Instrumenten entwickelt. Das macht diese Arbeit für mich einzigartig, die Musik würde komplett anders klingen würde, wäre es eine andere Formation, bzw. andere Musiker. Wir haben uns die Arrangements quasi auf den Leib geschnitten. Außerdem sind die Arrangements voller versteckter Zitate aus unterschiedlichen Aufnahmen, die wir zu einem neuen Mosaik zusammengebaut haben.

Wie geht es weiter mit dem Trio? Reizt der Erfolg mit „Speak Low“ zur Fortsetzung des Konzepts?

Wir haben in den letzten drei Jahren sehr viele Konzerte im Trio und mit Gastmusikern wie Kit Downes, Julian Sartorius, Lucy Railton spielen können. Auf diesen Reisen konnten wir unsere Arbeit verfeinern und unser Repertoire laufend erweitert. Im Februar 2019 werden wir ins Studio gehen, um ein neues Album aufzunehmen.

Bist du jetzt etabliert als Sängerin, stehen dir Tür und Tor offen?

Die Reise geht kontinuierlich weiter, wer weiß wohin. Manche Türen gehen auf, andere zu. Es gibt keine Sicherheit in diesem Beruf.

Lucia Cadotsch “Speak Low” Trio

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Lucia Cadotsch – Gesang
Petter Eldh – Bass
Otis Sandsjö – Tenorsaxophon

BeitragsbildSPEAK LOW: Sängerin Lucia Cadotsch hat sich mit diesem Album einen langjährigen Wunsch erfüllt. Gemeinsam mit Petter Eldh am Kontrabass und Otis Sandsjö am Tenorsaxophon singt sie eine berückend schöne Sammlung von modernen Traditionals, wie Gloomy Sunday, Strange Fruit und Moon River. Die Musik dieses Albums stellt das Trio um die Sängerin aus der Schweiz live in Braunschweig vor.

„Speak Low“ bedeutete 2016 für Lucia Cadotsch den internationalen Durchbruch. Die Reaktionen der Presse sind euphorisch: maximale Punktzahl im englischen Guardian, maximale Punktzahl im renommierten Downbeat Magazine und 2017 der ECHO Jazz als Sängerin des Jahres. Die Kritiken überschlagen sich, die ZEIT attestiert ihr die „Wiederbelebung des Jazz-Gesangs“, der Guardian lobt eine Stimme mit der „Klarheit einer klassischen Sängerin und der Einfachheit einer Folk-Sängerin“. Es folgten Festivalauftritte beim Jazzfest Berlin, Vortex London, Moods Zürich und vielen anderen. 2018 ist gefüllt mit Konzerten an den ersten Adressen des Jazz.

Wenn Lucia Cadotsch erzählt, fällt ein Wort besonders häufig: Suchen. Lange Jahre hat sie nach den richtigen Musikern und noch länger nach dem richtigen Sound gespürt. „Nina Simone und Billie Holiday, ihre Art Songs zu interpretieren und zeitlos zu halten, haben mich dazu gebracht, diese Platte zu machen”, sagt Lucia. Dass ihre Wahl auf den Kontrabassisten Petter Eldh und den Tenorsaxophonisten Otis Sandsjö fiel, war großes Glück, aber kein Zufall. Mit Petter Eldh hatte sie bereits bei „Schneeweiss + Rosenrot“ zusammengespielt. Der schwedische Bassist und sein Landsmann Otis sind beide keine Unbekannten im Jazz. Petter spielt etwa beim Django Bates Trio, AMOK AMOR und zahlreichen anderen Formationen. Er veröffentlicht sehr rege, inzwischen auch auf seinem eigenen Label (Galatea Records) und spielt jährlich über 150 Konzerte auf internationalen Bühnen.

Otis Sandsjö, Mitglied der Bands Farvel und Gothenburg Gadjos ist dabei, sich durch sein außergewöhnliches Spiel einen großen Namen in der Szene zu machen. Er spielt außerordentlich ideenreich, beherrscht die Zirkularatmung und erzeugt überraschende Effekte.

Das ist moderner Jazz, der auf Tradition gründet und in unerwartete Richtungen geht – erdig, swingend, originell.

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Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 10 € (Schüler*innen & Studierende)

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Bildrechte Lucia Cadotsch “Speak Low” Trio: Michael Jungblut

Otto Wolters – eine Würdigung

Jazz als Lebensgefühl

Der Braunschweiger Jazz-Piano-Lehrer Otto Wolters begeht seinen 80.Geburtstag

Man nennt ihn eine Braunschweiger Institution, gerne auch Urgestein. Manche reden ihn mit „Herr Wolters“ an, andere sprechen von Piano Wolters. Meist aber Otto, Jazz-Otto. Otto Wolters hat Geburtstag, den 80. Da wird festlich gesprochen und geschrieben. Otto zieht die Augenbrauen hoch und meint: „Wenn man für sein Lebenswerk gewürdigt wird, dann ist man ja doch ziemlich alt. Das ist Abschluss, viel Blick nach vorn ist da nicht. Also eher Anlass zu Melancholie – oder?“

Wo er Recht hat, hat er Recht. Aber doch: Einspruch. Melancholie ja, aber nicht etwa Traurigkeit. Das wäre nun absolut nicht angesagt zu so einem Ehrentag. Eher ein Blick zurück voller Zufriedenheit, auch Stolz, wenn man das Wort noch mag. Darüber oder darunter freilich eine gewisse Patina, eine Eintrübung, da muss man nicht drum herum reden.

Otto Wolters hat den Jazz in Braunschweig heimisch gemacht. Einmal als Praktiker mit seinem Trio. Dann aber als Mitbegründer der Braunschweiger Musikerinitiative. Die Großen der improvisierten Musik lockte er mit seinem Team nach Braunschweig. Pat Metheny etwa, Shooting Star aus den USA. Die Avantgarde aus Deutschland: Albert Mangelsdorff, Joachim Kühn. „Jazz im Lindenhof“ wurde kreiert, kein Braunschweiger „Village Vanguard“, aber durchaus Kult. Und legendär das „Nachglühen“ bei den Sessions nach den Konzerten. Bei Bolle in der Bassgeige.

Ein Quantensprung dann 1985. An der Städtischen Musikschule Braunschweig konnte man wohl Klavierunterricht nehmen. Aber nur “klassisch“, wie man so sagt. Otto konnte klassisch, aber eben viel lieber jazzig. „Die damalige Musikschulleitung hat weitsichtig erkannt, dass es gut wäre, Otto Wolters Jazz-Klavier unterrichten zu lassen und eröffnete einen entsprechenden Studiengang. Die erste ganze Stelle dafür in Niedersachsen!“, wie Wolters‘ Kollege, Jürgen Niemann, zu berichten weiß. „Beinahe zwanzig Jahre war er Lehrer an unserer Musikschule. Ein ausgesprochen beliebter Lehrer sowohl im Kollegium als auch bei den Lernenden!“, urteilt Kulturamtsleiterin Frau Dr. Anja Hesse.

Man könnte nun Vieles aufzählen. Wo Otto Wolters wann mit wem spielte, regional, national, international. Natürlich sollte nicht unerwähnt bleiben, dass er für das Goethe-Institut unterwegs war. Mit Hans-Christian Wille zusammen das Crossover-Projekt „Jazz&Klassik“ veranstaltete, Schallplatten einspielte und vieles andere mehr für den Jazz und als Jazzer tat.

Seine ehemaligen Schülerinnen und Schüler, heute gestandene Musiker und Stadt-, in zwei Fällen sogar dem Jazz-Erdkreis bekannt, erwähnen das alles nicht. Anderes ist für sie erwähnenswert, wie ein Rundruf ergab.

Hans Christian Hasse, Piano-Dozent an der TU Braunschweig, hebt Wolters‘ Ansehen, seine Beliebtheit und vor allem seine pädagogische Erfahrung hervor. Was unser „Piano-Doc“ Jan Behrens mit dem Satz „Er hat mich durch meine pubertäre Faulheit hin zu einem absolvierten Jazzklavierstudium gebracht!“ veranschaulicht. Ulrike Moormann, praktizierende Jazzerin, die erst spät bei Wolters den musikalischen Feinschliff erarbeite, empfand zunächst „Bewunderung und Respekt vor dieser großen Persönlichkeit“, vermutete eine gewisse Unnahbarkeit. Um dann festzustellen: „Nach der ersten Stunde war mir allerdings klar: ein ganz normaler Mensch im wahren positiven Sinn!“ Auch Jazz-Ini-Kollege Thomas Geese hebt diesen Zug hervor und unterstreicht: „Otto holte sachlich und besonnen die idealistischen Enthusiasten immer wieder auf der Boden der Realität zurück.“

Wesentlich an Otto Wolters‘ Pianounterricht muss dabei wohl gewesen sein, dass er eben nicht nur Jazz staubtrocken und schematisch lehrte, sondern undogmatisch vorging. Sven Waida, Braunschweiger Jazzer und Liederbuch-Autor betont: “Er ging auf mich in meiner Art ein und gab meiner Kreativität Entfaltungsmöglichkeiten!“ Was unser Allround-Talent Jan-Heie Erchinger mit einem anderen Detail würzt: „Er hat mich gleichzeitig mit abgefahrenen Geschichten aus der real existierenden Jazzmusiker-Welt inspiriert.“

Aber es müssen nicht immer Pianisten aus Wolters‘ Jazzlehre hervorgegangen sein. Der Groß-Schwülperaner Nils Wogram ist mittlerweile einer der bekanntesten Jazzposaunisten weltweit. Ihm hat Wolters die wichtigsten Akkorde, die Voicings, vermittelt. Wogram resumiert: „Musiker wie Otto Wolters sind Gold wert für die Szene. Er konnte wirklich vermitteln, wie Jazz gespielt werden muss und was es bedeutet, Jazzmusiker zu sein, für den Jazz zu leben. Dieses Gefühl hat mich beflügelt und mir geholfen, meinen Weg einzuschlagen!“

Kann man Besseres von Schülerinnen und Schülern hören? Wohl kaum. Man möchte zurufen: „Otto, weg mit den dunklen Seiten der Melancholie. Auch wenn eine schwere Erkrankung dich plötzlich aus der Bahn warf: Lass dich feiern, du hast allen Grund dazu!“

Klaus Gohlke

Am 24.November 2018 20 Uhr werden Braunschweiger Jazzmusikerinnen und -musiker ein Otto-Wolters-Jubilee-Concert im Roten Saal des Schlosses spielen.

Otto Wolters zum 80. Geburtstag – ein Jubiläumskonzert

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Es spielen:

– So What (Jazzcombo der Städtischen Musikschule Braunschweig; Ltg. Bernd Dallmann-Darley)
– Jürgen Niemann & Antje Siefert
– Malte Winter Trio
– Juan Peñalver (Madrid) (Legende von I. Albéniz)
Pause
– Elmar Vibrans & Dietmar Osterburg
– Sven Waida & Tobias Lampe
– Britta Rex & Friends (H. Baldt, H. Römisch) feat. Uli Beckerhoff (trp)

Durch das Konzert führt Matthias Kröninger

Beitragsbild„Otto ist eine Lichtgestalt des Jazz für uns alle, die sich in der Jazzszene bewegen!“, bringt Thomas Geese es auf den Punkt. In der Tat: Jazz ist in Braunschweig ohne den Namen Otto Wolters nicht zu denken. Da ist der Musikpädagoge und Inspirator, der lange Zeit Jazzpiano lehrte. An der Städtischen Musikschule, der Musikhochschule Hannover und später privat. Da ist der Musiker, der national und international in Erscheinung trat. Da ist der Gestalter, der die Musikerinitiative Braunschweig mitbegründete und die Braunschweiger Jazzszene nachhaltig beeinflusste.
Freunde und Bekannte kommen in unterschiedlichen Formationen zusammen, um zu gratulieren und sich zu bedanken.

Eintritt: Abendkasse 10 €

Für dieses Konzert gibt es keinen Vorverkauf. Karten können nur an der Abendkasse erworben werden. Sie können aber Karten per E-Mail an vorstand[at]jazz-braunschweig.de reservieren.

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig
 

Jochen Rückert Quartett
feat. Mark Turner (sax.)

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Jochen Rückert – Schlagzeug
Mark Turner – Saxophone
Lage Lund – Gitarre
Joe Martin – Bass

BeitragsbildJochen Rückert ist einer der wenigen europäischen Jazzmusiker, die sich dauerhaft in der New Yorker Szene durchsetzen konnten. Nun kommt der Schlagzeuger mit seinem amerikanischen Quartett im Rahmen einer Tournee nach Braunschweig. International am bekanntesten ist darin zweifellos der Tenorsaxophonist Mark Turner. Die Initiative Jazz Braunschweig hat Mark Turner mit seiner eigenen Band 2001 vorgestellt.

Jochen Rückert, in Köln geboren, lebt seit 1998 in Brooklyn und blickt auf die Mitwirkung an über 80 Alben zurück. Er ist ein kompletter Musiker, anerkannt als vielseitiger Drummer, als Komponist und als Leiter diverser Formationen. Seit geraumer Zeit besteht sein Quartett mit dem filigranen Gitarristen Lage Lund, dem Bassisten Joe Martin und natürlich Mark Turner, in dem viele einen der besten Tenorsaxofonisten der Gegenwart sehen. Turner ist einer der wenigen bekannten Saxophonisten, die sich in der Spielweise von den großen Vorbildern wie John Coltrane oder Sonny Rollins absetzen. Seine Stilistik ist eher an dem durchdacht strukturierten Zugriff eines Warne Marsh aus der kühlen Schule von Lennie Tristano orientiert.

Die Band ist der Komplexität des Bebop ebenso verpflichtet wie dem Gebot „Es soll swingen!“. Jochen Rückert packt das Publikum nicht nur durch stupende Schlagzeugtechnik, sondern vor allem mit viel Emotionalität. Er besticht als Leader, der klare Linien vorgibt, ohne die Kreativität der Mitspieler zu beschränken. Ein Konzert von souveräner Leichtigkeit, großem Temperament und außerordentlicher Virtuosität ist zu erwarten. Amerikanischer Jazz!

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Bildrechte Jochen Rückert Quartett: Thomas Krueselmann

Ankündigung zu “Jochen Rückert Quartett”

New York: Jazz-Mekka mit Rostflecken

Der deutsch-amerikanische Schlagzeuger Jochen Rückert spricht vor seinem Konzert in Braunschweig über die Bedeutung New Yorks für Jazzmusiker

New York – wer’s hier schafft, schafft es überall, singt Frank Sinatra. Der Platz zum Durchstarten. Jazzmusiker glauben immer noch daran. Wer etwas auf sich hält, geht mindestens einmal für ein Weilchen in die „Welthauptstadt des Jazz“ (Jazzpages). Und wer den Ritterschlag dort erhalten hat, d.h. mit möglichst mehreren der Großjazzer der Stadt gespielt hat, der lässt das werbewirksam durchblicken in seinen Selbstdarstellungen. Manche gehen allerdings noch einen Schritt weiter. Sie verlassen ihr Heimatland und bleiben dort.

So zum Beispiel der Kölner Jazz-Schlagzeuger Jochen Rückert (43), einer der Herausragenden seiner Zunft. Rückert spielt mit seinem Quartett demnächst in Braunschweig. Er ist amerikanischer Staatsbürger mittlerweile. Befragt nach den Gründen, Deutschland zu verlassen und dort zu bleiben, nimmt er kein Blatt vor den Mund.

„Als ich um die 19 Jahre alt war, brachte mir Deutschland musikalisch gesehen nichts mehr. Ich wollte richtigen Jazz spielen und internationaler unterwegs sein. Ich wollte Anregungen von vielen Leuten erhalten, nicht nur von wenigen. Du triffst – und das gilt immer noch – in New York viel mehr sehr unterschiedliche Musiker aus aller Herren Länder. Der Treffpunkt schlechthin!“

Nun, das war vor vielen Jahren. Mittlerweile hat die Globalisierung auch den Jazz erfasst. Hat New York jetzt nicht sein Alleinstellungsmerkmal verloren? Rückert sieht zwar keinen grundsätzlichen Wandel, räumt aber durchaus Veränderungen ein.

“Es hat sich was getan. Klar. Das traditionelle Jazzspiel ist in Deutschland besser geworden. Auch wird der europäische Jazz immer interessanter. Aber du triffst in N.Y. nicht doppelt so viele, sondern 50mal so viele gleichgesinnte Musiker. Und du kannst in den kleinen Clubs und bei Sessions unheimlich viel lernen und Anregungen bekommen. Und zwar täglich. Niveau und Dichte machen N.Y. aus.“

Das klingt gut. Durchaus. Aber eine derartige Dichte guter Musiker bedeutet ja doch auch, dass man sehen muss, wie man da an Jobs kommt. Der Club-Betrieb lahmt auch in N.Y. Und kommen die Musiker aus den Staaten nicht deshalb so gern nach Europa und eben Deutschland, ja, ziehen von dort hierher, weil hier die Auftrittsbedingungen sehr attraktiv sind? Gute Gagen, gute Rahmenbedingungen, ein aufmerksames Publikum.

Rückert räumt ein, dass es schwierig ist, als Berufs-Musiker auszukommen. Auch in N.Y. “Ich kann mich aber nicht beschweren. Ich verdiene genug Geld, ich arbeite allerdings auch wie bescheuert. Nicht nur als Musiker, auch als Lehrer, Booking Agent, Reisebüro für Musiker, Gitarristen-Kindermädchen. Ich publiziere Schlagzeug-Unterrichtsmaterial. Es ist leider auch so, dass das Wohnen schwierig geworden ist. Brooklyn ist so teuer mittlerweile, dass alle entweder weiter raus oder nach Queens, Washington Heights oder in die Bronx ziehen müssen.“

Also, doch vielleicht mal wieder mit Deutschland als Lebenszentrum liebäugeln? „Fuck no!“, kommt es spontan. Und dann erläuternd: „Ich bin verheiratet, hab einen Sohn, eine Wohnung, fühle mich zuhause. Meine Frau spricht nicht deutsch. Außerdem: Ich mache Touren durch Europa, wie jetzt gerade, auch arbeite ich fürs Goethe-Institut. Also guter Draht nach Europa. Ansonsten gibt es hier in N.Y. eine starke „musical immigree community“, d.h. viele musikalische Immigranten mit einem starken Gemeinschaftsgefühl.“

Ein Zurück nach Deutschland ist also kein Thema. Es gibt für Jochen Rückert Wichtigeres, nämlich die Musik. „Ich brauche Musik wie die Luft zum Atmen. In ihr finde ich eine spirituelle Befriedigung. Ist aber kompliziert. Jazz war mal gleichbedeutend mit Grenzüberschreitung. Aber es gibt immer weniger Grenzen. Alle sind schon überquert. Mir fallen jedenfalls im Moment keine unüberschrittenen Grenzen ein. Das ist aber kein Drama. Das, was Jazz ist oder sein kann, ist derart umfangreich, so dass viel zu tun ist. Und wenn du dann ein Publikum mit offenen Ohren hast, entsteht ein wunderbarer Energiefluss. Darum geht es!“

So ein Publikum wird der Meister sicherlich erleben.

Klaus Gohlke

Sound on Screen – Festival Edition

Internationales Filmfest Braunschweig e.V.

Logo

BLUE NOTE RECORDS: BEYOND THE NOTES
Regie: Sophie Huber

Schweiz / USA / Vereinigtes Königreich 2018, 85 Min., OmU

BeitragsbildDas Label „Blue Note Records“ kann auf eine fast 80-jährige Geschichte zurückblicken, in der es die afroamerikanische Musik von Bebop über Soul Jazz bis hin zu Hip Hop geprägt hat. Wie kein anderer steht der Name „Blue Note“ für die Verbindung von künstlerischer Freiheit und Improvisationskunst. Sophie Hubers Doku lädt zu einem abwechslungsreichen Streifzug durch die ereignisreiche Labelhistorie ein und rückt neben dem legendären „Blue Note“ Look & Sound vor allem persönliche Erfahrungen der Künstler in den Vordergrund. Musikalisches Highlight: Das Filmteam darf eine aktuelle Aufnahmesession begleiten und damit einen exklusiven Blick hinter die Kulissen des Labelbetriebs werfen.

Internationales Filmfest Braunschweig e.V. in Kooperation mit Initiative Jazz Braunschweig

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Bildrechte: ©MIRA FILMS
 

Kritik zu “Możdżer Danielsson Fresco Trio”

Jazz zum Wohlfühlen

Das Możdżer-Danielsson-Fresco-Trio zeigt die Farbigkeit der Welt der improvisierten Musik

Eden. Sie denken woran? Natürlich. An den Garten. Friedliche Bilder stellen sich ein, stimmt’s? Zephyr, der mild-segensreiche Windhauch, blühende Landschaft, Friede, Freude, naja – und Adam und Eva – vorm veganen Apfelmahl allerdings.

„Eden“, das war der Opener beim Jazzkonzert des Możdżer-Danielsson-Fresco-Trios am Samstagabend im LOT Braunschweig. Und er schien alle Klischees zu diesem polnischen Ausnahme-Jazzpianisten zu bestätigen. Sehr atmosphärische Musik, Wohlklang und Harmonie, klassisch geschult. Es perlte nur so vor sich hin. Eben zephyrisch. Und der Schwede Lars Danielsson am Bass, später auch Cello, sowie sein israelischer Perkussion-Kollege Zohar Fresco taten nicht das Geringste, diesen seelenfriedlichen Eindruck zu stören. Die Grundtöne der Akkorde wurden fein akzentuiert, später die Melodie tieftönend zärtlich umspielt. Besenreiser streichelten die kleinen und größeren Rahmentrommeln. Für Hardcore-Jazzer musste das wohl der Untergang des Jazz-Abendlandes sein.

Jedoch – es musste genauso klar sein, dass das so nicht weitergehen konnte. Możdżer ist ja nicht der Claydermann des Jazz! Der Abend machte vielmehr deutlich, dass es ihm mit diesem Trio (und überhaupt) eher darum geht, die Farbigkeit der Welt improvisierter Musik aufscheinen zu lassen. Ein Angebot, keine Vorschrift, Gefühle zu erleben.

Und so gab es die Akkordbrechungen, Dissonanzen, Verschiebung der Metren, Tempovariationen, rhythmische Finessen, die klangliche Selbstgefälligkeit nie aufkommen ließ. Ja, bei „Polska“ konnte man das ganze Stück hindurch den Eindruck gewinnen, als spielten die Musiker alle etwas anderes. Am ehesten noch von einem rhythmischen Muster verbunden, ansonsten aber auf seltsame Weise wie um einen Ton daneben.

In der Regel aber gab es diese Ausbrüche ins unvermeidlich Schräge nur phasenweise in den Kompositionen. Das Zuhören hätte man zu einem Ratespiel über die Dramaturgie der Stücke machen können. Wann kommt der Ausflug ins Abstraktere, wann die Rückkehr ins ruhige Fahrwasser? Hätte. Wäre man dann nicht doch immer wieder, wie bei „Incogitor“ oder dem Depeche Mode -Cover „Enjoy the silence“ in eine Stimmung versetzt worden, die Ratespiele ad absurdum führten. Wenige Akkorde nur, starke lyrische Momente bei Bass und Piano, dazu Frescos lautmalende Stimme – ein wiegendes Ein- und Ausatmen, mehr nicht. Und doch absolut kitschfrei.

Das Trio spielt schon lange zusammen. Die fein gesponnene Dynamik und differenzierte Interaktion macht alles Auftrumpfen und Prahlerische unnötig. Begeisternd-ansteckend die immer noch ungemeine Spielfreude der Drei. Improvisierte Musik auf höchstem Niveau.

„Das Highlight des Jahres!“, kommentierten viele Gäste diesen Auftritt, den die Initiative Jazz-BS auch als Gruß an den deutsch-polnischen Kulturverein Braunschweig verstanden wissen wollte, der nunmehr seit 20 Jahren besteht. Fein, dass Leszek Możdżer dann noch geduldig den Signier-und Fotowünschen vor allem der Zuhörer mit polnischen Wurzeln entsprach.

Klaus Gohlke

Możdżer Danielsson Fresco Trio

LOT-Theater, Kaffeetwete 4a, 38100 Braunschweig

Leszek Możdżer – Klavier
Lars Danielsson – Bass, Cello
Zohar Fresco – Perkussion

BeitragsbildDie Initiative Jazz Braunschweig präsentiert mit Leszek Możdżer, Lars Danielsson und Zohar Fresco ein internationales Star-Trio, das seit Jahren Furore macht. Das Konzert könnte unter der Überschrift „Drei Künstler, drei Kulturen, eine Zeit“ stehen.

Polen hat eine große Jazztradition und brachte immer wieder Musiker hervor, die Weltgeltung bekamen. Darunter sind solche Namen wie Michal Urbaniak, Zbigniew Seifert, Krzysztof Komeda oder . Tomasz Stańko. In diese Reihe gehört zweifelsohne auch der Pianist Leszek Możdżer.

Ihn könnte man als musikalischen Impressionisten bezeichnen, als einen Meister im Kreieren von Klangfarben feinster Abstufungen. Die Stärke des schwedischen Bassisten und Cellisten Lars Danielsson besteht darin, diese Klang-und Stimmungsstrukturen je nach Situation transparenter oder komplexer zu konturieren. Zohar Fresco, der israelische Meister der Rahmentrommel, ist derjenige, der mit seinem vielfältigen Schlagwerk gewissermaßen musikalisches Feuer in die polnisch-schwedische Sensitivität bringt. Feuer verstanden als Impulsivität und Strukturbrechung, als unvorhersehbarer, aber absolut notwendiger „Störfaktor“.

Es ist die elegante und subtile Raffinesse, mit der das Trio seit Jahren schon zu begeistern vermag.

Mit diesem Konzert gratuliert die Initiative Jazz Braunschweig. e.V. dem Deutsch-Polnischen Kulturverein Braunschweig e.V. zum 20jährigen Bestehen.

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 25 € / 22 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

David Helbock’s Random/Control

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

David Helbock – Piano, Inside Piano, Electronics, Toypiano, Melodika, Percussion
Johannes Bär – Trompete, Piccolotrompete, Flügelhorn, Sousaphone, Tuba, Alphorn, Beatbox, Didgeridoo, Electronics, Perkussion
Andreas Broger – Sopransaxophon, Tenorsaxophon, Klarinette, Bassklarinette, Flöten, Flügelhorn, Perkussion

BeitragsbildMehr als zwei Dutzend Instrumente auf der Bühne, aber nur drei Musiker: David Helbock beschränkt sich weitgehend auf solche mit Tasten. Dazu die beiden unter anderem am Salzburger Mozarteum ausgebildeten Bläser. Johannes Bär ist fürs Blech zuständig, von Trompete über Bassflügelhorn bis zu hin zu Alphorn und Tuba. Andreas Broger spielt die Holzblasinstrumente: Saxophone, Klarinetten, Flöten.

Für die aktuelle CD, im Mai 2018 beim renommierten Label ACT erschienen, und seine Konzerttournee hat sich David Helbock bei seinen Lieblingsjazzpianisten bedient und deren jeweils bekanntestes Stück originell arrangiert. So erklingen lebendige, groovige neue Versionen von Watermelon Man (Herbie Hancock) oder Bolivia (Cedar Walton), aber auch ruhige, die Seele ansprechende Stücke wie My Song (Keith Jarrett).

Über die Jahre hat sich ein eigenständiger Bandsound entwickelt. Egal, was David Helbock als Ausgangsmaterial wählt, die Band klingt immer wie Random/Control – eine Achterbahnfahrt der Gefühle: Musik fürs Ohr und Spannendes fürs Auge. Oder wie Roland Spiegel vom Bayerischen Rundfunk formulierte:
“Ich halte diesen Musiker mit dem Strickkäppi für einen der besonders aufregenden des jungen Jazz aus Europa. Wenn David Helbock spielt, erlebt man Neues. Und es ist nie verkopfte Musik – sondern eine, die den Kopf und den Körper mitreißt.“

David Helbock begann im Alter von sechs Jahren Klavier zu spielen. 2005 schloss er ein klassisches Konzertfach-Diplom mit Auszeichnung ab. Seit 2000 nahm Helbock zusätzlich Unterricht beim New Yorker Jazzpianisten Peter Madsen.
Helbock ist seit Beginn seiner Laufbahn außerdem als Komponist aktiv. Zu seinen Werken zählt ein großes „Jahreskompositionsprojekt“, bei dem er ein Jahr lang jeden Tag ein neues Stück schrieb. 2010 ist dieses Werk als „My Personal Realbook“ mit über 600 Seiten Musik erschienen.

2014 trat David Helbock als Solist auf Michael Mantlers CD „The Jazzcomposers Orchestra – Update“ in Erscheinung, die bei ECM Records veröffentlicht wurde.
Helbocks Alben als Leader wurden seit 2010 bis 2015 bei Traumton Records veröffentlicht. Seit Mitte 2016 ist Helbock Exklusivkünstler beim Münchner Plattenlabel ACT Music.

2007 und 2010 war Helbock zweiter Preisträger beim weltweit größten Jazzpiano-Solowettbewerb in Montreux und gewann zusätzlich den Publikumspreis.

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Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Öffentliche Versicherung Braunschweig
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Interview mit David Helbock

Keine Angst vor großen Klassikern

David Helbocks „Random/Control“ interpretiert Jazz-Piano-Hits neu

Das österreichische Jazztrio „Random/Control“ des Pianisten David Helbock kennt keine Berührungsängste. Volksmusik, Latin, Bebop – alles kann ins Jazz-Idiom überführt werden. Bei ihrem Auftritt am 22. September 2018 im Roten Saal in Braunschweig geht es diesmal multiinstrumental um Jazz-Piano-Klassiker. Klaus Gohlke mailte mit dem Bandleader über seine Bearbeitung von Standards.

Das Konzert ist „Tour d’Horizon „ überschrieben? Was ist damit gemeint?

Es geht um einen Überblick über meinen musikalischen Horizont. So habe ich Kompositionen von jenen Jazzpianisten und Jazzpianistinnen, die mich bis jetzt am meisten geprägt haben, genommen und für diese ganz spezielle Besetzung arrangiert.

Die Jazzfreunde könnten denken oder argwöhnen, dass ihr da einfach nur ein paar Greatest Hits covert. Warum soll man sich diese Klassiker von euch anhören, statt dem Original zu lauschen?

Diese Band „Random/Control“ gibt es mittlerweile seit über 10 Jahren und wir haben in den letzten Jahren einen ganz eigenständigen Bandsound entwickelt. Es ist zwar ein Trio, aber Andreas Broger spielt alle möglichen Holzblasinstrumente von diversen Saxophonen und Klarinetten bis hin zu Flöten und Johannes Bär ist ebenso ein Multiinstrumentalist auf Blechblasinstrumenten vom Alphorn bis hin zur Trompete oder zum Sousaphon. Dadurch sind aber auch für mich als Arrangeur fast unendlich viele Kombinationsmöglichkeiten denkbar und es entsteht ein ganz eigener Bandsound. Meiner Meinung nach ist dieser Bandsound so was Einzigartiges, dass es fast egal ist, was wir als Ausgangsmaterial nehmen.
Aber schlussendlich klingt es immer nach dieser Band, nach Random/Control.

„Sentimental Mood“ von Ellington, „Watermelon Man“ von Hancock, „My Song“ von Jarrett – hattest du nicht Angst oder Bedenken, dich an solche Klassiker ran zu wagen?

Natürlich hatte ich Bedenken. Mit einem „normalen“ Klaviertrio hätte ich das nie gemacht. Aber mit dieser speziellen Band ist es meiner Meinung nach möglich, auch diese Klassiker, die schon viel zu oft gespielt wurden, von einer neuen Seite zu präsentieren. Ich denke sogar, dass es fürs Publikum sehr spannend ist, alte und bekannte Melodien in so einer neuen und spannenden Besetzung wieder zu entdecken. Auch habe ich als Arrangeur versucht, die Essenz der Stücke zu bewahren, aber doch einen sehr eigenen Weg zu finden, sie zu interpretieren und das fiel mir mit den vielen Kombinationsmöglichkeiten von unterschiedlichen Instrumenten sehr leicht.

Wenn ich eure Instrumentensammlung ansehe, die während des Konzertes zum Einsatz kommt, habe ich den Eindruck, dass das nicht immer sehr ernst zugeht. Täuscht das? Wenn nicht, warum ist dir das wichtig, dem Jazz Humor einzupflanzen?

Es ist sicher wichtig, dass ich bzw. wir auf der Bühne Spaß haben. Sonst könnte ich nicht über 100 Konzerte mit dieser Band spielen. Es ist aber keinesfalls reiner Witz oder Akrobatik, nur um viele Instrumente einzusetzen, sondern das sollte auch musikalisch natürlich Sinn machen. Mir gefällt das Wort „Spielfreude“ besser als Humor. Und ja, es ist mir wichtig, dass wir uns auch gegenseitig immer wieder überraschen, jemand auch mal ein anderes Instrument in die Hand nimmt, als an dieser Stelle ausgemacht und die anderen zwei dadurch wieder darauf reagieren müssen und so jeden Abend doch etwas Neues entsteht.

Jacky Terrasson – Trio

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Jacky Terrasson – Piano
Thomas Bramerie – Bass
Lukmil Perez – Schlagzeug

BeitragsbildJacky Terrasson, so die französische Wochenzeitschrift Telerama, sei ein „Pianist des Glücks“. Mit seiner Improvisationslust, Lebensfreude und Spontanität gelingt es diesem außerordentlichen Pianisten, sein Publikum Mal um Mal aufs Neue zu begeistern.

Jacques-Laurent Terrasson wurde 1965 als Sohn einer Afro-Amerikanerin und eines Franzosen in Berlin geboren. Er wuchs in Paris auf. 1993 gewann Jacky den renommierten Thelonious-Monk-Wettbewerb als talentiertester Jazz-Pianist des Jahres, anschließend ging er mit Betty Carter auf Tournee. Er entschloss sich, nach New York zu ziehen, wo er noch heute lebt. Genau ein Jahr nach seinem Triumph beim Thelonious-Monk-Wettbewerb wurde Jacky Terrasson vom New York Times – Magazin zu einem der „30 Künstler, die das Potenzial haben, die amerikanische Kultur in den nächsten 30 Jahren zu verändern“ gewählt.

Er erhielt einen Vertrag beim legendären US-Plattenlabel Blue Note. Seine drei ersten Aufnahmen für Blue Note in Trio-Formation waren „Jacky Terrasson“, „Reach“ und „Alive“. Es folgten diverse Platten mit Cassandra Wilson, Michael Brecker, Charles Aznavour oder Jimmy Scott, für den er die Musik des Albums „Heaven“ arrangierte. Witz, Raffinesse und Fantasie sind Begriffe, die im Zusammenhang mit Jacky Terrasson immer wieder auftauchen. Offen für die verschiedenen Strömungen des modernen Jazz geht Terrasson seither seinen Weg und erarbeitete sich einen individuellen Stil: subtil, basierend auf brillanter Technik, mit hoher Dynamik und einer scheinbar unerschöpflichen Kreativität.

Das Gespür für Nuancen und dramaturgische Entwicklungen zeichnet auch Jacky Terrassons aktuelles Trio mit dem profilierten Bassisten Thomas Bramerie aus Frankreich und dem kubanischen Schlagzeuger Lukmil Perez aus. Die drei Musiker beherrschen ein Gestaltungsmittel, das seinen Reiz aus dem Überraschungseffekt bezieht: plötzliche oder langsame Veränderungen des Tempos, das Spiel mit der Zeit.

Der „Rough Guide Jazz“ bemerkt über Terrasson: „Seine Auftritte können sehr lustig sein.“ Freuen wir uns auf einen Abend mit dem Trio eines großen internationalen Stars des aktuellen Jazz, auf viel Groove, Swing und Leidenschaft.

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Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
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• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Hoffmann Maschinen- und Apparatebau GmbH
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Kritik zu “Jacky Terrasson – Trio”

Der Herr der Tasten

Jacky Terrasson Trio genießt die Jazzclub – Atmosphäre des Roten Saales im Braunschweiger Schloss

Er ist ein Mann des Sowohl-als auch. Entschieden setzt er sich ans Piano. Klare Gestik gegenüber seinen Mitspielern. Auch verbale Einwürfe, selbst dem Publikum gegenüber, fast herrisch. Andererseits Hip-Shake am Klaviersessel, Lachen, Mitsingen beim Spiel. Animation des Publikums, rhythmische Akzente abfordernd. Man versteht ziemlich gut, warum renommierte Jazz-Ladies wie Betty Carter oder Cassandra Wilson sich seiner Klavier-und Arrangementfähigkeiten bedienen wollten. Was für eine Anschlagskultur, von der derben rechten Pranke bis zum nahezu zärtlichen Tastenstreicheln. Jedes Gefühl, jeder Gedanke findet seinen Ausdruck.

Welch nahezu überbordende musikalische Ideenfülle. Rätselhaft. Gesprächsfetzen in der Pause, nach dem Konzert: „Klar, das war „Funny Valentine!“ Aber was war das dazwischen? Michael Jackson hat er auch eingebaut, „Beat it“! Aber dann? Weiß ich nicht!“ Gospeligen Kadenzen, könnte vielleicht „My Church“ gewesen sein. Melancholische Walzerpassagen, manche tippten auf Chopin. Terrasson war an Quizlösungen nicht interessiert, es gab keine Ansagen dazu, er kreierte einfach.

So ein Mann konnte einfach nicht Sideman bleiben. Er musste nach vorn, Bestimmer werden. Und er ist es in einem amerikanischen Sinne, wie wir es von Miles oder Trane und bis in die heutigen Tage kennen. Das nun braucht Mitspieler, die in ihrer Rolle eigenartig traditionell bleiben, dienend. Das heißt nicht, dass Thomas Bramerie am Kontrabass und Lucmil Perez am Schlagzeug nicht zu glänzen verstanden. Beide hatten sich extrem in die musikalischen Einfälle ihres Chefs hineinzuhören. Bramerie leistete teilweise Schwerstarbeit dabei, das rhythmische Fundament stabil zu halten. Und Perez hatte die höchst unterhaltsame Aufgabe, so ein Fundament luftig erscheinen zu lassen. Aber Freiheit von der Rolle der Timekeeper gab es kaum, beeindruckende Soli ausgenommen.

Andererseits geht auch nur so Terrassons Spielkonzept auf. Nämlich einerseits als ein pianistischer Suspense- und Understatement-Meister zu agieren, der einen Standard immer weiter bis auf ein einfachstes Riff reduziert. Am eindrücklichsten wohl die ostinate Bassfigur von „Maraba blue“. Dann aber wieder die Fülle unterschiedlichster Anspielungen! Abenteuerlichste, die Tonalität untergrabende Harmonieübergänge, lässig eingeworfene blaue Noten, die Standards wie „Take five“ zu so nie gehörten Erlebnissen werden lassen. Tongerippe neben Hymnik.

Zwischen Jazz-und Barpianist sich bewegend, angeregt wohl durch die Clubatmosphäre des Roten Saals und ein locker reagierendes Publikum, gab sich Terrasson zunehmend launig. Umstritten vielleicht die Publikums-Hitabfrage im zweiten Set – es wurde ein Blues und was für einer – und das eher uninspirierte Zugabefragment. Trotzdem: höchste Zustimmung zum Konzertende.

Klaus Gohlke

Kritik zu “NDR-Bigband feat. Alon Yavnai und Joca Perpignan”

Schweißtreibende Rhythmen bei Sauna-Temperaturen

„Was? NDR-Bigband? Diese Beamtenmusikertruppe!“, spricht es verächtlich aus dem Munde eines „Jazz-Experten“. „Ist doch eh tot, dieses großorchestrale Gedöns!“

Das zielt in Richtung Bigband als routiniert alt-eingespielter Klangkörper mit einem gewissen Traditionalismus. Also Dirigent, einheitliche Kleidung und andere hergebrachte Rituale. Jazz als Feuer und Leidenschaft, als Aus-und Aufbruch? Ausgeschlossen beim Spiel nach Partitur?

Tot? Soso! Wie dann aber wiederum ein ausverkauftes Konzert, das mindestens achte mit dieser Truppe, das die Braunschweiger Jazzinitiative im LOT-Theater veranstaltete. Trotz harter Konkurrenz wie Champions-League Endspiel und Saunatemperaturen im Theater.

Freilich, die NDR-Leute greifen auch in die Trickkiste, um attraktiv zu bleiben. Man lockt mit Zugpferden. Mit Big Names! Mit großen Namen wie dem des Trompeters Randy Brecker, des Pianisten Omar Sosa. Diesmal nicht ganz so groß. Man featured Alon und Joca. Alon und Joca? Klingt wie Stan und Olli. Reichlich flapsige Ankündigung für die beiden Musiker, den Israeli Alon Yavnai, Pianist und Sänger, und den Brasilianer Joca Perpignan, Percussionist und Sänger. Aber – wenn es der Sache dient.

Aber der Rückgriff auf die großen Namen ist kein reiner PR-Trick, wie sich zeigt. Der eventuell etwas ritualisierte Bigband-Auftritt erhält individuellere Züge, auch eine programmatische Ausrichtung. Perpignan ist der Komponist, Yavnai der Arrangeur – beide führen hinein in die Welt der brasilianischen Musik. Chefdirigent Geir Lysne tänzelt elegant Samba. Kompositionen im Stil Hermeto Pascoals verwandeln die Band in eine gar nicht norddeutsch-norwegisch kühle Truppe. Die Bläsersätze kommen aufgelockert daher, werden zu Klanggeweben. Die Tutti akzentuieren messerscharf und kurz, unterstreichen die Polyrhythmik der beiden Hauptakteure. Karibisch-fröhliche Klänge wechseln ab mit kapverdischen Impressionen von stark afrikanisch geprägter Melodik und Rhythmik. Nahtlos wechselt man von orientalischen Skalen zu Latinmelodik, alles mit mühelos federnder Präzision und Spannkraft.

Höhepunkt waren natürlich die Duo-Parts von Perpignan und Yavnai. Die Parallelführung von Scat-Gesang und Pianoarbeit im Hochgeschwindigkeitstempo, später dann von Perkussion und Klavier, waren verblüffend und begeisterten. Und ebenso circensisch im besten Sinne war Perpignans Bearbeitung von so etwas Simplem wie dem Schellenkranz. Nicht nur der erzeugte Tonumfang erstaunte, sondern auch die Tatsache, dass man die Schellen aufeinander folgend, geradezu einzeln erklingen lassen konnte. Sonderbeifall.

Was das Konzert, das mit einer musikalischen Würdigung des unlängst verstorbenen Saxofonisten der Band, Lutz Buchner, abgeschlossen wurde, auch so angenehm machte, war die humorvolle Moderation Alon Yavnais. Stürmischer Beifall für die 19 Männer und die eine Frau an der Posaune!

Klaus Gohlke

NDR-Bigband
feat. Alon Yavnai und Joca Perpignan

LOT-Theater, Kaffeetwete 4a, 38100 Braunschweig

NDR Bigband
Alon Yavnai – Piano, Gesang, Arr.
Joca Perpignan – Percussion, Gesang
Mark Walker – Schlagzeug
Leitung – Geir Lysne

NDR BigbandDie NDR Bigband lässt sich immer wieder mit Leidenschaft auf neue musikalische Projekte ein, diesmal mit „Alon und Joca“. Die Geschichte dieses Duos begann vor zwanzig Jahren. Damals war der Perkussionist Joca Perpignan gerade in Boston eingetroffen, wo er am renommierten Berklee College Jazz studieren wollte. Und weil er aus Rio de Janeiro gekommen war, erzählte man ihm von “diesem guten Latin-Pianisten”, der im Wallace’s auftrete. Am Abend besuchte er den kleinen Club. “So habe ich Alon getroffen”, erzählt der gebürtige Brasilianer Joca heute. “Und die Chemie stimmte vom ersten Takt an.”

Alon Yavnai hatte als junger Mann in Costa Rica gelebt und spielte mit dem kubanischen Saxofonisten Paquito D’Rivera preisgekrönte Alben ein. “Er hat diesen starken südamerikanischen Akzent”, freut sich Joca. “Wenn wir zusammen spielen, dann klingt er wie ein Brasilianer.” Und so verloren sie sich auch nicht aus den Augen, als Alon nach dem Studium in New York mit Kollegen wie Freddie Hubbard und Ravi Coltrane in der Szene Fuß fasste.

Joca zog derweil in die Nähe seiner Eltern nach Tel Aviv und gründete dort eine eigene Gruppe. Wann immer sich eine Gelegenheit ergab, trafen sich die beiden zu Konzerten rund um den Globus, als Duo oder auch mit Gästen wie Dave Liebman.

Die NDR Bigband nimmt Klänge aus der ganzen Welt auf: aus Südamerika, Afrika und aus dem Nahen Osten. Musik kenne keine Grenzen, sagt Alon Yavnai. “Sie kennt verschiedene ästhetische Regeln, die wir Musiker lernen. Aber wir denken ja nicht: Heute spiele ich etwas Latin Jazz und dann was von Bach. Kreative Musik ist immer eine Mischung.”

Die NDR Bigband, mit der Alon und Joca jetzt diesen Mix erweitern, gibt ein gutes Beispiel für die kreative Vielseitigkeit, die Alon meint: “Diese Musiker sind offen für jede Art von Musik. Sie spielen jede Woche etwas völlig Neues. Und das spielen sie authentisch: mit all den Erfahrungen, die sie gemacht haben.“

Die NDR Bigband ist seit Jahren regelmäßiger Gast der Jazzinitiative.

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Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 25 € / 22 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen/StudentInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Bildrechte NDR Bigband: Sybille Zettler

Jazz und Film in der Reihe „Sound on Screen“

Universum Filmtheater, Neue Straße 8, 38100 Braunschweig

SPACE IS THE PLACE
Regie: John Coney, USA 1974, 81 Min., OmU

BeitragsbildFrisch vom Verleih Rapid Eye Movies restaurierte Underground Perle: Der einzige Spielfilm von und mit Jazz-Legende Sun Ra ist eine wilde Mischung aus Afrofuturismus, Konzertfilm, Blaxploitation, Gangster und SF-Trash. Der intergalaktische Musiker Sun Ra möchte mit seiner Musik die Black Community erlösen und den Planeten Erde verlassen. Doch er hat einen mächtigen Gegenspieler… “We’re living in the space age…”

Anschließend im Café Riptide: ENSEMBLE AUF ZEIT mit José L. Gavira, Walter Kuhlgatz, Marcel Reginatto, Heinrich Römisch und Elmar Vibrans

Featured by Initiative Jazz Braunschweig!

Ankündigung zu “Karolina Strassmayer & Drori Mondlak KLARO!”

Tausche Big Apple gegen Big Pitter

Der amerikanische Schlagzeuger Drori Mondlak über Jazz heute in Europa und den USA

„New York, New York!”, singen Lisa Minelli und Frank Sinatra. Von der Stadt, die niemals schläft. Wer es hier schafft, schafft es überall. Dachte sich wohl auch die in Österreich geborene Saxofonistin Karolina Strassmayer. Auf ins Mekka der Jazzer, damals wie heute. Um dort zufällig Drori Mondlak zu treffen, erprobter Drummer in der Szene. Wo aus Zufälligem Absichtliches wurde. Nun, die Liebe ist eine Himmelsmacht. Was letztendlich bedeutete: Tausche Big Apple gegen den Big Pitter, New York gegen Köln am Rhein, die deutsche Jazz-Metropole. Hier wurde die gemeinsame musikalische Zukunft kreiert mit der Band KLARO! Entscheidend für die Wahl Kölns war sicherlich aber auch Karolina Strassmayers intensives Engagement bei der WDR-Bigband.

Was aber ist das Alleinstellungsmerkmal von New York? Im Interview mit Drori Mondlak stellt dieser klar:

„New Yorks Jazz Szene mit seinem absolut anspruchsvollen musikalischen Niveau und seinem hohen Energielevel ist einzigartig in der Welt. Du triffst dort alle Welt! Kannst spielen, lernen, Ideen austauschen, kooperieren. Die Szene dort ist absolut offen und dynamisch. Meine Liebe und Hingabe zum Jazz hat dort begonnen, das setze ich in Köln fort.“

Gibt es dann etwas, was einzigartig ist hier in Deutschland oder Europa?

„Durchaus!“, betont Mondlak. „Der Jazz erfährt allgemein mehr Unterstützung durch kulturelle Organisationen, Jazzinitiativen, Funk und Fernsehen, Festivals. Jazz wird hier als eine Kunstform betrachtet, die es wert ist, auf einer Konzertbühne aufgeführt zu werden. Und es gibt viele engagierte Leute hier, die ihre Zeit damit verbringen, den Jazz-Ball am Laufen zu halten.“

Das zu hören, ist zweifellos erfreulich. Dass das Interesse am Jazz aber nicht erlischt, dafür muss er interessant bleiben. Keine einfache Sache in der sich immer mehr zerfasernden Musikwelt. Jazz bewegt sich dabei zwischen den Polen des Softi-Pops und der Attacke auf alle Hörgewohnheiten. Wie also sieht Mondlak die Zukunft dieses Genres?

„Ich betrachte Jazz nicht unter dem Gesichtspunkt von Stilrichtungen. Jazz ist die Person, die ihn spielt, was diese mit dem Instrument auszusagen in der Lage ist. Was sie zu erzählen hat. Jazz hat seine Wurzeln im Blues, in den afro-amerikanischen Erfahrungen. Dazu kommt der einzigartige Swing der Musik. Wohin sich das alles entwickelt, weiß ich nicht. Ich hoffe nur, dass die Tradition nicht vergessen wird. Zentral ist der Wille, eine eigene improvisatorische Tonsprache zu entwickeln, und das auf einem hohen künstlerischen Level.“

Und wie stellt sich das für Mondlak in seiner Art Schlagzeug zu spielen dar? Lässt sich das in Worte fassen?

„Ich glaube, dass es mir in den letzten Jahren immer besser gelungen ist, mit meinem Schlagzeugspiel dichter an das heran zu kommen, was ich in der Musik höre und empfinde. Was ich mit Karolina, die überwiegend die Kompositionen von KLARO! schreibt, im Zusammenspiel mit den verschiedensten Musikern erfahre, entwickelt mein Drumming immer weiter fort. Ein Prozess, der völlig offen ist.“

Wie aber lässt sich die Musik der Band, deren spezieller Ansatz beschreiben? Mondlak bleibt keine Antwort schuldig und führt aus:

„KLARO! vereint die romantischen Elemente der europäischen Klassik und Volksmusik mit dem rhythmischen Feuer und Swing des amerikanischen Jazz auf der Basis der harmonischen Raffinesse der zeitgenössischen improvisierten Musik. Wir wollen Musik schöpfen, die uns bewegt. Die etwas Schönes ausdrückt, Bedeutung hat und auch so vom Publikum verstanden werden kann. Also keine Barrieren durch unnötige Komplexität der Arrangements!“

Klaus Gohlke

Karolina Strassmayer & Drori Mondlak KLARO!

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Karolina Strassmayer – Altsaxophon
Stefan Bauer – Vibraphon
Josh Ginsburg – Bass
Drori Mondlak – Schlagzeug

Beitragsbild„Of Mystery and Beauty“ ist der Titel des aktuellen Albums der Altsaxophonistin Karolina Strassmeyer und des Schlagzeugers Drori Mondlak, das sie mit ihrem Quartett KLARO! in Braunschweig vorstellen. Tatsächlich sind die Eigenkompositionen oft getragen von geheimnisvoller Stimmung und Schönheit des Klangs. Wer jetzt an seichten Jazz für Menschen denkt, die keinen Jazz mögen, liegt ganz falsch. Die lyrisch angelegten Stücke swingen mächtig und entwickeln eine mitreißende Dynamik. Karolina Strassmeyer ist eine zupackende, in der harten Szene von New York geschulte Musikerin, die über ein breites Ausdrucksspektrum verfügt. Mitunter erinnert ihr Ton an den großen Hardbopper Jackie McLean. Sie spielte unter anderem mit solchen Weltstars des Jazz wie McCoy Tyner, Joe Zawinul, Joe Lovano, Chris Potter oder John Scofield. Mehrmals wurde sie in den USA unter die fünf besten Altsaxophonisten des Jahres gewählt. Sie ist festes Mitglied der bedeutenden WDR Bigband.
Aus New York stammt Drori Mondlak, der seit den 80er Jahren mit zahllosen namhaften Jazzgrößen wie Frank Foster, Joe Williams, Chris Potter, Ernestine Anderson, Lee Konitz, Sonny Fortune, Barbara Dennerlein, David Friedman, Lynne Arriale und Nicolas Simion spielte. Seine Einflüsse am Drumset gehen unmittelbar zurück auf die großen Schlagzeuger Joe Morello, Shelly Manne und Roy Haynes, mit denen er von Kritikern immer wieder verglichen wird. Drori Mondlak ist ein virtuoser, traditionsbewusster, moderner Jazzmusiker.
Komplettiert wird die Band durch Stefan Bauer, der seit vielen Jahren sowohl in Europa als auch in den USA im modernen Jazz ein gefragter Vibraphonist ist, und den Bassisten Josh Ginsburg aus Booklyn, der unter anderem mit Kurt Rosenwinkel und Jeremy Pelt tourte.
Also: „Alles Klaro, Karo!“. Das Publikum darf sich auf ein abwechslungsreiches Konzert mit anregendem, swingendem Jazz freuen.

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Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
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• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen/StudentInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Braunschweigische Sparkassenstiftung
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Interview mit Philipp Gropper

Über Lust und Last, avantgardistischen Jazz zu spielen

Das Jazztrio „Gropper/Graupe/Lillinger“ versucht, das Vokabular des Jazz zu erweitern. Dabei überschreitet es mancherlei Grenzen. Klaus Gohlke sprach mit dem Saxofonisten der Gruppe, Philipp Gropper, über die Absichten und Schwierigkeiten, zur Jazz-Avantgarde gezählt zu werden.

Herr Gropper, man zählt Ihr Trio zur Jazz-Avantgarde. Können Sie mit dieser Bezeichnung leben?

In Ermangelung eines besseren Ausdrucks: Ja. Das ist ja alles relativ. Wir sind Suchende, Forschende mit je eigenen musikalischen Wurzeln.

Könnte man Ihr Trio auch als eine Band bezeichnen, die sog. Neue Musik spielt. Z.B. bewusst auf so etwas wie Thema, Ausführung eines musikalischen Gedankens verzichtet?

Wir kommen vom Jazz. Aber es gibt da gewiss Überschneidungen. Die Grenzen verschwimmen. Unsere Musik ist teilweise präzise notiert, dann wieder frei. Was uns interessiert, das ist die Klangsprache. Sound im weitesten Sinne. Wir spielen nicht einfach Bebop-Linien nach. Oder formulieren ein Thema, über das dann jeder improvisiert. Natürlich gibt es auch Harmonieschemata, Akkorde als Grundlage für Improvisationen. Traditioneller Jazz ist für uns Ausgangspunkt, wie auch Neue Musik, elektronische Musik, Hip Hop usw. Überall findet man Inspiration; abstrahiert, überträgt ins „Jetzt“ und formuliert neu. Die Geschichte des Jazz ist die Geschichte einer ständigen Erneuerung.

Heißt das, dass das Zuhören schwieriger wird, insofern ihre Musik weder eingängig, noch gefällig, noch konventionell sein will?

Das hängt zum einen von den musikalischen Erfahrungen des Publikums ab. Andererseits wollen wir unsere Tonsprache klar rüberbringen. Es ist nicht unsere Absicht, alle zu schocken und vor den Kopf zu stoßen. Vielmehr sollen die Strukturen unserer Kompositionen erkennbar sein. Wir suchen nach   Klängen, Sounds, die uns selbst faszinieren. Wir haben durchaus den Wunsch, dass man das nachvollziehen kann und davon berührt wird. Wir wollen also mit den Zuhörern diese Faszination teilen. Mainstream allerdings liefern wir nicht.

Wie reagiert das Publikum auf ihre Grenzerweiterungen?

Oft heißt es: „So etwas haben wir noch gar nicht gehört. Das ist schwer einzuordnen. Aber trotzdem toll!“ Es gibt auch Leute, die einfach rausgehen, weil ihre Erwartungen, wie ein Jazzkonzert ablaufen soll, nicht erfüllt werden. Mal sind wir wie Aliens, mal völlig akzeptiert. Aber die Leute bemerken unsere Ernsthaftigkeit und Intensität in der Auseinandersetzung mit der musikalischen Materie. Es geht uns aber nicht darum, dem Publikum zu gefallen. Es geht uns um die Realisierung unserer musikalischen Überzeugungen.

Ihr Schlagzeuger Christian Lillinger sagte unlängst, dass der Gegenwartsjazz sich zwischen Langeweile und Terror bewege. Wie sehen Sie das?

Nun, ich kenne den Kontext nicht. Aus meiner Sicht ist Vieles eher an Eingängigkeit orientiert, will nicht fordern. Man setzt also auf Wiedererkennbarkeit. Oder eben auf plakativ Spektakuläres, dem oft wirklicher musikalischer Gehalt und tiefe fehlen. Und dann gibt es noch diese Hype-Schiene in den Medien. Es gibt urplötzlich irgendwo irgendjemanden, der den Jazz wiederbelebt, ihm den angeblichen Modergeruch nimmt. Man sieht so etwas auch bei den Festival-Acts. Es wird vorsichtig gebucht.

Denken Sie z.B. an die Aufregung um Kamasi Washington? Da weiß ich ja auch nicht, was das Revolutionäre sein soll.

Ja, sehe ich auch so. Aber mir gefällt die Energie, mit der sie spielen, das nahezu Hippiehafte des Auftretens. Das Problem, das ich sehe, ist, dass das Innovative ein anderes Hören verlangt.

Sie meinen statt des genussorientierten Hörens ein eher strukturiertes Nachvollziehen?

Das Innovative verlangt eine andere Offenheit, ein Loslassen von Erwartungen. Es findet den Weg in die Öffentlichkeit nicht so leicht,  lässt sich nicht so gut verkaufen und bleibt daher oft im Untergrund. Dennoch gilt für uns: Wir spielen, was für uns wichtig und spannend ist. Es heißt ja oft, man soll das Publikum abholen. Das kann aber nicht bedeuten, dass man sich anpasst. Wir holen es – wie gesagt – ab, um mit ihm zusammen neues Gelände zu betreten.

Sie sagten vorhin, sie wollten improvisierte Musik machen, nicht Bebop-Linien spielen. Eine Absage an Traditionen?

Nein, überhaupt nicht. Ich komme selbst von Charlie Parker her. Wir haben früher alle Standards gespielt. Aber: Bebop war revolutionär in den 40er/50er Jahren. Jetzt nicht mehr. Er ist Geschichte. Die Musik ist immer noch gut und lebt weiter. Aber die musikalische Entwicklung ist weiter gegangen. Ob das Drum ’n‘ Bass ist oder Hip-Hop oder Modern Creative, Electronica. Was sich in der Rhythmik, der Instrumentierung, der Tongestaltung, den musikalischen Strukturen alles getan hat, das kann man doch nicht ignorieren. Die Erneuerung ist die Essenz des Jazz, ist seine Tradition.

Sind Sie mit Ihrem Jazz „einsame“ Musiker?

Nein, absolut nicht. Außerdem spielen wir in verschiedenen Projekten. Wer da in unsere Konzerte kommt, das hängt viel von den Auftrittsorten ab. Der Jazz hat, anders als der Pop, ein Vermittlungsproblem. Dabei gibt es keine Musik, die derart gegenwärtig beim Spielen ist, derart in der Lage ist, auf Aktuelles zu reagieren, wie der Jazz! Das ist doch hochgradig spannend, wer da was macht und warum. Improvisation, das ist etwas Spontanes, aus dem Inneren Kommendes. Aber das hat gleichzeitig einen verinnerlichten intellektuellen Unterbau. Das ist ja nichts, was man da einfach so hinhaut. Wir spielen seit 15 Jahren zusammen. D.h. in unserer Musik, unserem Interplay steckt eine jahrzehntelange auch intellektuelle Auseinandersetzung. Wenn wir dann auftreten, dann denke ich natürlich nicht über alles nach. Da laufen oft lang eingeschliffene Automatismen ab zusammen mit plötzlichen Wendungen ins Unerwartete, wo du spontan reagieren musst.

Kein Thema für die Medien?

Wenig. Aber vielleicht müssen wir auch selbstkritisch unsere Aktivitäten überprüfen.

Sie sagten, Sie setzten sich auch mit den Möglichkeiten Ihres Instrumentes auseinander, dem Saxofon. Knüpfen Sie am späten Coltrane an, dem das Instrument nicht mehr ausreichte, das, was ihn bewegte, auszudrücken?

Das Saxofon hat das Problem, dass man es z.B. schnell mit dem Genre Blues zusammendenkt. Wenn du etwas tief in dir ausdrücken willst, dann kann das Instrument dir Grenzen setzen, dich fehl leiten. Diese Grenzen zu erkennen und nach Wegen der Überwindung zu suchen, ist eine große Aufgabe. Das gilt wohl für jeden Instrumentalisten in unserem Trio.

Klaus Gohlke

Kritik zu “Gropper/Graupe/Lillinger”

In fremden Zungen
Das Trio Gropper-Graupe-Lillinger konfrontiert sein Publikum mit ungewöhnlicher Jazzmusik

Ernst sei das Leben und heiter die Kunst? Nein! Das, was die Berliner Jazz-Avantgardisten Philipp Gropper, Ronny Graupe und Christian Lillinger am Freitagabend im Roten Saal des Braunschweiger Schlosses zu Gehör brachten – es war kein Garten Elysium, in dem die himmlischen Rosen wachsen.
Wer da kam, um mal eben ein nettes Jazzkonzert zu hören, der sah sich bös überrascht. Denn was es da auf die Ohren gab, das war befremdlich, das klang oft wie musikalische Fremdsprache.
Kein verspieltes Intro, das in ein Thema mit erkennbaren Harmonien überwechselte. Keine Melodien, die man jazzig nennt, weil da die eine oder andere Dissonanz auftaucht. Und auch nicht die abwechselnde Solo-Virtuosität, und was es da so mehr an wohlstrukturiertem Jazz gibt.
Was aber dann? Chaos, was manche dann Free Jazz nennen? Auch nicht. Na klar, es sträubt sich das Nackenhaar, wenn der Gitarrist Ronny Graupe einen schwer einzuordnenden Akkord schier endlos monoton anschlägt, während seine Kollegen komplexe Rhythmen fabrizieren und Skalen hoch- und runter spielen. Was soll das? Ganz einfach: Struktur einziehen. Denn die Band hat keinen Bass. Es bedarf aber musikalischer Leitplanken. An anderer Stelle übernimmt Saxophonist Philipp Gropper diese Absicherungsarbeit mit sich wiederholenden großen Intervallsprüngen. Christian Lillinger weigert sich, die alte Drummer-Rolle des Timekeepers einzunehmen. Worum es geht, ist vielmehr, dass musikalische Impulse kreiert werden, auf die man reagiert. Diese Impulse sind oftmals minimalistisch. Einzelne Töne nur, die elektronisch manipuliert werden. Kein echtes Thema, mehr ein Denkanstoß in Form eines Sounds, eines Geräusches, mit dem sich jeder dann auseinander setzt. Erweitert, verändert, unterläuft, zerstört wird die musikalische Idee. Das ist ein intensives Zuhören und Reagieren aufeinander. Takte werden gezählt, intensiver Blickkontakt gehalten. Die Klänge schwellen an bis zur Schmerzgrenze, ebben ab. Rhythmen überlagern sich bis zur Unkenntlichkeit. „Morphen“, nennt Lillinger diese Methode, ein Klanggebilde fließend so verändern, dass ein neues daraus entsteht. Eine sich nicht zur Schau stellende Virtuosität wird dabei erkennbar.
90 Minuten arbeiten die Musiker in einem Stück, nur einmal kurz unterbrochen, um außermusikalischen Kontakt zum Publikum aufzunehmen. Harte Arbeit für die Musiker, aber auch für die Zuhörer, die dahinter kommen wollen, was da abgeht. Freilich: jene, die Stimmungen, feine Nuancierungen suchten, hatten es schwer. Die anderen feierten die modernen Kreationen.

Klaus Gohlke

Gropper/Graupe/Lillinger

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Philipp Gropper – Saxofon
Ronny Graupe – Gitarre
Christian Lillinger – Schlagzeug

Gropper/Graupe/LillingerJunge Jazz-Wilde, die arglose Konzertbesucher verprellen wollen, das sind Gropper/Graupe/Lillinger (GGL) nicht. Keine „Hyperactive Kids“ mehr, wie sie sich eine zeitlang nannten. Aber eine satt-routinierte, altersweise Truppe auch nicht. Vielmehr ein vitaler Organismus dessen Eigenleben sich im nun schon 14. Jahr seines Existierens wie ein unverhoffter Glücksfall auf das Publikum überträgt. Das passiert unmittelbar, weil diese simultanen, kollaborativen, ebenso freien wie disziplinierten Klanggespinste einen Nerv treffen und aus vorbeschrifteten Schubladen springen. Immanente Voraussetzung ist die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem, was da ist: Spielarten von Jazz, Neuer Musik, Elektronik, Noise, progressivem Rock.

Saxofonist Philipp Gropper, Gitarrist Ronny Graupe und Schlagzeuger Christian Lillinger haben jedoch die Elemente nicht verinnerlicht, um sie zu reproduzieren, sondern um daraus ihres zu destillieren. All die Wurzeln werden daraufhin befragt, warum sie einmal solche Dringlichkeit entwickeln konnten, um dann in eine Gegenwart gezoomt zu werden, wo sie sich dem Spirit des Jetzt zuordnen. Sehr formbewusst, individuell statt als Reproduktion, fiebrig statt linear, frei, dynamisch und konspirativ spiegeln die drei musikalisch das Leben der Metropolen der Gegenwart, setzen sich ihnen aus und bewegen sich Haken schlagend durch ihre Labyrinthe, offensiv und druckvoll. Musik von unbedingter Relevanz entsteht so, die sich immer mehr ihrer über weite Strecken auskomponierten Mittel bewusst ist.

Gropper/Graupe/Lillinger zählen zu den derzeit angesagtesten, in zahllosen Projekten mitmischenden jungen Musikern, die die Grenzen des Jazz weit zu öffnen beabsichtigen. Absolut zeitgenössisch, garantiert überraschend.

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Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
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Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen/StudentInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
GOD Gesellschaft für Organisation und Datenverarbeitung mbH
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Ankündigung zu “Nicole Johänntgen – Lavendel”

Jazz wird weiblicher
Die Saxofonistin Nicole Johänntgen arbeitet mit ihrem Projekt SOFIA zumindest daran.

Sie kommt offensichtlich gern nach Braunschweig, die Jazzsaxofonistin Nicole Johänntgen. Das vierte Mal wird es sein. Diesmal mit ihrem Trio „Lavendel“ in einer verblüffenden Besetzung mit Izabella Effenberg am Vibrafon und Jörgen Welander an der Tuba. Aber es ist nicht nur das, was Johänntgen interessant macht. Es gibt da noch ein anderes Thema, das sie beackert. Wichtig gerade jetzt, wo kein Tag vergeht, an dem nicht auf ein offenbar in schwerer Schieflage befindliches Verhältnis von Männern und Frauen aufmerksam gemacht wird. Vor allem die hehre Kunstwelt erweist sich als Zentrum sexueller Übergriffigkeit.

Aber es geht doch dabei, machen wir uns nichts vor, „nur“ um eine besonders üble Variante dessen, was James Brown treffend und elend zugleich besingt: „It’s a man’s, man’s, man’s world“. Eine Männerwelt. Ach, und ohne die Frauen lebten die armen Herren in „wilderness and bitterness“, in der Wüstenei und Bitternis. Wie toll für die Frauen!

Auch die Jazzwelt, das gelobte Land der musikalischen Freiheiten, ist da nicht anders strukturiert. Nicole Johänntgen kennt diese Welt. Befragt, ob der Jazz männerdominiert sei, antwortet sie: „Ich höre im Moment zwar viel von jungen, aufstrebenden Jazzmusikerinnen, aber es sind immer noch sehr viel mehr männliche Kollegen in der Jazzszene.“

Ein kurzer Blick auf die Braunschweiger Jazzszene, wie sich beispielhaft anhand größerer Konzerte der letzten fünf Jahre in der Stadt verfolgen lässt, illustriert das. Es fanden 45 Konzerte statt. 39 davon wurden von Männern geleitet. Es traten dabei 130 Männer auf und 13 Frauen. Die regelmäßig in Braunschweig gastierende NDR-Bigband präsentiert auf ihrem Promotion-Foto ganze null Frauen.

Johänntgen stellt aber auch fest: „An den Musikschulen, an denen ich unterrichte, habe ich vorwiegend Schülerinnen und nur wenige Schüler. Ich bin gespannt, wie es sich in den nächsten 20 Jahren entwickelt!“ Nur, leben kann man von der Jazzmusik nicht so ohne weiteres. Was nun, wenn es um Familiengründungen geht? Johänntgen sieht die Sache realistisch. „Da es nicht viele Jazzmusikerinnen gibt, gibt es auch wenige Vorbilder, die Jazz und Familie vereinen. Ich denke, dass Frauen im Jazz sich die Frage stellen, ob Jazz vereinbar ist mit Familienplanung.“

Was also tun, um größere Geschlechtergerechtigkeit in der Jazzwelt zu erreichen? Lamentieren hilft nicht, wohl aber anpacken. Und so gründete Johänntgen SOFIA. Und sie führt aus: „Das ist die Abkürzung für „Support Of Female Improvising Artists“. Also Unterstützung weiblicher Improvisationskünstler. Alle zwei Jahre findet die SOFIA-Konferenz in Zürich statt, die jungen Jazzmusikerinnen die Möglichkeit gibt, sich im Musikbusiness weiterzubilden und mit anderen Musikerinnen zu jammen und Konzerte zu geben. Ich habe SOFIA gegründet, weil ich selbst einst starke Unterstützung fand. Ich habe erst nach dem Studium gelernt, wie ich Konzerte buche, Promotion mache, mich vernetze mit Musikerinnen in aller Welt. Das möchte ich nun weitergeben in der SOFIA-Konferenz. Dort herrscht ein entspanntes Klima untereinander. Ich konnte schon sehen, wie die Teilnehmerinnen nach den Workshops das Erlernte direkt umsetzten. Das freut mich sehr. Und das neue Programm steht schon!“. Derzeit tourt Nicole Johänntgen mit der polnischen Vibrafonistin Izabella Effenberg, die mit ihrem Baby und ihrem Partner in Braunschweig mit dabei sein werden. Jazz family on tour. Geht doch!

Das Trio „Lavendel“ gastiert am 16. Februar 2018 ab 20 Uhr im Roten Saal des Braunschweiger Schlosses.
 

Nicole Johänntgen – Lavendel

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Nicole Johänntgen – Saxophone
Izabella Effenberg – Vibraphon, Array Mbira
Jörgen Welander – Tuba

BeitragsbildDas neue Bandprojekt um die deutsche Saxophonistin Nicole Johänntgen „Lavendel“ traumwandelt zwischen Modern Jazz, Filmmusik und Swing. Nicole Johänntgen musiziert seit zwei Jahren mit ihrer polnischen Freundin Izabella Effenberg, die sie beim Frauenförderprojekt SOFIA kennengelernt hat. Die Kompositionen wechseln sich ab zwischen zarten märchenhaften Melodien und wilden Improvisationen. Das Bass-Fundament legt der schwedische Tubist Jörgen Welander. Bei „Lavendel“ begegnen sich Saxophon, Vibraphon und Tuba, dazu gesellt sich die Array Mbira, ein selten gehörtes Instrument mit schwingenden Lamellen.

Nicole Johänntgen ist Saxophonistin und Komponistin. Sie wurde in Deutschland geboren und lebt seit elf Jahren in Zürich. 2013 gründete sie SOFIA – Support Of Female Improvising Artists, ein Pionierprojekt, das improvisierenden Musikerinnen aus Europa im komplexen Musikgeschäft der Gegenwart helfen soll. Sie hat sich als energetische Improvisatorin auf internationaler Ebene etabliert und wird in der internationalen Jazzszene geschätzt. Ihr Spiel auf dem Altsaxophon erinnert an den großen Arthur Blythe, der ebenfalls gern eine Tuba in der Band hatte. Wie dieser sucht Nicole Johänntgen immer neue Wege, ohne die Basis des Jazz, den Swing, aus dem Blick zu verlieren.

Sie wurde mehrfach ausgezeichnet, wird als Solistin für internationale Festivals gebucht und tritt zunehmend als Referentin in Erscheinung. Ihr Beitrag zum Jazzforum Darmstadt 2016 wurde in Band 14 der Darmstädter Beiträge zur Jazzforschung „Gender and Identity in Jazz“ veröffentlicht.

Anfang 2016 verbrachte sie ein halbes Jahr in New York und produzierte in Brooklyn, New Jersey und in New Orleans drei neue Alben. Alle Kompositionen entstanden in der Orchard Street 72 in Lower East Manhatten in New York.

Izabella Effenberg ist eine der wenigen Jazz-Vibrafonistinnen in Europa und die erste aus Polen. Während ihres Studiums in Polen und Deutschland hat sie verschiedene Stipendien und Preise bei Wettbewerben gewonnen. Seit 2014 organisiert sie auch ein Festival „Vibraphonissimo“ in Nürnberg/Fürth.

Außerdem ist sie Solistin auf dem Array Mbira (ein 5-oktaviges, kalimbaartiges Instrument). Die erste CD “Cuentame” hat sie beim Bayerischen Rundfunk aufgenommen, ihre zweite „IZA“ wurde von dem polnischen Jazz Magazine Jazz Forum und Kulturreferat Stadt Nürnberg unterstützt.

Jörgen Welander, geboren in Schweden, lebt seit Jahren in Deutschland als freiberuflicher Tubist und E-Bassist. Nach seinem Studium an der Hochschule für Musik in Freiburg setzte er seine Laufbahn als erfolgreicher Jazzmusiker fort.
Zu den bisherigen Höhepunkten seiner Karriere gehören mehrere Europatourneen mit “Howard Johnson & Gravity“. Er spielt regelmäßig in verschiedenen Formationen, u.a in Jazz-, Rock-, Funk- und Folkbands sowie in Projekten für Neue Musik und Theater. Er gehört zu den wenigen Tubisten Deutschlands, die dieses Instrument professionell in den populären Stilrichtungen als Bassist und Solist einsetzen.

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Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen/StudentInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
POMPE OPTIC
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Kritik zu “Nicole Johänntgen – Lavendel”

Nicole Johänntgens Trio „Lavendel“ begeistert mit unverstaubtem Blick in die Jazzgeschichte

Man fängt ein Jazzkonzert nicht einfach so irgendwie an. Das hängt zum einen von grundlegenden Dingen ab wie der persönlichen Befindlichkeit, aber auch von der Frage, wie man dem Publikum entgegentreten will. Es umgarnend gewinnen, es im Sturm erobern oder es in Verwirrung bringen? Man kann aber auch gleich mit dem Einstieg eine programmatische Visitenkarte vorlegen, was einem oftmals erst im Nachhinein so richtig klar wird.
Nicole Johänntgens Trio-Konzert am Freitagabend im ausverkauften Roten Saal des Braunschweiger Schlosses startete verwunderlich, auf moderne Weise traditionsbewusst und aufs intensive Zusammenspiel ausgerichtet.
Verwunderlich, weil die polnische Vibraphonistin Izabella Effenberg auf einem Instrument spielte, das zwar angekündigt war, aber wohl kaum mit einer Vorstellung verbunden werden konnte. Array Mbira, ein junges Kind aus der Familie der Lamellophone. Man kann auch etwas salopp sagen: Ein Riesen-Daumen-Klavier beträchtlichen Tonumfangs (fünf Oktaven) und eines ganz eigenen Klanges. In den tieferen Lagen harfig, in den höheren bis ins Scharfe hinein glockig.
Ein beruhigender fast repetitiver Klangteppich wurde gewoben, auf dem sich Nicole Johänntgen mit ihrem Altsaxophon und Jörgen Welander an der Tuba zunächst eher unverbunden, spontaneistisch tummelten. Alsbald aber deuteten sich intensivere Dialoge an. Das Mbira wurde durchs Xylophon ersetzt. Man scherzte mit Zitaten, nicht nur marschmusikalischer Art (Einzug der Gladiatoren) und schuf einen sehr transparenten Gesamtsound mit hohem Melodiepotential. „Eine knackig-schlanke, auf den Kern reduzierte Besetzung!“, wie die Chefin knapp umriss.
Die Instrumentierung war natürlich auch Programm. Die Tuba, ein Gerät, das ja eher als Kuriosum betrachtet wird (um es klar zu sagen: die Tuba furzt wesentlich besser als die Posaune!), und das Spiel mit ihr als zirzensisch-sportliche Betätigung. Wer denkt da nicht an tapsig sich bewegende nur für das rhythmisch-harmonische Fundament zuständige Puster? Und es fiel ja auch das Wort vom „Tanzbären“. Historisch bewegt man sich sogleich in der Basin Street, tanzt in der Second Line beim Funeral March oder beim musikalischen Shootout im Storyville. Frühes Multikulti.

Das Vibraphone hingegen spaltet oft. Die Zuhörerschaft, aber auch die BearbeiterInnen. Man mag oder geringschätzt es. Man kann es wie Hampton als Schlagwerker behandeln oder aber eher als Sänger wie Milt Jackson. Man nennt es oft kalt-metallisch und beschränkt. Und historisch gesehen, befindet man sich nicht mehr auf der Straße, recht eigentlich eher in der Phase des Modern Jazz.
Nur, um es gleich klar zustellen: Jörgen Welander spielte zwar mitunter die Rolle des Tanzbär-Tubisten, jedoch eher als ironisches Zitat. Und natürlich lieferte er die Bass-Basics, kompliziert genug, wenngleich durch Izabella Effenberg am Vibraphon darin unterstützt oder auch abgelöst. Aber ansonsten ließ er die Tuba tanzen, mitunter fast mit Waldhornschmelz. Höchst melodiös, rhythmisch variabel und erstaunlich flink, so dass sich die Frage stellte, ob der Saitenbass wirklich schneller gespielt werden kann als der geblasene. Da wurde New Orleans modern überholt.
Izabella Effenberg bearbeitete das Vibraphon mit aller Finesse, sodass, wenn es nicht rhythmisch zu dienen hatte, eine feine rhapsodische Melodik aufschien. Intonation und Phrasierung profitierten von ihrer exzellenten Spieltechnik. Ja, es hatte oft den Anschein in den solistischen Passagen, als flösse alles zusammen.
Dazwischen nun Nicole Johänntgen mit ihrem gekonnten Saxofonspiel, quasi als Lotsin zwischen den Polen Reminiszenz an den New Orleans Jazz, weltmusikalische Ausflüge und europäisch geprägte Balladenkultur. So bewegte man sich zwischen Late-night-bar-Music („Oh yes, my friend“) und nahezu erotischem Tongeflirte mit Wilanders Tubaspiel und „Kicks from New Orleans“, die witzigerweise genauso gut „Kicks from an South-African Marketplace“ hätten heißen können. Und landete schließlich bei der Ellington-Anspielung in „Take the Steam-Train“, die auch auf eine „Reveille with Beverly“ – Filmszene referiert, im Berner Oberland. Es wurde Jazz gespielt, der seine historischen Wurzeln, insbesondere auch seine Tanzbarkeit, auf eine spielerisch-lockere Weise von der Gegenwart aus anpackte, also jede Patina oder Staubigkeit vermied. Große Begeisterung im Auditorium, völlig zu Recht.

Klaus Gohlke

Kritik zu “Zoran Terzić: Movie Music”

Jazz mit Spaßfaktor
„Movie Music“ lockt mit frei interpretierter Filmmusik auch Skeptiker aus der Reserve

Da kann etwas nicht stimmen. Moderner Jazz und Spaß auf allen Seiten? Das ist verdächtig. Musik und Humor ist ja eh schon ein Problem! Schlag nach bei Brendel. Dass Musiker sich beim Jazzen freuen, nun ja, das mag an der Gage liegen oder an stimulierenden Drinks vorher und währenddessen. Kann auch Rollenspiel sein. Aber – dass das Publikum gleichermaßen Freude empfindet, das ist dann doch eigenartig oder?

Infizierte die Freude der Musiker? Jan Leipnitz behandelte sein Drumset mit einem seligen Lächeln, als habe er es seit Wochen nicht mehr spielen dürfen. Johannes Fink zupfte und strich sein extra tiefer gelegtes 5-Saiten-Cello mit staunendem Schmunzeln, als würde ihm von höherer Stelle die Hand geführt. Und Rudi Mahall, das heftige Gebläse an den Klarinetten, schien Mal um Mal amüsiert über das Klanggebräu. Nur Pianist Zoran Terzic zeigte Ernst und Würde bei der Arbeit, aber er war ja auch der Leiter der Kapelle.
Das mag ein Publikum wohl positiv affizieren, aber auf Dauer trägt so etwas nicht. Da muss schon etwas der Musik Innewohnendes hinzu kommen. Nun, vielleicht war es ja auch gar kein Jazz, der gespielt wurde, und deswegen erheiternd, erfreuend, mitreißend?

Sagen wir so: Das war eine Art Jazz-Hybridmusik. Nicht in dem Sinne, dass da verschiedene Stilrichtungen in John Zornscher Manier brutal zusammengeschnitten wurden. Auch kein prinzpienarm zusammengefügtes Tomaterial. Die Stücke hatten vielmehr etwas Kaleidoskopartiges. Jede Sequenz innerhalb der Kompositionen ließ, nachdem sie ausgespielt war, das Klanggebilde in neuem Licht erscheinen. Und so hatte man den Eindruck, mal einer Kaffeehausmusik zuzuhören, mal einem Gypsy-Swing. Mal Tanzmusik, dann Ballade, Blues, auch zügelloses Uptempo oder Brachial-Punkiges. Das ganze Konzert schien immer wieder zu verweisen auf musikalische Traditionen, jazzig oder auch nicht. Nicht als Zitat, nur als Anspielung. Vielleicht ein Irving Berlin’scher Unterton mit melancholischer Grundierung, die mitunter hätte feiner vernommen werden können, wenn die Klarinette nicht mit so viel Druck gespielt worden wäre.

Filmmusik-Bearbeitungen im engeren Sinne waren das eher nicht. Eher Widerspiegelungen eines inneren Films des Komponisten, entstanden aus Filmerlebnissen und eigener Befindlichkeit in ganz persönlichen sozialen Bezügen. Natürlich konnte man filmmusikalische Form-und Funktionselemente wiederfinden. Wenn man konnte bzw. wollte auch direkte Anspielungen auf Filme feststellen, aber darum ging es Terzic in seinen Kompositionen wohl weniger. Eher darum, beim Zuhörer den eigenen inneren Film, einen Assoziationsstrom zu stimulieren. Und das geht gut, wenn man eingängige Melodien, nachvollziehbare harmonische Abläufe und musikalischen Witz niveauvoll zusammenführt.
Das war wohl der Grund der allseits konstatierbaren Freude am Konzert der Band „Movie Music“.

Klaus Gohlke

Zoran Terzić: Movie Music

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Zoran Terzić – Piano, Melodion
Rudi Mahall – Klarinetten
Johannes Fink – Cello, Bass
Jan Leipnitz – Schlagzeug

Beitragsbild„Movie Music“, das neue Programm des Berliner Komponisten und Pianisten Zoran Terzić, ist inspiriert von der Melancholie der Filmmusiken der 1960er und 1970er Jahre.
Zoran Terzić studierte Bildende Kunst in New York, bevor er am Lehrstuhl für nicht-normative Ästhetik in Wuppertal bei Bazon Brock promoviert wurde. Er ist sowohl Autor als auch Jazzpianist. Jahrelang war er für das Berliner Balkan Black Box Festival aktiv. Seine Monographie “Kunst des Nationalismus” (Berlin 2007) beschäftigt sich mit der Kultursemiotik des Krieges.

Inspiriert von Komponisten wie Mancini, Morricone, Svoboda, Rota, Barry, Legrand, Lai, Sarde präsentiert Zoran Terzić das originelle Repertoire mit langjährigen Weggefährten, die zu den interessantesten Musikern der europäischen Szene gehören – allen voran Rudi Mahall, einer der international meistgefragten deutschen Musiker, der als Bassklarinettist die Fackel des großen Eric Dolphy weiter trägt. Dem Braunschweiger Publikum sind seine Auftritte mit Aki Takase oder den Kultbands „Der Rote Bereich“ und „Die Enttäuschung“ in warmer Erinnerung. Mit dem Quartett Alexander von Schlippenbachs führt Mahall sämtliche 70 Kompositionen von Thelonious Monk unter dem Namen „Monk`s Casino“ in einem (!) Konzertprogramm auf. Mahall studierte ursprünglich klassische Klarinette, die er nun auch in „Movie Music“ einbringt.

Zur Band gehören mit dem Cellisten Johannes Fink und dem Schlagzeuger Jan Leipnitz zwei weitere führende Musiker aus dem Umfeld der originellen Avantgarde um Aki Takase, der Band „Günter Adler“ oder Gebhard Ullmann.
Im Niemandsland zwischen Kitsch und Avantgarde angesiedelt, besticht Movie Music durch Eingängigkeit und melodische Präsenz. Tradition und Innovation, Freiheit und Schönheit sind hier keine Gegensätze, sondern heben sich in der Energie des musikalischen Ausdrucks auf. Movie Music bezieht sich vor allem auf den Film, der im Inneren abläuft oder erst noch geschaffen werden muss.

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Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen/StudentInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Hoffmann Maschinen- und Apparatebau GmbH
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Uli Beckerhoff Quartett
plus special guest: Otto Wolters

Roter Saal im Schloss, Schlossplatz 1, 38100 Braunschweig

Uli Beckerhoff – Trompete und Flügelhorn
Richard Brenner – Piano
Moritz Götzen – Bass
Niklas Walter – Schlagzeug
Otto Wolters – Piano

Unmittelbar vor Weihnachten gastiert der Trompeter Uli Beckerhoff mit seinem neuen Quartett im Roten Saal des Braunschweiger Schlosses. Beckerhoff, der seit Anfang der Siebziger Jahre zu den führenden Vertretern seines Instruments in Deutschland und Europa zählt, hat sich für sein neues akustisches Quartett drei junge und hochtalentierte Musiker ausgesucht, die alle Eigenschaften mitbringen, die für eine große künstlerische Karriere Voraussetzung sind: höchste instrumentale Fähigkeiten, große emotionale Ausdruckskraft, Einfallsreichtum und Risikobereitschaft. Generationsübergreifend entsteht so der Raum für kreatives Zusammenspiel als Grundlage für Beckerhoffs vielseitige, swingende Kompositionen und seinen mal lyrischen, mal zupackenden Trompetenton.
Die Jazzinitiative Braunschweig hat Uli Beckerhoff im Verlauf seiner Karriere immer wieder vorgestellt: so mit den Gruppen „Riot“, „Changes“, der „International Skoda Band“ oder mit Formationen, die mit dem Braunschweiger Pianisten Otto Wolters verbunden sind. Bei unserem Konzert wird es deshalb auch zu einem Treffen dieser zwei Urgesteine des modernen deutschen Jazz und seiner pädagogischen Vermittlung kommen. Wolters wird als Gast bei einigen Stücken mitwirken.

Uli Beckerhoff spielte in zahlreichen Bands mit der Elite der deutschen Jazz-Musiker zusammen. Unter dem Namen „Changes“ stellte er Anfang der Achtziger Jahre zusammen mit Wolfgang Engstfeld, Ed Kröger, Peter Bockius und Peter Weiss die bedeutendste deutsche Neo-Bop-Gruppe zusammen, mit der er auf vielen europäischen Festivals auftrat. Er spielte in der Manfred Schoof Big Band, mit Charlie Mariano und Jasper van`t Hof, ebenso mit internationalen Jazzstars wie Stan Getz, Norma Winstone, John Taylor und vielen anderen. Er schrieb Auftragskompositionen für Rundfunksender. Beckerhoff hat an verschiedenen Institutionen als Pädagoge gewirkt. Seit vielen Jahren ist er Professor für Jazztrompete und Ensembleleitung an der Folkwang Hochschule in Essen.

Sein Schaffen ist auf zahlreichen Tonträgern dokumentiert.

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Karten:
Musikalien Bartels, 38100 Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12

Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
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– und weitere …

Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen/StudentInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Die Braunschweigische Stiftung
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Kritik zu “Uli Beckerhoff Quartett plus special guest: Otto Wolters”

Alte Hasen und junge Wilde
Das Uli Beckerhoff-Quartett und der Braunschweiger Jazz-Pianist Otto Wolters
als „Special Guest“ begeistern ihre Fans

Der Uli beschenkt den Otto und der Otto den Uli. Beide beschenken das Publikum und das beschenkt wiederum die beiden. Gelungene Weihnachten unter Jazzern, wobei der Uli das Ulrich Beckerhoff Quartett meint. Und der Otto ist der Braunschweiger Jazzpianist, den man gerne „Urgestein“ nennt, dabei ist er alles andere als Gestein, und ob er „Ur“ ist, soll beantworten, wer meint, es zu können. Ja, und das Publikum, das waren alle im ausverkauften Roten Saal des Braunschweiger Schlosses am Freitagabend, die dem Modern- Jazz-Konzert des Quartetts, für zwei Songs um Special Guest Otto Wolters erweitert, mit Sympathie und Vergnügen lauschten.

Ausverkauft- warum eigentlich? Nun, Otto Wolters hat viele Freunde in der Region, die wissen, dass er seiner Berufung, dem Jazz, immer noch mit Anspruch nachgeht. Und auch der Trompeten-Professor Uli Beckerhoff hat viele Anhänger hier. Einmal seiner Musik, seines ausgezeichneten Trompetenklangs wegen, aber auch, weil er mit Otto Wolters durch etliche gemeinsame Konzerte hier in Braunschweig schon als eine Art mystische Jazz-Einheit gilt.
Buddies, die für Jazz auf höchstem Niveau stehen. Eine innige Melange also aus persönlichem und allgemeinem Interesse auf allen Seiten.

Dabei war die Musik nicht unbedingt von einschmeichelnder Qualität. Sie war vielmehr bewusst anspruchsvoll, von gewissermaßen quer liegendem Charme. Durchaus Wohlklingendes wurde jäh mittels furioser Trompetenstöße oder -läufe in dissonantes Gestrüpp verwandelt. Unvermittelt wurden durch krassen Rhythmuswechsel lang durchgehaltene ostinate Bass-Passagen aufgebrochen ( „Capo d’Orlando“) und später wieder fortgeführt. „Heroes“ ließ merkwürdigerweise Erinnerungen an Miles Davis‘ frühe Elektrik-Phase, den Druck der Rhythmus-Gruppe vor allem, aufkommen. Soundlandschaften ließen sich erahnen, die nach schöner Entfaltung zerstört wurden. In „Tango Tragico“ zeigte diese musikalische Konzeption – man könnte sie „Änderung der Fahrtrichtung durch absichtliche Entgleisung“ nennen – recht humorvolle Züge. Ironischer Umgang mit dem typischen Tango-Rhythmus, melodische Verschleifungen, Stimmungswechsel zwischen überbordender Dramatik und Understatement ließen das Bild eines nicht ganz elegant ablaufenden Tanzabends aufkommen.

Das Quartett sorgte aber auch schon deshalb für Interesse, weil sich Beckerhoff als 70jähriger „alter Hase“ mit drei ‘“jungen Wilden“ umgab, nämlich Richard Brenner (Piano), Moritz Götzen (Bass) und Niklas Walter (Schlagzeug). Der Meister ließ ihnen völlig uneitel viel Raum, ihre musikalische Kompetenz zu entfalten. Und die war angenehm fern irgendwelcher Sturm- und-Drang-Kraftmeierei.

Aber – Anspruch und Konzept hin oder her: manchmal hätte man einfach Lust gehabt, sich musikalisch fallen zu lassen, sich mal richtig einem Groove hinzugeben. Aber vielleicht war das ja nur ein schwächelndes Begehren, das sich angesichts des unabwendbaren Weihnachtsgedudels draußen einstellte. Lang anhaltender Beifall.

Klaus Gohlke

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Die Braunschweiger Szenekneipe „Bassgeige“ feiert 40. Geburtstag

Lebenswichtiges Jazzorgan
Die Braunschweiger Szenekneipe „Bassgeige“ feiert 40. Geburtstag

„Sie haben ein Kleinod hier! Wo gibt es das noch in Deutschland?“, sagt Robert Landfermann, einer der bekanntesten deutschen Jazz-Bassisten bei einem kurzen Zwischenstopp auf der Reise von Krakau nach Köln über die „Bassgeige“ am Braunschweiger Bäckerklint. Und er muss es ja wissen, er kommt in der Welt herum. Aber – eine Jazzkneipe als Kleinod zu bezeichnen? Also als eine Kostbarkeit, ein Schmuckstück? Was soll das Kostbare, das Schmucke daran sein? Dass sie am 23. November 40 Jahre alt wird?

Seien wir ehrlich, Schönheit ist etwas anderes. „Verqualmt und abgeranzt!“, nennt die passionierte Szenegängerin Carola Remus die Kneipe. „Aber – ich mag sie halt!“ Abgeranzt? Vielleicht etwas zu hart. Aber ein echter Ra(e)ucherschuppen. Eigentlich out so etwas. Wer da reingeht, ist entweder passionierter Raucher, oder aber er nimmt die Atembeschwerden und den anschließenden Klamottengestank bewusst in Kauf. Weil, ja, weil es da etwas Wichtigeres gibt, als diesen „Kleinkram“. Was da wäre? Die Braunschweiger Jazzsängerin Britta Rex formuliert es so: „Die ‚Bassgeige‘ ist urig, ehrlich, erfrischend unangepasst an aktuelle Modeerscheinungen!“

Dieser Schlauch von Lokal, die schlichten Lampenschirme aus Peddigrohr-Geflecht, das zweckdienliche Mobiliar. Die überall – wiederum mit Carola Remus zu sprechen: „…verstaubten, liebevoll angesammelten und originell arrangierten „Steh-Herum-chen“ wie die PEZ-Figuren, die Ü-Eier-Basteleien, die Wachsposaune!“ Dazu die Plakate und Bilder. Absolut kein durchkonfektioniertes, steriles Gaststätten-Interieur. Und völlig kompatibel dazu die Erscheinung des „Bassgeigen“-Chefs Norbert „Bolle“ Bolz. Gern im karierten Hemd, die Haare altersgemäß ausgedünnt langfädig. Aber seien wir ehrlich: Der sich dokumentierende urige Eigensinn des Lokals mag seinen Charme haben, aber ein „Kleinod“ wird es dadurch doch nicht unbedingt. Nein, es ist anderes! Mehr!

„Die ‚Bassgeige‘ ist mir über die vielen Jahre gleichsam ein musikalisches Zuhause geworden!“, so Hans-Christian Hasse, Jazz-Pianist und Dozent an der TU Braunschweig. „Eine anregende, seelenvolle Oase!“, meint der Braunschweiger Bassist Heinrich Römisch. Und Thomas Geese, ortsbekannter Schlagzeuger und Jazz-Autorität, verweist auf die größeren Zusammenhänge, die diese Spielstätte so besonders sein lassen: „Bolle hat die ‚Bassgeige‘ zu einer bundesdeutschen Topadresse des hart swingenden Jazz mit amerikanischen, europäischen und natürlich deutschen Musikern gemacht! Die Bassgeige groovt!“

In der Tat! Dieser „Laden“ war über vier Dekaden so etwas wie ein zentrales Organ des Jazz. Braunschweig wurde zu einem Begriff in der Szene. Wer hier alles auflief, spielte oder einfach die Aura genoss – mit wem soll man anfangen, mit wem aufhören? Blues-Legenden wie Eddie „Cleanhead“ Vinson, Jack Dupree, Robert Lockwood Jr. gaben sich die Klinke. Jazz-Größen wie Horace Parlan, Jim Pepper, Charlie Mariano, Gerd Dudek, Joachim Kühn gastierten. Einer der gegenwärtig weltbesten Posaunisten, der Braunschweiger Nils Wogram, nennt die „Bassgeige“ einen für ihn „ganz wichtigen Ort, und zwar als eigene frühe Auftrittsmöglichkeit, als Ort produktiven Zuhörens, aber auch als Inspirationsquelle durch Bolles profunde Plattensammlung!“, die mittlerweile über 7000 Exemplare umfasst.

Lange bevor man von „Networking“ sprach, schuf Bolle sein Jazz-Netzwerk. Das bedeutete, dass er nicht nur Musiker einlud, sondern auch zu den Jazz-Brennpunkten fuhr, um dort Kontakte zu knüpfen. Die internationale, regionale und lokale Szene wurden so in Verbindung gebracht und konnten sich präsentieren. Es war und ist für viele Musiker nicht nur der Region eine Ehre, in Bolles „Baßgeige“ aufzutreten.

Und das unter diesen räumlich arg eingeschränkten Bedingungen! Die Bühne am Ende des Lokal-Schlauchs ist, wenn ein Quartett mit Akustik-Bass, Piano, mittlerem Schlagzeug und Gebläse auftritt, eher ein „Stau“-Raum von 6 Quadratmetern. Man hockt nahezu aufeinander – und fast im Publikum. „Jazz direkt vor deiner Nase (bzw. Ohren). Atemberaubend, hautnah!“, charakterisiert Uli Papke, Braunschweiger Saxofonist und Session-Organisator das Ganze.

Das ist es gerade: Clubatmosphäre mit einem ganz besonderen Ambiente. So ein wenig New York der 40er und 50er Jahre: Birdland, Village Vanguard, Onyx, gewürzt mit etwas Jazzromantik. Deswegen Raucherlokal, Kneipenbetrieb während der Konzerte, der Zwang zur Improvisation auf und vor der Bühne. „Eng, heiß und inspirierend!“, bringt es Britta Rex auf den Punkt.

Das alles lässt die Musiker auftreten, auch wenn die Bezahlung nicht Gold ist. Weit mehr als 2000 Veranstaltungen gab es bislang. Man spielt auf Eintritt, spielt auch mal für einen Appel und ein Ei, weil man andernorts eine ordentliche Gage erzielen konnte. Aber – es kann auch sein, dass Bolle zulegen muss. Die Zuhörerkapazität ist im Lokal nun mal begrenzt. Gewinnstreben war allerdings nie Bolles Sache. Man muss sich da eben durch lavieren. Und das ginge weder physisch, noch psychisch, noch betriebswirtschaftlich, hätte Bolle nicht seine Lebensgefährtin, Karin Schlesiger, als Ruhepol an seiner Seite. Und gerade jetzt, wo es mit seiner Gesundheit nicht zum Besten bestellt ist, braucht er sie mehr denn je.

Die „Bassgeige“ ist Bolle und Bolle ist die „Bassgeige“. Diese Szenekneipe und der Mann dahinter hätten den deutschen Spielstättenpreis verdient. Durch sie ist Braunschweig weit, sehr weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt geworden. Er sollte sich noch bewerben! Ja, und er sollte auch noch ein Buch über diese Geschichte Braunschweiger Kultur schreiben. Material hat er zuhauf und ein phänomenales Erinnerungsvermögen dazu.

Wie wird es weiter gehen? Bolle weiß es auch nicht so recht. Es kommt auf seinen Körper an. Läuft der weiter, läuft auch der Betrieb weiter. „Bis ich hinterm Tresen liege!“, sagt er schwarz-humorig. Mannomann. Gar nicht auszudenken, wenn dieses Kleinod plötzlich dicht machte!

Klaus Gohlke

Jamsession im Quartier

Jazzsession38 SPEZIAL: Session goes homegrown!

Opener: r2w

Sven Waida – keys
Kai Brandhorst – bass
Jürgen Schröder – git
Heiko Schwarting – drums
Hank Bogus – ts
Lucian Lohse – tr
Luki Rastlos – rap

Eintritt: frei

Christof Lauer Trio

LOT-Theater, Kaffeetwete 4a, 38100 Braunschweig

Christof Lauer – Saxofone
Thomas Alkier – Schlagzeug
Lisa Wulff – Bass

Mit Christof Lauer stellt die Initiative Jazz Braunschweig einen der führenden Tenorsaxophonisten Europas vor. Lauer spielte seit Mitte der Siebziger Jahre u.a. im Albert-Mangelsdorff-Quintett, im United Jazz und Rock Ensemble oder dem Jazzensemble des Hessischen Rundfunks. Gleichzeitig verfolgte er eigene, vielbeachtete Projekte. Seit 1993 gehört er fest zur NDR BigBand. Lauer, ursprünglich stark vom übermächtigen John Coltrane beeinflusst, hat eine eigene kraftvolle Sprache auf seinem Instrument entwickelt, mit dem er immer wieder neue Herausforderungen sucht. Eine davon ist das Spiel im Trio mit Bass und Schlagzeug, in dem er auf ein Harmonien lieferndes Instrument wie Piano oder Gitarre verzichtet. Dieses Spiel ohne Netz und doppelten Boden ist Virtuosen vorbehalten. Das berühmteste Beispiel dafür ist Sonny Rollins, der immer wieder auf diese Formation zurückgriff.

Solch ein Vorhaben kann nur gelingen, wenn Bass und Schlagzeug ebenfalls virtuos besetzt sind. Mit Lisa Wulff, der jungen Top-Bassistin aus Deutschland, und dem versierten Schlagzeuger Thomas Alkier gehören zwei zum Trio, die sich kreativ gegenseitig befeuern und gleichberechtigt mit dem Saxophon kooperieren.

Lisa Wulff, 1990 geboren, studierte Bass bei Detlef Beier in Bremen. Sie war für den Echo Jazz 2017 in der Kategorie Instrumentalist/in National Bass/Bassgitarre nominiert. Sie spielt in mehreren Bands (u. a. „Kalis“, „takodoon“) und leitet ein Quartett unter eigenem Namen. Ihre Vielseitigkeit an Kontrabass und E-Bass macht sie zu einer stark nachgefragten Künstlerin für die verschiedensten Projekte, so z. B. regelmäßig für die NDR BigBand. Tourneen unternahm sie mit Randy Brecker, Curtis Stigers oder Nils Landgren.

Thomas Alkier, Jahrgang 1965, gehört seit Jahren zu den renommierten Schlagzeugern Europas. Seine Kreativität und positive Ausstrahlung verhalfen ihm zu Engagements u.a. mit Gary Burton, Betty Carter, Michel Godard, Joachim und Rolf Kühn, Wolfgang Puschnig. Herausragend seine Zusammenarbeit mit Carla Bley und Steve Swallow u.a. im Mai 2006 bei der Aufführung von “Escalator over the Hill“ und im November 2008 bei “3/4“ mit dem Pianisten Uri Caine.

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Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
• Online über eventim
• Abendkasse

Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Sound on Screen Festival Edition

Internationales Filmfest Braunschweig e.V.

Logo

GREGORY PORTER: DON’T FORGET YOUR MUSIC
Regie: Alfred George Bailey

DEUTSCHE PREMIERE
USA, GB, F, D 2016
85 Min., OV

Beitragsbild“You have to experience life before you sing it”. Der weltweit gefeierte Jazz- und Soulsänger Gregory Porter hat wahrlich die Höhen und Tiefen des Lebens durchgemacht. Das intime Portrait des sanften Riesen mit der markanten Baritonstimme zeigt die vielen Stationen seiner turbulenten Karriere, von den ersten Schritten in der Gospelkirche bis zu seinem Welterfolg mit dem Album “Liquid Spirit”, für das er einen Grammy erhielt. Daneben hat das Filmteam die Aufnahmen zu seinem letzten Album “Take Me To The Alley” sowie zahlreiche Liveauftritte begleitet. Von seiner mitreißenden Bühnenpräsenz schwärmen auch die Interviewpartner Jamie Cullum, Van Morrison und Jools Holland.

Internationales Filmfest Braunschweig e.V. in Kooperation mit Initiative Jazz Braunschweig

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Jamsession im Quartier

Opener:

Eva Kühne – voc / git
Tobi Lampe – bass
Felix Schulz-Benn – drums
Stefanie Riemenschneider – ts

Eintritt: frei

Kritik zu “Arild Andersen Trio”

Die stille Show
Jazzkonzerte bieten dem Auge des geneigten Hörers besondere Erlebnisse

Musik ist zuallererst ein physikalisches Ereignis. Es geht um Schwingungen der Luftsäule, um physikalisch-akustische Gesetzmäßigkeiten. So weit, so einfach. Was diese Schwingungen dann hervorrufen, kann man knochentrocken und sehr zutreffend mit dem Musikhistoriker Alex Ross „eigenartige Empfindungen“ nennen. Jeder Konzertbesuch illustriert das. Gleichzeitig aber wird auch das Auge bei Konzerten angesprochen. Es soll hier nicht um die Shows populärer Musik gehen, etwa die Akrobatik-Einlagen von Helene Fischer oder die Multimedia-Shows eines Udo Lindenberg. Es geht hier nicht um zielgerichtete Handlungen, vielmehr um etwas Beiläufiges und Stilles: um Mimik und Gesten vor allem. Etwas, das besonders bei Jazzkonzerten eine zusätzliche Ebene der Beobachtung, eine zusätzliche Intimität bietet, die es anderswo in der Musik in dieser unmittelbaren Form nicht gibt.

Was erlebte man nun beim Konzert des Arild-Andersen-Trios am Samstagabend im Braunschweiger LOT-Theater so ganz beiläufig? Um es ganz klar zu sagen: nichts Sensationelles. Etwas, was sich in jedem Jazzkonzert ereignet, allerdings kaum Beachtung findet, obwohl es doch individuell immer wieder anders ausgeprägt ist.
Also: Andersen spricht seine Musik, zumindest bewegen sich seine Lippen während des Spielens permanent. Es könnte auch ein inneres Singen sein. Jedenfalls eher still. Nicht wie bei Keith Jarrett dieses hochtönige Untermalen.
Der schottische Saxofonist Tommy Smith fällt auf andere Weise auf. Nicht beim Musizieren, wohl aber beim Zuhören. Er geht in die Hocke, fixiert seinen Bandleader aufmerksam und zeigt sich bei einigen Bassläufen höchst interessiert. Gleichzeitig verfolgt seine rechte Hand oft den rhythmischen Verlauf des Spiels seiner Kollegen. Er kann nicht loslassen, wenn man so will. Thomas Strønen, der Schlagzeuger, wird auf seltsame Weise von der Rhythmusarbeit angepackt. Je nach dynamischem Einsatz streckt sich der ganze Körper nach oben, dreht sich nach links bzw. rechts, begleitet mitunter von einem milden Lächeln. Nach Phasen höchster Konzentration, im Spannungsabfall, wirkt er wie im Trance-Zustand mit glasig-verschleiertem Blick.
Interessant sind die Momente, und derer gibt es an diesem Abend recht viele, in denen die Musiker lächeln: einzeln, zu zweit oder auch kollektiv. Was mag das Belustigende, Erfreuliche sein? Man kann oft nur rätseln. Eine unerwartete Variante im Spiel? Ein kleiner Fehler, nur dem Insider bemerkbar? Ein besonderer musikalischer Coup? Oder ziehen die Burschen nur die Shownummer „cooler Jazzer“ ab? Mitunter aber ist der Grund erkennbar. Wenn Andersen etwa mitten im Stück den Rhythmus über drei, vier Takte jäh verändert. Einfach so ein kleiner musikalischer Scherz. Variatio delectat. Das lässt schon mal grinsen.
Dass das Spiel an die psycho-physische Substanz geht, ist nicht zu verbergen. Es muss nicht unbedingt so ein speediger Fetzer sein wie „Outhouse“, der nach Luft schnappen lässt. Auch langsame Balladen, Uni-Sono- und Soloparts fordern Etliches ab, was zu einem Aufrichten, Lockern, Zurücktreten zwingt. Vor allem zu einem ständigen Blickkontakt während des Spiels. Man nennt das „das Interplay“, das Zusammenwirken der Musiker, hier auf der visuellen Ebene. Man mag noch so lange miteinander gespielt und Automatismen eingeschliffen haben. Der Zeitpunkt der Changes, die Dauer der Soli, die emotionale Verfassung der Einzelnen kann nur über den Blick erfasst werden. Interplay als Spiel der Blicke zwischen den Protagonisten.

Die drei Herren sind allesamt gestandene Musiker, aber – und das sollte das Publikum in seinem Selbstwertgefühl doch erheblich stärken – wenn es den Zwischenbeifall für gelungene Solo-Arbeit gibt, dann freuen sie sich aufrichtig. Tommy schottisch knapp, Thomas noch etwas erschöpft, am gelöstesten aber Arild, trotz seiner fast 50jährigen Karriere. Und diese Freude über ein gelungenes Konzert und die Ovationen des Publikums erscheint wieder völlig ungekünstelt am Konzertende und wird mit Zugaben belohnt.
Und was sieht der Musiker, wenn er ins Publikum blickt? Das sei ein anderes Thema.

(Ein Beitrag zu Peter Rüedis „Ästhetik des Beiläufigen“)

Klaus Gohlke

Arild Andersen Trio

LOT-Theater, Kaffeetwete 4a, 38100 Braunschweig

Arild Andersen – Kontrabass
Tommy Smith – Saxofon
Thomas Strønen – Schlagzeug

Im letzten Jahr war der in den USA lebende britische Jazz-Bassist Dave Holland mit seinem Trio bei uns zu Gast und spielte ein eindrucksvolles Konzert. Im Herbst dieses Jahres nun präsentieren wir wiederum einen großartigen Bassisten, keinen geringeren als „One of Europe’s leading bassplayer“ (all about Jazz), den Norweger Arild Andersen. Auch er im Trio-Format, auch wieder im Braunschweiger LOT-Theater.
Andersen ist ein Meister des vollendeten Tons. Technisch perfekt, unangestrengt und makellos elegant fließen seine Basstöne, gerne elektronisch angereichert mit einem Electro Harmonix Delay. „It’s about sound – and that is in your mind, as well as in your fingers!“, wie er im Gespräch bekannte.

Seine eigene Stimme fand Andersen früh in den 70er Jahren im Zusammenspiel mit den Größen der improvisierten Musik wie Stan Getz, Sonny Rollins, Dexter Gordon, Chick Corea, Paul Bley, um nur einige zu nennen. Aber anders gewichtend als Dave Holland – erweiterte Andersen die damals dominierende US-amerikanische Tonsprache um spezifische europäische musikhistorische Traditionen und ethnomusikalische Vielfalt.
„Jazz muss nicht mehr nach dem amerikanischen Reinheitsgebot gespielt werden. Die Ursprünge des Jazz in Amerika sind immer noch spannend, die amerikanischen Meister grandios, aber Jazz steht für Freiheit, sich musikalisch neue Wege, neue Ausdrucksformen zu suchen!“, so Andersens Credo.

Ergebnis war das umwerfende Arild Andersen Quartet mit Jon Christensen, Nils Petter Molvær, Jon Balke und Tore Brunborg, das die europäische Jazzmusik viele Jahre beeinflusste. Gleichzeitg erschloss Andersen aber auch Querverbindungen zwischen traditioneller norwegischer Folkmusik und modalem Jazz, die er orchestral ausbaute. Immer wieder aber – darin Dave Holland sehr ähnlich – zieht es ihn zu Jazz-Kleinformaten, besonders dem Trio. Ob mit Ralph Towner und Nana Vasconcelos; mit Markus Stockhausen und Patrice Heral oder jetzt wieder und hier in Braunschweig mit Tommy Smith (sax) und Thomas Strønen (dr).

Was ihn an diesem Trio reizt, umreißt Andersen so: „Die gemeinsame Klangsprache, eine treibende Energie, die sich immer wieder eigene künstlerisch zutiefst befriedigende Wege bahnt.“

Andersen nennt Tommy Smith einen der besten Saxofonisten der Welt, der wohl nur deshalb nicht im Rampenlicht der Jazzwelt steht, weil er ein absoluter Teamplayer ist (u.a. mit Gary Burton, Chick Corea und John Scofield).

Thomas Strønen (1972) ist ein norwegischer Jazz-Schlagzeuger und Komponist, der an über 60 Alben mitgewirkt hat. Er hat mit international bekannten Künstlern weltweit zusammengearbeitet wie Iain Ballamy, Arve Henriksen, Mats Eilertsen,Eivind Aarset, Nils Petter Molvaer, Bob Stenson, John Taylor,Sidsel Endresen, Bugge Wesseltoft, Tomasz Stanko und Ernst Reijsegger.

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Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
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Interview mit Arild Andersen

Feine Klangsprache, famose Energie
Ein Interview mit dem norwegischen Bassisten Arild Andersen

Gute Nachrichten für die Braunschweiger Jazzfreunde! Nach Dave Holland im letzten Jahr kommt wiederum ein herausragender Jazzbassist ins Braunschweiger LOT-Theater: der Norweger Arild Andersen mit seinem Trio. Klaus Gohlke telefonierte mit dem in Oslo lebenden Bassisten.

Arild, du bist jetzt einundsiebzig Jahre alt. Immer noch die große Lust auf Tour zu gehen?

Ja, durchaus. Konzerte spielen ist etwas Unersetzbares im Leben. Nur die Flughafen-Checkerei nervt immer mehr, zumal mit dem dicken Instrument.

Warum spielst du nicht den handlicheren E-Bass?

Ich hab das ja auch eine Zeitlang gemacht. Aber dann hörte ich Jaco Pastorius (einer der einflussreichsten E-Bassisten, der das Bass-Spiel musikalisch revolutionierte. K.G.). Seine Technik auf dem Instrument war überwältigend, unerreichbar. Also konzentrierte ich mich auf den Kontrabass. Jacos musikalisches Verständnis aber, was die Rolle des Basses im Zusammenspiel betrifft, sein melodisches Verständnis, das teile ich voll und ganz.

Du hast mit den ganz Großen des US-amerikanischen Jazz zusammengespielt. Du wolltest aber nicht wie etwa Dave Holland in New York bleiben.

Es gibt einen großen Unterschied zwischen amerikanischem und europäischem Jazzmusizieren. In Amerika ist die Band in der Regel um einen Star, der der Boss ist, geschart. Top-Down. Ich habe ja gelernt bei den Großen des amerikanischen Jazz: Sonny Rollins, Dexter Gordon, Chick Corea. Wenn du mit Dexter auf der Bühne standest, rief er plötzlich mitten im Song: „Next „Cherokee“ und dann musstest du das drauf haben, keine Absprache vorher, er war der Boss. Der europäische Jazz zeichnet sich durch ein demokratischeres, gleichberechtigteres Zusammenspiel aus. Es ist ein gemeinsames Herausarbeiten musikalischer Ideen, die eine klangliche Identität einer Band entstehen lässt. Die Basis des amerikanischen Jazz ist der Blues. Hier in Europa spielen darüber hinaus immer mehr eigene musikalische Traditionen eine Rolle, aber auch die zeitgenössische Kunstmusik.

Bei norwegischem Jazz denken viele Jazzfreunde an einen speziellen skandinavischen Sound: Klare, kühle Töne, die Landschaftsbilder evozieren, sehr melodiös.

Du meinst diesen spacigen Sound mit viel Reverb, also den Jan Garbarek-Klang der 70er Jahre? Das war eine Zeitlang sehr angesagt. Damit habe ich es nicht so sehr. Ich knüpfe an am traditionellen Jazz. Aber ich bin beeinflusst sowohl von der schönen Schlichtheit der norwegischen Folklore, wie ich auch zurückgreife auf die Abstraktionen zeitgenössischer Neuer Musik. Ich habe ja auch spirituelle Musik geschrieben und Film-und Theatermusiken.

Wenn du auf deine Jazzgeschichte blickst: gibt es da einschneidende Veränderungen?

Durchaus. Zwei zentrale Einschnitte sehe ich. Miles Davis‘ Album „Bitches Brew“ war der Bruch schlechthin. Weg von aller Swing-Ästhetik. Dafür elektrischer Jazz-Rock. Rhythmisch völlig anders gedacht, eine eigenartige Offenheit. Die andere zentrale Veränderung ist die jetzt gängige Verwendung ungerader Rhythmen. Das gab es auch schon früher, etwa bei Brubeck. Aber jetzt sind die komplexen Rhythmen nahezu üblich. Mich interessiert das nicht so sehr.

Wo warst du eigentlich musikalisch als junger Mann, damals als es z.B. die Stones- und Beatles-Debatten bei den Fans gab?

Beatles? Wunderbare Melodien. Und die Rolling Stones habe ich auch im Konzert kennengelernt. Aber erst viel später. Was Gitarrenmusik angeht, so fand ich Charlie Christian stark. Ansonsten Miles Davis, Herbie Hancock. Den Bassisten Gary Peacock oder Stan Getz am Saxofon. Ich war also etwas anders orientiert als die meisten Jugendlichen damals.

Was können wir dann bei deinem Konzert in Braunschweig erwarten?

Eine sehr abwechslungsreiche, durchaus auch melodische Musik. Eine feine Klangsprache, famose Energie und ab und an Herzschmerz.

Klaus Gohlke

Julian & Roman Wasserfuhr Quartett

Julian Wasserfuhr – Trompete
Roman Wasserfuhr – Piano
Oliver Rehmann – Schlagzeug
Markus Schieferdecker – Bass

Schon als Teenager galt Julian Wasserfuhr als größtes deutsches Ausnahmetalent an der Trompete seit Till Brönner. Zusammen mit seinem Bruder Roman am Klavier bildet er ein unzertrennliches Paar. Ihre (Seelen-)Verwandtschaft kommt dem gemeinsamen Spiel zugute. Die Vertrautheit der Brüder verleiht der Musik einen entspannten und unangestrengten Charakter. Ob mit Trompete oder Flügelhorn, Julian ist kein Vertreter der Höher-Schneller-Weiter-Fraktion. Mit seinem warmen Ton schafft er atmosphärische Klangräume. Sein Bruder Roman ist mit seinem akzentuiert-strahlenden Klavierspiel an dem frischen, aber dennoch ausgereiften und luftigen Sound der Band nicht minder beteiligt.

Nach ihrem hochbeachteten Debüt „Remember Chet“, das die beiden als Teenager aufgenommen haben, starteten sie in der deutschen Jazzlandschaft durch. Bald schon spielten sie mit Größen wie Nils Landgren, Lars Danielsson oder Wolfgang Haffner zusammen und fanden zugleich immer mehr zu einem eigenen, charakteristischen, melodisch-atmosphärischen „Wasserfuhr-Sound“:

„Ich mag den Mut zur Einfachheit, den die beiden besitzen. Das muss man sich trauen. Zu bewundern ist dann das Gegenteil von “Angeber–Jazz“, bringt es der Schauspieler Matthias Brandt es auf den Punkt.

Der Titel des neuen Albums, das das Wasserfuhr-Quartett in Braunschweig vorstellen wird, „Landed In Brooklyn““ (ACT/edel), ist augenzwinkernd gemeint: Zwei Jazz-Youngsters aus der deutschen Provinz haben sich auf den Weg über den Atlantik gemacht, um in der Metropole New York ein Album mit US-Jazzgrößen aufzunehmen. „Für uns als Musiker ist es immer das Wichtigste, nicht stehen zu bleiben. Ständig sucht man nach Inspiration, um sich weiterzuentwickeln.“

Ergebnis ist eine Musik, die Ohren verwöhnt und Herzen anspricht. Die sensibel gespielten Songs wirken wie Balsam für die Seele, umschmeicheln, ohne dabei in irgendeiner Form seicht zu klingen.

“Landed in Brooklyn“ erzählt von der Stadt und seinen Musikern. Ein atmosphärisch dichter Mainstream-Jazz ist entstanden, der Bilder im Kopf hervorruft. Emotionen werden transportiert. Das Album ist zupackender und, im besten Sinne des Wortes, verspielter geworden, swingender, schlussendlich amerikanischer als seine Vorgänger, aber ohne den typischen Wasserfuhr-Sound zu verlieren.

Unterstützt werden die Wasserfuhr-Brüder durch Oliver Rehmann am Schlagzeug und Markus Schieferdecker am Bass. Absolut nachgefragte Rhythmiker, die aber nicht nur Sidemen sind, sondern produktiv-herausfordernd dazu beitragen, dass der Quartett-Klang eine abgerundete Tiefe erhält.

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Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
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Kritik zu “Philipp Brämswig Trio”

Entspannte Raffinesse
Das Trio des Kölner Gitarristen Philipp-Brämswig beeindruckt mit zeitgenössischem Jazz

„Ich bin Fingerstyler und keineswegs jazz-affin, aber das war gut! Danke für den tollen Abend!“ Kritische Distanz, Respekt, Begeisterungsfähigkeit und Offenheit für Unbekanntes spricht aus diesem Kommentar eines Gitarrenpraktikers. Der nahezu ideale Konzertbesucher, fern von Fan-Gehabe.

Und was er hörte, das war ein Konzert des Kölner Gitarristen Philipp Brämswig, der mit seinem Trio am Freitagabend im Braunschweiger Lindenhof auftrat. Gespielt wurde Jazzmusik mit rockigem Einschlag. Ungebunden, was die Stilistik betraf. Vom Kontext her eher us-amerikanisch geprägt. Das betrifft zum einen Brämswigs Gitarrenvorbilder, vor allem Wayne Krantz, John Scofield, Pat Metheny. Aber auch die Präsentation des Trios, bei der der Gitarrist deutlich im Zentrum des Geschehens steht.

Vor allem Fabian Arends am Schlagzeug, aber auch Florian Rynkowski am E-Bass übernahmen eher die grundierenden Aufgaben, was nicht gering zu schätzen ist. Das Zusammenspiel zu strukturieren, Akzente zu setzen, auch Widerpart zu sein, bedarf tiefen Verständnisses der kompositorischen Absichten und geistesgegenwärtiges Reagieren im Miteinander. Arends und Rynkowski waren da die denkbare beste Wahl.

Denn Brämswig forderte sie gehörig mit seinem variantenreichen Saitenspiel. Mal im freieren Duktus zwischen mäandernden spacig-disparaten Klängen und rasanten rockigen Ausbrüchen („Anger Management“). Dann wieder eher durchkomponiertes, an einen Altmeister der Jazzgitarre wie Jim Hall erinnerndes Fingerpicking, das plötzlich in ein dichtes fusionartiges Geflecht überführt wurde („Prisma“). Die Übergänge zwischen rasantem Einzelsaitenspiel und differenzierter Akkordarbeit sind elegant, Griff- und Anschlagstechnik virtuos. Alles ist frei von Effekthascherei. Das gilt im Übrigen auch für den Einsatz elektronischer Mittel, der völlig funktional erfolgt und auch bei affekt-geladenen Ausbrüchen nicht ins Lärmende abdriftet.

Es ist verblüffend, mit welcher Raffinesse, Sicherheit und Entspanntheit die drei der jungen Kölner Jazzszene zuzuordnenden Musiker miteinander kommunizieren. Kein Wunder, dass das Trio unlängst den zweiten Preis im Finale des Neuen Deutschen Jazzpreises gewonnen hat. Und eben auch kein Wunder ob des lang anhaltendenden Beifalls eines sehr sachkundigen Publikums.

Klaus Gohlke

Philipp Brämswig Trio

Philipp Brämswig – Gitarre
Fabian Arends – Schlagzeug
Florian Rynkowski – Bass

Moers 2016. Das Kölner „Subway Jazz Orchestra“ spielt. Eine Bigband mit den üblichen Solo-Parts. Ein junger Gitarrist steht auf und legt los. Phänomenal. Alle Gitarren-Idiome sind ihm geläufig. Noch beeindruckender sein Interplay bei den morgendlichen Sessions: einfühlsam, vorantreibend, melodieorientiert, abstrakt. Er tanzte beeindruckend „auf allen Hochzeiten“.

Es geht um den Kölner Gitarristen Philipp Brämswig. Ein junger Mann mit „Top Talent Stipendium“, Studien in New York bei Wayne Krantz und Dave Liebman. Begleiter u.a. von Charlie Mariano, Richie Beirach, Bob Mintzer.

Die Gründung einer eigenen Band war die logische Konsequenz. Ein Trio, zusammen mit Fabian Arends am Schlagzeug und Florian Rynkowski am Bass. Alles junge gefragte Musiker der Kölner Szene.

Beeindruckend ist Brämswigs zupackendes und zugleich durchdachtes Gitarrenspiel. Im Trio mit Florian Rynkowski am elektrischen Bass und Drummer Fabian Arends, dessen Spiel erkennen lässt, dass er bei Jonas Burgwinkel in die Schule gegangen ist, hat Brämswig einen traumhaft eingespielten Klangkörper geformt, der vertrackte Rhythmen so furios wie mühelos durchforstet. Balladeske Figuren, für deren Gestaltung Brämswig das Plektrum aus der Hand legt, spielen die drei Musiker ebenso perfekt aufeinander bezogen wie die rockigen Gebilde, die sie mit Fusionsounds überziehen. Kein Wunder, dass dem Liner-Notes-Verfasser Bill Milkowski zu Brämswigs Trio an einer Stelle Methenys berühmtes Trio mit Jaco Pastorius und Bob Moses einfällt.

Das Trio präsentiert seine aktuelle, vom Deutschlandfunk geförderte und von der Fachpresse sehr lobend aufgenommene CD „Molecular Soul“. Auf dieser schaffen sie Klangwelten jenseits von Stilgrenzen und erfreuen sich und ihre Zuhörer an ihrem berauschenden Zusammenspiel. Neben einer natürlichen Virtuosität ist vor allem die mal einfühlsame, mal zupackende Interaktion zum Markenzeichen der Band geworden.Die Kompostionen des Bandleaders sind Schmelztiegel verschiedenster musikalischer Einflüsse und vereinen Intellekt und Groove.

Neuester Höhepunkt der Wertschätzung ihrer Musik: Nominierung für das Finale des Neuen Deutschen Jazzpreises in Mannheim 2017.

Willkommen in Braunschweig.

Karten:
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Jazz und Film in der Reihe “Sound on Screen” – MILES AHEAD

Universum Filmtheater, Neue Straße 8, 38100 Braunschweig

MILES AHEAD
Regie: Don Cheadle, USA 2015, 100 Min., OmU


„Ich denke, ich habe die Musik fünf oder sechs Mal neu erfunden“, so Miles Davis selbstbewusst und das war nicht mal gelogen. Marvel-Star Don Cheadle als Haupdarsteller und Regisseur nähert sich dem legendären Jazz-Trompeter und konzentriert sich auf die dunkle Zeit zwischen 1975-80. „Cheadle ist saucool!“ so der Rolling Stone. Mit Don Cheadle, Ewan McGregor, Michael Stuhlbarg, ua.

Featured by Initiative Jazz Braunschweig!

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ANSCHLIESSEND
Ausstellungseröffnung im Riptide mit Jazz-Impressionen von Heinrich Römisch sowie Jazz-Konzert mit LAOKOON TRIO (Ireneusz Kułakowski, Flöte), Elmar Vibrans, Piano, Heinrich Römisch, Kontrabass).

NDR Bigband feat. Omar Sosa und Ernesto Simpson

LOT-Theater, Kaffeetwete 4a, 38100 Braunschweig

NDR-Bigband
feat. Omar Sosa (p) und Ernesto Simpson (dr)
Leitung: Geir Lysne

Seit über 40 Jahren ist die NDR-Bigband als Jazz-Orchester eine Instanz. Entstanden aus den Wurzeln eines reinen Rundfunk-Ensembles, hat sie sich seit den 70er Jahren zu einer Band entwickelt, die nicht nur ein umfassendes Jazz-Repertoire bedient, sondern auch eigene Impulse setzt, Genregrenzen erweitert, mit Weltstars auftritt und diese zu Konzerten in alle Ecken Norddeutschlands holt.

In diesem Jahr präsentiert die Bigband unter der neuen Leitung des norwegischen Saxofonisten und Komponisten Geir Lysne den in Barcelona lebenden kubanischen Pianisten Omar Sosa sowie Ernesto Simpson als Unterstützer am Schlagzeug.

Omar Sosas Musik weist eine große stilistische Bandbreite auf und ist von vielfältigen Einflüssen geprägt. Auf einem Fundament des Latin Jazz und afrokubanischer Rhythmen verarbeitet er nordafrikanische traditionelle Musik. Seine Musik betrachtet er als Ausdruck seines politischen und spirituellen Bewusstseins. In seinem Projekt „es:sensual“ mit der NDR-Bigband will er die verschiedenen Seiten seiner Persönlichkeit zusammenführen, getrieben von der unstillbaren Lust, immer wieder Neues zu versuchen.

Zur Aufführung gelangen Kompositionen, die von dem brasilianischen Cellisten Jaques Morelenbaum arrangiert wurden. Sosa erklärt: “Ich will meine afro-kubanische Seite zeigen, aber auch meine elektronische. Ich bin kein Jazzpianist, ich spiele keinen Bebop oder Swing. Jazz ist meine Philosophie: Es ist die einzige Musik, in der auch andere Musiken ihren Platz haben. Es soll eine aufregende Reise mit der NDR-Bigband werden. Die Band selbst und ihr Farbenreichtum sollen in den Vordergrund rücken. Farben, die man im Gedächtnis behält! Blumen, Vögel, Sonne. Kraftvolle Musik, aber ohne dabei Muskeln spielen zu lassen.“ Der kubanische für den Grammy nominierte Schlagzeuger Ernesto Simpson wird ihn dabei tatkräftig unterstützen.

Karten:
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Kritik zu “NDR Bigband feat. Omar Sosa und Ernesto Simpson”

Herrliches afrikanisch-karibisches Gebräu
Die NDR-Bigband spielte unwiderstehlich im Braunschweiger LOT-Theater

Jazzkonzert im LOT Braunschweig genau zur Wochenmitte und dann ausverkauft? Schwer vorstellbar, aber Tatsache. Doch recht eigentlich überhaupt kein Wunder. Denn der musikalische Lockstoff war die NDR-Bigband unter der Leitung des Norwegers Geir Lysne. An sich schon ein Zugpferd. Aber insofern sie mit drei Special Guests ein respektables kubanisches Upgrade bot, stieg die Anziehungskraft um ein Vielfaches. Omar Sosa am Piano und Keyboard, Ernesto Simpson an den Drums und der Bassist Omar Rodriguez Calvo spielten die Lockvögel.

Nun ist Omar Sosa schon als Erscheinung wundersam eindrucksvoll. Groß, schlaksig, in weiße mit ornamentaler Bestickung verzierte Tücher gehüllt. Weiß behütet, schrille Brille, Fußbänder, eine extrovertierter Showman. Oft die Beine weit gespreizt: ein Fuß auf dem Klavierpedal, der andere auf dem Volumenregler des Keyboards. Die Rhythmen mitsprechend, Soli mimisch-gestisch lebhaft begleitend: ein echter Hingucker.

Was er aber mitsamt der Band an musikalischer Substanz ablieferte, ließ das Optische nahezu vergessen. Man müsste schon ein hochqualifizierter Genre-Spezialist sein, um genau sagen zu können, was da jeweils in welchem Moment afrikanisch, kubanisch, brasilianisch, was Cha-Cha-Cha, Merengue, Mambo oder Samba war. Aber nicht nur das: auch europäische Klassik, Folkrückgriffe und Modern Jazz-Elemente wurden mühelos integriert und zu einem mal wilden, mal melancholisch balladesken Gebräu zusammengeführt.

Mitunter regelrecht aufschreckend, wenn die Posaunengruppe rhythmisch auf einem völlig anderen Gleis zu fahren schien! Oder aber die Trompeter plötzlich so dissonant spielten, dass man aufs erste Hören auf vertauschte Notenblätter schloss.

Wunderbar die Idee, nach der Pause zunächst Sosa und Simpson mit „Muovente“ stimmungsvoll allein auftreten zu lassen. Um dann – ergänzt um Calvo und den Perkussionisten Marcio Doctor – nahezu herzschmelzend „Alma“ zu zelebrieren, das die bei uns als „Guantanamera“ bekannte Melodie entfaltete. Zunächst sanft, dann verfremdeter mit sehr gewagten Übergängen bei den Akkordverbindungen.

Schön war, dass Sosa seinerseits den Solisten der Bigband Raum für ihre musikalischen Ideen ließ und so nie das Gefühl eines künstlerischen Gefälles entstehen ließ. Allerdings: Dafür sind die (ausschließlich) Männer aber auch zu gut!

Schließlich: Dass das Konzert so mitreißend war, lag nicht zuletzt an den wunderbaren Arrangements, die der brasilianische Cellist Jaques Morelenbaum für die Sosa-Kompositionen ersann.

Zum Schluss, völlig klar, stehende Ovationen!

Klaus Gohlke

Interview mit Jakob Bro

Eine Jazz-Super-Group gastiert am 23. April im Braunschweiger LOT. Der dänische Ausnahme-Gitarrist Jakob Bro hat eine der heißesten Rhythmusgruppen um sich geschart: Thomas Morgan am Bass und Joey Baron am Schlagzeug spielen alles und überall auf der Welt. Was die Braunschweiger Jazzfans erwartet, erkundete unser Mitarbeiter Klaus Gohlke im Telefon – Interview mit dem Kopenhagener Musiker.

Jakob, ihr habt beim Edel-Label ECM zwei CDs eingespielt. Ihr tourt erfolgreich durch die Welt. Was fasziniert die Leute an eurer Musik?

Das sind zwei Dinge, die miteinander zusammen hängen. Zum einen schreibe ich gern kleine, einfache Melodien. Einfach heißt nicht oberflächlich und banal. Mir liegt daran, dass die Zuhörer sich in den Melodien zurecht- und wiederfinden können. Andererseits meint einfach, dass meine beiden Mitspieler Raum genug finden, auf vielfältigste Weise kreativ mit diesen Melodien umzugehen. Es geht also um Offenheit.

Mir scheint, dass deine Musik aber auch große Zeithorizonte eröffnet. Entschleunigst du die Musik absichtlich?

Das ist kein Programm. Aber es stimmt schon. Klänge und Stimmungen brauchen Zeit, sich entfalten zu können. Sowohl wir als Musiker, aber genauso die Zuhörer müssen Zeit haben, den entstehenden Eindrücken nachgehen zu können. Das widerspricht durchaus dem Zeitgeist, der von Hektik geprägt ist.

Könnte man dich als Ton-Maler bezeichnen, als musikalischen Impressionisten?

Ja, das ist ein schönes Bild. Aber ich bin das nicht im strengen Sinne des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Ich liebe schon tonale und rhythmische Offenheit. Es geht mir um Klangfarben, die wir erzeugen und variieren können. Um vielfältige musikalische Einflüsse. Aber immer orientiert an Melodien.

Die Jazzliebhaber sagen oftmals über deine Musik: „Ja, sehr schön. Aber ist das Jazz?“

Ich denke über so etwas nicht nach. Mein Vater brachte mir die Bigband-Musik nahe. Ich selbst war beeindruckt vor allem von Trompetern und Saxofonisten. Armstrong, später Tomasz Stanko, Jan Garbarek. Die Rhythmiker inspirierten mich. Ich höre Klassik, Rock. Eben gute Musik. Ich liebe Kreativität, Spannung und Aufregendes. Es gibt keine Vorgaben, stattdessen einen freien Ansatz. Das ist für mich Jazz. Die Schublade interessiert mich nicht.

Ihr habt im April/ Mai 18 Konzerte in 18 Tagen. die finden in England, Deutschland, Ungarn, Dänemark, Österreich und der Schweiz statt. Einer Woche später fliegt ihr nach Japan. Wie stehst du das durch?

Das geht nur mit so wunderbaren Musikern, wie es Joey und Thomas sind. Und mit einem einfühlsamen Publikum, wie wir es immer wieder erleben. Ich denke, das wird auch in Braunschweig so sein.

Das Jakob-Bro-Trio spielt am 23. April 2017 im LOT-Theater Braunschweig, Kaffeetwete 4a um 20 Uhr. Vorkauf an den üblichen Vorverkaufsstellen und über Eventim im Internet. Abendkasse: 25/22/10 Euro.

Jakob Bro Trio

LOT-Theater, Kaffeetwete 4a, 38100 Braunschweig

Jakob Bro – Gitarren
Joey Baron – Schlagzeug
Thomas Morgan – Bass

Jakob Bro TrioWäre der Begriff nicht so belastet, könnte man das Jakob Bro Trio eine kleine Supergroup nennen. Jakob Bro, Top-Gitarrist aus Dänemark (Composer of the Year und Album of the Year 2016), Joey Baron, US-Multi-Stilist an den Drums, bekannt vor allem durch seine Zusammenarbeit mit John Zorn und Bill Frisell, und dann noch Thomas Morgan, Bassist, als Modern Creative unterwegs mit allem, was Rang und Namen hat.
Bro wird gern als “Aquarellist mit der Gitarre” bezeichnet. Das bezieht sich auf die von ihm entworfenen nahezu schwebend wirkenden Klanglandschaften. Die klaren, lang anhaltenden, vor allem mit Delay-Effekten angereicherten Gitarrenlinien, die sich auf das Melodische rückbesinnen. Es ist in gewisser Weise skandinavischer Jazz: Die Musik kennt überwiegend keine Eile, wirkt sphärisch, ist aber überhaupt nicht kühl, eher melancholisch-reflektierend. Sie verschafft der Zuhörerin, dem Zuhörer ungemein viel Reflexions- und Gefühlsräume. Dass es mitunter aber auch ganz anders zugehen kann, sei nicht verschwiegen.
“Ich sehe Musik als ein Ganzes”, sagt Bro über seinen musikalischen Ansatz. “Nicht als Bühne für solistische Akrobatik. Jeder in der Gruppe muss die gleiche Verantwortlichkeit beim Spielen erhalten. Ich genieße es, wenn ich Stimmungen und gewisse Strukturen entwerfe und wir dann zusammen auf Entdeckungsreise gehen. Also keine festen Vorgaben von mir. Vielmehr möchte ich, dass Joey und Thomas auf ihre Ideen und Intuition vertrauen und die Musik in nicht vorher zu erwartende Richtungen lenken. So passiert immer wieder Neues, die Musik geht ihren Weg. Sie strömt. Deshalb ist der Titel unserer letzten ECM-Einspielung 2016 folgerichtig: “Streams”.”
Folgen wir also den Strömen.

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
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Kritik zu “Jakob Bro Trio”

Nahezu unverschämt wohlklingende Musik
Das Jakob Bro Trio beeindruckt mit Horizont erweiterndem, zeitgenössischen Jazz

„Was für ein außergewöhnliches Konzert!“, äußerte sich eine Besucherin höchst zufrieden. Was den allgemeinen Eindruck treffend wiedergab. Allerdings fiel auch die eher entrüstete Aussage, dass das doch wohl kein Jazz gewesen sei.
Als wüsste irgendjemand zu sagen, was Jazz ist! Man kann höchstens in Anlehnung an Ludwig Wittgenstein sagen: „Jazz ist alles, was der Fall ist!“ Aber, nichts für ungut. Es lohnt
schon, gerade für den Skeptiker, darüber nachzusinnen, was denn das Außergewöhnliche des gut besuchten Konzerts des Jakob Bro Trios am Sonntagabend im Braunschweiger LOT-Theater gewesen sein könnte.
Mit „Gefion“ eröffnet Bro das Konzert. Gefion, die Asenjungfrau, Beschützerin der Jungfrauen, rein wie der Morgentau. So auch das Gitarrenintro: ein durchgehender Schwebeton im Hintergrund. Darauf Tontupfer, Flageoletts, später perlende Tonfolgen in den höheren Lagen. Hier und da etwas Beckenblech, ein Trommelschlag.
Dann klinkt sich der Bass ein. Grundtöne betonend, erst später sich lösend, um die Tonfolge, die sich verdichtet, zu umspielen, zu grundieren, zu akzentuieren.
Das alles in größter Ruhe ausgebreitet, nur minimal variiert, Geduld einfordernd. Welch ein Wohlklang, den Bro erst spät und ganz sparsam zu brechen beginnt. Auch die folgende Komposition „Copenhagen“ verharrt im Gestus ruhigen Dahinfließens. Die Musik taucht wie aus einer Tiefe heraus auf, wird immer erkennbarer und versinkt wieder. Man hat Zeit, sich Bilder zur Musik vorzustellen.

Natürlich gibt es auch mal eine Uptempo-Nummer mit rasantem Bass-Intro, angezerrten Gitarrenriffs und Solopassagen, sowie explosive Schlagzeugausbrüche. Das sind notwendige Ingredienzien, um die melodisch gesinnte, harmonisch fundierte und beharrliche von langbogigen Steigerungsdramaturgien geprägte strenge Variationsästhetik umso deutlicher hervor heben zu können. Meisterlich dargeboten mit „Heroines“.

Und damit sind wir schon bei der Antwort auf die Frage nach dem Besonderen dieses Konzertes. Melodische und rhythmische Muster werden von Bro, ohne den klanglichen Grundeindruck, den Sound insgesamt zu durchbrechen, immer wieder minimal verändert. Und dafür bedient er sich notwendigerweise der Tonschichtungen mittels der Looptechnik und der extensiven Delays. Das ist kein modischer Schnickschnack. Um der Gefahr eines gewissen Schematismus zu entgehen, werden Thomas Morgan am Kontrabass und Joey Baron am Schlagzeug zu eigenwilligen handlungstragenden, gestaltenden Subjekten.
Baron schien lange Zeit demonstrieren zu wollen, dass die Bezeichnung Schlag-Zeuger absurd ist. Er schlug nicht. Er streichelte Becken und Felle, arbeitete mit Besen, Fellschlägeln, Light Rods; erst im vierten Stück des ersten Sets verwendete er die üblichen Sticks. Es gab nicht das durchlaufende Hi-Hat-Spiel, nicht den Bassdrum-Dauerpuls. Er akzentuierte transparent und mitunter koboldhaft dazwischenfahrend.
Und Thomas Morgans Bassspiel war von einer ganz erstaunlichen Varianz. Auf nahezu unverschämte Weise vermochte er dem Schönklang noch mehr Tiefe zu verleihen, um dann aber immer wieder ganz eigenwillig zu interpunktieren. Wie er in diesen Soundlandschaften unverdrossen Strukturen einzog und den Kontext nicht aus den Augen verlor, war stupend.

War das nun dänisch-nordischer oder europäischer Jazz? Mitnichten oder Jein, wie man will. Die scheinbare Folksongbasierung und die Melodieverliebtheit einiger Kompositionen – hat sie nicht ihre Vorläufer z.B. in Pat Methenys Album „80/81“ oder beim Album „Folksongs“ des Charlie Haden Trios? Kann man in „Gefion“ nicht Country & Western-Klänge heraushören, was einen feinen Humor erkennen ließe?

Bro ist Kind dieser Zeit. Er kennt die Traditionen und weiß um zukünftige Entwicklungen im Bereich der Electronica. Wobei allerdings der Einstieg ins tonal nicht recht zu verortende „Sisimuit“ eher verwirrte. Was zunächst nach einer Störung des Effektgerätes sich anhörte, geriet dann doch von einem zunächst auf disparaten Wegen verlaufenden, aber dann zu einem von vielschichtigen Überlagerungen gekennzeichneten komplexen Stück.

Das Trio spielte eine Variante zeitgenössischer Jazzmusik. Wie und was auch immer: Improvisation, das Offene, das Unerwartbare macht den Reiz des Jazz aus. Und fordert vom Zuhörer das Gleiche. Große Begeisterung zum Schluss des Konzertes.

Klaus Gohlke

Duncan Eagles “Partikel” Quartett

Duncan Eagles – sax, effects
Eric Ford – dr
Max Luthert – b, electronics
David Preston – g

Duncan Eagles Partikel QuartettEs ist fast 25 Jahre her, dass eine Band aus England bei Jazz-BS auftrat. Dabei herrschen auf der Insel – wenn man den Berichterstattern Glauben schenken darf – beneidenswerte Zustände. Zwar ist Jazz kein Massenphänomen, erfährt aber doch breiteren Zuspruch, und zwar gerade bei jüngeren Menschen. Ursache? Sicherlich der sehr ungezwungene Umgang mit Traditionen, Genres, musikalischen und subkulturellen Einflüssen aller Art dort.

Eine Band, die das lebt, ist PARTIKEL aus London. Eigentlich ein Trio des Saxofonisten Duncan Eagles, das diesmal um den Gitarristen David Preston erweitert auftritt.

PARTIKEL gilt als eine der besten Jazzgruppen der Insel, die eine hervorragende Mixtur aus Jazz, klassischen Bezügen und elektronischen Elementen zu einem organischen, homogenen Ganzen verschmelzen. Wie variabel der Ansatz der Band ist, zeigt sich allein schon in der Verschiedenartigkeit der Besetzung. Mal klassisches Sax-Trio, dann als streichergestütztes Oktett, nunmehr als Quartett, das einen Gitarristen als Melodiker und Harmoniker dazu holt. Je nach musikalischem Erkundungsinteresse wechselt die Formation und damit das Terrain, auf dem man sich bewegt.

Gleich bleibt aber der kraftvolle, dichte Sound der Band und das an der Melodie interessierte Abtauchen in so unterschiedliche musikalische Welten wie Bop, Weltmusik, Rock und Neue Musik.

“England swings like a pendulum do! “, sang Roger Miller 1965. Immer noch? “Ja, durchaus!”, sagt Duncan Eagles auf Nachfrage. “Ein bisschen anders als damals natürlich. Für mich entsteht ein Swing-Gefühl, wenn die Musik ehrlich, leidenschaftlich und mit klarer Intention gespielt wird.“ Wir dürfen gespannt sein.

Karten:
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Kritik zu “Duncan Eagles „Partikel“ Quartett”

Völlig angstfreier Jazz
Duncan Eagles „Partikel“ beeindrucken mit zeitgenössischer britischer Musik

England? Nun, was fällt Ihnen dazu spontan ein? Genau: Brexit, Terror, Finanzplatz. Na klar, auch Fußball! Also Klopp, Özil, Mourinho, Guardiola. Ziemlich englisch, was? Aber „Swinging London“, also Aufbruch, Jugendkultur, weltweiter Impulsgeber, das doch wohl kaum?

Duncan Eagles, Londoner Jazzmusiker, der Freitagabend auf Einladung der Braunschweiger Jazzinitiative im Lindenhof konzertierte, gibt sich diplomatisch zurückhaltend auf entsprechende Nachfrage. „Doch, ich denke schon, dass England immer noch swingt. Jedenfalls, was den Jazz betrifft. Nur, ein klein wenig anders!“

Und sie ließen es swingen, aber in einem sehr, sehr übertragenen, mit traditioneller Swingmusik nicht zu verwechselnden Sinn. Es war Gegenwartsjazz, der Angst vor gar nichts hat. Genre-Rück- und Übergriffe durchziehen die Kompositionen. Stilelemente des Blues, des Prog-Rocks werden ebenso verwendet, wie man Anspielungen auf klassische Musik angedeutet findet. Man bewegt sich mal in der Second-Line einer New-Orleans-Marching Band, dann wieder – unterstützt von Laptop-generierten impressionistischen Radiogeräuschen – im quirligen Gewusel einer chinesischen Großstadt. Mal Modern-Jazz, mal Electronica-Einsätze, die durch Hall-, Echo-, Harmonizer- und Sampling-Einsatz nahezu orchestrale Atmosphäre entstehen ließen.

Man könnte das nun als prinzipienloses Musizieren bewerten, aber das griffe zu kurz. Freilich: Der Jazzliebhaber, für den die Abfolge Thema – Improvisation – Thema mit erkennbarem Rückbezug auf harmonisch-melodische Strukturen das Maß aller Dinge ist, kann sich mit dieser Musik kaum anfreunden. Die Kompositionen aber haben es in sich. Der permanente Wechsel zwischen Gruppenzusammenspiel, Monologen und Dialogen, der mal soundorientiert ist, dann wieder völlig transparente Klänge herstellt, ist spannend.

Die Stücke haben absolut nachvollziehbare Strukturen. Oftmals werden Harmonien reduziert. Duncan Eagles am Tenorsaxofon konzentriert sich dabei auf zwei, drei Töne nur. Immer wieder leicht verändert, um dann im weiteren Verlauf diese komplex ins Offene auszuweiten. Seine Loop-Ausflüge waren allerdings nicht unbedingt vertiefend. Eric Ford, das Schlagzeug-Power-Pack, vermochte diese Spannungen präzise zu akzentuieren, Zurückhaltung war nicht unbedingt sein Ding. Wunderbar kontrastiv Max Luthert am Bass: Beinahe traditionell oft seine haltgebenden ostinaten Figuren und einfühlsamen Tiefton-Exkurse. Und David Preston an der Gitarre – er brauchte eine Weile des Sich-Aufwärmens und hätte mitunter schneller auf den Punkt kommen sollen – schuf hintergründige Klanglandschaften oder provozierte Eagles mit seinen Soli.

Das hatte alles Hand und Fuß und war sehr spannend. Folglich: man kann zu England nach diesem Konzert durchaus sehr Angenehmes assoziieren: spannende, scheuklappenfreie Jazzmusik. Deshalb zu Recht viel Beifall.

Klaus Gohlke

Kritik zu “Stephan-Max Wirth „Experience“ Quartett”

Jazz mit politischen Hintergedanken

Stephan-Max Wirths „Experience“ spielt im ausverkauften Braunschweiger Lindenhof Jazz mit politischen Hintergedanken

„Calling Europe!“ Ein Ruf nach dem und ein Aufruf für den europäischen Gedanken. Darum geht es dem Berliner Jazzer Stephan-Max Wirth und seinen drei niederländischen Mitstreitern mit ihrem neuen Album, das sie am Freitagabend in Braunschweig erstmals vorstellten. Ein Konzeptalbum also, dessen Stücke in einem thematischen Zusammenhang stehen? „Jein!“, sagt Wirth auf Nachfrage. „Es geht schon um ein Statement gegen Brexit, Geert Wilders, Marine Le Pen und diesen Spuk. Aber unsere Musik, die ja rein instrumental ist, liefert da keine unmittelbar politischen Botschaften!“

Womit er völlig Recht hat. Es gibt ja keine Texte, die sagen, was zu denken ist. Wie es beispielsweise bei Max Roachs „We insist! Freedom Now Suite!“ der Fall war. Dieser furiosen Attacke gegen den Rassismus in den USA. Nein! Der politische Bezug wird bei „Calling Europe!“ nur über Wirths Song-Erläuterungen während des Konzertes hergestellt.

Nehmen wir als Beispiel „Solitude“. Eine schöne melancholische Melodie durchzieht das Stück. Wirth spricht einleitend vom Gefühl des Ausgeschlossen-Seins als Pro-Europäer in der gegenwärtigen Situation. Was er nicht sagt (aber sicherlich genau weiß) und was ganz andere Interpretationsräume schafft, das sind die Jazzkontexte. Nämlich Billie Holidays gleichnamiges Album und die gleichnamige Komposition Duke Ellingtons.

Eine zutiefst melancholische Stimmung prägt das Stück. Jaap Berends kreiert mit seinem Gitarrenspiel unter Verwendung von Hall-, Echo- und Delay-Effekten weite Räume. Stephan-Max Wirth durchbricht das dann mit rasanten Sopran-Saxofon-Läufen. So unterschiedliche Gefühlswelten andeutend. Aber – es könnte, völlig losgelöst von Europa, einfach nur das Gefühl der Einsamkeit in seinen Nuancen ausdrücken.

Das ist wohl gerade die Stärke dieser Musik: offen zu sein für verschiedenste Interpretationen, nicht zu indoktrinieren, kein Agit-Prop. Dafür herzerwärmend-melodische und zugleich witzige Kompositionen wie „Canon“. Ein echter Kanon, der in seiner durchaus vertrackten Abfolge schön zu verfolgen war. Aber eben auch als Abbild der verschiedenen, letztlich doch zusammen gehörenden Stimmen Europas verstanden werden konnte.

Highlight des Abends war zweifellos „Zoom“, das die Band in Topform zeigte. Hochgeschwindigkeits-Unisono-Passagen von Gitarre und Saxofon gingen über in wahrlich
rasante Dialoge zwischen verzerrter Wah-Wah-Gitarre und einem unglaublich speedigen Bub Boelens am Bass. Und das ging auch so zwischen Gitarre und Florian Hoefnagels am Schlagzeug, der ohnehin mit der stark rhythmisch orientierten Musik oft im Zentrum des Geschehens stand.

Ein ausverkauftes Haus mit einem begeisterten Publikum, auch wenn es des Öfteren kräftig zur Sache ging.

Klaus Gohlke

Stephan-Max Wirth “Experience” Quartett

Stephan-Max Wirth – Tenorsax, Sopranosax
Jaap Berends – Gitarre
Bub Boelens – Bass
Florian Hoefnagels – Schlagzeug

Stephan-Max Wirth„Calling Europe!“ heißt das neue Album des Berliner Saxophonisten Stephan-Max Wirth, das die Band bei ihrem Konzert im Februar vorstellen wird. Entstanden ist ein explosives musikalisches Gemisch, das ein Europa der Hindernisse, der Werte und des Wollens abbildet – eine optimistische und leidenschaftliche Hommage an Europa.

Die Stephan-Max Wirth Experience ist pure Spontaneität, verbunden mit langjähriger gemeinsamer Erfahrung. Dieses Quartett lässt trotz ausgeprägter Soli der Musiker nie das Gefühl des Zusammenseins vermissen. In intuitiv gefühlten, direkt umgesetzten demokratischen Entscheidungen entwickelt diese Band dadurch eine außerordentlich schlagkräftige Musik, die den Hörer auf einen Trip durch Europa mitnimmt. Die Reise überwindet Grenzen, erzählt von den großen, übergreifenden Problemen unserer Zeit, spricht aber auch jeden Einzelnen von uns an und fügt letztendlich alles wieder zu einem großen Ganzen zusammen.

Musikalisch gelingt das durch einfühlsame und einprägsame Melodien wie in den Balladen „Winter in Paris“ oder „Little Wonder“. Hart abgerechnet wird in „Zoom“, einer Fokussierung auf immer gleiche Verhaltensmuster und Strategien, die letztendlich nichts anderes als eine Sackgasse anstatt Lösungen anzubieten hat. Es hilft nichts, man muss an der Substanz kratzen, sonst gibt es keine Veränderungen. Also alles auf Anfang und dann: „Calling Europe!“

Mit seiner legendären holländischen Rhythmusgruppe, bestehend aus Jaap Berends (git), Bub Boelens (b) und Florian Hoefnagels (dr) ist Stephan-Max Wirth seit Jahren kontinuierlich auf Tour. Mit zahlreichen Konzerten und Einspielungen unter eigenem Namen hat sich diese Formation weit über die Grenzen Deutschlands hinweg durchgesetzt: Stationen waren dabei u.a. „Illumination”. Für dieses Album erhielt Stephan-Max Wirth den Berliner Förderpreis „Studioprojekt Jazz”. Das umfangreiche Bühnenprojekt „DADA Republic!” wurde auf dem Berliner Jazzfest uraufgeführt. Mit der CD „multiple pulse” wurde das SMWE für den „JAZZ-ECHO deutscher Musikpreis” in der Kategorie „Ensemble des Jahres international“ nominiert. Die CD „PASSION“ war u.a. CD der Woche beim NDR. Die letzte CD „The Inner Draft“ wurde von der Presse zur „audiophilen CD des Monats“ gekürt; ein zweistündiger Berliner Live-Mitschnitt wurde vom RBB ausgestrahlt.

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
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Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Öffentliche Versicherung Braunschweig
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Jamsession im Quartier

Opener: Blueline

Eintritt: frei

Kritik zu “Eric Schaefer & The Shredz”

Irgendwo zwischen Lindenhof und Berghain

Eric Schaefer+The Shredz begeistern mit grenzüberschreitendem Jazz

Eine sehr ferne Musik wird eingespielt, eine Art meditativer Chorgesang. Nebengeräusche begleiten das Auf und Ab der Stimmen. Knacken, Rauschen, Drones. Mitunter ist es, als durcheilte man am Radio ein Kurzwellenband. Dann setzen die Musiker ein. Jeder für sich, eine zugespitzte Form des Free Jazz, sehr dissonant. Doch dann, zart zunächst, eine Art Tanzmelodie, die der Keyboarder immer deutlicher herausarbeitet. Bass, Schlagzeug und Trompete stimmen nach und nach widerstrebend ein. Um schließlich das Ganze in einem Bacchanal, einem wildesten Tanzfest, fortississimo versteht sich, abrupt enden zu lassen.

„Bliss“ heißt das Werk, der Zustand der Glückseligkeit.Ob sich dieser Zustand bei allen einstellte, sei dahin gestellt. Auf jeden Fall war diesemusikalische Utopie zutiefst beeindruckend und mitreißend. Wie man überhaupt mit diesem Konzert von Eric Schaefers Shredz einem höchst interessanten Versuch beiwohnen konnte, Jazz zeitgenössisch zu spielen. Das betrifft einmal die musikalischen Verbindungslinien. Da wurde Samuel Barbers „Adagio für Streicher“ eingeblendet, das von Volker Meitz mit Synthie-Modulationen verfremdet wurde, um dann von urplötzlich durch Eric Schaefer am Schlagzeug und Oliver Potratz am E-Bass in einen Dub-Reggae überführt zu werden.

Dahinein dann elegische, an Miles Davis erinnernde Trompetenklänge, die John-Dennis Renken mit geschickt eingesetztem Delay in weite Klangräume überführte.Des Weiteren Rückgriffe auf Franz Liszt „Proto-Atonalität“, Richard Wagners Lohengrin-Ouvertüre, David Oistrachs Konzerteinspielungen.

Das alles war – und das ist die andere starke Seite dieser zeitgenössischen Jazzmusik – nicht einfach wahllos zusammengesetzter Mischmasch. Die elektronischen Klangexperimente um die Jahrtausendwende, die 60er Jazz-Fusionphase, die Hip-Hop- und Trip-Hop- Entwicklung , der Krautrock und die Club-Kultur bilden den Interpretationsrahmen für den Umgang mit der Musikgeschichte. Ein packender Wechsel zwischen intimer Lindenhof – Jazzclubatmosphäre und Anklängen an den Berghain-Sound in Berlin.

Um das zu können, das wurde bei diesem Konzert überdeutlich, sind alle vier Musiker nicht nur absolute Könner an ihren jeweiligen Instrumenten, sondern gleichzeitig hochspezialisierte Elektroniker. Der Widerspruch von ehrlicher, handgemachter Musik und seelenloser Elektronik löst sich völlig auf. Die Elektronik schafft ungeahnte neue Ton-, Klang- und Soundwelten, die horizonterweiternd sind.

Jazz sei tot? Nun, solche Leichen wünscht man sich. Das Konzert war ausverkauft und es begeisterte.

Klaus Gohlke

Eric Schaefer & The Shredz

Eric Schaefer – dr
John-Dennis Renken – tr
Volker Meitz – keyb
John Eckhardt – b

Der Name ist Programm, denn das neue Album “Bliss”, das Eric Schaefer mit seinen drei Mannen vorstellen wird, verrät von Anfang an: The Shredz fetzen. Der texturreiche Sound mit seinen Delay-Schleifen, seinen Synthesizermodulationen und dem druckvollen Schlagzeug-Sound – überhöht durch tranceartige Anmutungen, Repetitionen, elegische Trompetenmelodien, quäkende Orgelsounds und druckvolle Bässe – verdichtet sich zu einem mitreißenden Klangkonstrukt.

Neben seinem Shredz-Projekt spielt der vielfach ausgezeichnete Komponist und Schlagzeuger Eric Schaefer seit Jahren u. a. mit dem Pianisten Michael Wollny, in verschiedenen Bands um Kalle Kalima, Arne Jansen und Joachim Kühn. Als neuer Schlagzeuger in Kühns New Trio hat Schaefer mit dem Album “Beauty and Truth” ein neues Ausrufezeichen gesetzt.

“Bliss” nimmt jedoch in ihrem Schaffen einen ganz besonderen Platz ein: Man wollte auf eine gemeinsame Reise gehen, eine Art Trance-Zustand anstreben. Diese Reise war dann voll von Überraschungen; ungeplante Ausflüge entpuppten sich als Höhepunkte, die Hingabe wurde mit formidablen Resultaten belohnt.

John-Dennis Renken ist Mitglied von Zodiak Trio, Ruhrecho, UFO, The Bliss, The Dorf, Beam, Stefan Schulze’s Large Ensemble. Außerdem hat er ein Trompeten-Solo-Projekt und arbeitet mit der WDR-Bigband u. a.

Volker Meitz ist Mitglied des Projekts Rhinow und des Sonar Kollektiv Orchesters und arbeitet mit Kalle Kalima, Lisa Bassenge, Clara Hill, Jazz Indeed und 4Hero zusammen. In der Vergangenheit spielte er auch mit Jazzanova, Astrid North, Chuck Loeb, Ed Motta, Groove Galaxi, Pat Appleton u. a. Weltweit publiziert wurde sein eigenes Projekt “Meitz”.

John Eckhardt ist Mitglied von Ensembles wie l’art pour l’art und Resonanz des Dresdner Ensembles für zeitgenössische Musik. Daneben hat er mehrere Soloprojekte als Kontra- und E-Bassist. Er arbeitete auch mit Pierre Boulez, Matthew Herbert, dem Ensemble Modern, Evan Parker, Sasha Waltz und Nils Wogram zusammen.

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
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Pablo Held Trio

Pablo Held, p
Jonas Burgwinkel, dr
Robert Landfermann, b

Anfang 2010 war das Pablo Held Trio schon einmal zu Gast bei Jazz BS im Lindenhof. Es gab viel Hype um jene Senkrechtstarter damals, ihr Konzept der Überwindung vorstrukturierter Arrangements. Weg vom Thema-Solo-Schematismus, dafür das Wagnis, aus der Situation heraus plausible Wege des Zusammenspiels zu entwickeln. In der Konzert-Rezension hieß es damals: „Von ihnen wird man sicherlich noch einiges hören!“

In der Tat. Zehn Jahre spielen Pablo Held, Jonas Burgwinkel und Robert Landfermann nun schon zusammen. Im Trio, im Tentett, im Quartett mit John Scofield. „One of the great groups in music today! “, ein Ritterschlag durch die Gitarrenlegende Scofield.
Burgwinkel und Landfermann ihrerseits gehören längst zu den gefragtesten Rhythmus-Sidemen, weit über Deutschlands Grenzen hinaus

Das Pablo Held Trio tritt weltweit auf, in diesem Jahr in den USA, Schweiz, Österreich, Süd-Korea, Niederlande, Kanada und – ja – in Braunschweig.

Sie präsentieren diesmal ihr jüngstes Album “Lineage”, wiederum akustische, experimentelle Musik, in der unterschiedlichste Stilistiken und Genres zu einer eigenen Mixtur verschmolzen werden. Filigraner, kammermusikalischer Jazz, der die Grenzen von Improvisation und Komposition überschreitet.

Dass das auch nach so langem Zusammenspiel zu produktiven Ergebnissen führt, liegt zweifelsfrei am großen Repertoire in Bezug auf Stilarten, Techniken, Genres, die die drei Ausnahmemusiker auf erstaunliche Weise situativ abzurufen verstehen. Es ist ein vorzügliches Interplay, bei dem Ideenentwicklung und Ideenverarbeitung reibungslos vonstattengehen. Dabei bewegen sich die Stimmen selbstständig, jeder Musiker kann sich individuell entfalten, ohne dass der Ensemble-Charakter verloren geht. All das ginge nicht, gäbe es zwischen Pablo Held, Jonas Burgwinkel und Robert Landfermann nicht eine tiefe menschliche Übereinstimmung, die die Basis für experimentelle, freisinnige und ungewisse Ausflüge in musikalische Terra Incognita bilden.

Braunschweig ist für das Pablo Held Trio eine Top-Adresse, weil es vor sechs Jahren hier ein ungemein aufgeschlossenes Publikum erlebte, das sich bereitwillig auf Wanderungen durch Bebop, Cool- und Freejazz, neue Musik und Melodiefreudigkeiten einließ und damit auch wesentlich zur Spielfreude des Trios beitrug.

Karten:
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Kritik zu “Pablo-Held-Trio”

Ohne Netz und doppelten Boden

Das Pablo-Held-Trio brilliert mit zeitgenössischem Jazz

Ist es wie Schwimmen im offenen Meer oder Wandern im Gebirg? Wie soll man es umschreiben: das Hören der Musik eines der angesagtesten deutschen Piano-Trios? War es Jazz oder nicht stellenweise Neue Musik, was das Pablo-Held-Trio am Freitagabend im Theatersaal des Lindenhofes in Braunschweig zu Gehör brachte?

Dabei fing es so locker an mit Pablos Helds Begrüßung des sehr zahlreich erschienen Publikums. Man verzichte seit geraumer Zeit schon auf jegliche Absprache vor und während des Konzertes. Irgendwie finge es an, ginge es weiter – oder auch nicht. „Wir haben alle, Sie als Zuhörer, wir als Musiker den gleichen Ausgangspunkt!“ Das mochte beruhigen oder aber überhaupt nicht. Je nach Abenteuerlust.

Und so entwarf Robert Landfermann am Kontrabass eine lockere Tonfolge, die Jonas Burgwinkel am Schlagzeug kommentierte. Zögerlich, rhythmisch erst nach und nach übereinstimmend. Der Pianist sitzt da; die Augen geschlossen, so den Klängen und Akzenten eine Struktur ablauschend. Der Bass nimmt an Fahrt auf, das Schlagzeug folgt dem, verdoppelt das Tempo, fällt zurück, verteilt die Akzente variabel und überrascht mit stetiger Soundveränderung.

Plötzlich Pianotupfer, die den Bass verstummen lassen. Ein Wohlklangteppich wird skizziert. Der Bassist nimmt die Harmonien auf, Unisono-Partien entstehen sogar. Und indem Burgwinkel plötzlich ordentlich Dampf an den Drums macht, fängt das Ganze an zu grooven. Phänomenal! Das geht nur, wenn man schon sehr lange miteinander spielt. Zehn Jahre hat das Trio schon auf dem Buckel, eine erstaunlich feste musikalische Beziehung.

Aber – warum haben die Musiker Noten vor sich liegen? So frei ist das wohl doch nicht? Und wenn Held plötzlich sehr kraftvoll mehrfach einen Akkord anschlägt und die Musik eine ganz andere Fahrrichtung aufnimmt, dann wird doch gesteuert – oder? Es gibt eine Art Tiefenstruktur. Muss ja auch, wird hier doch nicht Hardcore-Freejazz zelebriert.

So wechseln Passagen, die tonal sehr abstrakt sind, mit jenen, die Rückgriffe auf Traditionen offenbaren. Klassischer Walking Bass, brutaler Punkbeat an den Drums. Akkorde, die erweitert und reduziert werden. Ein beständiger Entwurf von Erwartungen, die nahezu gesetzmäßig über den Haufen geworfen werden.

Faszinierend, wie die Musiker zwei Sets von mehr als einer halben Stunde Dauer ohne Pause entwickelten. Andererseits für den Zuhörer, der statt dieser Art der offenen Improvisation lieber Haltepunkte im Melodischen sich gewünscht hätte, durchaus eine Anstrengung. Jedoch: war Jazz nicht schon stets provozierend, Hörgewohnheiten in Frage stellend?

Lang anhaltender Beifall, die obligate Zugabe, aber auch einige Knitterfalten in der Stirn. Genau so soll es sein.

Klaus Gohlke

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Kommentar zu “Christoph Irniger Pilgrim Quintett”

Christoph Irniger: Pilgrim

Das war Jazz, wie er sein sollte. Herausfordernd bis zum Widerspruch. Keine museale Veranstaltung, aber der Traditionsbezüge bewusst. Musik, die interpretatorischen Freiraum schuf. Emotionen erweckte: zwischen Nachsinnen, Meditation, Zorn, purer Freude,
Zweifel. Virtuosität, immer mannschaftsdienstlich, keine Ego-Trips. Als Fundament neben der musikalischen Kompetenz das tiefe Verständnis füreinander und das Vertrauen, dass man angesichts der Offenheit des Interplays kreative Ideen schon entwickeln wird. Das es etwas werde. „Der Jazz,“ sagte sinngemäß Peter Rüedi, „hatte nie Berührungsängste, er legte sich zu jeder/jedem ins Bett!“ So bewegte man sich zwischen konventioneller Themenvorgabe und deren Entfaltung, noise-artiger Destruktivität (man kann durchaus punkig-rockig sagen), kammermusikalischem Intimgespräch zwischen variierenden Bands in der Band, solistischen Höhenflügen und anspannenden Suchphasen, die an die Überleitungen bei Keith Jarretts Solo-Piano-Konzerte erinnerten.
Und dann noch – nicht zuletzt: Jazz live ist einzig, Konserve kann das nicht wiedergeben. Wunderbar zu sehen, wie sich das Musizieren in der Körperhaltung, der Mimik, der Interaktionen insgesamt niederschlägt.

Klaus Gohlke

Christoph Irniger “Pilgrim” Quintett

Christoph Irniger – ts
Stefan Aeby – p
Dave Gisler – g
Raffaele Bossard – b
Michi Stulz – dr

Das Quintett Pilgrim um den Züricher Tenor-Saxofonisten Christoph Irniger spielt Musik, die sich nur schwer kategorisieren lässt. Ausgerüstet mit einer gesunden Portion Selbstbewusst-sein und jeder Menge Abenteuergeist, begeben sich die fünf Musiker auf eine musikalische Reise. Anders als Touristen, die ihre Erwartungen bestätigt haben wollen, gehen die Musiker das Wagnis ein, etwas zu erfahren. Sie sind auf Entdeckungsreise, unterwegs in einem Abenteuer ohne Reiseführer, Risikoversicherung und Rückflugticket. Der dazugehörige Soundtrack oszilliert zwischen rätselhafter Selbstreflexion und wilden Eruptionen, wobei die Musiker einen vollen, dichten Rundum-Sound schaffen. Letztens stellte die Band mit „Italian Circus Story“ ihr zweites Album vor, das auf dem renommierten Schweizer Label Intakt Records erschienen ist.

Die Songs des Albums sind von einem lässigen, mediterranen Flair durchweht. Die Kompositionen lassen viel Platz für Spontaneität und Improvisation, wobei der Klangkörper mit seinen vielseitigen Untergruppierungen voll zum Tragen kommt. Mal sind die Stücke durchkomponiert, mal nur skizzenhaft angerissen. „Fertige Noten sind für Christoph Irniger nichts anderes als eine Überschrift, ein Thema einer möglichen Geschichte oder eine Tür, die in einen weiteren musikalischen Freiraum führt,“ schreibt der Jazz-Kritiker Franz X. Zipperer. Egal, welcher Musiker ein Thema aufgreift, er wird die Geschichte jeweils anders erzählen. So sind die Stücke auf der CD quasi in ihrer Reinform zu hören, als Moment-aufnahme, mit der Unmittelbarkeit eines Konzertes. Ihre Musik ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass manchmal das Gesamte weit mehr ist als die Summe seiner Einzelteile.

Die Band, die seit 2010 besteht, hat sich über die Jahre neu gruppiert und zu einer der aufregendsten Ensembles des jungen europäischen Jazz entwickelt. Die fünf Musiker stammen aus unterschiedlichen Teilen der Schweiz. Sie treten in verschiedenen Gruppen auf der ganzen Welt auf und haben in ihren noch jungen Karrieren Gelegenheit gehabt, mit Jazz-Größen wie Dave Douglas, Nasheet Waits, Dave Liebman oder Joey Baron zu lernen und zu spielen.

Musiker

Christoph Irniger – Saxophon, geboren 1979 in Zürich, studierte von 2000-2006 an der Jazzschule Zürich Musikpädagogik und der Musikhochschule Luzern Performance bei Christoph Grab und Nat Su. In den folgenden Jahren hielt er sich regelmäßig in Berlin und New York auf. Er war Gewinner des Förderpreises 04 der Friedel Wald Stiftung, erhielt die „borsa di studio“ für Sienajazz 06 und ist Gründer der Bands Christoph Irniger Trio, Pilgrim, NoReduce und den Cowboys from Hell, mit denen er 2010 den 3. Platz beim ZKB Jazzpreis belegte. Ferner wirkte er bei Aufnahmen und Auftritten zahlreicher Künstler mit, u.a. Ohad Talmor, Nasheet Waits, Dan Weiss, Dave Douglas, Claudio Puntin, Nils Wogram, Ziv Ravitz, Nat Su, Max Frankl, Stefan Rusconi, Christian Weber, Vera Kappeler sowie dem Lucerne Jazz Orchestra.  Er spielt Konzerte im In- und Ausland und sein Werk ist bis dato auf über 15 Tonträgern dokumentiert. Irniger unterrichtet am Konservatorium Zürich.

Stefan Aeby – Piano, geboren 1979 in Fribourg, lernte bei verschiedenen Musikern wie Jean Christophe Cholet, Art Lande und Marc Copland. Gleichzeitig erlangte er einen Master in Musikwissenschaft an der Universität Freiburg. Er leitet seit 2008 sein eigenes Trio und spielt regelmäßig mit dem Tobias Preisig 4, dem Lisette Spinnler 5 und Sarah Büchi‘s Flying Letters. Er ist zudem als Komponist für verschiedene Theaterprojekte und Stummfilme tätig. Er spielt oder spielte mit: Frank Tortiller, Gabriele Mirabassi, Bob Mintzer, Chris Potter, Claudio Puntin, Clarence Penn, Yves Torchinsky, Bänz Oester, Samuel Rohrer, Lisette Spinnler, Claudio Pontiggia, Marcel Papaux, Samuel Blaser, Gustav, Julien Charlet, Rick Margitza, Patrice Moret, Stéphane Belmondo, Julian Sartorius, Oscar D’Leon, Tom Harrell… Verschiedene Tourneen führten ihn nach Asien, Südamerika, Afrika und durch große Teile Europas. Von 2004 bis 2010 unterrichtete er an der Jazzschule Montreux. Seit Herbst 2010 unterrichtet er am Konservatorium Freiburg. Zudem ist er auf über 18 Tonträgern zu hören.

Dave Gisler – Gitarre, geboren 1983, wurde von seinen Eltern privat unterrichtet und nahm bei seinem Vater ab dem 8. Lebensjahr klassischen Gitarrenunterricht. Mit 23 Jahren absolvierte er die Musikhochschule Luzern, wo er u.a. von Kurt Rosenwinkel unterrichtet wurde. Er ist Mitbegründer der Band NoReduce. Ferner spielte er u.a. in Japan, den USA und Europa als Sideman in den Bands von Weird Beard, Mat Down, Noflores, Asmin, Mumur, und dem Lucerne Jazz Orchestra. Er spielte mit Nasheet Waits, Dave Douglas, Peter Frei, Nat Su, Jeff Davis, Heiri Känzig, Lukas Niggli, Jonas Burgwinkel, Claudio Puntin, Jean-Paul Brodbeck, Samuel Rohrer, Chris Wiesendanger, Lisette Spinnler, Domenic Landolf, Ahmed Fofana u.v.a. 2009 spielte er mit “Yvonne Meier’s Scores“ beim Visions-Festival in Manhattan und ist Preisträger der Heinrich Danioth-Stiftung für einen viermonatigen Atelieraufenthalt in New York. Als Stellvertretender Dozent hat er an der Musikhochschule in Luzern sowie Zürich Lehraufträge wahrgenommen.

Raffaele Bossard – Kontrabass, geboren 1982, kam mit 17 Jahren über den Elektrobass auf den Kontrabass. Im Sommer 2008 schloss er mit einem Master in Pädagogik und Performance (mit Auszeichnung) die Hochschule Luzern für Musik ab. Zu seinen Lehrern zählten u.a. Heiri Känzig, Hämi Hämmerli, Patrice Moret und Peter Frei. Raffaele Bossard spielt bei Matthias Spillmanns’ Mats-Up, Dominik Egli’s Plurism, Christoph Irniger Trio und dem Joe Haider Quartett. Seine noch junge Karriere ließ ihn mit Jazz-Größen spielen wie: Joey Baron, Nasheet Waits, Nils Wogram, Hayden Chisholm, Claudio Puntin, Ohad Talmor, Ziv Ravitz und Nat Su. Er spielt regelmäßig im In- und Ausland und seine musikalische Tätigkeit ist auf zwei Dutzend Tonträgern dokumentiert. Raffaele Bossard ist Preisträger des ZKB Jazzpreises, Moods Jazz & Blues Award, der Friedel-Wald Stiftung 2008 und der Korporation Zug und war Teilnehmer des 18. internationalen IASJ Meeting in Riga, Lettland.

Michael Stulz – Drums, geboren 1977 in Basel. 1998: 4-monatiger Aufenthalt in New York. Studium an der Drummers Collective. 1999-2004: Jazz-Studium an der Musikhochschule Luzern mit Unterricht bei Norbert Pfammatter, Fabian Kuratli und Pierre Favre. 2004: International Jazz Meeting in Freiburg unter der Leitung von George Gruntz. 2005: 6-mona-tiger Aufenthalt in Westafrika mit Konzerttätigkeit und Unterricht in Afrikani-scher Perkussion. Festivals und Konzerte in der Schweiz, in Deutschland, Frankreich, Portugal, Italien, Japan, Holland, China, Korea, Peru, Bolivien, Syrien, Burkina Faso, Ghana, Kosovo, Albanien. Aktuelle Formationen: Stefan Aeby Trio, Tobias Preisig Quartett, Christoph Irniger Pilgrim, Lisette Spinnler Band, Luca Sisera Roofer, Jochen Baldes Subnoder.

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
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Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen)

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Interview mit Christoph Irniger

Freiheit an langer Leine

Ein Interview mit dem Züricher Saxofonisten Christoph Irniger

Jazz ist improvisierte Musik. Am Freitag, dem 4. 11. 2016 wird eine der renommiertesten Schweizer Jazz-Bands, Christoph Irnigers „Pilgrim“, im Theatersaal des Lindenhofs Braunschweig ein Konzert geben. Und diese Band hat ein ganz eigenes Verständnis vom Improvisieren. Was es damit auf sich hat, erkundete unser Mitarbeiter Klaus Gohlke im Telefonat mit dem Züricher Saxofonisten und Bandleader.

Eure Band nennt sich „Pilgrim“. Das klingt nach Wallfahrt.

Neinnein. Es gibt da keinen religiösen Hintergrund. Das Wort „Pilgrim“ klingt erst einmal schön. Andererseits hat es etwas Mystisches und passt zu unserer Musik. Es steht für das musikalische Reisen, Erkunden. Das Vorstoßen in eine Welt, in der Konstanten sich auflösen. So etwas wie geordnete Freiheit.

Ihr werdet auf dieser Tour unterstützt durch „Pro Helvetia“. Was kann man sich darunter vorstellen?

Pro Helvetia ist so etwas wie das Goethe-Institut, ist also für die kulturelle Präsentation der Schweiz im Ausland zuständig. Sie zahlen die Reisespesen und die PR-Unterstützung.

Kommen wir zu eurer Musik. Du sprachst von „geordneter Freiheit“ beim Musizieren.

Ja, wir spielen nicht Free Jazz. Unsere Jazz-Wurzeln liegen woanders. Etwa bei Wayne Shorter, Keith Jarretts American Quartett und – was die Energie und Dramaturgie des Zusammenspiels betrifft – das 1969er Miles Davis Quintett. Wir spielen also Kompositionen. Aber die muss man ja nicht linear, gradlinig abspielen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten innerhalb des Spiels. Du kannst sehr konkret sein, d.h. vom Blatt spielen. Du kannst das, was an Material vorliegt, aber auch emotional unterschiedlich behandeln. Sehr expressiv oder sehr verhalten-innerlich. Du kannst einzelne Aspekte der Komposition detailliert herausheben, aber auch zeitlich dehnen oder stauchen.

Du hast andernorts davon gesprochen, dass euer Zusammenspiel nach einem Baukastenprinzip abläuft. Das klingt sehr technisch-konstruiert.

Nein, das nicht. Unsere Kompositionen haben eine innere Gliederung, verschiedene Abschnitte, mehrere in sich verbundene „Sätze“. Und die kann man variabel kombinieren. Z.B. Teile in verschiedener Reihenfolge spielen, etwas weglassen. Die Herausforderung ist, etwas Gemeinsames zu entwickeln. Man muss sehr gut aufeinander hören. Das geht nur mit Musikern, die sehr gut spielen können, vor allem aber ein tiefes Verständnis untereinander haben. Es gibt einfach bei dieser Improvisationsweise viele Momente, die nicht planbar sind, aber es gibt Zielpunkte beim Spiel, die man erspürt. Das werdet ihr in Braunschweig erleben.

Christoph Irniger Quintett „Pilgrim“. Freitag, 4. 11. 2016 20 Uhr im Theatersaal des Lindenhofs Braunschweig. Karten an der Abendkasse und en üblichen Vorverkaufsstellen.

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Jamsession im Quartier

Opener:

Alfred Hirsch – harp
Tobias Lampe – git
Heinrich Römisch – bass
Niklas Neumann – drums

Eintritt: frei

Lisbeth Quartett

Charlotte Greve – sax
Manuel Schmiedel – p
Marc Muellbauer – b
Moritz Baumgärtner – dr

Klingt irgendwie anders, dieser Bandname: „Lisbeth Quartett“. Sympathisch und ein wenig lustig. Ja, fast schon wie eine Persiflage auf die im Jazz übliche Nomenklatur aus Bandleader-Name plus Bandmitglieder-Zahl. Dabei ist Lisbeth bzw. Elisabeth einfach nur der zweite Name der Bandleaderin Charlotte Greve. Warum denn nicht „Charlotte Greve Quartett“? Nein, das klänge einfach zu „naja“, so die Begründung der jungen Quartett-Chefin in einem Interview.
Das ist jedenfalls sicher: Das „Lisbeth Quartett“ klingt alles andere als „naja“, vielmehr nach etwas, das man gut kennt… und mag. Den Jazz neu erfinden, nein, das wollen die drei jungen und der eine etwas reifere Musiker definitiv nicht. Stattdessen wollen sie mit einer „leidenschaftlichen Selbstverständlichkeit“ erfrischend leicht anmutenden Jazztiefgang bieten und sich dabei stetig entwickeln.
2009 in Berlin gegründet, mauserte sich das „Lisbeth Quartett“ mit dem Pianisten Manuel Schmiedel, mit Marc Muellbauer am Bass und Moritz Baumgärtner am Schlagzeug schnell vom Geheimtipp zur Qualitätsmarke. 2012 erhielten die vier Musiker den Jazz-Echo als „Newcomer des Jahres“. Da hatten sie bereits zwei Alben veröffentlicht. Das dritte, „Framed Frequencies“, ist 2014 erschienen. Im Vorfeld hatte sich die Band auf ein Konzept geeinigt, das im Jazz nicht unbedingt das übliche ist. Dazu heißt es auf Charlotte Greves Website: „Die Komposition wird nicht auf den Trigger für die Improvisation limitiert, sondern die improvisatorischen Möglichkeiten der einzelnen Protagonisten werden in die Komposition integriert.“
Charlotte Greve und Manuel Schmiedel hat es aus der deutschen Hauptstadt nach New York verschlagen, Moritz Baumgärtner und Marc Muellbauer leben weiterhin in Berlin. Das neue Album bildet somit einen ozeanübergreifenden Austausch ab. Es sei, so die Band, „eine urbane, Kontinente und Generationen übergreifende Schatzinsel der Perspektiven, die sich aus über hundert Jahren Jazzgeschichte für die Zukunft auftun.“ Wir nennen das einfach mal eine ganz besondere „Inselbegabung“.

Karten:
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Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

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Kritik zu “Lisbeth Quartett”

Verblüffende Klangwelten

Improvisation mit angezogener Handbremse
Das Lisbeth-Quartett verändert das übliche Jazz-Improvisations-Schema

Das war absolut ungewohnt. Ein Jazzkonzert, in dem es – bis auf eine Ausnahme – keinen Zwischenbeifall für Soloparts gab! Ist ja sonst so üblich bei den Jazzern. Es wird ein Thema eingeführt, eine Akkordfolge entfaltet und alsbald geht es über in das Thema-Solo- Schema. Die Band tritt dann in den Hintergrund, der Solist brilliert – Beifall! Und dann die nächste Runde, same procedure…

Damit hat Altsaxofonistin und Komponistin Charlotte Greve mit ihrem Lisbeth-Quartett offenbar nicht viel am Hut. Ihre Kompositionen beginnen in der Regel mit kurzen Tonfolgen, die immer wieder leicht abgewandelt werden, zögerlich-suchend fast. Bass, Piano und Schlagwerk reagieren darauf höchst unterschiedlich. Mal Frage-Antwort-Spiel, mal Unisono, dann vom Takt her verzögert. Es gibt andere Akzentuierungen und Erweiterungen, die sich zu einem immer dichteren Zusammenspiel aufschwingen.

Aus diesem Klanggewebe heben sich – inselartig – Einzelstimmen heraus, ohne dass der Rest der Band pure Begleitung wird. So hebt Charlotte Greve mit ihrem Altsaxofon oft für eine Weile ab mit ungemein beweglichem, variantenreichem, schön artikuliertem Spiel. Währenddessen tun sich Pianist Manuel Schmiedel und Marc Muellbauer am Bass zusammen und verdichten das Ganze mit mal abstrakten, mal sehr harmonischen Dialogen. So hat man dann einen vom Tempo, Rhythmus, der Dynamik, dem solistischen Anteil her ständig wechselnden musikalischen Bewusstseinsstrom. Das alles läuft ohne Effekthascherei mit erstaunlicher Präzision, höchst kontrolliert. Aber – vielleicht etwas unterkühlt?

Ganz verblüffend ist, wie Schlagwerker Moritz Baumgärtner das Arbeitsprinzip der Band auf sein Instrument überträgt. Das klappert, raschelt, knallt, quietscht, klingelt, kratzt, schabt, dämpft, wirbelt. Und dazu braucht es Sticks, Schlägel, Ruten, Besen, Dämpfer, Stäbe, Drähte, Stifte, Geigenbögen. Er ist ein permanenter Unruheherd, ohne das Gesamtkonzept der Aufführungspraxis zu torpedieren.

Medizinisch gesprochen, könnte man sagen, dass insgesamt betrachtet die Wirkung der Musik nicht intravenös (volle Dröhnung), sondern eher subkutan, also unter die Haut platziert, erzielt wird.

Mit einer Ausnahme: Der Zugabe. Da passierte das, was ausgeschlossen schien: Pianist Manuel Schmiedel übernahm explizit die Solistenrolle und spielte wie losgelöst, den Rest der Band mit sich reißend. Und da gab es den bekannten Zwischenbeifall des zahlreich erschienenen kundigen Publikums im Theatersaal des Braunschweiger Lindenhofes.

Klaus Gohlke

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free music full blast einmaliges sonderkonzert mit PETER BRÖTZMANN und WOLFGANG SCHMIDTKE

free music full blast einmaliges sonderkonzert mit PETER BRÖTZMANN und
WOLFGANG SCHMIDTKE

Beitragsbildobwohl vor kurzem 75 jahre alt geworden hat er bei seinem atemberaubenden
spiel nichts von seiner stupenden intensität eingebüsst. Peter Brötzmann
gilt seit der mitte der 60er jahre als eine der exemplarischen grössen der
europäischen free jazz szene. als mit begründer der free music production
und des globe unity orchestra schuf er mit an fundamentalen bedingungen für
eine besondere spielart des jazz. seine lp von 1968 ” machine gun” erwies
sich als eines der provovierendsten werke der modernen jazzgeschichte
europas. Brötzmann spielte und spielt mit allen wichtigen akteuren (
europäisch und weltweit) des freien jazz. sein aktuelles quartett besteht
aus musikern unterschiedlichen alters aus den usa und gb, das in seinem
zusammenspiel ganz ungewöhnliche aspekte erfahren lässt.

in braunschweig wird er im duo mit WOLFGANG SCHMIDTKE zu hören sein,
wuppertaler , der seit den 1980er jahren in verschiedenen bereichen der
zeitgenössischen musik aktiv ist. das jazz duett mit zwei frei
improvisierenden holzbläsern wird am 11. juni 2016 in braunschweig zu
erleben sein.

LINDENHOF, Kasernenstrasse 20, BS
Beginn 20 uhr Eintritt 15 euro
kontakt und vorbestellung: email[at]galerieaufzeit.de – 0531 270 26 57

Interview mit Peter Brötzmann

„Was heißt Krawall?!“

Die Free Jazz – Legende Peter Brötzmann kommt nach Braunschweig

Einen dicken Fisch hat der Braunschweiger Galerist Hans Gerd Hahn da für seine Veranstaltungsreihe „Freies Improvisieren“ an Land gezogen. Dicker geht es gar nicht! Der Saxofonist Peter Brötzmann, der Übervater des Free Jazz, wird zusammen mit Wolfgang Schmidtke, auch ein Holzbläser, am Samstag, dem 11. Juni im Braunschweiger Lindenhof ein Gastspiel geben. Er ist das Enfant terrible des Jazz. Für die einen ein Jazz-Punk, für die anderen die Verkörperung der Avantgarde. An ihm scheiden sich die Geister. Ein kantiger Typ mit klarer Ansprache. Unser Mitarbeiter Klaus Gohlke befragte ihn zu den Hintergründen und der Einordnung seiner Musik.

Sie gelten als der Regelverletzer in der Musik schlechthin, als der Vater des Free-Jazz. Einverstanden?

Solche Zuschreibungen gefallen mir überhaupt nicht. Ich war das ja nicht allein. Da waren noch Gunter Hampel, Peter Kowald, Alex Schlippenbach usw. Allein geht das gar nicht. Man nennt das Free-Jazz, man braucht eben eine Bezeichnung.

Warum waren Sie so auf Krawall gebürstet?

Was heißt Krawall? In den früher 60er Jahren hatte ich mein Kunststudium fertig. Ich assistierte bei dem wunderbaren koreanischen Künstler Nam Jun Paik, später bekannt für seine Videoinstallationen. Der sagte zu mir: „Du kannst alle Materialien für deine Kunst benutzen. Du musst eine Idee haben, das umsetzen wollen!“ Ich hatte keinen Nerv mehr für formale Regeln in der Musik. Akkordfortschreibungen, Skalen, Melodien und dieses ganze Zeugs. Ich wollte mich nicht länger unterwerfen, ich wollte mich in und mit der Musik ausdrücken, Fragen provozieren.

Aber die Reaktionen? Sie spalten doch das Publikum?

Die einen sagten, wir wären Scharlatane. Für andere war es ein Aus-, ein Aufbruch. Aber Deutschland war schon immer etwas schwierig. In Polen, Holland, Schweden, England, den USA, Japan, auch Afrika war man interessiert. 90 Prozent meiner Auftritte finden im Ausland statt. Die sind toleranter. Die wollen nicht immer dasselbe hören, vor allem: die hören zu und kommen nicht mit Hörschablonen.

Sie gelten immer noch als Jazz-Avantgardist.

Ja, das ist doch paradox. Ich bin 75 und Avantgardist. Das müssten doch die 25-Jährigen von heute sein! Es gibt eine Reihe guter Virtuosen, viele gut ausgebildete Musiker, aber eigentlich zu wenig gute Musik. Die fragen sich, wie sie groß rauskommen können. Ich muss doch aber erst einmal wissen, wer ich bin, was mir die Musik bedeutet.

Sie wirken im Konzert oftmals wie ein Kessel unter Hochdruck. Die Musik bricht aus Ihnen hochenergetisch heraus. Denken Sie beim Spielen noch?

Nein. Denken stört nur. Es muss fließen. Ich mag die körperliche Seite meines Spielens, die intensive Kommunikation mit meinen Mitspielern. Nach dem Spielen bist du fix und fertig, der Kopf ist leer. Aber – wenn es zum intensiven Austausch kommt – dann hat sich das alles gelohnt.

Was wünschen Sie sich für das Braunschweiger Konzert?

Dass die Leute sich herausreißen, verstören, begeistern lassen wollen. Kurz. Ein schönes Konzert.

Peter Brötzmann/ Wolfgang Schmidtke spielen am 11.6. 2016 ab 20 Uhr im Theatersaal des Lindenhofs in Braunschweig. Eintritt Abendkasse 15 Euro.

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Kritik zu “Peter Brötzmann und Wolfgang Schmidtke”

Zwischen Zähneknirschen und Freude

Die Free-Jazzer Peter Brötzmann und Wolfgang Schmidtke überzeugten ihre Fans

Ziemlich viel Blech und etwas Holz, gebogen und gerade, lag da vor und auf der Bühne für zwei Herren herum, die von Haus aus Holzbläser sind. Saxofone und Klarinetten. Es gab ja den berühmten Rasan Roland Kirk, der gelegentlich zwei Instrumente auf einmal spielte. Aber dafür sind die beiden Akteure des Abends, Peter Brötzmann und Wolfgang Schmidtke, nicht bekannt. Der Braunschweiger Galerist Hans Gerd Hahn hat ein Faible für frei improvisierte Musik und lud ein zum Konzert im Braunschweiger Lindenhof. Wer dort hin kam, wusste, was er tat. Es waren knapp siebzig Gäste, besser Überzeugungstäter. Denn Brötzmanns Musik gilt als frei. Was bedeutete, die ganzen Gesetzmäßigkeiten der Jazzmusik kaputtzuhauen, wie er es im Gespräch drastisch formulierte.Nur wenigen gefiel das damals.

Und vom französischen Kritiker Alain Gerber ist, was Free Jazz betrifft, das Zitat überliefert: „Ich war zerrissen, ausgelaugt, es ging mir schlecht, ich hatte Lust mit den Zähnen zu knirschen. Aber zu gleicher Zeit überkam mich eine ungeheure Freude!“ Freude und Spaß wünschte Galerist Hahn den Zuhörern.

Mit einer Art Urschrei eröffnete Brötzmann auf dem Altsax das Konzert. Es folgten sich immer wiederholende Tonfolgen, ungeheuer kraftvoll, minimal variiert. Durchdringend in den Höhen. Schmidtke am Tenorsax stimmte ein, hatte dann aber anderes vor. Er spielte große Intervallsprünge, wobei ein intensiver Tiefton einen scharfen Kontrast zu Brötzmanns Höhenschreien bildete. Hin und wieder tonale und rhythmische Übereinstimmungen. Aber dann wieder expressive Ausbrüche, die einem externen Hörer wie das Aufschreien von gepeinigten Tieren vorkommen konnte. Schmidtke reagiert musikaisch eher gleichmütig. Intensive Kommunikation sei die Essenz der Zusammenspiels im Jazz, sagte Bötzmann. Was für eine Form von Kommunikation ist das?
Die Improvisationen sind zwischen zehn und zwanzig Minuten lang. Physisch, aber auch von der musikalischen Konzentration her eine beachtliche Leistung, immerhin istl Brötzmann schon 75 Jahre alt ist. Aber er ließ nicht locker. Das Zwiegetön der Tenorsaxofone an anderer Stelle schien dem Gesetz „Immer mehr Töne – immer schneller – immer lauter“ zu folgen. Ist es nicht so etwas wie Thrash-Jazz, was vor allem Brötzmann zelebriert? Er nannte sich ja auch schon mal Prä-Punk.

Wenn man das Ganze auf den Punkt bringen will, kann man sagen, dass das Konzert in Sachen Dynamik keine Abstufungen zeigte, es war nur Ausbruch. Dabei übernahm Schmidtke eine eher traditionelle Rolle. Mitunter meinte man bei ihm Bebop-Phrasen zu hören, Tonleiter-Repetitionen, Melodie-Elemente, also Rückgriffe auf musikalische Modelle, die Brötzmann dann in Schutt und Asche legte. Er setzte Sounds, Klangflächen dagegen, spielte eher modal.
Das Ohr, das in der Regel nach Haltepunkten sucht, nach musikalischen Mustern, hatte da schwer zu tun, war mitunter hilflos. Und: Ein Free-Konzept ist auf die Dauer auch gleichförmig.
Trotzdem: Begeisterung und die erforderliche Zugabe.

Klaus Gohlke

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»Veras Kabinett« live im Großen Musiksaal

Independent Kunstliedgut von und mit Veras Kabinett – das Quartett um die Berliner Komponistin und Sängerin Vera Mohrs, spielt im Rahmen des Braunschweiger Ästhetik-Kolloquiums »Sinn – Sinnlichkeit – Widersinn II« an der Technischen Universität Braunschweig am Donnerstag den 9. Juni um 20:15 Uhr im Großen Musiksaal, Raum 58.133 A, Rebenring 58, 38106 Braunschweig.Foto: Veras Kabinett

BeitragsbildSchaurig-schön, melancholisch, wild und versponnen: Das Quartett um Vera Mohrs präsentiert deutschsprachige Songs aus eigener Feder! Sängerin und Pianistin Vera Mohrs hat ein feines Gespür dafür, nachdenkliche Texte mit Ohrwurm-Refrains und variablen Arrangements zu verbinden. Mal wirkt sie als Chronistin gesellschaftlicher Phänomene, mal sinniert sie über die Zerrissenheit zwischen Aufbruchsstimmung und Klammern am Bekannten. Vera Mohrs schaut hinter Fassaden und beleuchtet Details. Sie entführt uns an nächtliche Tresen oder in die harte Realität der Legehennen-Industrie, bricht aus symbolischen Glashäusern aus oder fährt lustvoll Karussell. Unverhohlen demaskiert sie Illusionen, beschreibt hintergründig den eigenen künstlerischen Antrieb oder zartbittere Einsichten in die Vergänglichkeit. Für musikalische Stimmungskontraste sorgen die Mitmusiker Dominik Lamby (Bass), Hartmut Ritgen (Schlagzeug) und Nils Brederlow (Saxofon). Vera Mohrs studierte Komposition und Klavier bei Julia Hülsmann an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover. Seit 2011 lebt sie in Berlin und konzertiert deutschlandweit.

Giovanni Guidi Trio

Giovanni Guidi – Piano
Thomas Morgan – Doppelbass
João Lobo – Schlagzeug


Als Förderer junger italienischer Jazztalente hat Enrico Rava nicht nur Stefano Bollani und Gianluca Petrella ins Rampenlicht gerückt, sondern auch Giovanni Guidi, mit dem er das Album “Tribe” aufnahm. Insbesondere hebt Rava Guidis “grenzenlose Neugier” und seine “unnachgiebige Raffinesse” hervor. Guidis Alben sind gekonnte Sammlungen von Eigenkompositionen voller kreativen Wagemuts, bei denen die beiden Mitspieler reichlich Raum zur Entfaltung haben.

Alle drei Musiker haben ein ausgeprägtes Gespür für den Zusammenhall von Klang und Stille. So entstehen besondere lyrische Momente tiefer Reflexion, die große Originalität verraten.

Der Bassist Thomas Morgan ist Amerikaner. Er hat in vielen Bands mitgespielt, darunter in denen von Samuel Blaser, Paul Motian, John Abercrombie und Yoon Sun Choi. Und auch der Schlagzeuger João Lobo hat – trotz seiner relativ jungen Rampenpräsenz – bereits mit einigen großen Namen gespielt, darunter Gianluca Petrella, Roswell Rudd, John Hebert und Michael Attias.

Der Jazz, den diese drei spielen, ist sofort auf nachhaltige Zustimmung gestoßen. So lobt der britische Guardian die Musik des Trios als “ein dynamisches, aber auch eingängiges Programm mit Nummern, die an Paul Bleys frühe Interpretationen von Carla-Bley-Stücken erinnern, mit walzerartigen Balladen, …, mit eisig delikaten Melodien, die nahtlos in sinistre Märsche übergehen. Es mag zwar nur ein weiteres akustisches Jazz-Piano-Trio sein, aber eines, das sich schwungvoll gleich in die erste Reihe spielt.”

Karten:
Musikalien Bartels, 38100 Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12

Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
– Online über eventim
– Abendkasse
– und weitere …

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Eintritt: Abendkasse 25 € / 22 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
GOD Gesellschaft für Organisation und Datenverarbeitung mbH
Öffentliche Versicherung Braunschweig
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Kritik zu “Giovanni Guidi Trio”

Zurück ist keine Zukunft

Jazz auf der Höhe der Zeit – eindrucksvoll gespielt vom Giovanni-Guidi-Trio

Nee, ne!? Sanfteste Dreiklänge, gefälligste und erwartbare Akkordwechsel. Romantisierend-volksliedhafte Melodien. Erstaunte Blicke im Saal, ungläubiges Hören! Sitzt man in der richtigen Veranstaltung? Das soll zeitgenössischer Jazz sein? Gespielt von einem Trio von größtem Renommee!

Bassist Nicolai Munch-Hansen tupft unbeirrt sanft tieftönige Bestätigungen. Schlagzeuger, nein, diese Bezeichnung ist zu brachial: Fell-und Blechstreichler Joao Lobo schabt und zischelt einen gefälligen Hintergrund. Ja, schön, zugegeben! Das klingt ja alles wunderlieblich.

Wo aber ist der Jazz? Jetzt schabt der Understatement-Trommler unangenehm an seinen Blechen. Der Bassist wird harmonisch diffuser. Und Pianist und Trio-Chef Giovanni Guidi scheint plötzlich abzudrehen. Harmonisch-Einleuchtendes wird zerstört. Dissonantes bricht sich Bahn. Die rechte Hand kreiselt in hohen Lagen, schwere Schläge mit der linken Hand. Was ein Klavier so alles aushält! Das Schlagzeug wird seinem Namen gerecht. Der Bass fügt sich ein. Zusammenhänge sind zerstört, eine völlige Free-Phase. Chaos statt Ordnung, Verstörendes statt Gefälligkeit.

Wie zur Beruhigung danach eine Bearbeitung der Farres-Komposition „Quizas“. Rhythmisch zunächst verschleppt – Guidi ist ein Meister im Umgang mit Tempoveränderungen – blüht das Stück dann auf zu elegant-synkopierter kubanischer Musik. Ein absolut ausgereiftes Zusammenspiel.

Später dann – wie Inseln im Klangkosmos auftauchend – auch Bekanntes. „My funny Valentine“, der alte Jazz-Klassiker. Und: ist das jetzt nicht „Can’t help falling in love“.?
Aber da ist kein Schwelgen in Erinnerungen Die Melodie-Zitate werden entfaltet, dann zunehmend verfremdet und in neue Kontexte gestellt. Gospel, Volksliedhaftes, Bluesphrasen, Mambo, Limbo, Hard-Bop, Filmmusikalisches, Atonales. Doch nicht als pures John Zornsches Fetzenwerk. Die Kompositionen sind strukturiert, die Teilthemen werden entfaltet.

Was das Guidi-Trio betreibt, kann man durchaus als systematische Irreführung der Zuhörer begreifen. Man wird beständig auf musikalische Fährten gelockt, die sich dann als abgründig erweisen.

Die dahinter stehende Idee ist klar. Die Musik – wie die Welt überhaupt – ist unübersichtlich geworden, es helfen keine einfachen Änderungen der Laufrichtung. Zurück ist keine Zukunft. Indem der Jazz diese Unübersichtlichkeit musikalisch aufgreift und anverwandelt, wird er zeitgenössisch. Was – wie die Begeisterung des Publikums zeigte – durchaus als anregend, lustvoll und provokant genossen wurde.

Klaus Gohlke

Jazz und Film in der Reihe “Sound on Screen”

Universum Filmtheater, Neue Straße 8, 38100 Braunschweig

JACOJACO
Regie: Paul Marchand, USA 2015, 111 Min., OmU

Metallica-Bassist Robert Trujillo produzierte diese packende Doku über Ausnahme-Musiker Jaco Pastorius, den „Jimi Hendrix des Bass“, der den E-Bass wie niemand zuvor oder danach revolutionierte und leider viel zu früh tragisch verstarb. Mit Joni Mitchell, Herbie Hancock, Wayne Shorter, Flea, Sting, Geddy Lee, Carlos Santana u.a.
“Before Jaco, bass didn’t know what it was yet.” – Bootsy Collins

Featured by Initiative Jazz Braunschweig!

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Anschließend spielt das Jazzrock-Trio CENTRIFUSION im Riptide auf. Mit Carsten Koloc (Drums), Artur Trzmielewski (Bass) und Bernt Küpper (Gitarre) wird es dynamissch, funky und jazzig…

DAVE HOLLAND TRIO
feat. Kevin Eubanks and Obed Calvaire

LOT-Theater, Kaffeetwete 4a, 38100 Braunschweig

Dave Holland – Bass
Kevin Eubanks – Guitar
Obed Calvaire – Drums

Das Konzert ist ausverkauft

17. Oktober 1993. Staatstheater Braunschweig. Die „Betty Carter All Stars“ waren angesagt. Ein Bassist eröffnete das Konzert. Was für ein Bass: Singend, swingend, elegant-fließend!
Welch Tonbett wurde da bereitet für “BeBop-Betty“, Geri Allen am Piano und Jack DeJohnette am Schlagzeug.
Der Mann am Bass war Dave Holland, ein Brite. Geboren in Wolverhampton, einer englischen Stadt so groß wie Braunschweig, gelegen in den West Midlands. Dort ging er in die musikalische Lehre, die bereits einen Wesenszug des Mannes widerspiegelt: Er spielte alles. Aber auf so besondere Art, dass Miles Davis ihn 1968 direkt aus einem Gig in Londons “Ronnie Scott’s“ nach New York holte. Er befand sich urplötzlich in der Jazz-Superliga als Nachfolger von niemand Geringerem als Ron Carter. Seite an Seite u.a. mit Chick Corea, Wayne Shorter, Tony Williams für Davis‘ fundamentale Alben “Filles de Kilimanjaro“, “In a Silent Way“ und “Bitches Brew“. Fusion-Jazz mit dem Double-Bass und dann mit dem um Effekte angereicherten E-Bass. Grandios. Aber: So sehr er Miles schätzte und die Inspiration genoss – Holland suchte seinen eigenen Weg.
Und wurde zur wandelnden Provokation für alle Jazzzfundis hüben und drüben, die Free-Fanatiker und die Traditionalisten. Er spielte mit Anthony Braxton Avant-Garde-Jazz, mit Stan Getz huldigte er der Tradition. In einem aber blieb und bleibt er sich treu: er spielt den “schweren“, den großen Bass. Dessen Gravitationszentrum sind für ihn das Klangpotential der tiefsten Saiten, die Materialität dieses Riesencorpus und daraus resultierend dann die Bevorzugung der schweren Begleitkontrapunktik, ohne schwer daherzukommen. So ist er einer der inspiriertesten Kollektiv- und Klangimprovisatoren geworden wie neben ihm wohl nur noch Charlie Haden.
Er gründete Trios, Quartette, Quintette, Sextette, spielte zu zweit oder allein, um transparent, offen, gleichwohl formbewusst und ungebunden von harmonischen Festschreibungen Jazz zu spielen.
“Ich spielte mit Bebop-Bands, mit Swing-Bands, Dixieland. Das ist alles Teil der Musikgeschichte. Und ich liebe es noch immer, diese Geschichte wieder zum Leben zu erwecken, indem ich sie unter meiner Perspektive betrachte. Das ist wie Bach wieder spielen, traditionelle Aspekte der Geschichte. Hauptsache sind Ehrlichkeit und Qualität!“, wie er in einem DownBeat-Interview sagte. Und so entwickelte er sich als Sideman und als Leader zu einem der komplettesten Virtuosen seines Instruments. Bester Instrumentalist, bester Jazzkünstler, bester Bandleader, beste CD – welche Ehrung hat er nicht erhalten?
Dafür braucht er gestandene, selbstbewusste Mitspieler. In Braunschweig tritt Dave Holland mit einem Trio auf, in dem
Kevin Eubanks (*1957), ein vertrauter Mitspieler, die Gitarre als Harmonie- und Melodieinstrument spielen wird. Er zeichnet sich durch dichtes, intensives, eher an impressionistischen Einwürfen und linearen Entwicklungen orientiertes Spiel aus statt an verpflichtenden Akkordprogressionen. Er spielte u.a. mit Art Blakey, Roy Haynes, Slide Hampton und Sam Rivers.
Der 33jährige Obed Calvaire (*1982) aus Miami gilt als exzellenter Drummer, der alle sich bietenden Möglichkeiten zu nutzen weiß, ein kreatives Zusammenspiel voranzubringen. Wegen seiner inspirierenden Ausdrucksfähigkeit hat er mit zahlreichen Größen der Jazzmusik auf allen internationalen Festivals gespielt, u.a. mit Wynton Marsalis, Joshua Redman, David Liebman und Richard Bona.

Karten:
Musikalien Bartels, Braunschweig, Wilhelmstraße 89, Tel.: 05 31 / 12 57 12
Konzertkasse Braunschweig,
  Schloss-Arkaden & Medienhaus Braunschweiger Zeitung, Tel.: 05 31 / 1 66 06
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• Abendkasse

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Eintritt: Abendkasse 28 € / 25 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz
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Kritik zu “Dave Holland Trio”

Musikalischer Bewusstseinsstrom
Das Dave Holland Trio beeindruckt im Braunschweiger LOT-Theater

Er hat immer noch britischen Stil! Dave Holland, 69jähriger britischer Jazz-Ausnahme-Bassist. Trotz der über 40 Jahre, die er in New York lebt. Dezent gekleidet, humorvolles Overstatement zu Beginn des Konzertes. Dass Braunschweig nämlich am Sonntagmorgen so wunderbar friedlich sei. Und die Glocken des Domes erst! Aus dem Schlaf heraus der Beginn einer musikalischen Reise! Wie wundervoll!
So friedlich eröffnete auch das seit langem ausverkaufte Konzert. Man wolle übrigens ein Konzert in einem Stück spielen, kündigte Dave Holland noch an, ein Set ohne Ansageunterbrechungen und Pause. Es gebe auch nicht direkt Stücke, eher Ideen, die man entwickle. Man sei selbst gespannt, was dabei herauskomme.
Nun – zunächst eine Basslinie im tiefen Register, gefolgt von einem Ausflug in die Welt der Flageolettöne. Gitarrist Kevin Eubanks folgt den Basstönen, spielt erst parallel, geht dann dazu über, elektronisch verfremdete Klangflächen zu entwerfen. Und Obed Calvaire am Schlagzeug scheint noch zu sinnieren, wohin die Reise gehen soll, bis er plötzlich einen scharfen Beat unterlegt – und aus ist es mit Besinnlichkeit. Das Trio entwickelt sich in einem langen Crescendo zu einem regelrechten Tonkraftwerk, eine Studie in Sachen Dynamik.
Eubanks übernahm oft die Rolle des Einheizers. Angezerrte, repetitive Akkordfolgen, dazwischen unglaublich rasante, scharf akzentuierte Läufe. Mühelose Rückgriffe auf Fusion, Rock, Blues, rhythmisch vertrackt. Allein technisch umwerfend.
Das gilt nicht minder für Obed Calvaire am Schlagzeug. Rhythmische Kontrapunktik, wenn man so will. Da wird mit, gegen, über den Beat gearbeitet, mit der Bass-Drum die Akzente scheinbar beliebig verteilt, dass eine Freude ist.
Und plötzlich ein rasantes Zurückfahren in der Lautstärke und gleichsam entschuldigend mit Augenzwinkern zarte folkloreartige Melodien auf dem Bass und der Gitarre.
Nun, es war Echtzeit-Improvisation, eine Art musikalischer Bewusstseinsstrom. Und das Strukturprinzip blieb gleich: ein musikalischer Kern, der langsam ausgearbeitet wurde, dann die wuchtige Entfaltung mit vielen Schattierungen und – oftmals über Dave Hollands weitgespannte Soli – die Rückkehr in ruhiges Fahrwasser. Besonders schön anzusehen: Die Musiker hatten ihren Spaß dabei, musikalische Ideen zu kreieren, aber auch daran, die der anderen zu erkennen und zu beantworten. Ein wunderbares Aufeinander-Eingehen. Fliegende Stilwechsel vom Swing, über Latin, zu Funk, Post-Bop, sogar Walzer.

Zugegeben, es war nicht der Abend für die, die den Dave Holland mit den wunderbar singenden Basslinien hören wollten – die Zugabe vielleicht ausgenommen. Nichts für die Freunde der Melodie. Hier waren Harmonie-Tüftler am Werke, die Akkorde zergliederten, erweiterten und reduzierten. Klangkontraste entwarfen. Und eben absolute Rhythmiker, die eine große Spielfreude dabei zeigten, immer wieder auszubrechen und dem Erwartbaren nicht zu entsprechen. Ovationen zum Schluss.

Klaus Gohlke

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Kritik zu “NDR Big Band Plays the Music of Randy Brecker”

Einundzwanzig Männer – kein bisschen leise
Die NDR-Bigband brilliert im ausverkauften LOT-Theater gemeinsam mit dem Startrompeter Randy Brecker

Es geht ab, ohne Umschweife mittenhinein in „The first Melody of the Tune“, so der unwiderlegbare Titel des Openers. Kristallklare Funkriffs, satte Bläsereinwürfe, fanfarenartige Trompetentöne, unterirdische Korg-E-Sounds dazwischen. Zwanzig Musiker, die NDR-Bigband, bereiten den Boden für ihn: den amerikanischen Startrompeter und Gastsolisten Randy Brecker. Unübersehbar stattlich steht er mit der für ihn typischen Flatcap auf dem Kopf im Mittelpunkt der Bühne. Und wer vielleicht vermutete, dass da ein 70jähriges Star-Auslaufmodell noch mal eine Deutschlandrunde dreht und einer starken Band als Krücke bedurfte, der lag absolut daneben.
Sein Spiel war kraftvoll, präzise und wirkte selbst bei höchstem Tempo entspannt. Die elektronische Bearbeitung, insbesondere der Hall, ließ die Töne wie poliert strahlend klingen. Und er hielt die Spannung das gesamte Konzert durch.
Das allein ist schon beachtenswert genug, die Besonderheiten liegen aber woanders. Brecker vermochte die Musiker zu inspirieren, zu Höchstleistungen zu befeuern, ohne das abzufordern. Ganz allein durch seine Autorität, sein Können und durch das kluge Konzept, die Soli des Altmeisters unmittelbar zu kontrastieren mit jenen verschiedener Bandmitglieder. Sie hängten sich rein oder – wie Brecker es drastischer formulierte: „They‘re playing their asses off!“ Und weil die Bigbandmusiker allesamt nicht nur Teamplayer sind, sondern über hervorragende solistische Fähigkeiten verfügen, entwickelten sich oft heiße Dialoge zwischen den Protagonisten. Widerspruch, Überbietung, Umschreibung, Zerstörung und Anlehnung wechselten sich ab.
Live Musik hat immer auch eine visuelle Komponente. Es war spannend zu sehen, wie sich das Musizieren im Musiker selbst ausdrückt. Hier Randy Brecker, schwergewichtig in sich ruhend mit minimaler Gestik und Mimik. Dort z.B. der Tenorsaxofonist Sebastian Gille, dessen Körper wie unter elektrischen Schlägen im Tempo seiner Läufe hin und her zuckt, sich dreht und windet, noch oben gezogen wird und gestaucht, je nach Spielverlauf. Aber nicht als Showeinlage, sondern völlig unbewusst.
Die andere Besonderheit des Konzerts, war die Raffinesse der Arrangements. Die Band spielte ausschließlich Brecker-Kompositionen. Aber die Art, wie die einzelnen Instrumentengruppen einbezogen oder ausgeblendet wurden, wie die Sätze miteinander oder gegeneinander spielten, das zeigte das große Können des Arrangeurs und Dirigenten Jörg Achim Keller. Die Kompositionen zeigten dadurch eine erstaunlich neue Vielschichtigkeit.
Aber: Randy Brecker wurzelt tief im Jazz-Rock, kreiert so eigenartige Genres wie Heavy Metal BeBop. Es geht also um Rhythmen, um Beats. Und weil die NDR-Bigband keinen eigenen Schlagzeuger in den Reihen hat, engagierte man kurzerhand als Special Guest den in Deutschland dafür prädestinierten Wolfgang Haffner. Ganz Primus inter Pares ließ er es präzise grooven.
Und so wanderte man durch Blues-, Funk-, Latin Music-, Balladen-, Gospel – Anverwandlungen – und begeisterte das Publikum. Unklar blieb aber zweierlei: Warum spielen keine Frauen in der NDR-Bigband? Warum blieb man bei diesen Rhythmen sitzen, statt zu tanzen?

Klaus Gohlke

NDR Bigband
Plays the Music of Randy Brecker

LOT-Theater, Kaffeetwete 4a, 38100 Braunschweig

Randy Brecker, Trompete
Wolfgang Haffner, Schlagzeug
Jörg Achim Keller, Leitung
NDR Bigband

Das Konzert ist ausverkauft

Die NDR Bigband trifft Randy Brecker! Auf dem Programm ihres gemeinsamen Projektes im Braunschweiger LOT Theater steht eine Werkschau des Trompeters. “Die wird durch seine gesamte Karriere führen; die klassischen Brecker-Brothers-Sachen sind dabei, aber auch alles davor und bis heute”, sagt der Leiter und Arrangeur der NDR Bigband, Jörg Achim Keller.

Alles davor und heute
Damit ist der Rahmen für ein vielseitiges Programm gesteckt, schließlich wirkte Randy Brecker nicht nur entscheidend bei der Entwicklung des jungen Genres JazzRock mit: Er war Gründungsmitglied bei “Blood, Sweat & Tears”, rief mit seinem Bruder Michael sowohl die “Combo Dreams” (mit John Abercrombie und Billie Cobham) als auch die Supergroup “Brecker Brothers” ins Leben. Auch im akustischen Jazz hat er sich einen Namen gemacht: anfänglich im Horace Silver Quintett, später auch bei Art Blakeys Jazz Messengers, Charles Mingus, Carla Bley und nicht zuletzt mit seinen eigenen Quintetten, mit denen er einen persönlichen Stil entwickelte.

Aufs Wesentliche reduziert
“Seine Grundharmonik ist eigentlich sehr sparsam”, erläutert Arrangeur Keller, der Breckers Kompositionen für die NDR Bigband umsetzte. “Im Jazz sind ja oft fünf, sechs oder mehr Töne pro Akkord üblich, bei ihm ist es fast wie ein vierstimmiger Choralsatz. Aber welche Töne da sind, das macht halt diesen speziellen Sound aus.” Und Brecker räumt ein: “Ich hab gern eine Menge Spannung in meiner Musik.”

Von transparenten Orchestrierungen bis zum Wall of Sound
Und das gilt für seine Fusion/Funk-Kompositionen für die “Brecker Brothers” (die bekannteste darunter “Some Skunk Funk”) genauso wie für seine Auseinandersetzung mit dem funky hardbop von Clifford Brown, Lee Morgan und Freddie Hubbard über seine intensiven Flirts mit der Musik Brasiliens bis hin zum “Jazz Ballad Songbook”.
“All diese verschiedenen Stücke eröffnen jeweils andere Möglichkeiten”, sagt Jörg Achim Keller. “Die möchte ich mit der Bigband ausloten, von ganz transparenten Orchestrierungen bis hin zur soliden Wall of Sound.”

Karten:
Musikalienhandlung Bartels, Braunschweig, Schlosspassage 1, Tel.: 0531 / 125712
Touristinfo Braunschweig, Kleine Burg 14, Tel.: 0531 / 470-2040
Konzertkasse Braunschweig, Schloss-Arkaden & Schild 1a, Tel.: 0531 / 16606
– Online über eventim
– Abendkasse
– und weitere …

Eintritt: Abendkasse 25 € / 22 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Porträt über Jürgen Niemann

Ein Mann mit höchsten Ansprüchen oder
Mehr geht nicht!

Hans-Jürgen Niemann, die graue Eminenz des Braunschweiger Jazz, tritt ab

Er ist ein Strippenzieher. Einer, der im Hintergrund die Fäden spinnt. Der seit 25 Jahren dafür sorgt, dass in Braunschweig hochkarätige Jazzmusik zu Gehör gebracht wird. Und für Jazzmusiker im In- und Ausland Braunschweig eine Top-Adresse ist. Die Rede ist von Hans-Jürgen Niemann.
Wir treffen uns im Gebäude der Städtischen Musikschule Braunschweig. Dort ist er seit langem schon Klavierlehrer. Etwas retro schaut er aus mit seiner John-Lennon-Brille und dem schulterlangen, gelockten Haupthaar. Der Weg führt in seinen Unterrichtsraum, zwei Wände sind behängt mit Plakaten von Musikereignissen, für deren Zustandekommen er verantwortlich war.
„Naja, ich nicht alleine, das waren alle in der damaligen Musikerinitiative Braunschweig.“ Eine typische Äußerung des jetzt 62-jährigen. Er ist nicht der Mann, der in der ersten Reihe stehen will.
Sein Job ist das „Booking“, die Verpflichtung von Musikern. Das klingt einfach, ist aber reichlich komplex. „Man muss ja gute Musiker finden, die auch zum Publikumsgeschmack passen. Die Kostenfrage stellt sich sofort. Findet man Sponsoren, weil der Eintritt die Kosten nicht abdeckt? Du musst die Verträge mit den Leuten oder ihren Agenturen abschließen. Wie kommen die Künstler nach Braunschweig, wo übernachten sie? Wie sieht es mit dem Auftrittsort aus? Wer betreut sie vor Ort? Welche Anforderungen stellen sie bezüglich der Instrumente, der Technik? Also, da hat man schon sein Tun!“
Der Blick auf die Plakatwand macht Staunen. Eine Art Who’s who? des Jazz. John McLaughlin, Betty Carter, Archie Shepp, Charles Lloyd, Joachim Kühn, Carla Bley, Elvin Jones , um wirklich nur ein paar Namen zu nennen. Jürgen Niemann hat einen stattlichen Ordner hervorgeholt und schwelgt in Erinnerungen.
„Angefangen habe ich eigentlich mit dem Jazzspektrum 1990 nach der deutsch-deutschen Vereinigung. Fünf Formationen aus der DDR haben wir im Städtischen Museum und vor der Magnikirche aufspielen lassen. Es war eine heiße Sache. War ja nicht wie heute mit Internet, Handy, E-Mail, Facebook. Briefe per Einschreiben mit Rückschein und andere längst vergessene Verkehrsformen waren angesagt.“
Gibt es rückblickend so etwas wie Highlights? „Lebenslang begleiten wird mich Diana Kralls Auftritt auf dem Burgplatz und die ganzen Umstände. Sie war schon ein Star, aber keine Allüren. Drei Tage blieb sie in Braunschweig, war hier schwer am Shoppen. Dass hier kein Gedöhns gemacht wurde, hat ihr ungemein gefallen.“
Und Tiefpunkte? „Nein, eigentlich nicht. Nur Aufreger. Wenn ein Bass nicht aufzutreiben ist. Oder die Hotelbuchung aufgekündigt wird. Ein großer Büfett-Bahnhof ins Leere läuft, weil der Künstler zu erschöpft ist und nur schlafen will.“
Niemann blättert weiter in seinen Dokumenten. Er war auch sonst recht rege. Mitbegründer von „Radio Okerwelle“, der „Braunschweiger Kulturnacht“ – ein Tanz auf einigen Hochzeiten. Immer mit sehr hohem Anspruch, was freilich zu Frustrationen führte. „Ich wollte immer ein möglichst breites musikalisches Spektrum abdecken. Das war nicht leicht durchzusetzen.“
Alles wäre nicht so gelaufen, wie es gelaufen ist, wäre da nicht die Unterstützung seitens des Kulturamtes der Stadt Braunschweig gewesen, der zahlreichen Sponsoren, der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, der Helfer und Ermutiger. „Das war ungemein wichtig. Aber – ob eigentlich klar geworden ist, welchen Stellenwert Braunschweig in der internationalen Jazzszene spielt, dass wir eine Topadresse sind in Deutschland, da bin ich mir nicht so sicher.“ Schade eigentlich.

Jürgen Niemann hat das kulturelle Leben dieser Stadt entscheidend mitgeprägt. So ein Job schlaucht. Es muss mal Schluss sein. Wie es nun weiter geht? Die Initiative Jazz-Braunschweig ist am Improvisieren. Wer will so eine Aufgabe ehrenamtlich fortführen? Das hängt auch davon ab, wie die Stadt, die Sponsoren, die Jazz-Interessierten mitziehen. Braunschweig hat hier einen Ruf zu verlieren, was man ja nicht wollen kann.

Klaus Gohlke

Marco Ambrosini & Jean-Louis Matinier
– Inventio –

Theatersaal im Lindenhof, Kasernenstraße 20, 38106 Braunschweig

Marco Ambrosini, Nyckelharpa
Jean Louis Matinier, Akkordeon

Ambrosini & MatinierInventio ist in jeder Beziehung ein schöpferisches Projekt, was sich schon bei den Instrumenten zeigt: Matinier hat das Akkordeon aus dem von ihm gewohnten folkloristischen Rahmen gelöst, und Ambrosini ist einer der wenigen Musiker außerhalb der Folkmusik Skandinaviens, die Nyckelharpa spielen.

Das Programm, das Ambrosini und Matinier hier bringen, ist von den barocken Sonaten von Bach und Biber inspiriert, nimmt aber auch z. B. lyrische Kadenzen Pergolesis auf. Deren Meisterwerke haben die beiden umempfunden und neu arrangiert und durch eigene Kompositionen ergänzt.

Auf dem Weg von den alten Werken zur modernen Musik improvisieren sie gemeinsam und finden dank des ungeahnten Zusammenspiels ihrer Instrumente neue Klangfarbenkombinationen. So ist die Musik wieder einmal das Medium, das die Trennung von Vergangenheit und Gegenwart auflöst und Brücken zwischen den Genres baut.
Insofern ist die Musik von Ambrosini und Matinier grenzenlos.

Bis zum Barock war die Nyckelharpa ein verbreitetes Instrument, bis es von der Geige und anderen Streichinstrumenten verdrängt wurde. Ein Instrument, das Geschichte atmet. Es klingt anders, fremd, überkommen aus einer längst vergangenen Zeit. Ambrosinis Spiel geht zwar auf diese historische Befangenheit ein, aber er bleibt dabei modern und verhilft der Nyckelharpa doch zu neuem Glanz.

Marco Ambrosini (*1964 in Forlì/Italien) studierte zunächst Violine und Viola und Komposition in Ancona und Pesaro. Seit 1983 spielt er Nyckelharpa, die er gemeinsam mit den Geigen- und heutigen Nyckelharpabauern Condi und Osann weiterentwickelte. Er arbeitet als Komponist und als Solist sowie als Mitglied verschiedener Ensembles für Alte Musik, Barockmusik und zeitgenössische Musik (u. a. Studio Katharco, Oni Wytars (Deutschland), Els Trobadors (Spanien), Unicorn, Accentus, Clemencic Consort, Armonico Tributo Austria (Österreich), Kapsberger (Rolf Lislevand, Norwegen), L’Arpeggiata (Christina Pluhar, Frankreich). Daneben spielt er auch mit Michael Riessler und Jean-Louis Matinier. 1994 spielte er Barock-Konzerte für die Moskauer Philharmonie als Nyckelharpa-Solist mit dem Ensemble LAD. Konzerte und Tourneen führten ihn in mehr als 25 Staaten. Seine Diskografie umfasst über 110 CDs.
Marco Ambrosini lebt heute in Deutschland.

Jean-Louis Matinier (*1963 in Nevers/Frankreich) ist einer der führenden zeitgenössischen Akkordeonspieler im Bereich des Jazz und der Weltmusik.
Er hat klassische Musik studiert, sich dann dem Jazz und anderen Formen improvisierter Musik zugewandt. Von 1989 bis 1991 spielte er im Nationalen Französischen Jazz-Orchester unter Claude Barthélémy. Seine Spielweise ist zwar stark durch den europäischen, kammermusikalischen Jazz geprägt; durch seine spezifische Aufnahme der Akkordeontradition wirkt diese Befangenheit allerdings aufgelöst. Seine Kompositionen sind einfallsreich und er wendet sein Instrument vielseitig an. Matinier tritt meist mit anderen Instrumentalisten auf, so z. B. Renaud Garcia-Fons, der ihn in einem sehr interaktiven Duo auf seinem Kontrabass begleitet. In Deutschland wurde er zunächst durch Auftritte mit Michael Riessler bekannt. Matinier hat auch mit Louis Sclavis, Gianluigi Trovesi, Michel Godard, François Couturier, Philippe Caillat und Anouar Brahem gespielt und arbeitet auch zur Zeit mit einigen dieser Musiker zusammen.

In Braunschweig haben wir ihn mit einigen der genannten Musiker schon zu Gast gehabt, so mit Anouar Brahem (Le pas du chat noir), Renaud Garcia-Fons (Alboréa) und Miichael Riessler (Silver and Black).

Karten:
Musikalienhandlung Bartels, Braunschweig, Schlosspassage 1, Tel.: 0531 / 125712
Touristinfo Braunschweig, Kleine Burg 14, Tel.: 0531 / 470-2040
Konzertkasse Braunschweig, Schloss-Arkaden & Schild 1a, Tel.: 0531 / 16606
– Online über eventim
– Abendkasse
– und weitere …

» Weitere Informationen

Eintritt: Abendkasse 19 € / 17 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Kritik zu “Marco Ambrosini & Jean-Louis Matinier – Inventio –”

Keine Kisten, keine Kästen
Marco Ambrosini und Jean-Louis Matinier spielen ein hinreißendes Crossover-Konzert im Braunschweiger Lindenhof

Ja- was ist das denn? Einige Konzertbesucher erheben sich von ihren Sitzen. Was spielt denn der Mann da vorn für ein Instrument? Der eine spielt ein Akkordeon, das ist klar, aber der andere? Es ist zweifelsfrei ein Streichinstrument. Aber die Greifhand ist hier eine „Drückhand“. Die Tonhöhe wird offenbar durch eine mechanische Tastatur bestimmt. Welch eigentümlicher Klang auch!

Und was ist das für eine Musik, die die beiden da zelebrieren? Die Initiative Jazz Braunschweig hat eingeladen, also müsste es sich doch um Jazz handeln. Ist es aber irgendwie nicht. Es klingt nach alter Musik, gleichzeitig aber hat es auch einen Folk-Touch. Es kommt elegisch daher, dann wieder gibt es rasante Läufe. Die Taktart wechselt von gerade auf ungerade. Auch die Tonart wechselt mehrfach. Verwirrend und interessant zugleich.

Der Italiener Marco Ambrosini mit seiner skandinavisch sich herleitenden Nyckelharpa, zu deutsch: Tastenfidel, und der Franzose Jean-Louis Matinier am Akkordeon, spielen ihr Eröffnungsstück unbeirrt zu Ende. „Inventio 4“ von Johann Sebastian Bach. Eigentlich eine zweistimmige Etüde von knapp einer Minute Dauer. Hier improvisatorisch ausgedehnt auf mehr als fünf Minuten.

Dann eine Konzertunterbrechung. Ambrosini erläutert das Instrument und erklärt den spezifischen Hallklang, der durch Resonanzsaiten entsteht. Bei der begrifflichen Bestimmung ihrer Musik aber bleibt er offen. Schon vorher im Gespräch fragt Matinier: „Wozu braucht ihr immer Kisten und Kästen zum Einordnen? Es ist Barockmusik dabei, durchaus. Bach, Biber, Pergolesi. Aber es ist auch neue Musik. Unsere Kultur wird widergespiegelt. Beschreibungen lehne ich ab. Hör einfach zu, spüre deinen Empfindungen nach!“

Gesagt, getan. Was aber nicht so einfach ist. Der Eindrücke sind viele. War da nicht ein Vivaldi-Rückgriff? Dann wieder ein Ausflug in tonal-offene Räume, sehr schräg. Es klingt orientalisch oder aber eher ostasiatisch? Düsteres durchbrochen von tanzbaren Rhythmen. Bestimmt einer der beiden? Wie gelingt nur dieses Zusammenspiel? Virtuose Dreiklangbrechungen, dann wieder kontrastiv chromatische Auf- und Abstiege. Ein tiefes Wissen um die Metren.

In der Tat, es ist einfach Musik auf höchstem Niveau, völlig entspannt, absolut präzise vorgetragen. Eine Aufhebung von alter, neuer, von genre-spezifischer Musik. Eine Wanderung durch Klangräume, -zeiten und –formen. Lang anhaltender Beifall für diesen Ausflug in musikalische Freigeisterei.

Klaus Gohlke

Interview mit Dave Holland

Englishman in New York: Starbassist Dave Holland im Interview

Außergewöhnliches erwartet die Braunschweiger Jazzfreunde: Der 69jährige Ex-Miles-Davis-Bassist Dave Holland, zweifelsfrei einer der bedeutendsten und erfolgreichsten Bassisten der Welt, wird am Sonntag, dem 13. März 2016 im Braunschweiger LOT-Theater mit seinem aktuellen Trio gastieren. Aus diesem Anlass sprach Klaus Gohlke vorab telefonisch mit dem in New York lebenden Jazzmusiker.

Hi, Dave, im Frühling gehst du auf Europa-Tour. Was treibt dich?

Ich hatte in der letzten Zeit verschiedene Projekte hier laufen. Darunter das Trio mit Kevin Eubanks an der Gitarre und mit Obed Calvaire am Schlagzeug. Wir spielten in Russland, und das war so eine gute Zusammenarbeit, dass ich gern wieder mit ihnen arbeiten wollte. Die Reiseumstände sind natürlich eine Herausforderung. Das Fahren, Gepäckprobleme, die Hotels – aber wenn man dann ein Publikum begeistern kann, dann ist das alles nachrangig.

Was ist das Besondere an diesem Gitarren-Trio? Ist es eine Erinnerung an “Gateway”, dein erstes berühmtes-Trio mit Jack DeJohnette und John Abercrombie Mitte der 70er Jahre?

Nein, es ist kein Blick zurück, kein Revival. Die Musiker und die Musik damals, das war alles einzigartig. Aber wir haben andere Zeiten, und Kevin und Calvaire sind wiederum ganz eigenständige Musiker mit ihren sehr spezifischen musikalischen Vorstellungen und Fähigkeiten. Das Interessante am Trio ist ja die besondere Intensität des musikalischen Gesprächs. Und dann gefällt mir der Sound von Gitarre und Bass im Zusammenspiel. Dazu muss ich noch sagen, dass Kevin Eubanks einen ganz eigenen Klang auf seinem Instrument gefunden hat, was ja nicht einfach ist. Und Calvaire ist ein außergewöhnlich feinfühliger Rhythmiker.

Dave, du spieltest 1968 im Alter von gerade mal 20 Jahren im berühmten Londoner Jazzclub, dem Ronnie Scott’s. Da saß Miles Davis und engagierte dich vom Fleck weg. Mit einem Male warst du Teil seiner Supergroup u.a. mit Herbie Hancock, Tony Williams, Keith Jarrett, Chick Corea. War das das Größte in deinem Leben?

Es war eine riesige Sache, und die Zusammenarbeit war außerordentlich bedeutsam für mich. Aber – man kann das Leben nicht auf eine Sache reduzieren. Es waren zwei Jahre. Viele wunderbare Musiker und Konzerterlebnisse erlebte ich seitdem. Man entwickelt sich ja weiter.

Du spielst den großen akustischen Bass. Warum nicht den leichter zu handhabenden E-Bass?

Oh, ich spiele auch Bass-Gitarre. Ich hab den Bass nicht wegen seiner Größe und seines Gewichts ausgewählt (lacht). Nein. Ich habe, als ich 15 Jahre alt war, den Oscar Peterson-Bassisten Ray Brown gehört. Der Klang, den er auf diesem Instrument erzeugte, hat mich umgeworfen. Es war unglaublich. Liebe auf den ersten Blick oder aufs erste Hören. Auch Leroi Vinnegar war so ein Klangzauberer. Es ist der Klang dieses Instruments, der mich begeistert. Also Platz 1: Akustik-Bass, Platz 2: Bass-Gitarre, Platz 3: Cello.

Du spielst nun schon lange Jazz. Siehst du eine Entwicklung des Jazz, eine bestimmte Richtung?

Es gibt eine Menge Richtungen, nicht die eine. Es herrscht eine Art Individualisierung vor. Traditionen werden neu interpretiert. Man expandiert in andere Musik-Kulturen und –in andere Traditionen hinein. Eine Art Inklusion. Die Sprache der Musik hat sich ungemein erweitert. Wenn ich bei meiner Lehrtätigkeit sehe, welche Möglichkeiten die StudentInnen über die neuen Medien haben, sich Stile, Material, Techniken anzueignen, kann ich nur staunen. Es ist enorm, was sie alles in kurzer Zeit aufnehmen können. Es gab Zeiten, da waren bestimmte Stile dominant. Heutzutage aber nicht. Man hat dadurch viel Raum für Experimente und Annäherungen, für Erweiterungen der Ausdrucksmöglichkeiten Ich selbst habe mich mit Flamenco-Musik befasst, mit nordafrikanischen Oud-Spielern gearbeitet, mit Zakir Hussain, dem indischen Tabla-Virtuosen, gespielt. Dieses Cross-Over ist eine sehr schöne Sache.

Dave, du bist Jahrgang 1946, in England, Wolverhampton aufgewachsen. Hat dich damals nicht auch die populäre Musik mittschiffs getroffen?

Ja, klar. Ich hörte amerikanische und englische Pop-Musik. Bill Haley, Little Richard, diese ganzen Rock’n’Roller. Auch Ray Charles, Motown. Da hab ich auch in Bands vor Ort mit gespielt. Aber dann kamen – wie gesagt – Ray Brown, Leroi Vinnegar, Charles Mingus und der Jazz.

Du bist seit langen ein “Englishman in New York”. Du kennst den Sting-Song. Aber als „legal alien“ (legaler Einwanderer, Fremdling) fühlst du dich nicht?

(Lacht) Nein, absolut nicht. Ich wollte schon immer nach New York wegen der Musikszene hier. Hier sind auch meine Familie, meine Enkel. Ich wohne außerhalb der Stadt, dem Mid Hudson Valley. Eine wunderbare Gegend. Aber – ich freue mich auf Braunschweig, wir sehen uns hoffentlich.
Das Dave Holland Trio gastiert am Sonntag, dem 13. März 20 Uhr im LOT-Theater in Braunschweig. Karten im üblichen Vorverkauf und Online bzw. an der Abendkasse: www.lot-theater.de

Madras Special & Karnataka College of Percussion
We remember Charlie Mariano
50 Years Jubilee Tour of Karnataka College of Percussion

LOT-Theater, Kaffeetwete 4a, 38100 Braunschweig

R.A. Ramamani – voc
T.A.S. Mani – perc
Ramesh Shotham – perc
Zoltan Lantos – violin
Sebastian Müller – guitar
Reza Askari – bass
Johannes Lemke – sax

Madras Special & Karnataka College of PercussionUm sein 50-jähriges Bestehen gebührend zu begehen, hat sich das Karnataka College of Percussion unter seinen Leitern R.A. Ramamani und T.A.S. Mani mit Madras Special von Ramesh Shotham zusammengetan, um mit einem gemeinsamen Programm “We remember Charlie Mariano” auf Tournee zu gehen.
Das Karnataka College of Percussion wurde 1964 von T.A.S. Mani gegründet, um Musiker an den klassischen indischen Perkussionsinstrumenten auszubilden. Dank ihrer Leistungen und des reichen Erfahrungsfundus, den sie in über 30 Jahren zusammengetragen hat, hat sich diese Einrichtung stetig weiterentwickeln können und bei den jüngeren Generationen das Bewusstsein für die klassische südindische Musik wachgehalten und gefördert.
T.A.S. Mani hatte seine eigenen Vorstellungen, wie er seine Arbeit erfolgreich gestalten könnte, und auch dank der breiten Unterstützung, die er in seiner musikalischen Heimat Karnataka fand, gelang es ihm, die Grundlage für seine erfolgreiche Lehrtätigkeit zu schaffen. Die öffentliche Anerkennung seines College und seiner Arbeit kommt nicht zuletzt dadurch zum Ausdruck, dass er sein Land im Auftrag der indischen Kulturbehörde auf verschiedenen Musikfestivals vertreten hat und dass das College häufig von ausländischen Musikern und Kulturdelegierten besucht wird.

Seit 50 Jahren setzt T.A.S. Mani mit dem von ihm in Bangalore gegründeten Karnataka College of Percussion nicht nur mit der Vermittlung der klassischen südindischen Musik Maßstäbe, sondern auch mit genreübergreifenden Projekten. Zu seinen Schülern gehören viele Musiker von internationaler Bedeutung wie z.B. Trilok Gurtu und Ramesh Shotham, der hier und heute mit seinem Projekt “Madras Special” auftritt. Mani machte sich aber nicht allein durch seine pädagogischen Tätigkeiten und die Leitung verschiedener Ensembles einen Namen, sondern auch als Komponist. Darüber hinaus leitet er das zehn­köpfige Elite-Ensemble “Tala Tarangini”, mit dem er im Rahmen verschiedener Projekte die klassische südindische Musik und deren rhythmische Spezialitäten, wie z. B. Konnakol, die südindische Trommelsprache, vorstellt.
Mit vornehmer Zurückhaltung, stets im Dienst seiner Musik, für die er lebt, entwickelt Mani sein virtuoses Spiel auf dem “mridangam”. Elegant spielt er beidseitig auf der klassischen Trommel und bringt so die “Königin der Perkussioninstrumente”, wie das Instrument bezeichnet wird, immer wie­der anders in das klangliche Erscheinungsbild ein.
R.A. Ramamani ist Sängerin, Komponistin und Lehrerin und genießt in der indischen Musik seit langem eine Ausnahmestellung; in indischen Musiker­kreisen heißt es, sie sei von indischen Gottheiten und Spiritualität umgeben. Seit ihrem fünften Lebensjahr hat sie eine fundierte Aus­bildung in der traditionellen südindischen Musik erhalten. Der Aufstieg zu einer der führenden Stimmen in der karnatischen Musik führte die Ausnahmesängerin auf die großen Festivalbühnen in Indien und Euro­pa, wo sie das Publikum durch die enorme Ausdrucksbreite ihres Gesangsstils von der vibratoreichen, instrumental geprägten Stimmführung bis zu improvisatorischen Kunstfertigkeiten begeisterte. Außerdem ist sie eine Spezialistin im Vertonen traditioneller Texte aus den alten südindischen Überlieferungen. Ihre Kompositionen sind seit langem ein stilprä­gender Faktor im Repertoire des Karnataka College of Percussion.
1980 war sie mit dem Karnataka College of Percussion auf Europatournee und trat 1983 beim Berliner Jazzfestival gemeinsam mit Charlie Mariano auf. Dem folgten zahlreiche weitere Projekte und Konzerte in Europa und immer wieder auch in Deutschland, wo sie zuletzt 2007 bei der Ruhr-Triennale zu erleben war.

Madras Special
Auch Ramesh Shotham stammt aus Südindien, lebt aber heute in Köln. Mit seinen subtilen, unaufdringlichen Rhythmen hat er eine Vielzahl musikalischer Begegnungen nachhaltig beeinflusst und ist ein prägender Brückenbauer zwischen verschiedenen musikalischen Kulturen geworden. Er hat mit Charlie Mariano, Rabih Abou Khalil, Carla Bley, Steve Coleman, Siggi Schwab und Embryo gespielt, und noch jedes Mal hat er der Musik mit seinen unverwechselbaren Grooves eine besondere Qualität verliehen. Madras Special ist ein Projekt, das er schon seit vielen Jahren betreibt und zu dessen aktueller Besetzung der ungarische Violinist Zoltan Lantos, der Gitarrist Sebastian Müller, der Bassist Reza Askari sowie der Saxofonist Johannes Lemke gehören.

Die Musik von “Madras Special” ist inspiriert von klassischen südindischen Ragas und Talas sowie von der modernen Weltmusik. Auf der Grundlage komplexer Grooves, die nicht selten an rätselhafte mathematische Formeln erinnern, entwickelt die Band ein packendes Ganzes aus Jazz, Funk, Rock und Ethnomusik. Die musikalische Fusion verschiedener Kulturen wird hier Wirklichkeit.
Shotham wird heute als einer der erfolgreichsten Perkussionisten gefeiert. Er stand nicht nur mit führenden europäischen und amerikanischen Jazz- und Rockmusikern auf der Bühne, sondern spielte auch mit Künstlern aus Afrika, Australien, China, Korea, Taiwan und mehreren arabischen Ländern.
Das Projekt “Madras Special” ist ein besonderes Kunstwerk zwischen Abend- und Morgenland, eine musikalische Reise durch die Kontinente mit vielen spannenden Umwegen zu unterhaltsamen, manchmal auch abenteuerlichen Ausflugszielen entlang der Route Köln-Madras.

Karten:
Musikalienhandlung Bartels, Braunschweig, Schlosspassage 1, Tel.: 0531 / 125712
Touristinfo Braunschweig, Kleine Burg 14, Tel.: 0531 / 470-2040
Konzertkasse Braunschweig, Schloss-Arkaden & Schild 1a, Tel.: 0531 / 16606
– Online über eventim
– Abendkasse
– und weitere …

» Weitere Informationen

Eintritt: Abendkasse 25 € / 22 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Jamsession im Quartier

Quartier, Bültenweg 89, 38106 Braunschweig

Opener: Return to Whatever

Sven Waida – keys
Tobi Lampe – git
Heiko Schwarting – dr
Kai Brandhorst – b
Christoph Plock – tb
Matthias Brucksch – ts
Uli Papke – ts

Eintritt: frei

Enrico Rava New Quartet

LOT-Theater, Kaffeetwete 4a, 38100 Braunschweig

Enrico Rava – Trompete
Francesco Diodati – Gitarre
Gabriele Evangelista – Kontrabaß
Enrico Morello – Schlagzeug

Sein einzigartiger Ton, seine Eleganz, sein lyrisches Spiel sind die Attribute, die für Enrico Rava typisch sind. Sie verschafften dem italienischen Jazz internationale Anerkennung – lange bevor andere italienische Jazzer diesen Ruf untermauerten.

Nach ersten Auftritten als Posaunist in traditionellen Jazzcombos wechselte er unter dem Einfluss von Miles Davis und Chet Baker zur Trompete, und bereits 1960 leitete er ein eigenes Quartett. 1964 gehörte er zum Quintett von Gato Barbieri.

Neben Steve Lacy spielte er mit südafrikanischen Musikern wie Louis Moholo und Joahn Dyani, bevor er 1967 nach New York ging, wo er mit Roswell Rudd, Marion Brown, Rashied Ali, Cecil Taylor, and Charlie Haden Musik machte. Zu einem kurzen Besuch nach Europa zurückgekehrt nahm er Platten mit Lee Konitz und Manfred Schoof auf.

Von 1969 bis 1972 arbeitete er in New York, wo er mit Carla Bley und ihrem Jazz Composers’ Orchestra zusammentraf und mit der Truppe von Roswell Rudd spielte. Große Beachtung fanden auch seine Einspielungen mit Dollar Brand, Archie Shepp und Dino Saluzzi. In seinen eigenen Bands spielten u. a. John Abercrombie, Jeanne Lee, Roswell Rudd, Jean-François Jenny-Clark und Aldo Romano, aber auch argentinische Musiker, als er zeitweilig in Buenos Aires lebte. Während dieser Jahre komponierte er auch Filmmusiken, z.B. für Bernardo Bertolucci, und leitete seine eigenen Quartette und Quintette ohne Piano.

In den 1980er Jahren spielte er mit Gil Evans und Cecil Taylor, hatte aber auch immer eigene Gruppen, die zunächst noch im Jazzrock-Idiom spielten. Mehr und mehr galt sein Interesse jedoch der Komposition und der italienischen Tradition. In seinen Plattenprojekten Rava, L’Opera Va und Carmen beschäftigte er sich intensiv mit der Umsetzung von Opernarien in den Jazz. Mit dem Trompeter Paolo Fresu nahm Rava mehrere Platten auf, auf denen er sich mit den Trompetern in der Geschichte des Jazz beschäftigte (z.B. Bix, Shades of Chet, Play Miles Davis). Der Pianist Stefano Bollani ist zuerst in seinen Gruppen bekannt geworden. Seit 1997 ist der Posaunist Gianluca Petrella Mitglied seines Quintetts. Mit Gianluca Petrella, Eberhard Weber und Reto Weber war er auch im Trio bzw. Quartett The Europeans unterwegs.
ECM hat einige seiner wichtigsten Aufnahmen aus den 70er Jahren wiederaufgelegt, darunter The Pilgrim and the Stars, The Plot, und Enrico Rava Quartet, während Soul Note und Label Bleu CDs seiner innovativen Electric Five mit zwei elektrischen Gitarren veröffentlichte (tatsächlich war es ein Sextett, denn Rava hat die Angewohnheit, sich selbst nicht mitzuzählen.) Mit dem Keyboardmeister Franco D’Andrea und dem Trompeter Paolo Fresu nahm Rava  Bix and Pop und Shades of Chet, Tribute an Bix Beiderbecke und Armstrong sowie an Chet Baker auf. Erwähnunswert sind auch Rava l’Opera Va und Carmen, hinreißende Interpretationen von Opernarien.
2001 gründete er ein neues Quintett mit jungen Talenten wie Gianluca Petrella,Stefano Bollani, Rosario Bonaccorso und Roberto Gatto und tourte mit alten Freunden wie Roswell Rudd und Gato Barbieri, mit denen er 2004 Easy Living aufnahm. Drei Jahre später, nachdem Bollani, der sich inzwischen als Solist einen Namen gemacht hatte, durch Andrea Pozza ersetzt worden war, kam The Words and the Days heraus. 2007 veröffentlichten Rava und der Pianist Stefano Bollani das Album The Third Man und 2009 folgte New York Days, eine Sammlung stimmungsvoller Stücke mit Anklängen an den Film noir unter der Mitwirkung von Bollani (Piano), Mark Turner (Tenorsaxofon), Larry Grenadier (Bass) und Paul Motian (Schlagzeug). Für Tribe, das im Herbst 2011 erschien, überraschte Rava mit einem durch und durch italienischen Sextett: Gianluca Petrella (Posaune), Giovanni Guidi (Piano), Gabriele Evangelista (Bass) und Fabrizio Sferra (Schlagzeug), bei dem auch der Gitarrist Giacomo Ancillotto als Gast dabei war. 2012 erschienen das Album On the Dance Floor.
Erstaunlicherweise wurde sich Rava der Musik von Michael Jackson erst nach dessen Tod bewusst, und sie wurde zur Obsession. Das Album, sein Tribut an das, was er als Beitrag des verstorbenen Sängers zur Musik des 20. Jahrhunderts betrachtet, wurde mit dem Parco della Musica Jazz Lab in Rom aufgenommen und besteht nur aus Musik von Jackson.
Für 2015 ist eine neue CD mit Rava und seinem neuen Quartett mit Francesco Ponticelli, Gabriele Evangelista and Enrico Morello geplant.
2011 erschien Enrico Ravas Autobiografie, in der er auch seine vielen Begegnungen mit internationalen Größen des Jazz wie Gato Barbieri, Carla Bley, Don Cherry, Steve Lacy, Cecil Taylor und vielen anderen schildert

Wir freuen uns, Enrico Rava nach 1992, 1995 und 2008 (mit Stefano Bollani) wieder einmal in Braunschweig begrüßen zu dürfen.

Karten:
Musikalienhandlung Bartels, Braunschweig, Schlosspassage 1, Tel.: 0531 / 125712
Touristinfo Braunschweig, Kleine Burg 14, Tel.: 0531 / 470-2040
Konzertkasse Braunschweig, Schloss-Arkaden & Schild 1a, Tel.: 0531 / 16606
– Online über eventim
– Abendkasse
– und weitere …

» Weitere Informationen

Eintritt: Abendkasse 25 € / 22 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Kritik zu “Enrico Rava New Quartet”

Der Altmeister und die „jungen Wilden“
Das „Enrico Rava New Quartet“ verblüfft im Braunschweiger LOT-Theater

Das Haupthaar trägt er immer noch offen und lang, ungezähmt, nunmehr aber angegraut. So auch sein Schnurrbart. Leicht gebeugt geht er zur Bühne, der Leitwolf Enrico Rava, 76jähriger Startrompeter aus Italien. Und hinter ihm seine drei Jungwölfe. Ein Generationenprojekt, so scheint es. Alter Mann, erfahrungssatt, wehmütig-altersweise trifft auf ungebändigten Lebenswillen. Folglich: ein Abend mit kontrollierter Musik und einigen Eskapaden, letztlich von Melancholie umflort. Wirklich?
Falsch, völlig falsch. Der Opener ist schon Programm. Eine ostinate Bassfigur, cleane Gitarre im frisellschen Schwebesound, dezentes Schlagwerk. Heraus schält sich in bestechendem Unisono eine wundervoll leichte Melodie, die, kaum entfaltet, nach allen Regeln der Jazzkunst verwandelt, verfremdet, zerstört wird und in einen beinahe freien sehr druckvollen Improvisationsteil mündet. „Cornette“, eine hintergründige Hommage an Ornette Coleman, endet wieder mit der strahlenden Melodie, die anfangs zu hören war.
Kontraste, das Zusammenführen ganz unterschiedlicher Traditions- und Gestaltungselemente war die Devise für dieses Konzert. „Wild dance“: Eine theatralische Eröffnung mit Trommelwirbel, Crescendo und Tusch wird fortgeführt mit einem orchestralen Gitarrenpart, der sich zu einem fetten Metal-Klang mausert. Dann ein nahezu bruchloser Übergang in swingenden Jazz, Zitate aus dessen Frühphase. Oder „Space Girl“: Ein vager, martialischer Rhythmus zunächst, dann Anklänge an Melodien des „Great American Songbook“ mit schönen lyrischen Flügelhorn-Passagen.
Gewissermaßen war das Konzert eine gelungene Irreführung. Es lag ja nahe, zu meinen, dass Ravas „New Quartet“ eine Live-Version der jüngsten Studioproduktion „Wild Dance“ abliefert. Feiner ECM-Sound, ausbalanciert, eher dezent, wehmütig, hier und da Ausbrüche, aber voller Affektkontrolle.
Eben das geschah nicht, und das lag an der losen Leine für die „jungen Wilden“, allen voran Gitarrist Francesco Diodati. Packend seine Arbeit am Griffbrett, absolut überzeugend der Einsatz der elektronischen Effekte. Was Gabriele Evangelista am Kontrabass leistete, war schon rein physisch unglaublich. Die rasend schnelle Begleitung nicht nur bei „Happy Shade“, insgesamt seine Art des Zusammenspiels auf der rhythmischen Ebene war beeindruckend. Und schließlich Enrico Morello am Schlagzeug: elegante Leichtigkeit, ein Dynamikexperte und Kenner aller möglichen Spielvarianten in der Geschichte seines Instruments,: bewundernswert. Und Rava selbst? Sein Spiel ist intensiv, elegant: von Leichtigkeit geprägt, aber auch von Eruptionen reiner Expressivität. Woher Rava in dem Alter noch die Kraft, vor allem die Luft für das intensive Trompetenspiel nimmt, wissen die Götter.
Insgesamt eine tolle Mixtur aus Kraft, Eleganz, einem Blick in sehr unbestimmte ferne Gefühlswelten und auch Grandezza. Das Publikum im ausverkauften Haus war beeindruckt.

Klaus Gohlke

Shoot the Moon

Theatersaal im Lindenhof, Kasernenstraße 20, 38106 Braunschweig

Almut Schlichting – Saxofon, Komposition
Winnie Brückner – Gesang
Tobias Dettbarn – Bassklarinette
Sven Hinse – Kontrabass
Philipp Bernhardt – Schlagzeug

Musik für fantasievolle Seelen und unruhige Geister – so etwa lauten die Kritiken, mit denen die junge Band um Almut Schlichting belegt wird. Die Kompositionen für das Ensemble, das inzwischen bereits drei CDs veröffentlicht hat, schreibt die Bandleaderin selbst, wobei sie Elemente aus ganz unterschiedlichen zeitgenössischen Musikstilen spielerisch miteinander verbindet: Anklänge an amerikanischen Folk und europäische Volksmusiken, Swing und klassische Moderne, Pop und Rock verknüpft sie zu einem frischen, frechen Jazz mit Songcharakter, der gekonnt auf die Vokalistin Winnie Brückner zugeschnitten ist. Ansonsten kommt die Band mit zwei Bläsern, Bass und Schlagzeug aus, also ohne Akkordinstrument, wodurch sich den Solisten einige Freiheiten bieten.

Mit dieser Band können wir zum dritten Mal in diesem Jahr einen aus Braunschweig stammenden Musiker vorstellen: Seit einem Jahr gehört der Schlagzeuger Philipp Bernhardt dazu, den wir natürlich besonders herzlich begrüßen.

Das Berliner Quintett Shoot the Moon entwickelt aus den farbenfrohen Songs der Bandleaderin Almut Schlichting ein dichtes Netz an Erzählebenen, in das sich der Zuhörer mit seiner eigenen Fantasie fallen lassen kann.

Lebendig werden die Songs durch die traumwandlerisch eingespielte Band; durch den virtuosen Charme der Gesangsparts, die warmen Sounds der Bassklarinette und des Altsaxofons, die durchlässig groovende Rhythmusgruppe und die fantasievollen Improvisationspassagen.

Shoot the Moon waren 2005 Preisträger des Studiowettbewerbs des Berliner Senats und haben inzwischen drei von der Presse hochgelobte CDs veröffentlicht. Seitdem haben sie sich in zahlreichen Club- und Festivalkonzerten in die Herzen des Publikums gespielt.

Pressestimmen

„Eingängige Melodien, vertrackte Grooves und witzige Texte“
Kulturradio vom rbb / Ulf Drechsel

„Frischer, frecher Jazz mit Songcharakter“
BR-KLASSIK / Beate Sampson

„Großartige Szenen in dichten Interaktionen… Unbedingt hören!“
Jazzzeitung / Hans-Dieter Grünefeld

„Eine subtil groovende harmonische Achterbahnfahrt,die mit rasanten
Loopings den Puls beschleunigt“
Nürnberger Nachrichten / Peter Gruner

„Musik für fantasievolle Seelen und unruhige Geister“
melodiva / Tina Karolina Stauner

„Luftig und sommerlich“
Jazz Thing / Rolf Thomas

Karten:
Musikalienhandlung Bartels, Braunschweig, Schlosspassage 1, Tel.: 0531 / 125712
Touristinfo Braunschweig, Kleine Burg 14, Tel.: 0531 / 470-2040
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Eintritt: Abendkasse 19 € / 17 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen)

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Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Kritik zu “Shoot the Moon”

Kein Schuss in den Ofen

Die Initiative Jazz Braunschweig eröffnete die Konzertsaison 2015/16 mit der Berliner Band „Shoot the moon“ unkonventionell

Wie bekomme ich es hin, einzigartig zu erscheinen? Eine schwierige Kiste. Zum einen, weil jeder Mensch von vornherein einzigartig ist, siehe Fingerabdruck. Der aber ist – und da beginnt eben das Problem – nicht für jedermann sofort erkennbar.
Auch Jazzmusiker müssen Alleinstellungsmerkmale finden. Verkaufspsychologisch gesprochen, erhöht man so die Nachfrage und damit den Marktwert. Vorausgesetzt, das Besondere kommt nicht zu grob daher. Etwa der lauteste Drummer oder der speedigste Gitarrist zu sein.
Etwas Interessantes hat sich da die Berliner Kapelle „Shoot the Moon“, insbesondere die Bandleaderin und Saxofonistin Almut Schlichting ersonnen. Sie suchte Inspiration für ihre Jazztruppe in eher weltlichen Musiken des Mittelalters. In irischen Liedern, deftigen Volksfest-, Spott- und Tanzmusiken, aber auch im nordamerikanischem Country Blues. Und schrieb – weil die Band mit Winnie Brückner eine ausdrucksstarke Sängerin hat – ausgesprochen witzige bis skurrile Texte für ihre Kompositionen.
So fand sich das Braunschweiger Jazzpublikum am Freitagabend im Lindenhof plötzlich in der eigenartigen Welt der „Saints and fools“, der „Heiligen und Narren“ wieder. Piratenkönigin, Elisabeth I., St. Blaise, Sankt Barbara, Maria, Lucia, Wolf, Esel, Kaninchen und der große schwarze Hund gaben sich die Ehre. Und das auf eine Art und Weise, die im Jazz nicht oft anzutreffen ist, nämlich humorvoll.
Da wurden die heiligen Schutzpatrone kurzerhand in die Weltstadt New York versetzt, textlich und musikalisch. Sie wurden angefleht, den Kaffeestrom nie abreißen zu lassen und was es sonst noch so an Großstadtproblemen gibt. Aber nicht in Form frommer Choräle, das höchstens mal als ein fernes Zitat. Es war in diesem Falle eher programmartige „Fetzenmusik“, die in oft kurzen und dissonanten Phrasen das „Big Apple“-Gebrodel widerspiegelte. Der alle Ausdrucksspektren durcheilende Gesang – Rock, Pop, Soul, Blues, Lied und Rap durchmischend, wurde instrumental durch- und unterbrochen, kommentiert, kontrastiert hervorgehoben. Bassist Sven Hinse und Schlagzeuger Philipp Bernhardt hatten dabei eher die Aufgabe, für die beiden absolut überzeugenden Bläsern, neben Schlichting der Bassklarinettist Tobias Dettbarn, das rhythmische Korsett zu bilden. Sie taten es absolut zuverlässig und funktional.
Freilich – diese Art Musik voller Brechungen, die mit den Genres spielte, ist sehr durchkomponiert. Die üblichen lockeren Solo-Passagen gab es weniger. Dafür aber ein hoch komplexes, anregendes Konzert, das den Zuhörern erkennbar Spaß machte. Ein viel versprechender Auftakt.

Klaus Gohlke

Konglomerat

Roter Saal im Schloss, Schlossstraße 1, 38100 Braunschweig

Gustav Geißler (Altsaxophon)
Luise Volkmann (Altsaxophon)
Athina Kontou (Bass)
Philip Theurer (Schlagzeug)

KonglomeratDas Leipziger Quartett Konglomerat gibt dem Jazz einen neuen aufregenden Charakter, indem es das Genre für sich neu definiert und um Attitüden erweitert, die abseits des klassischen Jazz liegen. Zahlreiche Auftritte in renommierten Häusern und bei namhaften Festivals in Deutschland (Oetkerhalle, Diagonale [Bielefeld], LOFT [Köln], Theater [Gütersloh], Straßenfestival [Ludwigsburg]) oder die Deutschland-Tour mit der New Yorker Band VAX im Jahr 2014, die Konglomerat auch erstmals in den Roten Saal führte und das Publikum begeisterte, sind Belege für eine hervorzuhebende musikalische Qualität des Quartetts.

Im September 2015 wird es sein erstes Studioalbum beim Leipziger Label Resistant Mindz veröffentlichen. Konglomerat ist die Ansammlung von Kreativität und Energie. Ist ein Potpourri aus experimentellen Tönen. Ein Sammelsurium von Ideen.

Veranstalter: Abteilung Literatur und Musik: Louis Spohr Musikzentrum und Kulturinstitut

Karten in allen bekannten Vorverkaufsstellen, online hier oder telefonische Reservierung unter 0531 470-4848.

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Eintritt: Abendkasse 10 € / 5 € (ermäßigt), Vorverkauf 8 € / 4 € (ermäßigt, inkl. Gebühren)

Interview mit Jürgen Friedrich

Neustart mit Elementarteilchen
Der Jazz-Pianist Jürgen Friedrich über die Hintergründe seines Braunschweiger Auftritts in Doppelbesetzung

Jürgen Friedrich, Pianist, Komponist, Dirigent und Hochschullehrer in Köln und Mannheim für Jazz, Improvisation und zeitgenössische Musik, sowie bekennender Gr. Schwülperaner, wird am kommenden Freitag im Lindenhof Braunschweig mit seiner aktuellen Band ein Konzert geben. Klaus Gohlke sprach mit dem 45-jährigen.

Jürgen, nach längerer Zeit mal wieder ein Konzert in Braunschweig. Vorfreude?

Na klar. Ich hoffe der Saal im Lindenhof wird voll.

Du gibst gewissermaßen ein Doppelkonzert. Du trittst mit dem Trio „Reboot“ und als Duo „Nano Brothers“ auf. Sehr ungewöhnlich!

Das ist auch einmalig, nur für Braunschweig. Die Initiative Jazz Braunschweig wusste, dass beide Projekte derzeit laufen und fragte an, ob man nicht beides verbinden könne. Deshalb also.

„Reboot“ – das ist ja Computersprache und meint „Neustart“ oder „Wieder hochfahren“. Inwiefern startest du neu?

Ich habe vorher an einem sehr komplexen Projekt gearbeitet. „Monosuite“, eine Komposition für ein 22köpfiges Streichorchester und ein Jazzquintett. Danach brauchte ich Urlaub. Der Beginn dann wieder in kleiner überschaubarer Besetzung, das fühlte sich an wie ein Neustart, wiedergewonnene Freiheit.

Und wieso Nano Brothers?

Das ist ja ein Piano-/ Saxofon-Duo. Wir spielen ausschließlich improvisierte Musik, teilweise ganz frei. Und die Ideen, die wir beim Spielen entwickeln, setzen sich aus kleinsten Elementen zusammen, Nano-Teilchen.

In der Konzertankündigung wird eure Musik charakterisiert als „alter Blues, zeitgenössische Musik, fast Pop, freie Harmoniewelt“. Das klingt nach Sammelsurium. Für jeden etwas.

Absolut nicht, keine Mixtur und keine Anbiederung. Es ist nur so, dass alle im Trio eine bestimmte musikalische Geschichte haben. Und wenn du improvisierst, kommen ja die Ideen nicht aus dem luftleeren Raum, sondern aus deinen musikalischen Erfahrungen. Das wollen wir auch nicht leugnen, sondern ehrliche Musik machen. Wir wollen in unserer Musik authentisch sein und nicht etwas vorspiegeln.

Deshalb auch ein Rückgriff auf Arnold Schönberg und Witold Lutoslawski auf eurer CD?

Genau. Ich habe einen starken klassischen Background. Und der ist für einen Jazzmusiker die wahre Freude. Das ist wie ein Reich gefüllter Obstkorb: heiße Taktarten, tolle Intervallsprache. Eine Inspirationsquelle. Ich trenne nicht zwischen Jazz und E-Musik. Mir geht es um Musik, die Menschen interessieren und gefallen kann.

Jürgen Friedrich: Reboot/Nano Brothers. Jazzkonzert. Freitag, 26. 06.2015 20 Uhr. Lindenhof Braunschweig, Kasernenstraße.

Kritik zu “Jürgen Friedrich: REBOOT & NANO BROTHERS”

Jenseits ausgetretener Wege

Jürgen Friedrich und seine Mitspieler zeigen einen völligen freien Umgang mit musikalischen Trends

Jürgen FriedrichDer Mann hat eine klare Botschaft, man könnte auch sagen: Er ist Testamentsvollstrecker. Ganz im Geiste der Jazz-Überväter Charlie Parker und Miles Davis hat er keine Lust auf Denkverbote in der Musik. „Ich spiele nicht Jazz, ich mache Musik!“, sprach Miles. Das führt der in Braunschweig geborene und in Köln lebende und lehrende Jazzpianist Jürgen Friedrich am Freitagabend im Braunschweiger Lindenhof bei einem gut besuchten Konzert anschaulich vor. Und zwar höchst spannend, unterhaltsam und hintersinnig. Ein Wechselbad zwischen abstrakter Tontüftelei und Vollbad im Wohlklang. Zwischen traditioneller Komposition und freiestem Spiel. Zwischen neu interpretierter Klassik und rasantem Bebop.

Freie Improvisation  bzw. Echtzeit-Komposition – für viele eher eine Schreckensvorstellung hektisch-strukturlosen Vor-sich-Hinspielens. Ganz anders aber das Ruf-Antwort-Spiel von Jürgen Friedrich an den Tasten und Johannes Ludwig am Altsaxophon.

Eine Tonvorgabe, vielleicht zwei. Wie nun reagieren? Kopieren? Verschieben? Veränderung des Intervalls oder aber der Dynamik? Oder aber eine Tonfolge dagegen  setzen, einen Akkord? Rhythmische Abänderungen? Eine große Bandbreite von musikalischen Reaktionsmöglichkeiten breiten die beiden Musiker aus. Wunderbar verfolgbar, weil das Arbeitstempo bei dieser Spielweise zwangsläufig herunter gefahren ist. Ja, mitunter hört man mit Schadenfreude: Wie wohl wird der Pianist auf mikrotonale Verschiebungen des Saxophonisten reagieren? Kriegt er das überhaupt hin? Heiße Tüftelei, bei der allein das Zusehen schon großen Spaß macht, insofern sich das Zusammenspiel auch mimisch und gestisch ausdrückt.

Aber auch die Trio- und Quartettarbeit  folgte der Devise: Keine bloße Unterhaltung, keine pure Hirnakrobatik. Devise: „Ihr sollt euch wohlfühlen, aber lasst es uns nicht zu leicht sein!“ Z.B. bei der Bearbeitung der Witold Lutoslawski-Komposition „Invention“. Im Original eine knapp einminütige Entfaltung  eines musikalischen Einfalls. Wie auch beim später gespielten Schönberg-Klavierstück 11/1 ein sehr interessanter Testfall für das Verhältnis von Jazz und klassischer Musik. Schlagzeuger Fabian Arends deutete die „Invention“ auf ganz andere Weise als der Bassit David Helm. Drei Musiker, drei rhythmisch- harmonisch sehr unterschiedliche Lesarten. Und zur Abwechslung dann ein Entspannungsbad in schönen Melodien und Harmoniefolgen („Reboot“). Ist das nun Jazz oder „Neue Musik“ oder was sonst? Auf jeden Fall Musik, an- und aufregend.

Klaus Gohlke

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Jürgen Friedrich: REBOOT & NANO BROTHERS

Lindenhof, Kasernenstraße 20, Braunschweig

Johannes Ludwig – Saxofon
Jürgen Friedrich – Klavier
David Helm – Bass
Fabian Arends – Schlagzeug

Jürgen Friedrich stammt ja ursprünglich aus Braunschweig. Zum Studieren ging er nach Köln und begann eine bemerkenswerte Karriere als Pianist, Komponist und Pädagoge. Heute bringt er zwei ganz aktuelle Bands nach Braunschweig, das Klaviertrio REBOOT und das Improvisationsduo NANO BROTHERS.

REBOOT ist sein magisches neues Trio, für das er mit David Helm und Fabian Arends kongeniale Partner gefunden hat. Die drei spielen archaische Musik von komplexer Schönheit. Sie wurzeln tief im Jazz, kombinieren alten Blues mit zeitgenössischer Musik, sind mal fast popmusikalisch unterwegs und wandeln dann wieder frei durch harmonische Fantasy-Welten. Die CD Reboot ist 2015 auf Nils Wograms Plattenlabel NWOG Records erschienen.

Die NANO BROTHERS sind die beiden klassisch ausgebildeten modernen Jazzmusiker Johannes Ludwig und Jürgen Friedrich. Sie spielen in diesem Duo ausschliesslich nicht notierte Musik, frei improvisiert oder nach Miniaturkonzepten aus ihrem selbst entwickelten Improvisations-Songbook. Dieses Prinzip ist für das Publikum besonders spannend und wird begeistert aufgenommen. Die CD Echtzeit erscheint im Frühjahr 2015 bei FLOATmusic.

Johannes Ludwig
… studierte Jazz-Saxofon in Nürnberg und Jazz-Komposition/-Arrangement in Köln bei u.a. Hubert Winter, Steffen Schorn, Klaus Graf, Sebastian Sternal, Joachim Ullrich und Frank Gratkowski. Als Musiker und Komponist bewegt er sich in einem breiten musikalischen Spektrum, von zeitgenössischem Jazz über Pop bis zu improvisierter Musik. Er ist in diversen Projekten deutschlandweit aktiv, vor allem mit dem Johannes Ludwig Quartett, in Duos mit den Pianisten Andreas Feith und Jürgen Friedrich und der Band Jilman Zilman.
… betreibt im traditionsreichen Kölner Club Subway mit Jens Böckamp und Janning Trumann das Subway Jazz Orchestra, eine Bigband, die einmal im Monat auftritt und fast ausschließlich selbst arrangierte Programme spielt.
… war Mitglied im Landesjugendjazzorchester Baden-Württemberg und im Bundesjazzorchester, mit dem er in Südafrika und Indien auf Tour war.
… betreibt gemeinsam mit Jens Böckamp sein eigenes Label FLOATmusic, wo auch sein aktuelles Quartett-Album “Airborne” und das Duo-Album “Echtzeit” mit Jürgen Friedrich erscheint.
www.johannesludwig.com

Jürgen Friedrich
… hat Klavier und Komposition an der Musikhochschule Köln studiert und reiste oft in die Jazzmetropole New York. Er ging mit Kenny Wheeler auf Tour (CD Summerflood), spielte mit John Hébert und Tony Moreno beidseits des Atlantiks (CD Pollock) und realisierte Musik für Streichorchester und Improvisatoren (CD Monosuite). Als Pianist des Cologne Contemporary Jazz Orchestra CCJO ist er an zahlreichen Uraufführungen im Kölner Stadtgarten und im WDR beteiligt.
Neue Projekte sind u.a. das frei improvisierende Duo Nano Brothers mit Johannes Ludwig und das moderne Klaviertrio Reboot mit David Helm und Fabian Arends.
… unterrichtet Klavier an der Musikhochschule Köln und betreut den Masterstudiengang für Komposition und Arrangement an der Musikhochschule Mannheim.
… spielte mit Julian Arguelles, Matthias Bergmann, Hayden Chisholm, Tobias Christl, John Hollenbeck, der HR-Bigband, Peter Kahlenborn, Achim Kaufmann, David Liebman, Robert Lucaciu, dem Maria Schneider Jazz Orchestra, Ben Monder, der NDR-Bigband, Gabriel Pérez, Céline Rudolph, Norbert Scholly, Philipp Scholz, Loren Stillman, Sunday Night Orchestra, Christian Thomé, Nils Wogram.
… gewann den Gil Evans Award for Jazz Composition, den Jazzpreis Niedersachsen und den Förderpreis der Stadt Köln für Jazz und Improvisierte Musik.
www.juergenfriedrich.net

David Helm
… hat an der Musikhochschule Frankfurt und der Musikhochschule Köln studiert.
… spielte mit Jonas Burgwinkel, Mark Dresser, Anette von Eichel, Kurt Elling, Sebastian Gille, Niels Klein, Matthias Nadolny, Barre Phillips, Florian Ross, Sebastian Sternal und ist festes Mitglied des Subway Jazz Orchestra.
… war Mitglied des Bundesjugendjazzorchesters.
… gewann Preise beim Sparda-Jazz Award Düsseldorf und bei Jugend Jazzt auf Landes- und Bundesebene.

Fabian Arends
… hat an der Musikhochschule Köln studiert.
… spielte mit Hubert Nuss, John Goldsby, Uli Beckerhoff, Ingmar Heller, Nicolas Thys, Jason Seizer, Thomas Rückert, Robert Landfermann, Pablo Held, Gerd Dudek, Dieter Manderscheid, Henning Berg, der NDR-Radiophilharmonie, dem EOS-Kammerorchester Köln, der Jungen Deutschen Philharmonie, dem WDR-Rundfunkchor.
… war Mitglied des Bundesjugenjazzorchesters.
… gewann den Praetorius Musikpreis Niedersachsen, den Sparda-Jazz-Award Düsseldorf, den Junge Münchener Jazzpreis.
www.fabianarends.com

Karten:
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Eintritt: Abendkasse 19 € / 17 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen)

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Heinz Sauer & Daniel Erdmann Quartett

Lindenhof, Kasernenstraße 20, Braunschweig

Heinz Sauer – Tenorsaxofon
Daniel Erdmann – Tenorsaxofon
Johannes Fink – Bass
Christophe Marguet – Schlagzeug

Sie sind – jeder für sich – zwei profilierte Individualisten, die nun zusammengefunden haben. Heinz Sauer nennt der Jazzpublizist Hans-Jürgen Schaal “die unbeugsame Instanz des deutschen Jazz“, die sich aus dem Schatten der amerikanischen Idole freispielte und seitdem ihren eigenen Weg geht – bis heute “mit vollem Risiko“, wie im improvisierenden Duo mit Michael Wollny. Über Daniel Erdmann sagt der Jazzkritiker Wolf Kampmann, er besitze das “Mangelsdorff-Gen“, und meint damit: „Es ist ihm ein Bedürfnis, in jeden einzelnen Ton Tiefe, Bedeutung und Brisanz zu legen.“

Das hört man u. a., wenn sich Erdmann und das Trio “Das Kapital“ mit der Musik Hanns Eislers auseinandersetzen. Jetzt tritt Erdmann mit Heinz Sauer in einen lebendigen Dialog: “Mit Heinz zu spielen ist tatsächlich eine Chance, denn er ist ein wirklich einzigartiger Musiker. In seinem Spiel ist eine Dringlichkeit, Ehrlichkeit, Poesie. Er hat eine unverkennbare Stimme, einen sehr inspirierten Sound. Und das verbindet uns auch: die Wichtigkeit des Klanges unserer Instrumente.“

Den verehrten Kollegen hatte Erdmann noch in Konzerten mit Albert Mangelsdorff gehört. “Ihre frühen Platten habe ich erst später wahrgenommen, und das war wirklich eine Offenbarung, denn die ähneln in Ansatz und Struktur meinem Ideal von zeitgenössischer Jazzmusik. Mit anderen Worten: ich kann mich mit diesen Musikern und dieser zeitlosen Musik identifizieren, auch wenn meine Geschichte und Einflüsse andere sind.“

Den Bezugspunkt Mangelsdorff hat das Quartett “Special Relativities“ inzwischen hinter sich gelassen. Sauer, “der Mann, der sich nicht ausruht“ (Berliner Zeitung), fände den Blick zurück vermutlich “unproduktiv“. Stattdessen haben die beiden Instrumentalkollegen mit Bassist Johannes Fink (Joachim Kühn Trio, Aki + the Good Boys) und Schlagzeuger Christophe Marguet (Joachim Kühn, Sébastien Texier) ein eigenes Koordinatensystem entworfen. Die Grundlinien: expressive Melodiösität, ein narratives Klang-Vokabular und die Lust am freien Spiel der Fantasie.

(Text : Tobias Richtsteig)

Karten:
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Interview mit Heinz Sauer & Daniel Erdmann

Vierer mit zwei Steuermännern
Das Heinz Sauer/Daniel Erdmann Quartett spielt am kommenden Freitag im Braunschweiger Lindenhof modernen Jazz

Eine seltsame Konstellation: 82 Jahre alt ist Heinz Sauer, eine Tenorsaxofon-Legende; Daniel Erdmann, ein Braunschweiger Gewächs, das sich in die erste Liga des Jazz gespielt hat, mit seinen 41 Jahren genau halb so alt. Wie geht das zusammen und warum? Das, aber auch Fragen nach der gegenwärtigen Situation der Jazzmusik, erkundete unser Mitarbeiter Klaus Gohlke im Gespräch mit den beiden Musikern.

Herr Sauer, Sie sind 82 Jahre alt. Warum dann noch Tour-Stress?

Das ist ja keine Tour, sondern mal hier und da ein Konzert. Soll ich mich in den Sessel setzen und auf den Tod warten? Das ist nicht mein Ding.

Sie spielen gern mit sehr viel jüngeren Musikern zusammen.

Ja, das ist einfach interessanter. Jazz, das ist Improvisation. Bei älteren Musikern besteht die Gefahr, dass sie nicht mehr improvisieren, sondern eher schematisch Gewohntes runterspielen. Immer die gleichen Phrasen. Bei Daniel Erdmann jetzt oder auch beim Pianisten Michael Wollny, da weiß man nie, was im nächsten Moment kommt. Das ist aufregend spontan.

Herr Erdmann, Sie sind in Wolfsburg geboren…

Ja, schon, meine jazzmusikalischen Wurzeln befinden sich aber in Braunschweig. Bei George Bishop habe ich Saxofonspielen gelernt. Es gab im Städtischen Museum tolle Jazzkonzerte, auch bei Otto Wolters habe ich mitgespielt. Braunschweig war ja eine kleine Jazz-Hochburg. Nils Wogram, Jürgen Friedrich, die Groß-Schwülperer, waren kurz vor mir am Wirken.

Sie spielen mit Heinz Sauer zusammen? Was ist das Besondere? So etwas wie ein Showdown? Oder eher Unterstützung eines älteren Kollegen?

Um Himmels willen, weder noch. Heinz – das ist die absolute Klarheit beim Spielen, aber zugleich auch Poesie. Er sucht den perfekten Klang. Es gibt bei ihm keine Beliebigkeit, jeder Ton ist wichtig. Er ist ehrlich im Spiel, nie geschwätzig. Das macht unheimlich Spaß.

Aber zwei Tenorsaxofonisten in der Band, kein Harmonieinstrument – ist das nicht etwas eigenartig?

Ja, schon, wenngleich nicht völlig neu. Der Bassist übernimmt teilweise den Harmoniepart. Er spielt oft gestrichen oder mit Doppelgriffen. Aber nicht nur. Auch die Saxofone können die Harmoniker sein.

Herr Sauer, wie sehen Sie das Tenorsax-Doppel?

Naja, ich liebe ja das Zusammenspiel mit einem Klavier, das dann die Harmonien legt. Aber so etwas wie jetzt, das ist sehr inspirierend, das hab ich ja auch mit Albert Mangelsdorff gemacht. Posaune und Sax. Der Reiz zweier Saxofone besteht ja auch darin, zwei unterschiedliche Spielkulturen zu erleben. Zwischen Daniel Erdmann und mir gibt es Übereinstimmungen, aber vom Spiel her auch große Differenzen. Das liefert Spannung.

Unlängst sagte ein Kritiker polemisch, es gebe ein Überangebot an Jazzmusikern, ähnlich wie bei Nagelstudios.

Da ist was dran. Was oft fehlt, ist eine Aussage. Jazz ist eine Musik des Protestes, eine Musik der Freiheit. Darin ist sie auch politisch. Die Nazis hassten Jazz. Es geht darum, die Seele rauszuspielen. Das fehlt im Kommerz der Gegenwart zu oft.

Herr Erdmann, viele junge Jazzmusiker verlassen die Hochschulen. Zu viele?

Na ja. Das Problem ist: sie spielen richtig. Mehr aber auch nicht. Ein Instrument lernen, ist ja nichts Außergewöhnliches. Es muss dann aber etwas hinzukommen. Eine außergewöhnliche Kreativität; die Fähigkeit, magische Momente im Spielen zu evozieren. Technik allein ist steril.

Was wünschen sie beide sich für das Konzert am Freitagabend?

Dass es viele dieser tollen Momente gibt im Zusammenspiel zwischen uns Musikern und dem Empfinden des Publikums. Einen gelungenen Austausch ohne Worte.

BZ-Text vom 16.5.2015

Hendrika Entzian Quartett feat. Sandra Hempel

Lindenhof, Kasernenstraße 20, Braunschweig

Maxi Jagow – Saxofon
Simon Seidl – Piano
Hendrika Entzian – Bass
Fabian Arends – Schlagzeug
Sandra Hempel – Gitarre

Die Musik des Kölner Quartetts um die Kontrabassistin Hendrika Entzian lockt mit akustischen Klängen, songartigen Strukturen und melodischen Bögen. Detailscharf und geschmackssicher changiert die Band zwischen lyrischen Momenten und kräftigen Improvisationen. Im April erscheint “Turnus”, das neue Album des 2012 gegründeten Quartetts. Im Repertoire finden sich einige wenige Standards, hauptsächlich aber Kompositionen von Hendrika Entzian und dem Tenoristen Maxi Jagow.

Sandra Hempel kennen wir bereits von einigen früheren Auftritten. Sie spielt eine halbakustische E-Gitarre und bedient sich elektrischer oder elektronischer Effektgeräte nur sparsam. Wie bei allen guten Gitarristen fällt auf, dass die Musik “zunächst aus den Fingern kommt”, wie ein Kritiker anmerkte. Sie spielt ein bisschen mit dem Volumen, verändert ein bisschen den Hall – das genügt ihr. Ihre Gitarre ist für sie gleichzeitig Harmonie- und Melodieinstrument.

“Seit Jahren zählt die Gitarristin Sandra Hempel zu den vielseitig geschliffenen Juwelen der Hamburger Jazzszene. So kennt man sie, …, sicher und prägnant den großen Klangkorpus der NDR-Bigband belebend, groovy die Flamme unter den Rhythmus von diversen Latin- und Funkbands haltend oder konzentriert die Tiefen der harmonischen Möglichkeiten auslotend, …”
(Die Welt, 04.10.2012)

Inzwischen ist Sandra Hempel mit einer eigenen Band aus der zweiten Reihe hervorgetreten und hat auch gerade mit ihren eigenen Kompositionen ein weites Terrain abgesteckt, in dem Interaktion und Wechselrede die wichtigsten Triebkräfte sind.

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Kritik zu “SOUL JAZZ FACTOR”

Fetz-Jazz
„Soul Jazz Factor“ spielt im Braunschweiger LOT-Theater zeitlosen Hard Bop

Gemütlicher Seelen-Jazz schien nicht angesagt. Die Musik der fünf Jazzer – drei US-Amerikaner, ein Österreicher, ein Schweizer – sprang einen förmlich an. Satte rhythmische Grundierung durch Joris Dudli am Schlagzeug, Jared Gold am „Hammond-B3“-Keyboard und John Arman an der E-Gitarre. Im Zentrum aber die beiden Bläser Jeremy Pelt (Trompete) und Vincent Herring (Alt-Sax). Ihre spitzigen, rasanten und absolut präzisen Unisono-Riffs, stellten das Thema vor und dann ging es ab in die Improvisation. Dieser Konzertbeginn war gewissermaßen programmatisch, ein wenig durchbrochen durch zwei Balladen und einen Gospelrückgriff.

Eigentlich war es eine Jazz-Zeitreise. Nicht irrsinnig lang zurück, nur fünfzig Jahre, in die Zeit des Hard-Bop. Zum Jazz, der nicht länger abgehoben harmonisch herumfrickeln oder obercool sein wollte, stattdessen einen reflektierten Blick auf die schwarzen musikalischen Traditionen und eine Versöhnung von Kopf und Seele anstrebte.
„Soul Jazz Factor“ machte aber nicht einen auf Retro oder Nostalgie. Etwas überraschend Zeitloses wurde stattdessen am Sonntagabend im sehr gut besetzten LOT-Theater hörbar. Das lag zum einen sicherlich daran, dass man die Hits jener Jahre ignorierte und stattdessen Eigenkompositionen spielte.
Vor allem aber bestachen das Können und die Präsenz der Musiker. Allen voran Vincent Herring, dicht gefolgt von Jeremy Pelt. Meisterhaft der Umgang mit Spannungsauf- und -abbau, mit Veränderungen der Tempogestaltung, der Akzentuierungen innerhalb der Soloparts. Souverän verfügten sie über die Stilmittel unterschiedlicher Jazzgenres. Mit ihnen präsentierten sich zwei sehr angenehm selbstbewusste Musiker. Freilich hätte Herring statt doch sehr weitschweifiger Erläuterungen zu Songtiteln lieber ein Stück mehr spielen können.
Daneben wirkte John Arman fast ein wenig verschüchtert mit seinen tadellosen Akkord- und Einzelsaiten-Soli auf der clean gespielten Jazzgitarre. Jared Gold agierte sowohl hintergründig melodisch, als auch solitisch. Sein Gospel-Intro in „You got soul“ schuf wunderbar die Atmosphäre dieses Hammond-Orgel-Sounds einer amerikanischen Baptistenkirche, um es dann mit wenigen Akkordauflösungen ironisch zu unterlaufen. Ein Meister seines Fachs. Für das alles lieferte Joris Dudli uneigennützig und absolut funktional die Beats. Insgesamt ein tolles Zusammenwirken der Band, was der Publikum hoch erfreute.

Klaus Gohlke

Interview mit Joris Dudli (Soul Jazz Factor)

Musik für Bauch und Seele
„Soul Jazz Factor“ spielt am kommenden Sonntag modernen Jazz im Braunschweiger LOT-Theater

Mit der Gruppe „Soul Jazz Factor“ kommt wieder einmal eine hochkarätige internationale Jazzformation nach Braunschweig. Sie tritt am Sonntag, dem 22.März um 20 Uhr im LOT-Theater auf. Unser Mitarbeiter Klaus Gohlke telefonierte vorab mit ihrem Chef-Komponisten, dem schweizerisch-österreichischen Schlagzeuger Joris Dudli, in seinem Wohnort Wien.

Herr Dudli, was haben wir zu erwarten? Soul oder Jazz oder ein undurchsichtiges Gebräu?

Um das gleich klar zu machen: Wir sind allesamt Jazzer. Unser gemeinsamer Hintergrund ist der Hard-Bop. Wir kopieren doch nicht Wilson Pickett oder James Brown. Soul Jazz meint: die Musik soll Bauch und Seele ansprechen, keine Hirnakrobatik. Alles eigene Kompositionen und ein interessanter Sound schon von der Instrumentierung her: Hammond-B3-Orgel, Sax, Trompete, Gitarre, Schlagzeug. Das gibt Klangfarben, Groove und Flow.

Drei Bandmitglieder kommen aus den USA, einer aus Österreich, Sie sind schweizerischer Österreicher. Eine seltsame Melange, oder?

Ich hab lange in New York gelebt und mit den Amerikanern in verschiedenen Formationen, auch mit vielen internationalen Stars gespielt. Wir kennen uns hervorragend. Neu ist John Arman aus Wien, ein fantastischer junger Gitarrist.

Man sucht „Soul Jazz Factor“ vergeblich in den sozialen Netzen. Nur ein kurzer Mitschnitt aus dem Londener „Ronnie Scotts“ von 1:01 min. Dauer auf YouTube. Ist das nicht riskant heutzutage?

Wissen Sie, der Job als Musiker ist beinhart. Wir müssen alle in verschiedenen Gruppen spielen. Eine feste Band geht aus Kostengründen nicht. Da bleibt keine Zeit mehr für Social Media und Homepage. Aber ein Info-Problem besteht da schon.

Ihr Tourplan ist ja grausam: z.B. Thalwil( Schweiz), Braunschweig, Saarbrücken, Monza (Italien) Jeden Tag woanders. Wie hält man das durch?

Tja, den Plan machen wir nicht. Man muss sehen, wann wo die Clubs bespielbar sind. Das ist schon anstrengend, man wird ja auch nicht jünger. Das geht nur, weil wir uns so gut kennen. Stress ist weg, wenn man spielt und merkt, dass das Publikum anbeißt. Und von Braunschweig wissen wir, dass es ein gutes Publikum hat. Wir freuen uns schon auf das Konzert im LOT-Theater.

SOUL JAZZ FACTOR

LOT-Theater, Kaffeetwete 4a, 38100 Braunschweig

Jeremy Pelt – Trompete
Vincent Herring – Altsaxofon
John Arman – Gitarre
Jared Gold – Hammondorgel
Joris Dudli – Schlagzeug

Die jahrelange Zusammenarbeit von Vincent Herring und Joris Dudli hat mit diesem Quintett einen neuerlichen Höhepunkt erreicht. Dass ihre jüngste CD “True Paradise“ für den Preis der Deutschen Schallplattenkritik 2014 nominiert wurde, dürfte an der Kombination eines extrem virtuosen Hammond B 3-Trios mit dem perfekt eingespielten Bläserteam Herring/ Pelt liegen, das die teils funkigen, teils ohrwurmartigen Arrangements höchst soulig interpretiert.

Jeremy Pelt – tp
Jeremy Pelt hatte schon im Grundschulalter klassischen Trompeten-Unterricht, konzentrierte sich aber später auf den Jazz. Er studierte Jazzimprovisation und Filmmusik an der Berklee School of Music in Boston, wo er den Bachelor of Arts erwarb. Seit seiner Ankunft in New York spielte er mit vielen großen Persönlichkeiten des Jazz: Jimmy Heath, Frank Wess, Charli Persip, Frank Foster, Ravi Coltrane, Ralph Peterson, Nancy Wilson und vielen anderen. Er arbeitete mit namhaften Bands wie dem Village Vanguard Orchestra, der Roy Hargrove und der Duke Ellington Big Band. Zur Zeit ist er Mitglied des Lewis Nash Septetts, der Mingus Big Band und der Cannonball Adderley Legacy Band. Von dem weltbekannten Magazin Downbeat wurde Pelt zwei Jahre nacheinander zum Rising Star auf der Trompete gewählt.

Vincent Herring – as
Herring wuchs in Vallejo in Kalifornien auf, wo er ab 1980 an der California State University studierte, bevor er 1983 nach New York zog. Dort studierte er an der Long Island University und wurde außerdem privat von Phil Woods unterrichtet. Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich nebenbei als Straßenmusiker. 1985 bis 1988 war er in der Band von Lionel Hampton, 1987 im Quintett von Horace Silver und 1989 bei Art Blakeys Jazz Messengers. Bekannt wurde er als Mitglied der Nat Adderley-Band, der er von 1987 bis 1993 angehörte. Von dessen Bruder Cannonball wurde er musikalisch wesentlich beeinflusst. Mit 14 Alben als Leader und weit über 100 als Sideman schreibt Vincent Herring schon lange Jazzgeschichte. Bis heute ist er im Louis Hayes und im Kenny Barron Quintett zu hören und spielt auf internationalen Festivals immer wieder in verschiedenen All Star-Formationen wie z. B. “Kind Of Blue“.

John Arman – g
John Howard Arman wurde 1986 in Innsbruck geboren. Dank seiner Eltern kam er früh mit Musik in Berührung und machte seine ersten Bühnenerfahrungen als Sängerknabe im zarten Alter von 4 Jahren. Mit 8 bekam er den ersten Gitarrenunterricht und mit 14 Unterricht am Konservatorium Innsbruck. Nach einigen Jahren im Klassischem Konzertfach wechselte er zum Jazz-Studium, zunächst in Innsbruck und später in Linz in der Gitarren-Klasse von Peter O’Mara.
Es folgten erste Radio- und Fernsehauftritte sowie einige internationale Preise, Engagements u.a. bei Charlie Haynes und Richie Beirach sowie als Vorgruppe von Jim Hall. 2011 beendet er sein Studium mit Auszeichnung und siedelte nach London zum Masterstudium an der renommierten Royal Academy Of Music über, wo er Unterricht bei Phil Robson, John Paricelli, Mike Walker und Pat Martino hatte. Heute hat John Arman seinen Lebensmittelpunkt in Wien.

Jared Gold – org
Seinen Aufstieg zu einem der gefragtesten neuen Organisten in der New Yorker Szene verdankt Gold seiner jahrelangen Hingabe an die Hammond B-3 und deren Ikonen wie Larry Young, Jack McDuff und Don Patterson. Seiner Vielseitigkeit verdankt er die Zusammenarbeit mit vielen etablierten Jazzgrößen wie u. a. Dave Stryker, John Abercrombie, Ed Cherry, Jon Gordon, Oliver Lake, Bill Goodwin, Adam Nussbaum, Jimmy Ponder, Ralph Bowen, Bruce Williams, Cecil Brooks III, Don Braden, Ralph Peterson, William Ash, John Swana, and Tony Reedus. Außerdem hat ihm die langjährige Zusammenarbeit mit dem Posi-Tone-Label schon fünf Alben als Leader beschert.

Joris Dudli – dm
Joris Dudli konnte sich besonders während seines fast zehnjährigen Aufenthalts in
New York vielschichtig musikalisch profilieren. In dieser Zeit legte er auch den Grundstein für seine langjährige Zusammenarbeit mit Vincent Herring. In Österreich hatte er sich schon lange zuvor zunächst im Austropop und später mit dem Vienna Art Orchestra und dem Art Farmer Quintet etabliert. Es folgten unzählige Konzerte mit internationalen Musikern wie Benny Golson, Chico Freeman, Johnny Griffin, Joe Henderson u.v.a. und 2002 auch mit dem Joe Zawinul Syndicate. Über die Jahre hat sich Dudli auch als Komponist einen Namen gemacht. Viele seiner Stücke wurden insbesondere durch die Formation “Earth Jazz“ bekannt.

Karten:
Musikalienhandlung Bartels, Braunschweig, Schlosspassage 1, Tel.: 0531 / 125712
Touristinfo Braunschweig, Kleine Burg 14, Tel.: 0531 / 470-2040
Konzertkasse Braunschweig, Schloss-Arkaden & Schild 1a, Tel.: 0531 / 16606
– Online über eventim
– Abendkasse
– und weitere …

Eintritt: Abendkasse 25 € / 22 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Kritik zu “Otto Wolters Quartett”

Ein Blick in Ottos Jazzwerkstatt
Der Theatersaal des Braunschweiger Lindenhofes wird mit dem Otto-Wolters-Quartett erfolgreich wieder eröffnet

Paolo weg, der Lindenhof geschlossen – für die Freunde der italienischen Küche und des stilvoll eingerichteten Gastraumes ein schwerer Schlag. Genauso wie für die hiesigen Jazzfreunde, war der angeschlossene Theatersaal doch fester Spielort geworden für die Veranstaltungen der Initiative Jazz-BS. Wo einen Ort finden für gut 150 ZuhörerInnen, der auch über Räume für die Musiker verfügt und über belastbare gastronomische „Unterfütterung“? Dunkle Zeiten zeichneten sich ab, zumindest ein Wanderleben, das für das zarte Pflänzchen „Aufführungskultur“ nicht gerade förderlich ist.
Doch siehe! Ein neuer Eigner und ein neuer Bewirtschafter trauten sich sowohl eine Restaurant-Neueröffnung und dann auch den Erhalt des Saales und seine Nutzung z.B. für Jazzkonzerte zu. Der Raum wurde behutsam renoviert und erstrahlt in zurückhaltendem Glanz. Freilich ist noch Etliches zu tun! Weil z.B. ZuhörerInnen und Band auf einer Ebene sitzen, ist es schwer die Musiker zu sehen, was ja zu einem Live-Konzert dazu gehört. Die Bühne selbst ist für eine Band wohl zu klein, wenn ein Flügel gebraucht wird. Gute Ideen sind also noch erforderlich.
Eine gebührende Neueröffnung sollte es nun am letzten Samstag geben, und – da kann man dem Jazz-BS-Chef Rainer Müller in seiner Anmoderation nur zustimmen – für Braunschweig und diesen Spielort „gebührend“ konnte nur heißen, mit der Jazz-Piano-Institution Otto Wolters und seinem Quartett zu starten. Schon Wochen vorher war das Konzert ausverkauft. Es wurde ein tiefer Blick in Otto Wolters‘ Jazzwerkstatt.
Dass das nicht ein rührend-wehmütiges Konzert von Jazzveteranen werden sollte, wurde von Beginn an deutlich. Wer mit Wayne Shorters „Black Nile“ startet, signalisiert Anspruch und Risikobereitschaft. Denn das ist keine moderate Einstimmungsnummer. Es geht vom Tempo und der kompositorischen Komplexität her zur Sache. Uli Beckerhof an der Trompete hatte sofort Schwerstarbeit zu leisten, und so routiniert alle vier Musiker auch sind, es knirschte hier und da doch ein Körnchen Sand im musikalischen Getriebe. Freilich, das ist bei einer Band, die sich eher punktuell trifft, nicht anders zu erwarten. Beckerhof nahm es gelassen. „Haben Sie gemerkt? Wir haben geübt!“, sagte er schelmisch-doppeldeutig.
Aber – vielleicht wäre ein Einstieg mit der Eigenkomposition „Dreampipe“ einfacher gewesen. Die balladeske Grundstimmung dieses Stückes mit seinem verhaltenden Tempo erlaubten Wolters schöne improvisatorische Ausflüge mit feinen Tempoveränderungen.
Auch als Trio ohne Trompete wusste man zu überzeugen. Feines Interplay, schöner Rollenwechsel dank des überaus klar konturierten melodiösen Bassspiels von Gunnar Plümer. Wolters ließ ihm und dem Schlagzeuger Michael Küttner viel Raum und Zeit, „ihr Ding zu machen“.
Intim wurde es, als Otto Wolters nach Quartett und Trio dann im Duo zusammen mit dem Sänger Matthias Köninger seiner Neigung nachging, so etwas wie deutsche Gegenstücke zum „Great American Songbook“ zu präsentieren. Alte deutsche Schlager, Filmmusiken der 1930iger bis 1950iger Jahre erhalten dabei ein Jazzgewand und sind dann keine alten Schmonzetten mehr. Theo Mackebens „Bei dir war es immer so schön“ als Bossa präsentiert, und später dann die Heymann-Komposition „Irgendwo auf der Welt gibt es ein kleines bisschen Glück“ – mit feinen Jazzharmonien entsentimentalisiert – zeigten Köninger als Sänger, der nicht nur den Mut aufbringt, sich derart zu exponieren. Vielmehr überzeugte er mit guter Phrasierung und klarer Orientierung im Ablauf der Kompositionen.
Wer die Arrangements vielleicht mitunter zu schematisch im Aufbau empfand (Thema-Solo1-Solo2 usw.- Reprise), manche Ablaufplanung unvollendet oder das Schlagzeugspiel zu Old-School-artig trommellastig empfand, der konnte sich mit der Interpretation von Herbie Hancocks „Cantaloupe Island“ getröstet sehen. Wunderbar groovend mit mutiger Scateinlage und einem großartig Tongebirge auftürmenden Uli Beckerhof ließen keinen Wunsch offen. In der Tat ein einnehmender Neustart der Lindenhof-Jazzkonzert-Serie.

Klaus Gohlke

Otto Wolters Quartett

Lindenhof, Kasernenstraße 20, Braunschweig

Otto Wolters – Piano
Ulli Beckerhoff – Trompete
Gunnar Plümer – Bass
Michael Küttner – Schlagzeug

Für die Initiative Jazz Braunschweig ist es eine große Freude, dass wir wieder an einen für unser Publikum gewohnten Spielort – den Lindenhof – zurückkehren können. Der Lindenhof präsentiert sich in neuem Gewand – dazu möchten wir mit einem Konzert unseres Gründungsmitglieds und guten Freundes Otto Wolters einen Kontrapunkt setzen.

Das Otto Wolters Quartett, das wir begrüßen, ist eine Erweiterung seines Trios, das er in den 1960er Jahren mit Gunnar Plümer und Michael Küttner gründete und mit dem er zunächst für das Goethe-Institut auf Tournee ging. Es folgten viele anderweitige Engagements. Das Otto Wolters Trio knüpfte bewusst an Konzepte berühmter Trios wie die von Bill Evans and Keith Jarrett an und brachte es zu internationaler Bekanntheit. Wolters hat mit vielen bedeutenden deutschen Künstlern gespielt, darunter Gunter Hampel, Carmel Jones, Attila Zoller, Toto Blanke, Leszek Zadlo, Michael Küttner und Albert Mangelsdorff. 1980 war er zusammen mit dem amerikanischen Tenorsaxofonisten Sonny Stitt auf Tournee, 1985 mit dem Pianisten Hans Christian Wille.

Otto Wolters  kam nach zehn Jahren Ausbildung in klassischer Musik zum Jazz: beim Hören einer Platte von Erroll Garner erwischte ihn der coup de foudre. Und diese Leidenschaft hat ihn nicht wieder losgelassen. Ausbildungen in Jazzpiano gab es damals noch nicht, also brachte er es sich selbst bei. Ab 1974 füllte er diese Lücke dann und wurde Dozent für Jazzpiano an der Musikhochschule Hannover und in Braunschweig. Unterricht hat er außerdem an Jazz Clinics und Jazzseminaren in Burghausen, Osnabrück und Weikersheim gegeben, und auch die Nachwuchsförderung liegt ihm damals wie heute am Herzen.

Neben seiner engagierten beruflichen Arbeit ist er seinem alten Trio immer treu geblieben, und auch noch heute treten sie gemeinsam auf, sobald ihre eigenen Projekte ihnen dazu Zeit lassen.

Karten:
Musikalienhandlung Bartels, Braunschweig, Schlosspassage 1, Tel.: 0531 / 125712
Touristinfo Braunschweig, Kleine Burg 14, Tel.: 0531 / 470-2040
Konzertkasse Braunschweig, Schloss-Arkaden & Schild 1a, Tel.: 0531 / 16606
– Online über eventim
– Abendkasse
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Eintritt: Abendkasse 19 € / 17 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Jazz und Film in der Reihe “Sound on Screen”

Universum Filmtheater, Neue Straße 8, Braunschweig

WHIPLASH
Regie: Damian Chazelle, USA 2014, 106 Min, OmU

Der 19jährige Andrew hat ein ehrgeiziges Ziel und möchte Jazz Drummer der Spitzenklasse werden. Dabei wird ihm von seinem gnadenlosen Lehrer buchstäblich alles abverlangt… Der gefeierte Gewinner beim Sundance Festival 2014 begeistert durch explosive Performances voller roher Energie und ansteckenden Bebop-Swing nicht nur Jazzfans. “Ein elektrisierendes Erlebnis” Rolling Stone. “Whiplash ist der Film des Jahres” Entertainment Weekly
Deutsche Vorpremiere!

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Kritik zu “Matthias Tschopp Quartet Plays Miró”

Zwischen Skikurs und Insektenmord
Das Matthias Tschopp Quartet verjazzt Bilder von Joan Mirò

„Ski-Kurs“ oder „Vogel, Insekt, Konstellation“ oder „Blau 1“ oder „Frau“, gar: „Stille“ – alles Titel von Gemälden des katalanischen Malers Joan Miró (1893-1983). So – suchen Sie sich einen Titel heraus und setzen Sie ihn in Töne um. Wie – geht nicht so einfach? „Stille“ –das ist ja wohl ganz leicht! Ich sage nur John Cage und 4:33! Eine leere Menge von Tönen.

Aber zugegeben: „Skikurs“, das ist schon von anderem Kaliber. Höchst komplex. Mirós Bild hilft allerdings, insofern es ja die Komplexität reduziert. Man sieht Linien, farbige Flächen verschiedener Form, einen grauweiß melierten Hintergrund, schwer zu beschreibende Muster und eine Schwerpunktbildung im Raum Mitte-Rechts. Freilich – dass diese Reduktion nun „Skiing Lesson“ heißt, erschließt sich nicht zwingend.

Aber vielleicht könnte man, wenn man am Vertonungsgebot festhalten will, diese Flächen, Farben, Formen, Symbole, Relationen und Proportionen in eine Komposition transformieren. Es braucht nur etwas Mut und Phantasie, und schon sind die gebogenen Linien Skispuren im Schnee. Hier steckt Dynamik. Die große kreisförmige, aus verschieden großen Teilen unterschiedlicher Farbe zusammengesetzte Fläche, das ist der Skilehrer, Ruhe und Stärke ausdrückend. Gegenpol zum Gewusel. Absperrgitter vor drohenden Abhängen könnte man hinein- oder heraussehen, da hätten wir Gefahr und Begrenzung, vielleicht auch Sicherheit.

Und nun bedarf es nur der musikalischen Sprache: Skalen, Metren, Instrumentierung, um dieses Konglomerat aus Dynamik, Statik, Begrenzung, Aufbruch, Ende, Gefahr, Dominanz, Lenkung und Chaos umzusetzen.

Matthias Tschopp, Schweizer Baritonsaxofonist Jahrgang 1986, ist Miró-begeistert und als er einst Ladehemmung beim Komponieren hatte, waren dessen Bilder seine „Rettung“. Sie lieferten Impulse, waren Inspirationsquelle für die Tschoppsche Tonsprache. Alles sehr intuitiv, subjektiv, doch nicht die reine Willkür. Tschopp präzisiert: „Die Bilder gaben mir Basisimpulse. Die Musik verselbständigt sich dann sowieso, zumal bei den Improvisationen. Es kann sich jeder auch eigene Bilder zur Musik dazu denken.“

Methodisch durchdacht und erhellend – so scheint es – wird zur Musik das jeweilige Miró-Bild als Hintergrund projiziert. Aber genau das ist die Crux. Was als Erläuterung gedacht war, dieser Sinnes-Doppelreiz, wird zur Belastung. Soll ich sehen, soll ich hören? Zwangsläufig versucht man Zusammenhänge zwischen Musik und Bild herzustellen, gerät ins Nachdenken. Verpasst darüber aber – weil so flüchtig – musikalisches Voranschreiten. Gut gemeint, aber doch eher ablenkend. Es wäre besser gewesen, vor jeder Komposition das Bild für einen Moment zu zeigen, es dann auszublenden, damit volle Konzentration auf die musikalische Transformation gelingt.

Ungeteilte Aufmerksamkeit hätte die Band bei ihrer Qualität sowieso verdient. Anders noch als Dave Brubecks Miró-Hommage von 1961 auf „Time further out“, der die Kompositionen im Blues-Kontext verortete und dort nach allen Regeln der Kunst umgestaltete, gibt es bei Tschopp kaum explizite Genre-Rückgriffe, nicht die Thema-Solo-Rituale. Vielmehr wird den Kontrasten, die Mirós Bilder bieten, nachgegangen und unterschiedlich auf die Instrumente verteilt. Es sind Stimmungsbilder oder aber – bei etwas Phantasie – Erzählminiaturen, die die Musiker entwerfen. Mal jeder für sich, mal korrespondierend, in scharfem Gegensatz zueinander oder harmonisierend.

Und so wird „Bird, Insect, Constellation“ etwa zur düsteren Mordgeschichte, sehr schön von Yves Theiler am Piano inszeniert. „Woman“ hat nichts vom „netten Weibchen“. Hier geht es harthackig zu, wie Stan Neufeld am Schlagzeug eindrucksvoll akzentuiert. Bassist Luca Sisera lässt in seinem langen Solo in „Portrait of a young girl“ das Mädchen kreiselnd tanzen, gleichzeitig aber untergründig Düsteres mitschwingen. Feine Arbeit. Und last but not least zeigt Matthias Tschopp virtuos, was für ein interessantes Instrument das große Baritonsaxofon ist. Viel zu selten – und dann auch so gekonnt – kann man es als Soloinstrument mit seinem großen Tonumfang, wenn man die Obertöne mit einbezieht, hören.

Ketzerische Frage zum Abschluss: Hätte auch Hans Holbeins „Passion“ als Inspirationsquelle dienen können? Dürers „Hase“, C.D. Friedrichs „Mondaufgang am Meer“, Turners „Figthing Temeraire“? Wohl eher nicht! Durchaus aber Paul Klee, Max Ernst – oder: allgemeiner und salopp gesprochen: die Maler der „weichen Abstraktion“, die noch Figürliches, fassbar Symbolisches, Dechiffrierbares in ihren Bildern zeigen.

Fazit: ein interessantes, anregendes Konzert, das am richtigen Ort, der HbK Braunschweig, mit knapp einhundert Zuhörerinnen und Zuhörern, doch zu wenig Resonanz fand.

Klaus Gohlke

Matthias Tschopp Quartet Plays Miró

Aula der HBK, Johannes-Selenka-Platz 1, 38116 Braunschweig

Matthias Tschopp, Baritonsaxofon
Yves Theiler, Piano
Luca Sisera, Kontrabass
Stan Neufeld, Schlagzeug

Eine schwarze Melodie zu gelben Akkorden, rote Klänge zu den Rhythmen von Pinselstrichen. Der Baritonsaxofonist Matthias Tschopp vertont mit seinem neuesten Projekt Bilder des katalanischen Malers Joan Miró (1893-1983). Moderne Kunst gespielt als Jazz: kreativ, originell, farbig.

Die Idee, Jazz und Malerei programmatisch zu verknüpfen, kam Matthias Tschopp während eines Studienaufenthaltes in Barcelona bei einem Besuch der berühmten Fundació Joan Miró. Mit seinem Quartett ist es ihm eindrucksvoll gelungen, die Bilder des katalanischen Meisters in zeitgenössische Jazzmusik umzusetzen und daraus ein sehr eigenes, faszinierendes Klangbild entstehen zu lassen. Mirós Werke werden als Projektionen während des Konzertes gezeigt. Das Matthias Tschopp Quartett überzeugt mit eleganten Kompositionen und Arrangements, einem subtilen Zusammenspiel und einem technisch brillanten wie dynamischen Auftritt. Hier finden Farben, Figuren, Klänge und Imagination perfekt zusammen.

Das Matthias Tschopp Quartett ist diesjähriger Gewinner des renommierten Preises der Zürcher Kantonalbank und zum ersten Mal in Deutschland zu hören.

Karten:
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– Tourist-Büro Braunschweig (Am Dom), Tel.: 0531 / 470-2040
– Konzertkasse, Braunschweig, Schild 10, Tel.: 0531 / 16606
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– Abendkasse
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Eintritt: Abendkasse 17 € / 15 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Tomasz Stanko Quartett

LOT-Theater, Kaffeetwete 4a, 38100 Braunschweig

Tomasz Stanko – trumpet
David Virelles – piano
Thomas Morgan – bass
Gerald Cleaver – drums

Der Klang seines Instruments sei eng mit seinem Leben verbunden, sagt Tomasz Stanko. Von Kindheit an war er, Sohn eines Geigers, vom Klang der Trompete fasziniert. Rau, kernig und doch sehnsuchtsvoll – melancholisch. So wie man es der polnischen Seele gerne attestiert.

Stanko gehört zur ersten Generation europäischer Musiker, die als Reaktion auf den amerikanischen Free Jazz neue Wege suchten und einen ihnen eigenen musikalischen Ausdruck fanden. Sein Vorbild war Krzysztof Komeda, von dem er 1963 auf dem Warschauer Jazz Jamboree eingeladen wurde, in dessen Band zu spielen. Der gehörte er mehrere Jahre an und spielte mit ihr auch im Westen.

Über Krzysztof Komeda sagt Stanko: “Er war so etwas wie ein Guru für mich, besonders als Komponist. Er zeigte mir, wie einfach Lebendigkeit sein kann, wie man das Entscheidende spielt, ohne die unterschiedlichsten Harmonien, Asymmetrien und vielen kleinen Details auszublenden. Ich kann wirklich glücklich sein, dass ich meine Karriere mit so einem Lehrer beginnen durfte.”
Mit Komeda spielte Stanko 1966 die Platte “Astigmatic” ein, die zu den Standards der polnischen Jazz-Geschichte gehört. Danach folgten Tourneen durch Jugoslawien, Tschechoslowakei und Skandinavien, arbeitete er mit dem Pianisten Andrzej Trzaskwoski zusammen, bis er 1968 sein Quintett mit dem Tenor-Saxophonisten Janusz Muniak aufbaute. Bis 1973 gastierte das Ensemble auf allen großen Festivals, wobei Stanko immer wieder die Zeit blieb, bei anderen Projekten mitzuwirken

Einengungen hat Tomasz Stanko in seiner Heimat Polen nie erleben müssen. Die Jazz-Landschaft war zwar klein und übersichtlich, aber dank der Kontakte, die die polnische Jazzföderation zur amerikanischen Botschaft unterhielt, waren Konzerte amerikanischer Bands möglich, und dank Joachim-Ernst Berendt kamen auch deutsche Gruppen zu dem Warschauer Jazzfestival.

Bis in die 1980er Jahre schloss sich Stańko keiner Formation mehr dauerhaft an, sondern trat mit unterschiedlichen Musikern auf (u. a. Dave Holland, Tomasz Szukalski, Edward Vesala, Cecil Taylor, Heinz Sauer). In Indien entstand 1980 das Soloalbum Music from Taj Mahal and Karla Caves. Dann arbeitete er mit dem Trio von Sławomir Kulpowicz. Mit C.O.C.X. und mit seiner Freelectronic (zu der unter anderem Vitold Rek gehörte) spielte er Fusion und trat auch auf dem Jazz Festival Montreux auf. Sein Komeda-Tribut Litania erhielt 2000 den Deutschen Schallplattenpreis. Im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends spielte er zunächst mit den Musikern des Simple Acoustic Trio (Marcin Wasilewski – Piano, Sławomir Kurkiewicz – Kontrabass, Michał Miśkiewicz – Schlagzeug) zusammen. 2013
arbeitete er mit einem amerikanischen Quartett zusammen.

Seit den 1970er Jahren hat seine Musik alle Bereiche des Jazz verinnerlicht; durch die Integration, Assimilation und Auflösung konventioneller Rhythmen, Harmonien und Strukturen entstehen scheinbar atonale und schwebende Klänge, die auf eine spezifische Weise musikalisch geordnet sind. Das Besondere am Spiel Tomasz Stańkos sind sein eigener, unverwechselbarer Sound, die slawische Melancholie und der kraftvolle, “schmutzige“ Klang seiner Trompete, der bereits beim ersten Ton seinen Schöpfer erkennen lässt.

Karten:
– Musikalienhandlung Bartels, Braunschweig, Schlosspassage, Tel.: 0531 / 125712
– Tourist-Büro Braunschweig (Am Dom), Tel.: 0531 / 470-2040
– Konzertkasse, Braunschweig, Schild 10, Tel.: 0531 / 16606
– Online über eventim
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– und weitere …

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Eintritt: Abendkasse 25 € / 22 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Jazz und Film in der Reihe “Sound on Screen”

Universum Filmtheater, Neue Straße 8, Braunschweig

TRANSMITTING

Regie: Christoph Hübner, Deutschland 2013, 87 Min, OmU

Drei Jazzmusiker erfüllen sich einen Traum und verbringen einen Monat gemeinsame Zeit in Marokko: der deutsche Pianist und Saxophonist Joachim Kühn, der Sänger und Guembrispieler Majid Bekkas aus Marokko und der der spanische Perkussionist Ramon Lopez. Zeit für Musik, für Begegnungen und für eine neue CD. Sie mieten ein kleines Studio in Rabat und laden Gastmusiker dorthin ein. Sie fahren in die Wüste, um eine Trommlergruppe zu treffen und mit ihnen Aufnahmen zu machen. Dazwischen Abstecher in den Alltag, Abstürze und kleine Krisen. Jeder der Musiker hat ein Solo. Ein Film über improvisierte Musik und die Arbeit an ihr, ein Film über die Begegnung verschiedener Kulturen, ein Film über das Fremde und das Eigene. Wo kommt man her und wo will man hin? Und einfach jede Menge gute Musik. (RealFiction)

Transmitting” ist Dokumentation, Reisereportage und Musikfilm zugleich. Dabei bricht er mit den gängigen ‘Klischees von Weltmusik und erzählt, worum es bei dieser Musik eigentlich geht.

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Kritik zu “Joachim Kühn / Majid Bekkas / Ramon Lopez: Chalaba”

Chalaba
Das Joachim Kühn-Trio interpretiert die Tradition neu

„Es freut mich wirklich sehr, hier in Braunschweig zu sein! Braunschweig forever!“ Wer kennt sie nicht, diese Redewendungen von Künstlern. Captatio benevolentiae, ein altes Stilmittel der klassischen Rhetorik. Die Leute für sich gewinnen, bevor es zur Sache geht.
In unserem Falle aber steckt mehr dahinter. Joachim Kühn, unbestritten der große deutsche Jazzpianist, geizte nicht mit Komplimenten in Bezug auf Braunschweig am Sonntagabend anlässlich seines Auftritts im LOT-Theater. Nicht nur viermal gastierte er in Braunschweig, wie offiziell verkündet, nein, mindestens fünfmal, und ich wage zu behaupten, dass es sechsmal war. Schon 1972 spielte er im Lindenhof, jammte zusammen mit dem Braunschweiger Piano-Urgestein Otto Wolters. Aber er hat vorher, oder zeitgleich, auch im Audimax der TU BS Solopiano gespielt. Sehr, sehr frei, was viele als willkürlich und dilettantisch empfanden. Egal, er spielte seitdem regelmäßig in Braunschweig, dank der guten Betreuung durch die Musikerinitiative BS und wegen des aufmerksamen Publikums. Großartig das Trio mit J.F. Jenny- Clarke und Daniel Humair. Nur in Paris sei er noch häufiger aufgetreten.
Nun ist er 70 Jahre alt geworden und wieder in Braunschweig und praktizierte, was von der Idee her nicht ganz neu ist, aber eine typisch Kühn’sche Lösung erfuhr: die Aneignung, Konfrontation von amerikanisch-europäischer Jazztradition mit den Skalen und Rhythmen der Musik seines marokkanischen Freundes Majid Bekkas, am Schlagzeug und Perkussion hervorragend und unnachahmlich unterstützt durch den Spanier Ramon Lopez.
Kühn nennt diese Musik „Weltmusik“, andere Ethno-Jazz, was vielleicht besser ist, damit er nicht plötzlich als Peter Gabriel des Jazz eingeordnet wird. Und dass es sich bei seiner Musik nicht um schmusige Folklorisierung des Jazz handelt, das machte das Trio von Beginn an klar.
Kühn wirbelte Hörerwartungen beim Intro „Live Experience“ durcheinander. Unheimliches Tempo, das die nächsten Stücke nicht abflauen sollte, und die Verweigerung eines geordneten Zusammenspiels. Freies Warming up? Nein. Wie aus dem Nichts heraus, ein Riff, das von allen aufgegriffen und variiert wird. Klar strukturierte Dialoge zwischen Kühn und Bekkas Guembi, einer dreisaitigen bassähnlichen Laute, kraftvoll durchbrochen vom Schlagzeug. Eine Wanderung zwischen Ordnung und Chaos, dominiert von rhythmischen Akzenten. Es ist die Gnawa-Musik, die Majid Bekkas in das Trio einbringt. Die Musik einer ethnischen Minderheit in Marokko, aus der Süd-Sahara, aus Mali, der Wiege des Blues. Bekkas Gesang zitiert die Roots der Fieldhollers der Sklaven im Süden der USA. Das Spiel mit der Guembi ist archaisch-rhythmisch, auf den Punkt gebracht im Stück „Chalaba“. Magisch repetitiv ist das Riff, ist der Gesang. Man versteht nicht die Worte, man hört nur den Klang der Stimme und erahnt Anruf, Response, Klage, Ekstase. Afrikanische Kosmogonie, die in der Repetition den Weg in die emotionale Tiefe und in eine höhere Ordnung eröffnet. Anders als später im afroamerikanischen Blues, der sich eine strikte Ordnung verschrieb. Diesen Hintergrund eröffnet Bekkas.
Kühn unterstützt das expressiv am Altsaxofon, am Klavier aber setzt er seine musikalische Welt dagegen bzw. er schafft Lücken für andere Sichtweisen auf die Tradition. Das geschieht wiederum nicht als Kollision, indem etwa europäisches Harmonieverständnis dagegen gesetzt wird. Kühn spielt eine gewissermaßen offene Stimmung. Die Akkorde bleiben uneindeutig, sie sind vermindert oder erweitert, sie orientieren sich nicht an der harmonischen Systematik, sondern am Klangcharakter, der gerade besteht.
Kühn ist ein Altmeister, das Tempo, das er im ersten Set anschlug, sollte wohl demonstrieren, dass er nicht zu den Altersmilden gerechnet werden will, die auf den musikalischen Anspruch verzichten. Im zweiten Set war das Zusammenspiel ruhiger ohne an Dynamik zu verlieren. Nur, wenn Kühn in seine Tonwirbel hineingerät, dann gibt es einfach kein Halten für ihn. Es spielt ihn, könnte man meinen.
Das Konzert war nahezu ausverkauft, trotz Eugen Cicero, trotz Tatort und trotz Sonntagabend überhaupt. Und die Begeisterung war groß. Eine Bemerkung aber zum Abschluss. Die „Hardcore-Jazzer“ hatten Vorbehalte, was den nordafrikanischen Gesang betraf. Ja, es sind andere als die europäisch geprägten Skalen, teilweise ein ganz anderes musikalisches Verständnis. Aber – warum ist man verzückt vom Gilberto-Gesang beim „Girl in Ipanema“? Soll das jazz-affiner sein als der Gnawa-Gesang? Auch Geschmacksurteile sind zu überprüfen.

Klaus Gohlke

Erschienen in kulturblog38.net am 2. 10. 2014

Joachim Kühn / Majid Bekkas / Ramon Lopez: Chalaba

LOT-Theater, Kaffeetwete 4a, 38100 Braunschweig

Joachim Kühn, piano, alto sax
Majid Bekkas, voc, guembri, oud
Ramon Lopez, drums, tabla, perc

Eine Musik von magischer Intensität hat die deutsche Kritik Joachim Kühn und seinem Trio mit Majid Bekkas und Ramon Lopez bescheinigt. Wie bereits zuvor mit Rabih Abou Khalil und Jarrod Cagwin hat er sich mit den beiden auf die Spuren der arabischen und afrikanischen Musik begeben, deren Reichtum er als ausreichenden Fundus für eine Lebensaufgabe bezeichnet hat.

Sein Leben war auch so schon reich an Musikerfahrungen. Er kommt wie einige andere der ganz großen Jazzmusiker aus der klassischen Ecke. Mit 17 entschied er sich für den Jazz und gründete 1964 sein erstes Trio. Mit 22 kehrte er Leipzig den Rücken, traf seinen Bruder Rolf, der diesen Schritt schon vorher gegangen war, in Hamburg wieder und entwickelte sich zu einem allenorts anerkannten und gefeierten musikalischen Weltbürger.

Sein Leben war nicht gerade von Stetigkeit geprägt. Und auch seine musikalischen Vorlieben wechselten mit den Plätzen, an denen er lebte. Immer war er den stilistischen Neuorientierungen im Jazz um einen entscheidenden Schritt voraus, so beim Free Jazz und dann auch beim elektrischen Jazz. Trotzdem ist es immer seine eigene Musik gewesen. So wie er sich durch seine Musikerkollegen in seiner Entwicklung beeinflussen und bereichern lässt, hat er auch immer wieder auf das bereits von ihm Er- und Gelebte zurückgegriffen, es integriert. Ende der neunziger Jahre erlebten wir dann eine fundamentale Veränderung seiner Musik, als er sein eigenes Improvisationsschema entwarf, das Diminished Augmented System. In diesem System gibt es keine Dur- und Mollakkorde mehr, sondern für jede Tonart jeweils vier übermäßige und drei verminderte Akkorde, die er als Klänge bezeichnet. Die rechte Hand spielt die eigentliche Melodie-Improvisation; die Ideen, die ihm kommen, teilen sich dieser Hand – wie er es bezeichnet – “organisch” mit. Der Kopf sei dabei ausgeschaltet. Was heißen dürfte, dass seine Musik von seinem Empfinden gesteuert ist. Lange Jahre habe er gebraucht, um den für diese Spielweise unerlässlichen Zustand überhaupt zu erreichen; er könne anschließend kaum je sagen, was er gerade gespielt habe.

Nach seiner Übersiedlung in den Westen wurde er innerhalb kürzester Zeit zu einem der wichtigsten Vertreter der Jazz-Avantgarde in den so unterschiedlichen Jazzmetropolen Paris, Los Angeles, New York und Hamburg. Und mit genau so unterschiedlichen Musikern spielte er dort: Michel Portal, Ornette Coleman, Archie Shepp, Jean François Jenny-Clark, Daniel Humair, Joe Henderson, Rabih Abou-Khalil, Michael Brecker und Michael Wollny. Die längste Strecke ging er mit dem französischen Bassisten Jenny-Clark und dem Schweizer Schlagzeuger Daniel Humair. Das Trio gehörte zu den frappantesten und gefragtesten Formationen des Free Jazz in Europa und spielte – wie sich einige sicher noch erinnern werden – im September 1995 für uns. Die Zusammenarbeit endete mit dem Tod Jenny-Clarks 1998.

In den letzten Jahren hat er sich mit dem marokkanischen Sänger und Guembri- und Oud-Spieler Majid Bekkas und dem spanischen Schlagzeuger Ramon Lopez zusammengetan und auch viel mit Michael Wollny gespielt, der eine Generation jünger ist und seine Diplomarbeit über ihn geschrieben hat. Und unvergessen für die gesamte Welt des Jazz: sein legendärer Auftritt mit Archie Shepp, der Inkarnation der afroamerikanischen Musik.

Joachim Kühn war insgesamt bereits viermal bei uns zu Gast: 1991 mit seiner Jubiläumsband, 1995 mit Daniel Humair und Jean François Jenny-Clark, 1998 mit Detlev Beier und Wolfgang Reisinger und 2005 mit Rabih Abou Khalil und Jarrod Cagwin. Wir freuen uns auf dieses fünfte Mal mit Majid Bekkas und Ramon Lopez.

Karten:
– Musikalienhandlung Bartels, Braunschweig, Schlosspassage, Tel.: 0531 / 125712
– Tourist-Büro Braunschweig (Am Dom), Tel.: 0531 / 470-2040
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Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Interview mit Joachim Kühn

„Grenzüberschreitung – das ist es!“

Joachim Kühn ist so etwas wie der Doyen des deutschen Jazzpianospiels. Am Sonntagabend tritt er mit seinem Trio „Chalaba“ im Braunschweiger LOT-Theater auf. Aus diesem Anlass befragte ihn unser Mitarbeiter Klaus Gohlke telefonisch in seinem Wohnort Ibiza.

KG. Herr Kühn, seit den frühen 70er Jahren treten Sie immer wieder in Braunschweig auf. Was ist das Besondere an dieser Stadt?

JK. Ja, stimmt. Interessant. Das hab ich sonst nur mit Paris oder mit New York. Das Braunschweiger Publikum ist sehr interessiert. Und dann ist die Zusammenarbeit mit dem Team der „Initiative Jazz Braunschweig“ hervorragend.

KG. Sie haben mit allen Größen des Jazz zusammengespielt. Hatten Sie irgendwann so etwas wie die ideale Band?

JK. Eine schwierige Frage. Da waren immer Highlights. Ornette Coleman z.B. Aber – doch: das Trio mit Daniel Humair und J.F. Jenny Clark. Wir waren auch in Braunschweig im Städtischen Museum. Schwierige Akustik, aber toll. Wir drei verstanden uns blind, hatten großartige musikalische Ideen, tolles Zusammenspiel auf höchstem Niveau.

KG. Sie sind gerade 70 Jahre alt geworden. Gibt es noch so etwas wie musikalische Wunschträume?

JK. Nein, Träume nicht. Was ich noch will, muss ich jetzt machen. Was mich umtreibt, ist, den Jazz zu öffnen für andere musikalische Kulturen. Deshalb das Trio „Chalaba“, das am Sonntagabend in Braunschweig spielt. Die Verschmelzung marokkanischer Melodien und afrikanischer komplexer Rhythmen mit dem, was wir modernen Jazz nennen. Also Grenzüberschreitung. Das interessiert mich, da lerne ich immer noch dazu.

KG. Ist unsere Art Jazzkonzerte zu hören, als säßen wir im Kammermusiksaal, nicht eigenartig körperlos?

JK. Da ist was dran. Ich hätte nichts dagegen, wenn die Leute aufsprängen und lostanzten. Sie könnten auch schreien, wenn ihnen danach wäre. Sollte man vielleicht mal ansagen. Nein, Jazz ist nicht nur Kopf, sondern auch Körper.

KG. Wie bekommen wir junge Menschen in die Jazzkonzerte?

JK. Das weiß ich auch nicht. Bei den Festivals, da sind alle Altersgruppen dabei. Aber in den Einzelkonzerten: Fehlanzeige. Es fehlt vielleicht an Lockerheit. Oder so ein Unterhaltungselement. Aber auf Unterhaltungsmusik – Niveau begebe ich mich nicht. Vielleicht kommt das mal wieder anders. Vielleicht schon am Sonntag in Braunschweig.

Braunschweiger Zeitung, 25. 09. 2014

Jazz und Film in der Reihe “Sound on Screen”

Universum Filmtheater, Neue Straße 8, Braunschweig

Charlie Mariano – Last Visits (2014), DE Laufzeit 99 Minuten, FSK 0, von Axel Engstfeld, mit Mike Herting

Die Musikdokumentation Charlie Mariano – Last Visits begleitet den Jazz-Saxophonisten Charlie Mariano bei seinem letzten Konzert.

Handlung von Charlie Mariano – Last Visits
Der in Boston geborene Saxophonspieler Charlie Mariano hat mit Jazz-Größen wie Charlie Parker und Dizzy Gillespie gespielt. In den 1970er Jahren ging der Amerikaner nach Europa und blieb dort – um sein Geld mit der Musik zu verdienen und andere junge Talente zu inspirieren. Sein Beruf war harte Arbeit, doch er liebte das Musizieren zu sehr, um etwas anderes zu machen. 2008 lebte Charlie Mariano 20 Jahre lang in Köln. Doch eine schwere Krankheit erschwerte es ihm zunehmend, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Dennoch blieb der Saxophonist ein Optimist und gab weiterhin Konzerte.

Die Doku Charlie Mariano – Last Visits begleitet den passionierten Musiker nach Stuttgart, wo er an seinem 85. Geburtstag sein letztes großes Konzert gab. Drei Monate später, im Juni 2009, verschied er. Filmemacher Axel Engstfeld zeigt Aufnahmen der Jazz-Legende und lässt Musiker-Kollegen zu Wort kommen. (ES)

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Gerardo Nuñez

Lindenhof “da Paolo”, Kasernenstraße 20, Braunschweig

Gerardo Nuñez, git
Pablo Martin, bass
Angel “Cepillo” Sanchez, perc

Gerardo Nuñez wurde in Jerez de la Frontera, der Wiege des Flamenco, geboren, und der Flamenco hat ihn von früh auf gefesselt. Schon als Junge spielte er für alle großen Sänger seiner Stadt, und dem Flamenco ist er treu geblieben, auch wenn der Drang nach Neuem ihn nach Madrid führte, wo er heute mit seiner Frau Carmen Cortés, eine der ganz großen Flamenco-Tänzerinnen, wohnt und arbeitet. Mit seinen vielen Platten stieß er sich und dem Flamenco stets neue Türen auf, und die Kooperation mit Jazzmusikern brachte ihm ein ganz neues, viel größeres Publikum. Verbiegen lassen hat er sich dabei nicht: ein Geheimnis seines Erfolgs ist zweifellos seine authentische Art – schon nach wenigen Takten weiß der Fan, dass es sich nur um Gerardo Nuñez handeln kann.

Die großen Meilensteine seines Erfolgs waren das Ende der 80er Jahre in Amerika entstandene Album Flamencos En Nueva York, mit dem er seinen internationalen Durchbruch besiegelte, sowie nach einer Reihe weiterer erfolgreicher Alben die CD’s Andando el tiempo (2004) und Travesía (2012). Während Andando el tiempo unendliche Weiten zwischen Flamenco und Jazz ahnen lässt, hat Nuñez seiner Musik in Travesía Pop, Funk, Jazz und Latin einverleibt. In Travesía erzählt er Geschichten, die Afrikaner auf ihrer Flucht über das Mittelmeer nach Europa erleben – eine symbolische Begrüßung über alle musikalischen Schlagbäume hinweg: Bei der Anlandung eines Bootes mit Flüchtlingen an einem spanischen Strand war Nuñez zufällig anwesend; mit zwei der Ankömmlinge ist er heute noch befreundet und arbeitet mit ihnen.

Mit dem Jazz in Berührung kam Gerardo Nuñez über die Musik, die eine US-Airbase bei Jerez in den Äther schickte: Charlie Parker, Thelonious Monk, John Coltrane. Die Flamenco-Puristen mögen Nuñez’ Hinwendung zum Jazz ablehnen: trotzdem gilt er heute neben Paco de Lucía zu den wichtigsten Flamenco-Gitarristen.

Als Gerardo Nuñez 2005 bei uns war, war er mit denselben Musikern gekommen: dem Bassisten Pablo Martin und dem sagenhaften Perkussionisten Cepillo, damals unter seinem vollständigen Namen Ángel Sánchez “Cepillo”. Dieses Mal wird Nuñez außerdem von dem Vokalisten Jesús Méndez begleitet.

Cepillo (auf Deutsch: Bürste) ist sicher allen damaligen Besuchern in besonders lebhafter Erinnerung geblieben: Was er seinem Cajón, einer Perkussionskiste, die ihm auch zum Sitzen diente, an Musik entlockte, war schier unvorstellbar, und so mancher Zuhörer musste diese “Kiste” in der Pause einfach näher begucken.

Die BZ schrieb damals in ihrer Kritik u.a.:
“… Das Gitarrenspiel von Nuñez ist völlig attitüdenfrei. Die virtuose, von der klassischen Gitarre … nachhaltig beeinflusste Technik ist beachtlich – sie zu Schauwerten zu münzen, ist Nuñez indes fremd. Von der Spielhaltung und vom Erscheinen her wirkt er fast wie ein prototypischer Gegenentwurf zum mediterranen Macho der alten Schule. In sich ruhend, sich seines Wertes bewusst, aber nicht auftrumpfend. Die Emotion, deren expressive Zurschaustellung wesentlicher Teil des Flamenco ist, scheint hier zwar nicht gemindert, doch eher in eine gelöste Innerlichkeit gewandelt.
Einer wie Gerardo Nuñez gibt natürlich auch im Zusammenhang seiner Mitmusiker nicht den zampanohaften Instrumentalvirtuosen. Die Musiker sind Partner, man begegnet sich auf Augenhöhe, sucht den Dialog, und der ist höchst angeregt. Die Bälle fliegen nur so hin und her zwischen Nuñez, Pablo Martin, einem Meister der schwebenden Bassläufe, und Cepillo, dem gewitzten Spieler der hölzernen Perkussionskiste Cajón. …”

Karten:
– Musikalienhandlung Bartels, Braunschweig, Schlosspassage, Tel.: 0531 / 125712
– Tourist-Büro Braunschweig (Am Dom), Tel.: 0531 / 470-2040
– Konzertkasse, Braunschweig, Schild 10, Tel.: 0531 / 16606
– Online über eventim
– Abendkasse
– und weitere …

Eintritt: Abendkasse 19 € / 17 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Kritik zu “Adam Bałdych / Luciano Biondini Quartet”

Coole Könner
Das Adam Baldych/ Luciano Biondini Quartet spielt europäischen Jazz im Braunschweiger Lindenhof

Geige und Jazz – geht das zusammen? Und dann auch noch Akkordeon dazu? Wird das nicht zur Appenzeller Ländlermusik? Und wenn schon nicht das, dann aber doch zu gefällig vielleicht?
Ach, du liebe Güte! Mit wem hat sich der Jazz nicht schon ins Bett gelegt und wundersame Kinder gezeugt. Alles gibt es: Wohlklang bis zum Kitsch, Akkordgegniedel, Minimalismus, abstrakte Formlosigkeit, von Hotjazz zur Meditation, Tanz-bzw. Konzertsaalatmosphäre, alles drin. Das soll nicht heißen, dass alle Musik Jazz sei, es keine Qualitätsunterschiede gäbe, wohl aber, dass es die geschlossene Form nicht gibt, die Ränder fransen sehr aus, gottlob.
So ausgefranst allerdings war die Musik des Adam Baldych/Luciano Biondini Quartets nicht, die am Freitagabend im Braunschweiger Lindenhof zu Gehör gebracht wurde. Und das Braunschweiger Publikum zeigte sich so berührungsängstlich auch nicht. Immerhin war das Konzert so gut wie ausverkauft und es gab, um es vorweg zu nehmen reichlich Zwischenapplaus und am Ende stehende Ovationen sowie bedenkliches Fußgetrampel.
Dann kann also die Musik nicht schlecht und vor allem nicht jazzfern gewesen sein. Gefallen musste selbst dem Skeptiker, dass die Band sich beim Konzertaufbau Gedanken gemacht hat. Moderate Stücke wechselten mit Up-tempo-Nummern und meditativem Flow. Die Arrangements waren variabel, man vermied die klassische Thema-Soli-Thema-Abfolge. Das Interessanteste aber: Die beiden „Front-Männer“, der polnische Geiger Adam Baldych und der italienische Akkordeonist Luciano Biondini schufen zusammen mit der Rhythmusgruppe zwei Arten von Hörerlebnissen.
Zum einen konnte man bei den ruhig meditativen Stücken in aller Ruhe abtauchen in die Musik. Man schuf Raum fürs Hinein-und Hinterherhören, Platz für Bilder zu den Tönen. Michel Bonita, der gern einen dunklen Bass spielt, hatte zusammen mit seinem Rhythmuskollegen, Philippe Garcia, nur mit den Händen akzentuierend, hohen Anteil an diesem Transparenzzuwachs. Aber auch Baldych verlor die Ruhe nicht bei seinem durchgängigen Pizzicatospiel, und Biondini tat das seine mit schönem Legato. In der Tat: Es öffnete sich „The Room of Imagination“.
Völlig konträr dazu dann die Hochgeschwindigkeits- Balkan-Jazz-Nummern. Wunderbare 5/4-Variationen, die einen sicherlich noch des Nachts im Traume heimsuchten, so intensiv wurden sie formuliert. Und erinnerlich auch deshalb, weil sie auf den Wettkampf Biondini-Baldych hinausliefen. Wer ist schneller? Wer spielt vertracktere Läufe? Wer hat rhythmisch komplexere Ideen? Ein Spiel gegeneinander und dann miteinander. Man kann das Zirkusnummer nennen – aber ist Virtuosität nicht auch etwas Bewundernswertes? Vor allem, wenn sie nicht leer läuft und den Musikern selbst Spaß macht!
Ein anderer Grund dafür, dass dieser Auftritt von vielen aus herausragend bewertet wurde, liegt sicherlich aber auch am Beziehungsreichtum der Musik dieses Quartetts. Mal leuchtet so etwas wie irische Fiddlemusik auf, dann erklingt die Melancholie des französischen Akkordeons. Wilde Tänze Südost-Europas werden zitiert, und – war da nicht etwas Fernöstliches? Wurden nicht Töne bluesig gebendet? Es gab Identifizierbares, das dann Abstraktionsprozessen unterzogen wurde. Auch das macht Spaß beim Zuhören.
Eine Einschränkung muss aber abschließend gemacht werden, wobei unklar ist, wer der Adressat der Kritik ist. Die hohen Töne auf der Geige und dem Knopfakkordeon waren streckenweise nicht auseinander zu halten, so dass verwaschene Sounds entstanden. Entweder gehen sich die Solisten da aus dem Weg oder aber der Soundmeister muss differenzierter mischen. Das trübte aber die Freude des Publikums an diesem Quartet nicht nennenswert.

Klaus Gohlke

Adam Bałdych / Luciano Biondini Quartet

Lindenhof “da Paolo”, Kasernenstraße 20, Braunschweig

Adam Bałdych, violin
Luciano Biondini, accordion
Michel Benita, bass
Philippe Garcia, drums

Es gibt Geschichten in der Musik, die nur der Jazz schreiben kann: Ein polnischer Teufelsgeiger trifft einen italienischen Akkordeon-Weltmeister. Sie nehmen einen algerischen Bassisten und einen französischen Schlagzeuger hinzu. Und fertig ist ihr neues Quartett. Und die Pointe ist, dass die vier Musiker sich erst am Tag vor ihrem ersten Konzert zum ersten Mal sehen, um miteinander zu proben.

Möglich macht das der Jazz als universale Sprache. Und möglich macht das auch die Neugier der Musiker, mit ihnen noch unbekannten Kollegen zusammenzukommen und gemeinsam kreativ Neuland zu betreten. Spannend wird dies bei diesem Quartett insbesondere deshalb, weil die vier Mitglieder aus unterschiedlichen Kulturkreisen mit einer großen musikalischen Geschichte und Tradition stammen, die ihnen eine – ihnen eigene – Prägung verliehen haben. So ist bei Luciano Biondini nicht nur die gesamte italienische Klassik herauszuhören, sondern auch die lebendige mediterrane Folklore. Und bei Bałdych als jüngstem Mitglied der Band scheint sowohl die polnische Klassik durch als auch die moderne Popkultur. Fast alle haben zudem eine klassische Ausbildung, die sich nicht nur in der virtuosen Beherrschung des Instruments niederschlägt, sondern auch in ihrer Musik.

So sorgt der Jazz immer wieder für spannende Momente und neue musikalische Offenbarungen. Auch bei diesem Quartett darf das Publikum die Erwartungen hoch ansiedeln. Und mit größter Sicherheit werden sie auch erfüllt werden.

Adam Bałdych: Bałdych ist zweifellos der größte lebende Geigentechniker des Jazz. Er entdeckte den Jazz als seine Musik mit 13, weil sie ihm “die Freiheit gab, die ich suchte”. Mit 16 begann er seine internationale Karriere. Nach Abschluss seines Jazzstudiums an der Musikhochschule Kattowitz bekam er ein Stipendium für das Berklee College in Boston. Seitdem ist New York der Ausgangspunkt für seine musikalischen Reisen durch alle Welt. Binnen kurzer Zeit erschienen mehrere Alben, darunter Magical Theatre, zu dem er sich von Hermann Hesses Steppenwolf inspirieren ließ.

Luciano Biondini: Biondini war jahrelang in der klassischen Welt zu Hause, bevor er für eine Weile verstummte und dann im Jazz seine Stimme wiederfand. Zu dem Instrument seiner Wahl hat er in einem Interview kürzlich gesagt: “Auf dem Akkordeon kannst du Orgel- oder auch Cembalomusik spielen. Das Akkordeon bietet dir viele Möglichkeiten. Künstlerisch mag es nicht korrekt sein, Cembalomusik auf dem Akkordeon zu spielen, aber es ist das Beste, was du tun kannst, um das Instrument technisch zu meistern. Es ist wichtig, ein großes Repertoire zu erlernen, denn so kannst du dich vom gewohnten Sound des Akkordeons lösen und etwas anderes entwickeln. Das Akkordeon kann wie ein ganzes Orchester sein. Du kannst es auf vielfache Art verwenden, sogar perkussiv. Es ist für mich enorm stimulierend, immer neue Möglichkeiten auf dem Instrument zu entwickeln. Das tue ich ganz natürlich, nämlich auf der Bühne.”

Michel Benita: Der in Algerien geborene Benita kam im Alter von fünf Jahren nach Frankreich und studierte in Montpellier Gitarre und Bass. Er wurde bald in die erste Riege des Orchestre national de Jazz berufen. Sein warmer, kraftvoller und flexibler Ton auf dem Kontrabass machte ihn für viele Musiker zum interessanten Partner. Inzwischen hat er sich in der europäischen Szene als einer gefragtesten Bassisten etabliert.

Philippe Pipon Garcia: Der französische Schlagzeuger und Perkussionist hat ebenfalls eine klassische Ausbildung hinter sich. Er lebte sieben Jahre in der Türkei als Professor für Perkussion am Musikkonservatorium in Ankara und Istanbul und arbeitete mit dem Sinfonieorchester Ankara und vielen türkischen Musikern zusammen. Gleichzeitig etablierte er sich als Maler und Fotograf.

Karten:
– Musikalienhandlung Bartels, Braunschweig, Schlosspassage, Tel.: 0531 / 125712
– Tourist-Büro Braunschweig (Am Dom), Tel.: 0531 / 470-2040
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Eintritt: Abendkasse 19 € / 17 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
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Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Kritik zu “Yuri Honing Acoustic Quartet”

Durchkreuzte Hörgewohnheiten
Das Yuri Honing Acoustic Quartet zu Gast im Lindenhof

Was denn Jazz sei, das hat Yuri Honing noch nie so recht interessiert. Konventionen? Wofür? Für wen? Interessant ist für ihn, was das musikalische Material an Spielräumen bietet. Ob Blondie, Bowie, Goldfrapp, Franz Schubert, Traditional oder sonst was. Das interessiert nicht. Spannend ist für ihn, was man daraus machen kann.
Dieser tabulose, entspannte Umgang mit allen musikalischen Quellen – ist das etwas, was Niederländer uns voraushaben? Lichtenberg fragte einst, in welch anderem Land als Deutschland ein Kind lernte, vor dem Naseputzen zuerst die Nase zu rümpfen?! Kann man ja mal drüber nachdenken.
Yuri Honing also am Freitagabend zu Gast in Braunschweigs Lindenhof (Wie lange noch diese Spielstätte?). Hochkarätige Mitspieler: Wie immer Joost Lijbaart an den Rhythmus-Geräusch-Geräten, der ECM-geadelte Pianist Wolfert Brederode und der isländische Bassist Gulli Gudmundsson.
Nun, Honings letzte Acoustic-CD „True“ enthielt eher sehr melancholisches, vom Tempo moderates Material. So, als seien „Yuri’s wild years“ over. Aber so einfach ist der Mann nicht gestrickt. Auf eindrucksvolle Weise zeigte er mit seinen Mitspielern, wie man Jazz-Konventionen aufnimmt und bricht. Nicht revolutionär, ohne erhobenen Zeigefinger.
Schon im ersten Stück „Paperbag“ wurde das Konzept deutlich. Einfache, klar strukturierte Einstiege, in die Honings Tenor-Sax sich zunächst mit langen, abfallenden Tonfolgen einpasst. Der melancholische Grundgestus wird dann aber innerhalb kürzester Zeit aufgehoben und geht in ein Crescendo über, das auf eine eigenartige Weise Gesamtwerk, aber auch Individualstimme ist. So jäh, wie der Ausbruch erfolgt, findet man wieder zurück zur Anfangsstimmung. Das übliche Thema-Solo-Thema-Muster wird ignoriert.
Das ist nicht neu, so wenig, wie es neu ist, dass die Rollenzuweisung an die Instrumente verändert ist. Aufregend ist aber, wie die Rollen ausgefüllt werden. Und da ist Joost Lijbaart ein wahres Phänomen. Was er in „Black is the Colour…“ – aber nicht nur da – aus seinem Schlagzeug und Perkussionsensemble herausholte, ist sprachlich schwer zu fassen. Es rumpelte, klopfte, klatschte, klingelte, zischelte, wirbelte, dröhnte, knallte vor sich hin, dass es eine Freude war. Unterschwellig hielt er natürlich den Beat, aber das war nicht die originäre Aufgabe. Wenn der „Chef“ sich im Milton Nascimento-Stück „Miracle of the fishes“ vor ihm nahezu provozierend aufbaute und mit immer längeren Chorussen auf ihn einblies, dann konterte Lijbaart auf gleicher Ebene. No retreat, no surrender, sondern eine ganz eigene Produktion unterschiedlichster komplexer Geräusche.
Gegen alle Hörererwartungen allerdings verkündete Honing schon nach gut 30 Minuten das Ende des ersten Sets. Da war wohl die Uhr defekt. Aber der Neustart dann sollte alles wieder gerade rücken. „Play the vamp!“, ein Stück in drei Sätzen, startete mit reinem Wohlklang von Piano und Bass, um sich dann in heftige, nahezu punkige Ausbrüche zu steigern. Parker‘sche und Coltrane’sche Spielkultur blitzten bei Honing auf, aber auch der klare, reine Klang eines Garbarek konnte einem in den Sinn kommen. Auch fein: Traditionslinien leuchteten auf und verschwanden wieder, kein Kult.
Und aus dem ganzen Gebrodel heraus reduzierte der „Chef“ das Spiel plötzlich auf eine minimalistische Repetition eines Licks. Unterbrochen von langen Pausen. Absicht oder ein fehlender Übergang beim Improvisieren? Nichts Genaues weiß man nicht. Honing musste jedenfalls laut lachen, bevor er wieder forcierte und die Band tonale und rhythmische Zentren ignorierte.
„True“ auch beeindruckend. Ein einfacher Beat. Beerdigungsmarsch oder etwas an Ravels „Bolero“ Erinnerndes? Drums und Bass rhythmisch unisono, dann aber auseinander driftend, sich entfernend, echoartig. Brederode am Piano unterlegt das Sax-Solo mit reduzierten Tonfolgen. Alles sehr transparent, unaufgeregt, viel Raum fürs Zuhören. Die Entdeckung der Langsamkeit, wenn man so will. Man hört und überlegt zugleich. Was will man mehr?
Ein eindrucksvolles Konzert, ein begeistertes Publikum. Es hätten nur mehr sein sollen.
Ein Postskriptum: Wie schon beim letzten Konzert der Initiative Jazz-BS hat auch diesmal ein Gönner einen beachtlichen Betrag zur Förderung der Jazz-Live-Musik gespendet. Beeindruckendes Bürgerengagement. Hut ab!

Klaus Gohlke

Yuri Honing Acoustic Quartet

Lindenhof “da Paolo”, Kasernenstraße 20, Braunschweig

Yuri Honing, saxophone
Wolfert Brederode, piano
Ruben Samama, acoustic bass
Joost Lijbaart, drums

Yuri Honing, seinen Pianisten Brederode und seinen Schlagzeuger Lijbaart kennen wir schon von früheren Konzerten, und wir sind froh, dass sie wieder den Weg nach Braunschweig gefunden haben.

Sehr zu Recht gilt Yuri Honing als Wegbereiter für neue Entwicklungen. Von ihm stammt der zunächst irritierende Satz, Jazz sei kein Musikstil, sondern eine Sprache, und so hat er auch nie einen Unterschied zwischen den verschiedenen Stilen und Musiken gemacht. Seine Inspirationen bezieht er nicht nur aus dem Jazzkanon, sondern ebenso aus dem zeitgenössischen Pop. Am anderen Ende des Spektrums findet sich sogar u. a. seine Interpretation von Schuberts Winterreise, die er mit der klassischen Pianistin Nora Mulder aufnahm und die ein großer Erfolg war. Jazz, Pop, Klassik – Honing hat sie auf seine Weise und nach seinem musikalischen Verständnis amalgamiert zu einem faszinierenden, stimmigen und wie selbstverständlich wirkenden Ganzen.

So gehört Yuri Honing zu der wachsenden Anzahl jüngerer Musiker, die zwar die Jazztradition und ihre Sprache bis in all ihre Facetten kennen und in ihr verwurzelt sind, sich aber nicht von Konventionen einengen lassen und die Inspiration und Anreize für ihre Kreativität aus allen Musikarten ziehen.

Zu dieser jungen Generation gehört auch Wolfert Brederode, der wie Honing allen neuen musikalischen Entwicklungen gegenüber aufgeschlossen ist und wie er unermüdlich unterwegs ist auf der Suche nach neuen Horizonten. Wie Honing hat auch Brederode mit vielen Größen des Weltjazz gespielt, eine prägende Erfahrung, die ihre Spuren hinterlässt. In diesem Quartett ist es seine Aufgabe, die Räume zwischen Honings überfliegenden Saxofonlinien und den beiden Rhythmikern mit Begleitfiguren zu füllen und die Hitze seiner Mitspieler wieder auf moderate Temperaturen zurückzuführen.

Joost Lijbaart genoss eine klassische Schlagzeug-Ausbildung, bevor er nach einem Aufenthalt im Senegal, wo er die afrikanische Perkussion erlernte, zu Yuri Honing und Wolfert Brederode fand. Er ist bekannt für den schonungslosen Umgang mit seinem Schlagzeug, mit dem er sich auf seine Weise neuen Horizonten nähert.

Ruben Samama ist der Jüngste der Gruppe. Er gilt als äußerst talentiert und hat sich auch mit eigenen Formationen schon einen Namen gemacht. Er versteht es nicht nur, dem Spiel der anderen mit repetitiven Kurzfiguren Konstanz zu verleihen, sondern auch, durch elektronische Spielereien Akzente zu setzen.
Wir dürfen uns also nicht nur auf neue musikalische Horizonte freuen, sondern auch auf vier überragende Musiker.

Karten:
– Musikalienhandlung Bartels, Braunschweig, Schlosspassage, Tel.: 0531 / 125712
– Tourist-Büro Braunschweig (Am Dom), Tel.: 0531 / 470-2040
– Konzertkasse, Braunschweig, Schild 10, Tel.: 0531 / 16606
– Online über eventim
– Abendkasse
– und weitere …

Eintritt: Abendkasse 19 € / 17 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Öffentliche Versicherung Braunschweig
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Kritik zu “Rémi Panossian Trio feat. Nicole Johänntgen & Nicolas Gardel”

Es gibt Wichtigeres als die reine Lehre
Alternativ: Liebe auf den ersten Ton
Dem Rémi-Panossian-Trio fliegen die Herzen der Jazzfreunde zu

Ein Dejà vu? Ja und nein. Schon einmal, vor ziemlich genau einem Jahr spielte das Rémi-Panossian-Trio im Braunschweiger Lindenhof modernen Jazz. Auch diesmal wieder um zwei Bläser verstärkt: einem Trompeter, diesmal neu: Nicolas Gardel, und einer Sopran- und Tenorsaxofonistin, wie damals Nicole Johänntgen. Wiederum völlig ausverkauft, Liebe auf den ersten Ton oder so.

Was ist es, was die Braunschweiger Jazzfreunde so fasziniert? Na klar, das erstklassige Pianotrio. Das allein hätte schon einen guten Jazzabend geliefert. Zum Beispiel „Shikiori“: Ein Lehrstück im Umgang mit der Tonstärke. Eben Explosivität, dann in Sekundenschnelle ein Runterfahren auf Pianissimo. Komplexe Rhythmen, perfektes Zusammenspiel, elegant zwischen den Polen größtmöglicher Nähe und Vereinzelung sich bewegend. Rémi Panossians Pianoarbeit: selbstvergessenes Abtauchen in ostinate Klangfiguren mit der linken Hand, die rechtshändig von minimalen Verschiebungen unterlaufen werden. Leichtfingrige Bassbegleitung von Maxime Delporte, die aber so heftig werden kann, dass der Saalboden zum Resonanzkörper wird. Und am Schlagzeug Frédéric Petitprez, mal brutal grade den Rhythmus hackend, später mit dem Geigenbogen das Schlagwerk streichelnd.

Wozu dann die Bläser? Andere Klangfarben natürlich. Aber vor allem eine Art Antriebsaggregat aufgrund der enormen Spielfreude. Und man tut sicherlich niemandem Unrecht, wenn man Nicole Johänntgen als den Turbo der Band bezeichnet. Sehr extrovertiert, emotional, publikumszugewandt, gewann sie wiederum die Ohren und Herzen der Jazzfreunde. Wann hat man schon ein Jazzkonzert erlebt, bei dem Anfeuerungsrufe, Kommentare und heftigere Körperreaktionen während des gesamten Konzerts zu erleben waren?

Gut, dem Puristen mögen manche Stücke harmonisch unterkomplex erschienen sein. Auch zu Melodisches ruft Abwehrreflexe hervor. Die alte Frage: Ist das nicht Kitsch? Wie zur Beruhigung spielte man aber zwei Klassiker. „Byebye Blackbird“ und „In a sentimental mood“. Standards, ja, aber State of the Art!

Es war ein Powerplay, bei dem man sich mitunter wünschte, dass das Miles-Davis-Diktum, weniger Töne seien viel mehr, Beachtung gefunden hätte. Aber, die Leute sind noch jung und bestimmt wird alles gut.

„Wenn ihr diese Truppe wieder hier her bringt, dann sind wir Sponsor!“, so die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz zu den Organisatoren der Initiative Jazz-BS vor einem Jahr. Ein anderer Gönner überwies 1000 Euro. Wunderbar. Viel wichtiger als die reine Le(e)(h)re.

Klaus Gohlke

Rémi Panossian Trio
feat. Nicole Johänntgen & Nicolas Gardel

Lindenhof “da Paolo”, Kasernenstraße 20, Braunschweig

Rémi Panossian: piano
Maxime Delporte: bass
Frédéric Petitprez: drums
Nicolas Gardel: trumpet
Nicole Johänntgen: saxophone

Wer unser Konzert mit dieser Band und Nicole Johänntgen im letzten Jahr (damals mit Frederik Köster) erlebt hat, kann es nicht vergessen haben. Es war unglaublich. In immer enger werdenden Windungen schraubte sich das Ensemble von Stück zu Stück zu immer furioseren Finalen, das Publikum jubelte und wollte die Musiker gar nicht gehen lassen.

Bei Nicole Johänntgen ist nicht zu verkennen, woher sie stammt. Aus dem Saarland ist der französische Einfluss ja auch heute noch nicht wegzudenken, und so bleibt Nicole der saarländischen Tradition treu, eine Brückenfunktion zwischen Deutschland und Frankreich zu erfüllen. Sie tritt gern und mit großem Erfolg mit jungen französischen Formationen auf und stärkt damit auf ihre Weise die kerneuropäische Freundschaft auch auf dem Gebiet des Jazz.

Dem Pianisten Rémi Panossian und seinem jungen Trio wird nachgesagt, mit seiner Musik ein schillerndes musikalisches Universum irgendwo zwischen Romantik, Avantgarde, Rock und Jazz zu schaffen. Gemeinsam mit dem Bassisten Maxime Delporte und dem Schlagzeuger Frédéric Petitprez kreiert er eine Musik, die zugleich lyrisch und voller Energie ist. Ihr erstes Album Add Fiction wurde von der internationalen Presse mit großer Sympathie aufgenommen, und auch die sympathischen Auftritte des spielerisch perfekten Trios erfreuen sich in der Jazzwelt wachsender Beliebtheit.

Nicolas Gardel, der mit Stil und Originalität Vintage und Moderne miteinander verbindet, hat die französische Jazzszene in erster Linie mit seiner Band The Headbangers erobert, mir der er Funk, Pop und Elektro in Trialog treten lässt. An den Grenzen seines musikalischen Universums gelingt es ihm, mit seinem kraftvollen und eleganten Spiel und seiner umwerfenden Energie neue Perspektiven zu eröffnen.

Nicole und Nicolas – man kann durchaus sagen, dass schon die Vornamen den Zusammenklang der beiden Musikerpersönlichkeiten zeigen. Ihr ungezwungenes Zusammenspiel voll überschäumender und ansteckender Energie schafft bei jedem Stück eine Synthese aus verschiedenartigsten Klängen und Rhythmen, macht jedes Stück zu einer neuen Erfahrung für den Zuhörenden, denn jedes Stück ist mit Herzblut gespielt: Jazz at its best, Jazz in all seinen Facetten.

Karten:
– Musikalienhandlung Bartels, Braunschweig, Schlosspassage, Tel.: 0531 / 125712
– Tourist-Büro Braunschweig (Am Dom), Tel.: 0531 / 470-2040
– Konzertkasse, Braunschweig, Schild 10, Tel.: 0531 / 16606
– Online über eventim
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Eintritt: Abendkasse 19 € / 17 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Jam Session im Viertelnach

Viertelnach, Braunschweig, Bültenweg 89

Sessionband: hendrix & kollegen

Dominik Lamby – bass
Carsten Neugebauer – git
Konrad Bärfuss – trumpet
Jan-Paul Herbst – saxes
Hendrik Theis – Piano, Fender Rhodes, keys
Florian Maurer – 2nd keys
Christian Spors – trumpet
Cedric Rischbiter / Ingemar Oswald – Schlagzeug

Moderation: in Planung

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Eintritt: frei

Kritik zu “Yoko Tawada / Aki Takase – Jazz und Lyrik”

Mandarinen müssen noch heute Abend geraubt werden!
Yoko Tawada und Aki Takase vergnügen mit ihrem literarisch-musikalischen Programm

Dichterlesung mit Klavierbegleitung in der Bartholomäuskirche zu Braunschweig! Weder Fisch noch Fleisch? Schön, die beiden Vortragenden sind schon lange in Deutschland lebende hochdekorierte Künstlerinnen aus Japan. Yoko Tawada, die Poetin, kann wohl kaum noch die Ehrungen zählen, die sie für ihr Werke erhalten hat. Aber kann eine Japanerin denn so richtig deutsche Literatur? Aki Takase, die Pianistin, ist eine der renommiertesten Jazzpianistinnen, auch preisbehängt. Aber – soll die nicht so eine Free-Jazzerin sein?

„A-aaa-an–anna- anana-ananas-bananas-banana!” So begann es. Wechselte dann zu „Mango“ und zu „Orange“, von da zur „Zitrone“, dann dem Land, in dem diese blühen und von da aus zu „sauer“ und dem „Vater, der sauer ist“, und dann weg ist und was macht man mit dem fehlenden Vater und der Säure in einem? Eine Assoziationskette, die vom Erwartbaren zum Unerwarteten springt, vom Witzigen zum Abgründigen. Dazu kein Kaffehausplingpling im Hintergrund, sondern eine eigenwillige Begleitung des Textes. Mal harte Akzente, dann den Satzrhythmus unterstreichende Passagen, Romantizismen. Alles nicht beliebig, sondern notiert.
Eine eigenartige Geschichte dann, in der ein Kind eine Stadt erschafft. Durchsetzt mit Bibelanspielungen, kindlicher Bildlichkeit und Perspektive und eindrücklichen Metaphern, etwa der „Bibliothek der Gebärmutter“, der das Kind seine Pläne entnimmt. Wortspiele, die keine Kinderspiele mehr sind.
Paradox-Witziges zur Frage, warum die Japaner so gern deutschen Baumkuchen essen, nicht aber Lakritz, Gummibärchen oder Marzipan. Es sind die Vokale. Japanische Menschen mögen die dunklen Vokale, vor allem das „Aaa“ und „Ooo“. Nicht aber das „Iiiiii“!
Nein, keine staubtrockene, bedeutungsschwangere Dichtung, sondern mitunter recht Witziges. Vertauschung von Bedeutungsebenen, Arbeit auf der Klangebene der Sprachen. Ein wenig Dadaistisches mit gemeinsamem Handclapping. Dann eine Performance mit 10 Tage alten Brötchen, die wunderbar rhythmisch auf einer Gemüseraspel zerrieben wurden, einem japanischem Text, in den verfremdend immer wieder englischsprachige Wörter montiert sind und einer Klavierbegleitung dazu, die die tiefen Register derart bedrohlich anschwellen ließ, dass dem Flügel wohl Hören und Sehen verging.
Zwischendurch möchte man immer „Halt!“ rufen, weil die Wahrnehmung in die Krise getrieben wird. Wohin soll man hören? Satzfetzen bleiben hängen, wie „Mandarinen müssen noch heute Abend geraubt werden!“ und gleichzeitig eine wunderbar leichte an Bach erinnernde Art von Choralbegleitung.
Überhaupt: Takases Klaviersoloblöcke! Eine Wanderung durch das „Real Book“ der Jazzer. Hier ein Harlem Stride, dann klassisch-bluesig, Ellington-Artiges, Ragtime, war da nicht etwas Monk, etwas Harmolodisches? Anspielungen, die gleichsam auf die Spitze getrieben wurden, um schon bei der nächsten zu landen. Ein schier enzyklopädisches Musikwissen deutete sich an, dem man kaum folgen konnte.

„Drei Köche“ – das Braunschweiger Raabe –Haus, die „galerie-auf-Zeit“ BS und die Initiative Jazz-BS verdarben nicht den Brei, im Gegenteil: ein begeistertes Publikum klatschte nach Mehr.

Klaus Gohlke

In Zusammenarbeit mit Galerie auf Zeit:
Yoko Tawada / Aki Takase – Jazz und Lyrik

Bartholomäus-Kirche, Schützenstraße, Braunschweig

Jazz und Lyrik furios: Zwei in ihren angestammten
Bereichen seit Jahren berühmte japanische Frauen,
die Autorin Yoko Tawada und die Jazzpianistin
Aki Takase, bilden seit einiger Zeit ein unvergleich-
liches Duo. Tawadas poetische Grenzüberschreitungen
und pointierte Beobachtungen mit dem «japanischen
Blick» auf die europäische Kultur durchmischen sich
virtuos mit der intensiven Musik Takases, die Empfind-
samkeit und Entschlossenheit in sich vereint - für
Tawadas freien Flug der Wort- und Lautfantasie hält
Takase impressionistische Impromptus bereit. Töne,
Worte, Laute bewegen sich aufeinander zu, stoßen
sich voneinander ab, fließen ineinander und durch-
einander. Kurz: Text und Musik tanzen im Klangraum
einen Pas de Deux.

Eintritt: Abendkasse

Kritik zu “Renaud Garcia-Fons – Linea del Sur”

Die andere Rezension*
Das Renaud García-Fons – Quartett spielt im LOT-Theater zu Braunschweig.

„Meine Musik ist nicht politisch. Es gibt keine Botschaften, nein. Sie soll die Menschen erfreuen, für ein paar Stunden aus allem heraus reißen!“, so der französische Ausnahme-Bassist mit spanischen Wurzeln Renaud Garcia-Fons am Samstagabend in einem Gespräch nach seinem Konzert im Braunschweiger LOT-Theater.
Ja, was sollte auch politisch sein an „La Linea del Sur“ – der Straße des Südens? Ein hochkomplexes Gebräu aus vielerlei Musikstilen: Flamenco, maghrebinische Klänge, lateinamerikanische Rhythmen, europäische Folklore, französische Musette Neuve, unterschwellig Jazz, und ist da nicht auch vertrackter Balkanrhythmus zu hören? Kann man das überhaupt sauber voneinander trennen?

Oder: nehmen wir García-Fonds Bass-Solo-Intro: Zunächst arabische Klänge: als sänge der Muezzin vom Minarett. Diese charakteristische lineare Einstimmigkeit und die ganz eigene Intervallstruktur, dazu eine starke Rhythmisierung. Dann plötzlich ein Bruch. Waren das nicht Zitate aus J.S. Bachs Präludium des 1. Cello-Konzerts sein? Schon wieder ein Wechsel: Garcia-Fons spielt Rasgueado-Attacken des Flamenco aus seinem Fünfsaiter. Welche Griff- und Anschlagstechnik! Egal, ob der Mann seinen Bass con arco, pizzicato oder spiccato spielt – alles hat Sinn und Verstand, und man sagt zu Recht, dass er einer der besten Bassspieler der Welt sei.

„Das sind z.B. Straßen von Spanien über den Iran nach Buenos Aires. Das sind natürlich gedachte Straßen. Das sind musikalische Straßen, ein Traumland, das in einer Vielzahl musikalischer Wurzeln begründet ist, von einer Liebe für Lieder, Melodien, die aus den Tiefen der Seele aufsteigen.“

Und so hört man z.B. vom Akkordeonisten David Venitucci in der Reminiszenz an den Marseiller Bahnhof Saint Charles Melodien, die sofort nach Frankreich versetzen. Zart, dann kraftvoll, schließlich rhythmisch den Boden bereitend für den singenden Bass. Walzer werden durchsetzt mit nordafrikanischen Rhythmen, die Perkussionist Pascal Rollando mit relativ wenig Equipment nicht nur in den Soloparts eindrucksvoll dynamisch differenziert ausbreitet. Und dann noch die Flamenco-Griff- und Anschlagsakrobatik eines Kiko Ruiz an der Gitarre. Eindrucksvoll die rasend schnellen, rhythmisch verzwickten Unisono-Läufe der Band, die so hervorragend eingespielt ist, dass nicht einmal schriftlich Notiertes gebraucht wurde.

Ja, da war schon viel Spielfreude, –witz und-Erfahrung zu erkennen, etwa wenn in „Nada“ die Dämonie eines Riffs bis zum letzten ausgekostet wurde. Ein sicherer Aufbau der Stücke auch: oft eine kurze melodische Grundlegung durch den Bass, dann eine Art Vergewisserung der rhythmischen Basis aller Musiker, gefolgt von Mono- und Dialogen der Instrumente.

Was also sollte da denn politisch sein? Die Frage war trotz alledem berechtigt, denn Garcia-Fons gab an, dass er zu dieser „Linea“ inspiriert worden sei durch Fotos des spanischen Fotografen Javier Arcenillas. Und wer die Bilder dieses preisüberhäuften Fotografen kennt, bekommt Schwierigkeiten unpolitisch zu denken. Es sind Bilder, die selbst im Netz oftmals eingeschwärzt sind, weil so brutal real. Den Mann treibt ein humanitäres Anliegen, die Wahrung der Menschenwürde.
García-Fons wehrt im Gespräch ab. Er wolle eine andere Welt zeigen, wisse eigentlich auch nicht so recht vom „schlimmen Realismus“ seines Foto-Kollegen.

Die Musik spricht freilich eine andere Sprache. Es ist ja nicht eine fröhliche Touri-Stimmung, die da aufgebaut wird. Es ist eben nicht so, wie Tobias Littert in Laut.de rezensiert, dass „unweigerlich (…) der Hörer die Sonne auf seiner Haut [spürt] – (…) den herrlichen Geruch des Meeres [atmet].“ Ja natürlich, es gibt die schönen Melodien in den Kompositionen. Kraft, Stolz, Mut schwingen mit, aber vor allem und unüberhörbar eine tiefe Melancholie.

García-Fons hat Arcenillas‘ Bilder zweifelsohne genau betrachtet, sie werden ihn tief im Inneren berührt haben, wie er auch selbst bestätigt. Die eigene Geschichte mit ihren vielfältigen Verquickungen rückte ins Blickfeld und ließ ihn eine tiefsinnige, gleichwohl vergnügliche Musik schreiben. Selbstverständlich: kein Agit-Prop.

Der Mittelmeer-Raum, den Spanien einst so dominierte – ist er jetzt nicht einer der politisch brisantesten Regionen? Insofern die Musik hier auf ihre indirekte Weise anspielt, ist sie eben auch politisch. Wenn ein Stück „El Aqua De La Vida“ heißt, ist das denn nur der Wunsch nach sauberem Wasser oder nicht auch ein dezenter Hinweis darauf, dass das Mittelmeerwasser sich dank Frontex ganz anders darbietet?

Was immer man in der Musik an Bedeutungsebenen finden mag, sie beeindruckte alle im ausverkauften Haus. Drei Zugaben trotzte ein im Vergleich zu anderen Jazzkonzerten wesentlich jüngeres Publikum den Musikern ab. Jazz-BS hatte ein glückliches Händchen.

Klaus Gohlke

*) Es gibt zwei Rezensionen. Die eine ist die, die ich für die Braunschweiger Zeitung schrieb. Sie unterliegt den Presse-Regeln.
Daneben gibt es eben die andere Rezension, eine freiere Fassung mit auch anderen Schwerpunktsetzungen.

Renaud Garcia-Fons – Linea del Sur

LOT-Theater, Kaffeetwete 4a, 38100 Braunschweig

Renaud García-Fons: Kontrabass
Antonio Ruiz “Kiko”: Guitarra flamenca
Pascal Rollandi: Perkussion
David Venitucci: Akkordeon
Technik: Romain Frydman

Renaud García-Fons war schon mehrfach bei uns, erstmals 1999 mit seinem Projekt Alborea. Das Konzert, das im Städtischen Museum stattfand, war ausverkauft: selbst der “Balkon” war voll besetzt, und die Zuhörer saßen auf den Treppen. Es war ein überwälti-gendes Konzert, und es war ein fantastisches Publikum. Alle waren wir hingerissen – nicht nur von der Musik und von dem Können der Musiker, sondern auch und vor allem von dem fremden und hinreißenden Klang von Renauds Kontrabass, dem er eine fünfte – eine hohe – Saite verpasst hatte und den er damit – auch gestrichen – zu einem neuen, genialen Soloinstrument des Jazz gemacht hatte.

García-Fons hat Klassik, Jazz und orientalische Musik studiert, so dass er in den verschie-densten Musikrichtungen zu Hause ist. Was sein Spiel zu etwas ganz Besonderem macht, ist nicht nur seine fünfte Basssaite, sondern auch, dass er häufig den Bogen einsetzt, um seinen Bass zum Singen zu bringen.

Seitdem er sich für den Bass als “sein” Instrument entschieden hat, ist der Bass nicht mehr nur das traditionelle Begleitinstrument. Indem er dem Kontrabass eine neue Klang- und Tonwelt erschlossen hat, hat er die Emanzipation dieses fantastischen Instruments auf den Weg gebracht. Alle Kritiker sind sich einig, dass sein Spiel unerreicht ist, dass er mit und ohne Bogen ein Magier, der Paganini des Kontrabasses ist. Sein Bass klinge wie ein Bass, aber auch wie ein Violoncello, eine Violine und manchmal sogar wie eine Gitarre, eine Oud oder eine Berimbau. Niemand auf der Welt spiele wie er.

La Linea del Sur (Straße des Südens) heißt García-Fons’ neuestes Projekt. Diese imaginäre Route, auf die er uns mitnimmt, hält magische Begegnungen für uns bereit, in denen sich die verschiedensten Klangwelten des mediterranen Raums, spanische und orientalische Musiktraditionen und klassische französische Klänge aufeinander einlassen und uns wohl wieder – wie bei seinem Projekt Alborea von 1999 – in eine andere Welt transportieren werden.

Jazz und Flamenco – die Kombination dieser beiden Musikrichtungen hat zwei spanische und einen deutschen Vater: 1967 brachte Joachim Ernst Berendt auf den Berliner Jazztagen den Saxofonisten Pedro Iturralde und den Gitarristen Paco de Lucía zusammen, die im Spanien nach Franco mit anderen spanischen Jazzern wie z. B. Gerardo Núñez auch in der Musik neue Wege suchten. Die Entwicklung des Flamenco Jazz war entscheidend dafür verantwortlich, dass Spanien zu einem attraktiven Standort für zeitgenössischen Jazz und die sog. Weltmusik wurde. So haben wir in den letzten Jahren ja immer wieder auch spani-sche Jazzer bei uns zu Gast gehabt, so z. B. 2011 das Colina/Miralta/Sambeat-Trio. Gleichzeitig wertete der Siegeszug des Flamenco Jazz Europa als Standort für eine selbstständige Weiterentwicklung des Jazz enorm auf.

Karten:
– Musikalienhandlung Bartels, Braunschweig, Schlosspassage, Tel.: 0531 / 125712
– Tourist-Büro Braunschweig (Am Dom), Tel.: 0531 / 470-2040
– Konzertkasse, Braunschweig, Schild 10, Tel.: 0531 / 16606
– Online über eventim
– Abendkasse
– und weitere …

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Eintritt: Abendkasse 25 € / 22 € (ermäßigt) / 10 € (SchülerInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

International Škoda Allstar Band

Lindenhof “da Paolo”, Kasernenstraße 20, Braunschweig

Uli Beckerhoff – Trompete / Deutschland
Matthias Nadolny – Saxofon / Deutschland
Peter O`Mara – Gitarre / Australien
Glauco Venier – Piano / Italien
Ingo Senst – Bass / Deutschland
Bruno Castellucci – Schlagzeug / Belgien
feat. Sónnica Yepes – Gesang / Spanien

Bevor sie sich zur International Skoda Allstar Band zusammentaten, kannten sich die Musiker schon seit vielen Jahren und hatten in den unterschiedlichsten Kombinationen miteinander gespielt. Und auch wir kennen sie einzeln und gemeinsam, und Ingo Senst ist obendrein Braunschweiger.

Die Musik der International Skoda Allstar Band ist so vielfältig wie die unterschiedlichen musikalischen und kulturellen Einflüsse ihrer Musiker. Sie bezieht ihre Quellen aus dem zeitgenössischen Jazz, der klassischen Musik des 20. Jahrhunderts und dem American Songbook. Das Programm besteht überwiegend aus Kompositionen der einzelnen Musiker und wird in den unterschiedlichsten Besetzungen vom Duo bis zum Septett dargeboten.

Alle Mitglieder dieser Band sind große Persönlichkeiten und Stilisten auf ihren Instrumenten, und so können wir uns auf einen Abend voller großer musikalischer Ausdruckskraft, Intensität und Kreativität, stupender instrumentaler Fähigkeiten, großer musikalischer Vielfalt, Spielfreude und Humor freuen.

Karten:
– Musikalienhandlung Bartels, Braunschweig, Schlosspassage, Tel.: 0531 / 125712
– Tourist-Büro Braunschweig (Am Dom), Tel.: 0531 / 470-2040
– Konzertkasse, Braunschweig, Schild 10, Tel.: 0531 / 16606
– Online über eventim
– Abendkasse
– und weitere …

Eintritt: Abendkasse 17 € / 15 € (ermäßigt) / 7 € (SchülerInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Skoda Auto Deutschland
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Dieter Ilg Trio

Lindenhof “da Paolo”, Kasernenstraße 20, Braunschweig

Dieter Ilg: Baß
Reinhard Böhm: Piano
Patrice Héral: Schlagzeug

Jazz und Klassik. Dieter Ilg kennt beide Welten. Er wusste schon früh, dass er Jazzbassist werden wollte, studierte aber erst mal klassischen Kontrabass.
Ilg hat immer wieder mal für uns gespielt und hat uns vor drei Jahren mit seinem Verdi-Projekt Otello hingerissen. Jetzt widmete sich Ilg mit seinen großartigen Kollegen Rainer Böhm am Piano und Patrice Héral am Schlagzeug Wagners Parsifal, und wie bei Otello ist nicht nur die Fachpresse, sondern auch das Publikum einhellig begeistert. Übereinstimmend wird betont, wie spannend die intensive musikalische Auseinandersetzung ist, die diese drei Musikerpersönlichkeiten sowohl miteinander als auch mit Wagners vorgegebenen Themen und Motiven führen. Herausgekommen ist eine kühne Umdeutung des monströsen Wagner-Kosmos in Sphären, bei der die Kriterien Improvisation, Intuition und spontane Interaktion in ihrer ganzen Wirkungsbreite umgesetzt werden – und Wagner auf eine neue Art Faszination verleihen. Ilg hat Oper und Jazz auf einen Nenner zu bringen gewusst und sein Publikum in den Bann dieser Kombination gezogen. Er hat es geschafft, dass Wagner Spaß macht.

Dieter Ilg gilt als einer der weltbesten Bassisten, der nicht nur mit eigenen Gruppen, sondern auch als Sideman stark gefragt ist. Was wohl in seiner Persönlichkeit begründet liegt: im Vordergrund steht die Musik, nicht der Musiker. Sein Spiel ist selten abstrakt, sondern ausgesprochen bilderreich. Er nimmt die Zuhörer mit auf eine Reise durch die innere Bilderwelt wie ein Geschichtenerzähler, der in die Mythen des Unbekannten abtaucht, um dann doch wieder in vertrautere Sphären zurückzufinden. Mit seinem 100 Jahre alten Bass reiht er wunderbar weiche Flageoletts an Obertonklänge und treibende Grooves, und sein Publikum hat es ihm immer gedankt.

Ilg weiß um die Möglichkeiten seines Instruments, und mit dem vielfach ausgezeichneten Pianisten Rainer Böhm und dem phänomenalen französischen Drummer Patrice Héral hat er die Idealbesetzung für seine ambitionierten Projekte gefunden. Beide korrespondieren perfekt mit Ilgs singendem Bass und seinem Konzept der dramatischen Verdichtung. Ilgs “Parsifal” zeugt von der Zeitlosigkeit und Universalität dieser Musik, und ihm gelingt eine logische, kammermusikalische Umdeutung des schwierigen Materials. “Das Monumentale wird sinnlich, das Sinnliche monumental,” sagt er selbst und beweist in jedem einzelnen Stück mit beeindruckender Virtuosität und stilistischer Variationsbreite seine unendlich scheinende Gestaltungskraft.

Karten:
– Musikalienhandlung Bartels, Braunschweig, Schlosspassage, Tel.: 0531 / 125712
– Tourist-Büro Braunschweig (Am Dom), Tel.: 0531 / 470-2040
– Konzertkasse, Braunschweig, Schild 10, Tel.: 0531 / 16606
– Online über eventim
– Abendkasse
– und weitere …

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Eintritt: Abendkasse 17 € / 15 € (ermäßigt) / 7 € (SchülerInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Daniel Humair: SWEET & SOUR

Lindenhof “da Paolo”, Kasernenstraße 20, Braunschweig

Emile Parisien: Saxofon
Daniel Humair: Schlagzeug
Emmanuel Codjia: Gitarre
Jérôme Regard: Kontrabass

Seit vielen Jahrzehnten ist Daniel Humair ein Fixpunkt der europäischen Jazzwelt, und nicht nur das. Er ist fester Bestandteil der internationalen Jazzszene; die vielen Größen des Jazz, mit denen er zusammen gespielt hat, sind zwar noch zählbar, aber nicht aufzählbar. Neben seinem Instrument, dem Schlagzeug, für das er ein Lehrbuch verfasst hat, ist er auch ein genialer und bekannter Maler, dessen Bilder in so mancher Galerie und Gemäldesammlung vertreten sind.

Hier soll aber von dem Schlagzeuger Humair die Rede sein, dem es immer wieder gelungen ist, mit variablen, immer neuen Schlagzeugtechniken neue Häfen anzusteuern. Und mit seinem unglaublichen Gefühl für Talente hat er sich immer wieder mit jüngeren Musikern umgeben und sich in immer neuen Besetzungen neuen Herausforderungen gestellt und selbst neu definiert. Es gibt wohl kaum einen anderen Musiker, der über Jahrzehnte mit solcher Konstanz praktisch alle berühmten Jazzpreise Frankreichs, Italiens und der Schweiz errungen hat.

Und von dem Komponisten soll auch die Rede sein. Einer, der seine Kompositionen zunehmend mit seinen Mit-Spielern zusammen entwickelt.

Einen inspirierenden Gefährten hat er dabei in Vincent Peirani gefunden, der auch stets auf der Suche nach neuen Klängen ist. Er beherrscht sein Instrument – das Akkordeon – so perfekt, dass es mal klingt wie eine Orgel, mal wie ein Klavier, und dann wie ein Blasinstrument oder eine menschliche Stimme. Und genau so vielfältig ist der Stil Peiranis, der sich in keine Schublade stecken lassen will. Während er in Frankreich ein gefragter Musiker ist, ist er in Deutschland noch relativ unbekannt.

Genau so ist es mit Emile Parisien. Bei uns wenig bekannt, hat er es in Frankreich und Großbritannien bereits zu beachtlichen Erfolgen gebracht. Auch er hat eine ähnliche Arbeitsweise wie Humair und Peirani und beschreibt seine Musik als ein Puzzle aus Klangmaterie. Zwischen den Musikern wird viel diskutiert, um am Ende wie ein Schriftsteller mit einer Geschichte aufwarten zu können, die auf eigenen Füßen stehen kann – die eine echte Dramaturgie hat.

Zur vollen Wirkung verhilft der Formation Jérôme Regard, der Kontra- und auch Elektrobass spielt. Auch er ist bei uns noch nicht so bekannt, aber es spricht alles dafür, dass diese Tournee dieses neuen Quartetts ihm einen größeren Bekanntheitsgrad beschert.

Karten:
– Musikalienhandlung Bartels, Braunschweig, Schlosspassage, Tel.: 0531 / 125712
– Tourist-Büro Braunschweig (Am Dom), Tel.: 0531 / 470-2040
– Konzertkasse, Braunschweig, Schild 10, Tel.: 0531 / 16606
– Online über eventim
– Abendkasse
– und weitere …

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Eintritt: Abendkasse 20 € / 18 € (ermäßigt) / 8 € (SchülerInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Antenne Métropole
Braunschweigische Landessparkasse
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Trio Riessler-Levy-Matinier

Lindenhof “da Paolo”, Kasernenstraße 20, Braunschweig

Michael Riessler: Bassklarinette
Howard Levy: Mundharmonika, Piano
Jean-Louis Matinier: Akkordeon

Ist es eine Jazzband? Eine Folk-Gruppe? Ein klassisches Kammertrio? Drei Virtuosen, bekannt für ihre sehr individuellen Wege zwischen Genres und Stilen, haben sich zum Gipfeltreffen zusammengefunden. Michael Riessler aus Deutschland, der u.a. für Kagel, Cage, Lachenmann und Stockhausen die Klarinette spielte und zugleich die „folklore imaginaire“ erkundete, hat sich längst in der vordersten Linie der globalen Improvisationsszene etabliert. Howard Levy aus den USA, der Welt fortgeschrittenster Spieler auf der (diatonischen) Mundharmonika, war Feature-Solist z.B. bei Bela Fleck, Paul Simon, Willy Schwarz, Holly Cole, Rabih Abou-Khalil, Dolly Parton oder Bobby McFerrin sowie bei vielen anderen Musikern zwischen Klassik und Country, Latin und Pop. Jean-Louis Matinier aus Frankreich ist der führende Akkordeonist des europäischen Jazz, musikalischer Partner von u.a. Renaud Garcia-Fons, Louis Sclavis, Gianluigi Trovesi, Anouar Brahem, aber auch Langzeit-Begleiter der französischen Chanson-Legende Juliette Gréco.
In ihrer universellen Musiksprache, die z.B. auch Bach, Blues oder Weltmusik umfasst, entwickeln Riessler, Levy & Matinier einen neuen Sound und ein neues ästhetisches Konzept. Der Klang der Durchschlagzungen von Mundharmonika und Akkordeon verschmilzt dabei wunderbar mit Riesslers schnarrender Bassklarinette, was dem Ensemble ein seltenes Timbre voller Überraschungen verleiht. Ausgehend von ganz unterschiedlichen Kernideen aller drei Spieler startet das Trio zu abenteuerlichen, humorvollen Flügen der musikalischen Fantasie, getragen von tänzerischen Rhythmen und dem Spaß am Spielen.
Und das schreiben die Kritiker: „Aufregenderes ist derzeit selten zu hören“ (Süddeutsche Zeitung). „Drei exzellente Musiker in einer außergewöhnlichen Formation! Gemeinsam zaubern sie eine faszinierende Melange aus zeitgenössischem Jazz, moderner E-Musik und imaginärer Folklore, garniert mit einem Schuss erdigem Blues und packenden südamerikanischen Rhythmen. Bestechende Virtuosität, sprühende Spielfreude und ein freudvolles Überspringen jeglicher musikalischer Grenzen kennzeichnen dieses Spitzentrio“ (Spielboden Dornbirn, Österreich).

Aktuelle CD: Silver & Black (ENJA records, ENJ 9536 2

Kontakt: Kulturbüro Dr. Raimund Kast
Bahnhofstr. 79
D-89231 Neu-Ulm
fon +49 – 731 – 61 0750
mobil +49 – 171 – 688 4094
kulturbuero.kast@t-online.de
www.kulturbuero-kast.de

Karten:
– Musikalienhandlung Bartels, Braunschweig, Schlosspassage, Tel.: 0531 / 125712
– Tourist-Büro Braunschweig (Am Dom), Tel.: 0531 / 470-2040
– Konzertkasse, Braunschweig, Schild 10, Tel.: 0531 / 16606
– Online über eventim
– Abendkasse
– und weitere …

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Eintritt: Abendkasse 17 € / 15 € (ermäßigt) / 7 € (SchülerInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Braunschweigische Landessparkasse
GOD Gesellschaft für Organisation und Datenverarbeitung mbH
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Jazz und Film in der Reihe “Sound on Screen”

Universum Filmtheater, Neue Straße 8, Braunschweig

Der Film “LET’S GET LOST – CHET BAKER” im Universum Filmtheater Braunschweig.
Regie: Bruce Weber, USA 1988, 120 Min., OmdU

Stilikone, Melancholiker, James Dean des Jazz, Sänger, Frauenheld und Junkie. Star-Fotograf Bruce Weber begleitete den Jazztrompeter Chet Baker während seines letzten Lebensjahres mit der Kamera und schuf so ein hartes, aber liebevolles Portrait im Stil eines Film Noir. Einer der außergewöhnlichsten Jazz-Filme aller Zeiten über das exzessive, unangepasste Leben des Ausnahmemusikers. Präsentiert zum 25. Todestag der Legende.

Featured by Initiative Jazz Braunschweig!

Anschließend geht es im Café RIPTIDE passend weiter mit JAZZ LIVE IN CONCERT:
Die Braunschweiger Musiker Walter Kuhlgatz (Trompete/Flügelhorn), Heinrich Römisch (Bass) und Elmar Vibrans (Piano) treten erstmalig als Trio ohne Schlagzeug auf, eine für Chet Baker typische Formation in den späten Jahren seiner wechselhaften Karriere. Präsentiert werden Lieblingsstücke von Baker, wie But not for me oder In your own sweet way, die er immer wieder neu interpretiert hat.

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Kritik zu “Antonello Salis / Gianluca Petrella – Duo”

Dada im Lindenhof
Das Duo Antonello Salis/ Gianluca Petrella spielt herben Jazz im Lindenhof

Samstagabend: Dauerschnee vertrübt das Braunschweiger Land. Kein Frühling in Sicht, die Seele ist verschnupft. „Was tun?“ fragt sich der Jazzfreund. Die Initiative Jazz-Braunschweig lockt mit dem Duo Antonello Salis, Akkordeon und Piano, sowie Gianluca Petrella an der Posaune in den Lindenhof.
Akkordeon, die gesellige Orgel für unterwegs! Das lässt Folkig-Melodiöses erwarten. Feinharmonisches am Klavier. Da wird die Posaune doch wohl nicht in die Rolle des Mauernstürzers von Jericho verfallen? Schon der Anblick des Tastenmannes lässt den Winter vergessen. Ein hagerer, wettergegerbter, sonnengebräunter Mann im luftigen T-Shirt, weißer Schlabberhose und Kopftuch in Piratenmanier geknotet, fast 63 Jahre alt. Sein Kompagnon ist 25 Jahre jünger. Hager, schlaksig, quergestreiftes Shirt. .Bei der Figur kein Problem. Ja, alles wird gut.
Dann das Intro: vielleicht etwas italienisch-temperamentvoll? Schiefe Zirkusfanfare mit deftigem Tastentaumel! Doch dann bricht es herein über die Trostbedürftigen. Ein wilder Marsch durch alle Stilrichtungen des Jazz. Ragtimefetzen, Boogie-Woogie-Wogen, New Orleans Second Line, Swing, Balladeskes aus dem American Songbook, hier ein Tango, da etwas Filmmusik. Kurze Erholungsphasen dazwischen. Petrella knutscht sein Posaunenmundstück, dass man auf leicht abwegige Gedanken kommt. Tonfolgen, die an Geplapper erinnern, Pianoattacken als Kommentar.
Dazwischen heftige Schläge mit der flachen Hand ins Klavierinnere. Posaunenausbrüche, die mal nach Elefantenaufschrei, mal sehr unanständig klingen. Dann wieder nur Saugeräusche mit und ohne Mundstück. Die Töne des Pianos sind oft verwaschen. Salis präpariert sein Klavier nämlich immer wieder mit Metallringen, Untersetzern, Papier, Holzschlägern, was zu sehr perkussiven Klängen führt. Plötzlicher Handtrommeleinsatz und eine Tastenbearbeitung mit ganzer Pranke oder den Unterarmen, die Jerry Lee Lewis hätten erbleichen lassen. Alles unablässig kommentiert von Petrellas Posaune, mal abgeschwächt, mal alles noch überbietend. Dada im Lindenhof oder was?
Kleine Verschnaufpausen dann, wenn Salis zum Akkordeon greift. Melodischer, weniger drastisch in der Dynamik, Gesang, der an Salis sardische Herkunft erinnert, aber auch nicht ohne Schockakkorde. „Glaubt nur nicht, dass ihr es euch bequem machen könnt!“, ist die Devise.
Und doch hatte alles Methode. Auf geheimnisvolle Weise finden die beiden Musiker aus den freejazzartigen Passagen immer wieder zurück zu einer gemeinsamen Sprache. Repetitive Phasen ließen deutlich Struktur erkennen, Melodien tauchen immer wieder auf, wenn auch nur kurz angedeutet, sogar verblüffende Unisono-Passagen. Hohe Konzentration bei den Musikern, ebenso beim Publikum. Denn – und auch das überrascht – es gibt keine Ansage zu irgendwelchen Songtiteln. Suitenartig geht es eine knappe Stunde durch die Musikstile.
Thematisch vielleicht noch klarer erkennbar im zweiten Teil des Konzertes. Motto: „Wie dekonstruiert man den Blues?“ Insgesamt ein Teufelsgebräu. Erstaunlich, was ein Klavier so alles aushält
Zugegeben: das Konzert zeigt im zweiten Teil auch gewisse Längen, gerade in den Akkordeonteilen. Man muss allerdings einräumen, dass es kaum möglich ist, über zwei Stunden eine derart hohe Spannung zu halten. Rein physisch bewegen sich die Beiden am Rande des Durchhaltbaren.
Und die Trostsuchenden? Kaum jemand verließ den Saal, trotz des Powerplays. Es war anstrengend zuweilen, die Ohren hatten schwer zu tun. Aber das Ausreizen der dynamischen Möglichkeiten bis an die Schmerzgrenze, der Parforceritt durch die Genres faszinierte. Viel Beifall am Ende.
Schneefall auch nach dem Konzert. Alles etwas gedämpft draußen. Unangemessen das Wetter auch weiterhin. Die Musik machte das noch deutlicher.

Klaus Gohlke

Antonello Salis / Gianluca Petrella – Duo

Lindenhof “da Paolo”, Kasernenstraße 20, Braunschweig

Antonello Salis: Akkordeon, Piano
Gianluca Petrella: Posaune

Duos mit Musikern, die ein großer Altersunterschied trennt, sind in der neueren Jazzszene öfter anzutreffen, und immer wandelt ihre Musik und ihr Zusammenspiel auf ungeahnten Pfaden, die das Publikum begeistern. So haben wir es in letzter Zeit mit Heinz Sauer und Michael Wollny erlebt, und auch mit Stefano Bollani und Enrico Rava.

Eine Hälfte des Duos, das wir dieses Mal begrüßen, kennen wir schon: Antonello Salis war schon zweimal mit Paolo Fresu bei uns. In Erinnerung behalten haben wir ihn sicher nicht nur wegen seines obligaten Kopftuchs und seiner sonnengegerbten Haut, die eher an einen karibischen Piraten oder Aussteiger denken lassen, sondern vor allem wegen seiner rasanten Art, seinem Akkordeon und dem Piano nicht nur mit den Fingern, sondern mit dem ganzen Körper unvergleichliche Musik zu entlocken.
Er hat sich nicht auf eine Sparte festlegen lassen. Seine künstlerische Vielseitigkeit hat ihn in Theaterprojekten, im modernen Tanztheater, einem Film von Eric Rohmer mitwirken und auch mit Popmusikern und Rockgruppen spielen lassen. Hier eignete er sich dann wohl auch seinen hinreißend theatralischen Performancestil an, der ihn von allen seinen Kollegen unterscheidet.
Sein Erfindungsreichtum, sein Akkordeon, seine Heimat Sardinien mit seiner Folklore, mediterrane Farben und Gerüche, Salis’ Musik.
Die Liste der großen Jazzer, mit denen er gearbeitet hat, ist lang: Enrico Rava, Paolo Fresu, Paolo Angeli, Roberto Gatto, Lester Bowie, Ed Blackwell, Billy Cobham, Pat Metheny, Bobby Previte, Bobby Watson, Linley Marthe, Stefano Bollani und vor allem auch Gérard Pansanel.
Er hat inzwischen auf vielen bekannten Jazzfestivals in Europa und Amerika gespielt: Perugia, Ravenna, London, Bath, New York, Chicago, Moskau, Paris, Montreux, Nizza, Le Mans, Madrid, Sao Paulo, Rio de Janeira, Stockholm, Oslo, Saint-Louis und in Mexiko. Und er ist mit einigen internationalen europäischen Preisen ausgezeichnet worden, wie z.B. dem Django d’Or, dem Career Achievement Award in Cagliari und dem Top Jazz.

Gianluca Petrella gilt weltweit als einer der herausragenden Jazzposaunisten, und das nicht zuletzt wegen der Bandbreite seiner kreativen Ausdrucksformen. Auch er trat mit vielen Musikern der ersten Garde auf: mit Carla Bley, Gianluigi Trovesi, Paolo Fresu, Bobby Previte, Steve Swallow, Ray Anderson, Pat Metheny, Lester Bowie, John Abercrombie. Und auch er gewann den Django d’Or und einige andere begehrte Preise.

Schon nach nur wenigen CD-Einspielungen und Projekten mit Enrico Rava und Lester Bowie galt Petrella als aufsteigender Stern am Jazzhimmel. Das dürfte vor allem an seinem ungewohnten Umgang, seinem neuartigen und überzeugenden Dialog mit den Jazztraditionen liegen, denen er durch Elektronik und andere technische Kunstgriffe ganz neue Facetten verleiht. So zeigt sich Petrella als flexibler, unverwechselbarer Solist, der tatsächlich seinesgleichen sucht.

Wir dürfen uns auf einen spannenden Abend freuen.

Karten:
– Musikalienhandlung Bartels, Braunschweig, Schlosspassage, Tel.: 0531 / 125712
– Tourist-Büro Braunschweig (Am Dom), Tel.: 0531 / 470-2040
– Konzertkasse, Braunschweig, Schild 10, Tel.: 0531 / 16606
– Online über eventim
– Abendkasse
– und weitere …

» Weitere Informationen

Eintritt: Abendkasse 17 € / 15 € (ermäßigt) / 7 € (SchülerInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Kritik zu “Rémi Panossian Trio feat. Frederik Köster & Nicole Johänntgen”

Tolles Gebläse oder Hier spielt die Musik

Das Rémi Panossian Trio spielt mit Nicole Johänntgen und Frederik Köster zeitgenössischen Jazz

Das Konzert ausverkauft. Warum eigentlich? Ein mäßig erfrischender Beginn. Das Rémi Panossian Trio aus Frankreich schien nicht mehr als ein derzeit weit verbreitetes Klaviertrio abgeben zu wollen. Eine nette geradtaktige Tonfolge des Chefs am Piano, Maxime Delporte am Bass unterstützt die Grundtöne, liefert auch mal eine nette Überleitung, Schlagzeuger Frédéric Petitprez raschelt und klappert an seinen Geräten. Durchaus gefällige Melodien – aber zu wenig, um abzulenken vom nasskalten Braunschweiger Februarabend.

Dann aber das Unerwartete! Das Trio erweitert sich um die Saxofonistin Nicole Johänntgen und den Trompeter Frederik Köster. Man könnte das fast eine Reveille nennen, was die beiden da urplötzlich zu Beginn der Komposition „Flying leaves“ loslassen. Gefolgt von völlig verschliffenen Altsax-Tönen und schier überbordenden Tonkaskaden Kösters, die in fehlerlos-komplexe Unisono-Passagen der beiden Bläser übergehen.

Der Zaubertrank des Miraculix für das Klaviertrio! Mal das solide Fundament für die Ausflüge der Solisten, dann aber sich emanzipierend, liefert es einen mühelosen Stilmix, ohne sich dabei im nebulösen Crossover zu verlieren.

Auffällig war zum einen, dass die jungen Jazzer keinerlei Scheu hatten, sich Melodien hinzugeben und auch den Wohlklang mitunter direkt zu suchen. Und das weiß auch das Publikum zu schätzen. Jazz als reiner Geist ist nicht sehr angesagt – lieber mehr „Body and Soul“.

Die andere Auffälligkeit ist der unverkrampfte Umgang mit musikalischen Genres. Mal Blues-Uptempo, elegante Swingpassagen, dann ruppiger Punk-Jazz. An New-Orleans- Marching-Bands erinnernde Elemente, eine Prise Hardbop. Und dann Panossian in einem bewegenden Piano-Solo-Part, der – wunderbar rhythmisiert – an Keith Jarretts Lausanne-Solo zu erinnern vermochte. Beeindruckend Kösters sich der Mehrstimmigkeit bedienenden Trompetenspiels. Albert Mangelsdorf machte die Gleichzeitigkeit von Anblasen und Singen mit der Posaune bekannt. Auf der Trompete noch etwas schwieriger, weil hier in höhere Tonlagen gegangen werden muss.

All das locker miteinander verknüpft, technisch brillant vorgetragen und sehr publikumszugewandt kommentiert. Das I-Tüpfelchen dann noch, dass man Humor bewies. Rückgriffe auf Edelsüß-Poppiges wurden so inbrünstig vorgetragen, dass platte Einfühlung nicht möglich wurde, gleichwohl aber der Wohlklang im Ohr blieb.

Warum immer der krampfhafte Blick über den großen Teich, wenn es um Jazz geht? Hier spielte die Musik aufs Schönste. Das Konzert ausverkauft! Völlig klar! Absolut kompetentes und begeistertes Publikum.

Klaus Gohlke

Rémi Panossian Trio feat. Frederik Köster & Nicole Johänntgen

Lindenhof “da Paolo”, Kasernenstraße 20, Braunschweig

Nicole Johänntgen: Saxofon
Frederik Köster, Trompete
Rémi Panossian, Piano
Maxime Delporte, Bass
Frédéric Petitprez, Schlagzeug

Ein schillerndes musikalisches Universum irgendwo zwischen Romantik, Avantgarde, Rock und Jazz eröffnet das junge Trio des Pianisten Rémi Panossian. Gemeinsam mit dem Bassisten Maxime Delporte und dem Schlagzeuger Frédéric Petitprez kreiert der junge Franzose eine Musik, die zugleich lyrisch und voller Energie ist. Ihr erstes Album “Add Fiction” wurde von der internationalen Presse mit großer Sympathie aufgenommen, und auch die sympathischen Auftritte des spielerisch perfekten Trios erfreuen sich in der Jazzwelt großer Beliebtheit.

Dieses tolle Trio kommt mit zwei weiteren großartigen Musikern zu uns: Frederik Köster und Nicole Johänntgen. Ihre Musik ist als gewagter und explosiver Cocktail beschrieben worden: eine Synthese aus Rock, Elektro, Anklängen von Hip-Hop und natürlich Nicoles athmosphärische Saxofonlinien und Frederik Kösters faszinierende Trompete. Köster ist ein äußerst vielseitiger Trompeter, bei dem sich hinreißende Virtuosität und beeindruckende Musikalität verbinden. Das bewies er erst neulich wieder nachdrücklich, als er in einem Projekt Odysseus seine Stimme gab, eine Stimme, die weint und wütet, klagt und schreit, bevor der Held vorerst besänftigt in die Heimat zurückkehrt.

Karten:
– Musikalienhandlung Bartels, Braunschweig, Schlosspassage, Tel.: 0531 / 125712
– Tourist-Büro Braunschweig (Am Dom), Tel.: 0531 / 470-2040
– Konzertkasse, Braunschweig, Schild 10, Tel.: 0531 / 16606
– Online über eventim
– Abendkasse
– und weitere …

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Eintritt: Abendkasse 17 € / 15 € (ermäßigt) / 7 € (SchülerInnen)

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturinstitut der Stadt Braunschweig

Kritik zu “Rita Marcotulli European Leaders”

Besser geht nicht

Rita Marcotullis „European Leaders“ zelebrierten zeitgenössischen Jazz im LOT-Theater zu Braunschweig

Gehört sich das? Ein Weihnachtsgeschenk vor der Bescherung am Heiligen Abend zu bestaunen und zu genießen? Nein, natürlich nicht. Aber keine Regel ohne Ausnahme, es gibt Zwangslagen, da geht es eben nicht anders. Man kann natürlich auch einfach sagen, dass das Geschenk mit Weihnachten nichts zu tun habe. Dann wäre man aus dem Schneider, dem sprichwörtlichen. Aber – so einfach wollen wir uns das nicht machen.
Was Rita Marcutulli und ihre Mitstreiter am Freitagabend dem Publikum im ausverkauften Haus boten, war europäischer Jazz auf höchstem Niveau. Von der ersten bis zur letzten Sekunde durchlebte man die musikalische Spannbreite von inniger Intimität und heftiger Offenheit, von enormer Dichte und lockerer Entspannung, von harter Abstraktion und ungebrochener Melodik, von formaler Disziplin und völliger Losgelöstheit, von Tonalität und deren Aufhebung.
Fünf Spitzenmusiker, aber keine angestrengte Leistungsschau. Die Stücke entwickelten sich vielmehr gewissermaßen in Kleist‘scher Manier als allmähliche Verfertigung der Komposition beim Spielen. Natürlich weiß jeder, dass das im Konzert – Improvisation hin oder her – nicht der Fall ist. Wenn aber im Intro aus wabernden, ungerichteten Klängen Marilyn Mazur auf den Trommeln dem Ganzen plötzlich eine klare rhythmische Struktur unterlegt, der Rita Marcotulli am Piano und Synthesizer dann eine fein perlende Melodie hinzufügt, dann hat man als Zuhörer den Eindruck, bei einem musikalischen Schöpfungsvorgang zugegen zu sein.
Überhaupt hat die Musik oft einen stark bildhaften Charakter. Wenn Anders Jormin im Solo von „La Strada invisibile“ seinem Bass in tiefster Ruhe lange schwebende, elektronisch verfremdete Klänge entlockt, entstehen Bilder im Kopf, die nicht genau zu verorten sind. Stehe ich am Nordkap und höre die Seevögel segelnd rufen oder sind das meditative Töne, die aus Arabien stammen oder aber aus Asien? Elemente eines Tanzes in „Hen Ho“, an der Gitarre kraftvoll eingeleitet von Nguyen Lê, ein Mann der alle Spieltechniken und die dazu passenden elektronischen Bearbeitungen stupend beherrscht. Dann wird man in „Simple“ von der Percussions-Schamanin Marilyn Mazur nach Indien entführt, wunderbar unterstützt von wahren Tonkaskaden des Saxophonisten Andy Sheppard. Verblüffend immer wieder die melodischen Ostinati von Kontrabass und Klavier oder aber von Sopransaxophon und Gitarre. Hier muss keiner dem anderen etwas beweisen, alles fließt.
Doch, das war schon ein Weihnachtsgeschenk, dass die Initiative Jazz-Braunschweig den Jazzfreunden der Region vorzeitig gemacht hat. Das muss auch der Redakteur von „Deutschland Kultur“ geahnt haben. Das Konzert wurde komplett aufgezeichnet und wird am 2. Januar 2013 um 20.03 Uhr gesendet.

Klaus Gohlke

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Rita Marcotulli European Leaders

LOT-Theater, Kaffeetwete 4a, Braunschweig

Rita Marcotulli: Piano
Andy Sheppard: Saxofon
Nguyen Lê: Gitarre
Marilyn Mazur: Schlagzeug, Percussion
Michel Benita: Bass

Rita Marcotulli und ihr einzigartiger Sound sind nicht so leicht zu verorten. Zu definieren ist er sicher zum Teil über Ritas klassische Ausbildung, aber bestimmt auch durch die Musik, mit der sie aufgewachsen ist und zu der nicht zuletzt Pink Floyd gehörte. Und mit ihrem Pink Floyd-Projekt, mit dem sie eine Synthese zwischen Musiken verschiedener Genres wagte und schaffte, dürfte sie den Grundstein für den Ruf gelegt haben, den sie sich in der Welt des Jazz erspielt hat. Mit von der Partie war u.a. Andy Sheppard, der auch heute dabei ist. 1996 war er schon einmal zusammen mit Carla Bley bei uns.

Rita Marcotulli hat mit den verschiedensten Musikern gespielt und verschiedene Musiken, darunter auch italienische Folklore erkundet. Sie spielte mit Kenny Wheeler und Billy Cobham, aber auch mit Chet Baker, Peter Erskine, Joe Henderson, Joe Lovano, Nguyen Lê und immer wieder mit Andy Sheppard – und das in den verschiedensten Formationen. Das Zusammenspiel zwischen Rita und Andy Sheppard wird als einfühlsames, farbenfrohes und filigranes Gespräch beschrieben, wie es nur zwischen Menschen möglich ist, die nicht nur im akustischen Sinn dieselbe Wellenlänge haben.

Andy Sheppard, der nach eigener Aussage nur das machen will, was er am besten kann: Musik, ist ein Grenzgänger zwischen den Stilen. Er verbindet afrikanische, indische und südamerikanische Elemente zu einer Musik mit ganz eigenem Profil, mit der er nicht zuletzt auch dank des warm timbrierten Klangs seines Saxofons und seiner lyrischen Spielweise Herz und Sinne seines Publikums erreicht.

Als dritten Musiker dürfen wir Nguyen Lê begrüßen, der für uns ja auch kein Fremder ist. Die Frage, wie das wohl funktionieren soll, eine von der Klassik kommende Jazzpianistin und ein Saitenzauberer der besonderen Art, ist wohl erlaubt. Aber die beiden verstehen es, europäische Musiktradition und Harmonien aus dem fernen Osten miteinander zu verschmelzen, ihre unterschiedlichen Stilrichtungen und Traditionen zu einer Synthese ihrer Gegensätze – zu einem west-östlichen Div